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Dr. Bruno Kreisky#

(Artikel aus 2009)#

Josef Plasser
(Technische Universität Graz, Österreich; jplasser@student.tugraz.at)

Bruno Kreisky
Kurzfassung: Als Bruno Kreisky am 22. Jänner 1911 zur Welt kam, wurde er Nachkömmling einer großbürgerlichen jüdischen Familie. Seine Vorfahren waren Lehrer, Unternehmer, ja auch große Politiker. Er lernte sehr bald lesen und schreiben und konnte sich bald Intellektueller nennen. Kreisky interessierte sich schnell für Politik, im Besonderen für die Sozialdemokratie, in der er es anfänglich sehr schwer hatte weil er eben nicht aus der Arbeiterschicht sondern aus dem Bürgertum kam. Er engagierte sich für verschiedene sozialistische Bewegungen. In der Vorkriegszeit zum zweiten Weltkrieg musste er vor den Nazis nach Schweden fliehen. Nach dem zweiten Weltkrieg kam er, mit seiner in Schweden gegründeten Familie, nach Österreich zurück. Schon bald bekleidete er wichtige Ämter wie den Außenminister und danach den Bundeskanzler. Er machte die SPÖ zur größten Partei Österreichs und reformierte und modernisierte unser Land. Seine Politik war und ist bis heute nicht immer unumstritten, jedoch profitieren wir auch in verschiedensten Aspekten davon.

Einleitung

Bruno Kreisky konnte in Österreich sehr vieles bewirken und verändern. Er ist sicher einer der wichtigsten Politiker der zweiten Republik. Mit ihm kamen viele Reformen, die bis heute maßgebend in unserem Leben sind. Bruno Kreisky hatte aber auch seinen eigenen, ganz besonderen Weg um Österreich aus der Weltwirtschaftskrise zu retten. Über diesen Weg ist heute noch die Bevölkerung gespalten. Er scheint offensichtlich eine interessante Geschichte hinterlassen zu haben. Ich werde in meiner Arbeit zuerst auf seine Familie, seine Jugend und sein Studium eingehen und seinen Weg in die Politik skizzieren. Außerdem werde ich einige Reformen vorstellen und seinen weiteren Werdegang darlegen.

Kreiskys Familie und deren politische Gesinnungen

Bruno Kreisky wurde am 22. Jänner 1911 in eine großbürgerliche jüdische Wiener Familie geboren. Er hatte einen zwei Jahre älteren Bruder, Paul, dessen geistige Entwicklung wegen einer Kinderlähmung nach der Geburt etwas hinterherhinkte. Er wanderte 1938 nach Israel aus, wo er sein weiteres Leben verbrachte. Dank der Unterstützung Bruno Kreiskys hatte er dort auch keine finanziellen Sorgen [Kreisky (2007)].

Bruno Kreiskys Vater Max Kreisky konnte wie viele andere in seiner Familie eine beachtliche Karriere aufweisen. Er war Generaldirektor der Österreichischen Wollindustrie AG und Textil AG, Zensor der Österreichischen Nationalbank und Mitglied des Zentralvereins der kaufmännischen Angestellten. Als junger Betriebsleiter einer Textilfabrik und Sympathisant der Sozialdemokratie nahm er an einer Demonstration für die volle Sonntagsruhe teil und riskierte somit seinen Posten. Aufgrund seines engen Verhältnisses zu den Arbeitern wurde er 1918 von einem Betriebsrat gebeten sich in den Arbeiterrat des Gesamtunternehmens wählen zu lassen. Später vermittelte er gelegentlich bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitern und Unternehmern [Kreisky (2007)].

Max Kreisky hatte vier Brüder. Oskar Kreisky war Professor für Deutsch und Französisch und Otto war ein angesehener Rechtsanwalt in Wien. Beide waren Mitglied der schlagenden Verbindung „Budovisia“. Aus dem Namen kann man ableiten, dass die Mitglieder aus Budweis stammten [Kreisky (2007)].

Rudolf Kreisky war für Bruno der bedeutendste Onkel. Er war auch derjenige, der Bruno Kreisky in einer Zeit des Zweifels nicht vom sozialdemokratischen Weg abkommen lies. Laut [Kreisky (2007)] kommen Leute aus bürgerlichem Milieu selten aus ihrem sozialen Umfeld heraus, sodass sie die Arbeiterschaft nur als Hausbesorger oder vielleicht als Chauffeur wahrnehmen. Und so nahm ihn Rudolf Kreisky, er war einer der leitenden Funktionäre der sudetendeutschen Konsumgenossenschaften, während der Sommerferien zum Wandern von Dorf zu Dorf in den Böhmerwald und in das Riesengebirge mit. Dort besuchten sie die kleinen Konsumvereine. Während Rudolf die Bücher der Vereine prüfte, ging Bruno im Dorf spazieren und sah zum Beispiel Bergarbeiter, Glasbrenner und Weber. Auf diese Weise lernte Bruno Kreisky das Elend in den Sudetengebieten kennen [Kreisky (2007)].

Ludwig Kreisky, der älteste Bruder Max Kreiskys wurde Lehrer wie deren Vater Benedikt, Bruno Kreiskys Großvater. Auch in politischer Hinsicht tendierten beide in dieselbe Richtung. Sie waren so genannte Deutsch-Freiheitliche. Ludwig Kreisky hatte sich in seiner Funktion als Schulrat für die Erhaltung des Deutschtums in Böhmen eingesetzt, dies bewahrte ihn jedoch nicht davor von den Nazis „ins Gas“ geschickt zu werden [Kreisky (2007)].

Großvater Benedikt Kreisky war Oberlehrer und später stellvertretender Direktor der Lehrerbildungsanstalt in Budweis. Er machte kein Geheimnis daraus, dass er von der Sozialdemokratie nicht viel hielt. Diese Abneigung kommt daher, dass der Kampf gegen den Kapitalismus, und Juden dieser Zeit waren sehr oft Kapitalisten, oft einen antisemitischen Beigeschmack hatte [Kreisky (2007)]. Seine politische Ader schreibt Bruno Kreisky der väterlichen Familie zu. Sein Großonkel Joseph Neuwirth war sehr lange Teil des österreichischen Reichsrates. Er wurde auch für den Finanzminister vorgeschlagen, Kaiser Franz Joseph lehnte ihn jedoch aufgrund seiner Konfessionslosigkeit ab [Kreisky (2007)].

Die Mutter Irene Kreisky, geborene Felix, war die jüngste Tochter von 16 Kindern einer großbürgerlichen Familie. Sie war sehr sportlich, konnte gut reiten und war eine sehr gute Eistänzerin. Politik hatte sie lange gar nicht interessiert, und war dann etwas irritiert, dass Bruno Kreisky sich nur noch um die Politik kümmerte. Im Allgemeinen spricht [Kreisky (2007)] von einer sehr warmherzigen Familie, er beschreibt zum Beispiel seine Mutter als gütige Frau, die aber nicht die intelligenteste war. Dessen war sie sich angeblich selber bewusst.

Auch vielen Mitgliedern der Familie Felix schrieb Kreisky eine sehr große Bedeutung zu. Der Unternehmergeist in dieser Familie ist auch auf keinen Fall zu vernachlässigen. Der Großvater Kreiskys übernahm vom Urgroßvater eine Spiritusbrennerei aus der er eine Likörfabrik machte und dazu errichtete er noch eine Konservenfabrik in Znaim, im heutigen Tschechien. Später übernahm Friedrich Felix, der jüngste Bruder Kreiskys Mutter die Konservenfabrik. Sein Sohn Herbert Felix war zuständig für den Verkauf nach Schweden. Er war mit einer Schwedin verheiratet und so wurde dies auch seine Heimat. Dort gründete er dann mit seinem Schwiegervater eine der größten Konservenfabriken Europas mit dem Namen AB Felix [Kreisky (2007)]. 20 Jahre später entstand im burgenländischen Mattersburg das Schwesterunternehmen „Felix Austria“ [Felix (2008)]. Herbert Felix und Bruno Kreisky standen sich sehr nahe und so kam es auch, dass Herbert Felix Bruno Kreisky an seiner Firma beteiligen wollte. Bruno Kreisky, der zu diesem Zeitpunkt bereits Staatssekretär war, lehnte dies jedoch zu Gunsten der Politik ab [Kreisky (2007)].

Ein Bruder Kreiskys Mutter, Julius, war Bezirksrichter in Schärding, später Hofrat und Vizepräsident des Handelsgerichts. Bruno Kreisky hatte zu ihm ein freundliches, aber distanziertes Verhältnis [Kreisky (2007)]. Julius Felix war nicht sehr angetan von den Sozialdemokraten, sowie die meisten anderen Mitglieder der Familie Felix auch. Er war aus Überzeugung Katholik geworden und so blieb er von den Nazis lange unbeachtet. Als er dann eines Tages eine Vorladung der Gestapo erhielt beging er Selbstmord.

So wie es bedauerlicherweise sehr vielen Einwohnern jüdischer Abstammung während der NS-Zeit ging, musste auch ein großer Teil der Familie Bruno Kreiskys in Konzentrationslagern sterben [Kreisky (2007)].

Der Anfang einer politischen Karriere

„Der Krieg hat die Kinder rasch reif werden lassen“ schrieb [Kreisky (2007)]. Bereits mit sechs Jahren war er in einer „Bande“ mit einem zehn Jahre älteren Anführer der sie zu kleineren kriminellen Handlungen anstiftete. Zum Beispiel wurden in den Wohnungen die Messingklinken abmontiert und gegen Eisenklinken ersetzt. Diese wurden dann beim Anführer abgeliefert. Es gab nämlich zu dieser Zeit einen Mangel an Kupfer-Zink-Legierungen. Die Kinder sahen Verwundete, die von der Front zurückkamen. Sie sahen Elend. Sie wurden einfach anders geprägt, als das heute der Fall ist. Dies und der Umstand, dass Kreisky in eine großbürgerliche, intellektuelle Familie hineingeboren wurde, er selbst konnte durch seinen Großvater schon sehr früh lesen und schreiben und hatte sich auch sehr für Bücher interessiert, führten dazu dass er sich doch sehr bald mit Politik auseinandersetzte [Kreisky (2007)].

Das erste Mal, dass Kreisky an einer Demonstration teilnahm war am 8. November 1924. Der Sohn eines Industriellen stürzte sich aus dem Fenster der elterlichen Wohnung weil er die Quälereien seines Lehrers nicht mehr ausgehalten hatte. Daraufhin nahmen Kreisky zwei Mitschüler zu einer Protestkundgebung der Vereinigung sozialistischer Mittelschüler vor dem Gebäude des Wiener Stadtschulrates mit. Kreisky wurde dann Mitglied dieser Vereinigung [Kreisky (2007)].

Lange Zeit fühlte er sich dort sehr wohl und widmete dieser Vereinigung viel Zeit. Es wurde viel diskutiert. Er hatte in erster Linie mit Intellektuellen aus bürgerlichem Haus zu tun, viele hatten eine große Karriere vor sich. Arbeiterkinder waren deutlich in der Minderheit [Kreisky (2007)].

Am 15. Juli 1927 hatte Bruno Kreisky ein einschneidendes Erlebnis. Durch einen umstrittenen Freispruch im Zusammenhang mit einer Tötung kam es zu einer spontanen Arbeiterdemonstration vor dem Justizpalast. Es war mit Abstand der schlimmste Aufstand den Bruno Kreisky bis dahin erlebte. Er wurde Augenzeuge als mehrere Demonstranten und Passanten, welche sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielten, durch die Polizei erschossen wurden. Aufgrund dieses Ereignisses zweifelte Bruno Kreisky auch sehr an der Sozialdemokratie, welche es verabsäumt hatte den Schutzbund zusammenzurufen um die Wogen vor dem Justizpalast rechtzeitig zu glätten. Dieses Ereignis veranlasste Bruno Kreisky von der Vereinigung sozialistischer Mittelschüler zur Bewegung der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) überzutreten. Außerdem wollte er mehr als nur diskutieren ohne realen politischen Hintergrund [Kreisky (2007)].

Kreisky war klar, dass der Weg in die Arbeiterjugend schwierig werden würde, und trotzdem hatte er ihn unterschätzt. Als erstes musste er seiner Mutter vortäuschen, er ginge in die Tanzschule Elmayer. Er ließ sich dort auch noch einschreiben, ging jedoch alle weiteren Male mit Anzug und Krawatte zur Sozialistischen Arbeiterjugend. Dort wurde jedoch nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Die beiden Obmänner der Arbeiterjugend erklärten ihm, er gehöre in die Vereinigung sozialistischer Mittelschüler, worauf er ihnen erklärte, dass er von dort komme. Er holte sich bei einem Freund aus großbürgerlichem Haus, der es bereits in die Arbeiterjugend geschafft hatte, Mut. Angeblich würde jeder Intellektuelle vor der Aufnahme dreimal weggeschickt, um festzustellen ob derjenige es auch tatsächlich ernst meint. Diese Taktik der Arbeiterjugend brachte ihnen auch schon einige erbitterte Feinde, welche keinen so langen Atem bewiesen [Kreisky (2007)].

Es dauerte nicht lange bis Kreisky sich nicht nur gesinnungsmäßig, sondern auch persönlich in der Sozialistischen Arbeiterjugend sehr wohl fühlte. Die dort entstandenen Eindrücke und Erfahrungen festigten seinen Sozialismus, sodass für ihn der Parteibeitritt nur mehr einen Formalakt darstellte. Er blieb seinem neuen Kreis sehr treu und so schaffte er es auch schließlich in einen Sprechchor. Nach wie vor gab es jedoch Widersacher, welche ihm Jahre später noch seine Herkunft aus dem Großbürgertum vorhielten, und so wurden seine seltenen Wortmeldungen oft nicht wahrgenommen [Kreisky (2007)].

Auch mit dem Kommunismus setzte sich Kreisky sehr intensiv auseinander und so konnte er durch gute Argumentation Kommunisten in der Sozialistischen Arbeiterjugend bekämpfen. Einer davon war sein Freund, welcher ihm damals Mut gemacht hatte, der SAJ beizutreten [Kreisky (2007)]. Dies war der Anfang seiner politischen Karriere. Noch im Jahr 1928 wurde er in seinem Bezirk, im vierten Wiener Gemeindebezirk Wieden, dritter Obmannstellvertreter. Eine seiner Aufgaben war bei den neuen Pflichtschulabsolventen für die so genannten „Roten 28er“, eine sozialistische Organisation für die ganz jungen, zu werben. Er ließ sich nicht leicht aus der Bahn werfen, auch wenn ihn so manch ein Hausmeister vor die Tür stellte. Sein Erfolg beim Werben brachte ihm auch Ansehen in der SAJ und bald wurde er Obmann des gesamten Bezirkes [Kreisky (2007)].

1929 war Bruno Kreisky, nach seiner Matura, Mitorganisator des Internationalen Jugendtreffs, welcher vom 12. bis 14. Juli in Wien stattfand. Auch als Organisator machte er sich ganz gut und lernte viele Leute kennen die noch eine große Politikerkarriere vor sich hatten [Kreisky (2007)]. Bei seiner Wahl zum Ersatzmitglied des Verbandsvorstandes zu Ostern 1930 musste er trotz seiner bereits erzielten Erfolge hinnehmen, dass nicht alle hinter ihm standen. So waren es anfänglich nicht die Wiener sondern die Bundesländer die ihn wählten. Etwas später wurde er Vollmitglied. 1933 wurde er Vorsitzender des Reichsbildungsausschusses. Außerdem bekam Kreisky noch die Leitung über die niederösterreichischen Bezirke Purkersdorf, Klosterneuburg und Tulln. Die Arbeit in den sehr agrarisch dominierten, beziehungsweise bürgerlichen Bezirken stellte sich noch einmal als Prüfung für Bruno Kreisky heraus, welche für ihn sehr lehrreich war, die er aber auch gut meisterte. Er investierte dort sehr viel Zeit und hatte auch viele Freunde gewonnen. Später, nach dem Krieg kam Kreisky nach Niederösterreich zurück und konnte dort 1956 sein erstes Parlamentsmandat erobern. 1966, ein paar Monate vor seiner Wahl zum Bundesparteiobmann wurde er noch Obmann in Niederösterreich [Kreisky (2007)].

Die Studienzeit

Anfänglich wollte Bruno Kreisky Medizin studieren. Otto Bauer, ein schon etwas älterer, sehr viel beachteter Parteikollege riet ihm zum Jus-Studium. Er erklärte Kreisky, dass die Partei gute Juristen brauche, und als Mediziner müsse er seinen Beruf sowieso aufgeben um in der Politik tätig sein zu können. Auch Kreiskys Vater, der ihm ein technisches Studium nahe gelegt hatte empfand sehr große Sympathien gegenüber Juristen [Kreisky (2007)]. Bruno Kreisky folgte dem Rat Otto Bauers und begann im Herbst 1929, nach seinem besonderen Engagement für die Jugendbewegung im Sommer, Jus zu studieren. Er besuchte außerdem Vorträge über Psychologie, was ihm sehr nützlich war. Man sprach ihm pädagogische Fähigkeiten nach. ‚Oft hat man über mich gesagt, den Kreisky könne man verstehen’ [Kreisky (2007)]. Kreisky führte das auf sein langsames Reden zurück.

Mit fortschreitender Zeit wurde das Klima durch den Antisemitismus, auch in den Universitäten, zunehmend vergiftet. ‚Es gab Professoren, die aus ihrer antisemitischen Haltung überhaupt kein Hehl machten’ [Kreisky (2007)]. Und es gab jüdische Professoren, die schikaniert wurden. Sie wurden zum Beispiel trotz ihrer sehr guten Qualifikation nicht zum ordentlichen Professor ernannt. Es war auch so, dass Vorlesungen jüdischer Professoren fast nur mehr von jüdischen Studierenden besucht wurden. So besuchte Kreisky Anatomie, ein sehr unpolitisches Fach. Er zeigte auch nicht sehr viel Interesse daran, dies war mehr oder weniger ein Loyalitätsakt dem jüdischen Professor gegenüber. Es war auch so, dass Vorträge dieser Professoren absichtlich gestört wurden. Studierende jüdischer Abkunft wurden immer wieder aus den Hörsälen hinausgeprügelt. [Kreisky (2007)] schrieb: ‚Man saß in der Vorlesung, und plötzlich stürmte ein Haufen Nazistudenten in den Hörsaal – meist in Stiefeln-; sie sprangen auf die Bänke und riefen „Juden raus!“ und „Rote raus!“’ Draußen wurden sie dann mit Prügeln empfangen.

Auch politische Versammlungen wurden jeweils von den Gegnern gestört. Dies taten jedoch die Sozialisten, und mit ihnen Kreisky, auch. Bei einem Zwischenfall wurde er sogar durch die Fensterscheibe hinausgeworfen, sodass man ihm die Kopfhaut nähen musste [Kreisky (2007)]. [Kreisky (2007)] schreibt außerdem, dass ‚durch die Nazifizierung der deutschen und österreichischen Universitäten eine geistige Verarmung Mitteleuropas stattgefunden habe.’ Die Listen der Nobelpreisträger nach 1933 sollen davon zeugen, dass eine wahre Gelehrtenflucht eingesetzt habe.

Kreisky verbindet mit der Studienzeit keine guten Erinnerungen und hat auch später die Wiener Universität nur mit gemischten Gefühlen betreten. Trotzdem lagen ihm die Universitäten sehr am herzen und so führte er später gegen den Willen der Kleinbürgerlich-Konservativen zusätzlich zum Unterrichtsministerium das Ministerium für Wissenschaft und Forschung ein [Kreisky (2007)].

Die Vorkriegszeit und während des zweiten Weltkrieges

Als Folge einer Demonstration wurde Bruno Kreisky 1933 das erste Mal eingesperrt. 1935 wurde er nochmals verhaftet, da er an der Reichskonferenz der Revolutionären Sozialisten, welche er zusammen mit Roman Felleis 1934 illegal gegründet hatte, in Brünn teilnahm. Später im Prozess wurde er wegen Hochverrats zu einem Jahr Haft verurteilt. Außerdem durfte er nach seiner Haft nicht mehr zur Universität, auch Arbeiten wurde ihm untersagt. Er kam dann als Hilfsarbeiter in der Textilbranche unter. Später wurde Kreisky der erste Bundeskanzler der zuvor wegen Hochverrats verurteilt wurde [Kreisky (2007)].

1938 durfte er dann doch noch sein Studium abschließen. Am 14. März belegte er seine letzte Prüfung. Zur gleichen Zeit feierten die Nazis in Wien den Anschluss an Deutschland [Mayerhofer (2008)]. Einen Tag später wurde er von der Gestapo verhaftet. Im August 1938 wurde ihm dann ermöglicht nach Schweden zu emigrieren. Dort lernte er die Landessprache und wurde in einer Konsumgenossenschaft angestellt. Selbstverständlicherweise setzte sich Kreisky auch in Schweden mit der Sozialdemokratie auseinander. Er studierte deren Programm und Ziele. 1942 heiratete er Vera Fürth, eine Tochter einer wohlhabenden jüdischen Unternehmerfamilie. Sie war ausgebildete Dolmetscherin. Sie brachten zwei Kinder zur Welt, 1944 Peter und 1948 Suzanne [Weissensteiner (2008)].

Nach dem zweiten Weltkrieg Kreisky war fest davon überzeugt, dass Österreich wieder ein eigener souveräner Staat werden müsse und dass dies auch gelingen würde [Kreisky (2007)]. Er wurde Diplomat in Schweden und organisierte so ein Hilfsprogramm der schwedischen Regierung. 1951 konnte er mit seiner Familie nach Österreich zurückkehren. Dort bekam er für kurze Zeit einen Posten im Außenministerium, danach wurde er Kabinettsvizedirektor bei Bundespräsident Theodor Körner. Im April 1953 wurde er Staatssekretär im Außenministerium. In dieser Funktion wurde ihm auch die Ehre zu teil, sich an den Staatsvertragsverhandlungen 1955 maßgeblich zu beteiligen [Weissensteiner (2008)].

1955 trat Kreisky in Niederösterreich zu den Nationalratswahlen an und bekam sein erstes Mandat. Kurz darauf schaffte er es auch in den Parteivorstand der SPÖ [Mayerhofer (2008)]. Nach den Wahlen 1959, in denen die SPÖ nur aufgrund des Wahlrechts die Mandatsmehrheit verpasst hatte, wurde das Außenministerium, welches von nun an Kreisky leitete, vom Bundeskanzleramt ausgegliedert und somit selbstständig. Die Außenpolitik spielte eine wichtige Rolle in seinem politischen Leben. Er knüpfte unter anderem Kontakte zu den Ostblockstaaten und brachte die Südtirolfrage vor die UNO [Weissensteiner (2008)]. Die Position als Außenminister bekleidete Kreisky bis zum Ende der großen Koalition 1966. In den darauf folgenden Nationalratswahlen konnte sich die ÖVP die absolute Mehrheit sichern, was [Fischer (1994)] nicht zuletzt auf die so genannte „Olah-Krise“ zurückführt. Als Franz Olah, ein sozialdemokratischer Gewerkschafter, ÖGB Präsident und 1963 ein Jahr Innenminister, aus der Partei aufgrund von illegalen Finanzierungen ausgeschlossen wurde, gründete er die Demokratische Fortschrittliche Partei (DFP) und trat bei den Nationalratswahlen 1966 sehr massiv gegen die SPÖ auf [Fischer (1994)].

Die SPÖ während der ÖVP Alleinregierung

Nach dem Wahlsieg der ÖVP 1966 wurde Bruno Kreisky zuerst in Niederösterreich Parteiobmann der SPÖ und schon 1967 übernahm er den Bundesparteivorsitz von Bruno Pittermann, welcher aufgrund seiner Niederlage zurückgetreten war. Auch bei der Wahl zum Bundesparteiobmann musste sich Kreisky, wie schon in den Zeiten der SAJ, von den Bundesländern den Rücken stärken lassen um sich so gegen die Wiener Sozialdemokraten und deren Wunschkandidaten Hans Czettel durchsetzen zu können. Mit folgendem Konzept wollte er es schaffen die SPÖ wieder auf Regierungskurs bringen [Fischer (1994)]:

• Die innerparteilichen Differenzen ausmerzen, sodass die Partei nach außen ein geschlossenes Auftreten zeigt.
• Es war kein Zutrauen in wirtschaftliche Kompetenzen der SPÖ vorhanden. Dies wollte er ändern indem er eine Reihe wirtschaftskompetenter Leute suchte.
• Er wollte das Verhältnis zwischen Kirche und SPÖ in Ordnung bringen um so das Interesse der sozial engagierten Katholiken für seine Partei zu wecken.
• Kreisky wollte den Bauern zeigen, dass sie durchaus mehr gemeinsame Interessen mit den Arbeitern als zum Beispiel mit der Industriellenvereinigung hatten.

Um die Wirtschaftskompetenzen der Partei zu stärken organisierte Kreisky einige Konferenzen mit einigen hundert Wirtschaftsexperten. Es wurde ein Programm ausgearbeitet. Österreich sollte ein moderner Industriestaat werden, mit dem Ziel, dass sich der Lebensstandard und der Wohlstand erheblich schneller entwickeln. Es sollten dann auch noch ein Humanprogramm, ein Justizprogramm, ein Schulprogramm, sowie ein Erwachsenenbildungsprogramm und ein Hochschulkonzept ausgearbeitet werden. Kreisky besuchte auch Veranstaltungen an Universitäten und bei Studierendenverbindungen um die damalige Vormachstellung der Konservativen an den Universitäten zu brechen [Fischer (1994)]. Zwischenzeitlich konnte die SPÖ schon erste Erfolge bei den Landtagswahlen in Oberösterreich und im Burgenland, sowie in den Gemeinderatswahlen in Graz verzeichnen. Ein neuer wirtschaftspolitischer Kurs der ÖVP ab April 1968, der bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen seine Opfer einforderte brachte der SPÖ weiteren Aufwind [Fischer (1994)].

Eine verbesserte Geschlossenheit der Partei konnte man daran erkennen, dass Kreisky eineinhalb Jahre nach der Wahl zum Parteiobmann mit 97,5% der Stimmen wieder gewählt wurde. In der Kampfabstimmung zum Parteiobmann bekam er lediglich 70% [Fischer (1994)]. Ein Volksbegehren zur Einführung der 40-Stunden Woche, gestartet durch die SPÖ und den ÖGB im Jahre 1969 führte zuerst zur 43-Stunden Woche, ab 1975 dann zum eingeforderten Ziel 40-Stunden Woche [Fischer (1994)].

Die Ära Kreisky

Schon nach der ersten Gesetzgebungsperiode der ÖVP-Alleinregierung zeigten sich die Früchte Kreiskys Arbeit. Selbst er rechnete damit, frühestens 1974 die SPÖ zur stimmenstärksten Partei machen zu können, doch es passierte schon vier Jahre früher [Fischer (1994)]. Bald stand fest, dass es keine Koalitionsregierung zwischen SPÖ und ÖVP geben werde. Zu sehr wollte jede Partei seine eigenen Vorstellungen durchbringen. Bruno Kreisky wandte sich daraufhin an den damaligen Parteiobmann der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) Friedrich Peter. Er wollte ihn um die Duldung einer SPÖ Minderheitsregierung bitten. Friedrich Peter war in der ungünstigen Lage vor der Wahl versprochen zu haben, es werde keinen roten Bundeskanzler geben. Letztendlich erhielt Kreisky aber doch Peters Zusage, eine Minderheitsregierung in den nächsten Monaten zu unterstützen. Als Gegenzug versprach Kreisky eine Wahlrechtsreform, welche die Benachteiligung der FPÖ beseitigen sollte, durchzuführen. Außerdem wurde vereinbart, dass die SPÖ der Einsetzung eines Aufsichtsrates im ÖIG (Österreichischen Industrieverwaltungs GesmbH) und in der Verbundgesellschaft zustimmte, die FPÖ ermöglichte dafür ein Gesetz zur Errichtung eines Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung [Kriechbaumer (2004)]. Unter den anzugelobenden Ministern befanden sich Namen wie Dr. Hannes Androsch als Finanzminister, oder auch Dr. Rudolf Kirchschläger, der spätere Bundespräsident, als Außenminister [Fischer (1994)].

Den Herbst 1971 sah Kreisky als optimalen Zeitpunkt für Neuwahlen um so klarere Verhältnisse schaffen zu können. Dies wurde dann auch zusammen mit der FPÖ beschlossen. Bruno Kreisky hatte sich nicht getäuscht und mit diesem Schachzug der SPÖ eine absolute Mehrheit verschafft. Er bildete die Minderheitsregierung geringfügig um. Zum Beispiel wurde sein späterer Nachfolger als Bundeskanzler, Fred Sinowatz Unterrichtsminister [Kriechbaumer (2004)]. Bruno Kreisky schaffte es noch weitere zweimal, 1975 und 1979, die absolute Mehrheit für die SPÖ zu erreichen. Insgesamt war er 13 Jahre Bundeskanzler und deshalb entstand auch zu Recht der Name “Ära Kreisky“ [Weissensteiner (2008)].

Reformen und Veränderungen in dieser Ära

Unter sehr vielen Veränderungen während der Kreisky Ära möchte ich nur einige sehr wichtige Punkte ansprechen, da sonst der Rahmen dieser Arbeit gesprengt würde.

Die Strafrechtsreform
Nach einer kleinen Strafrechtsreform während der Minderheitsregierung sollte nun ein großer Wurf gelingen. Dazu gab es eine Kommission mit zahlreichen namhaften Juristen. Unter anderem wurden die Strafarten Arrest, Kerker und verschärfter Kerker abgeschafft. Stattdessen sollte es nun eine einheitliche Freiheitsstrafe geben. Weiters wurden die Delikte Geiselnahme, Luftpiraterie, Gewässer- und Luftverunreinigung und unterlassene Hilfeleistung in der Strafgesetzgebung verankert [APA (2008)]. Auch die homosexuelle Betätigung unter Erwachsenen wurde straffrei gestellt [Fischer (1994)]. Außerdem schlug die Strafrechtskommission vor, jenen Paragraphen abzuschaffen, welcher den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellte. Es stellte sich nun die Frage, in welcher Form der Schwangerschaftsabbruch neu geregelt werden könnte. Es folgten lange Diskussionen innerhalb der Partei [Jerney (2003)]. Die so genannte „Fristenlösung“ stand im Raum. Nach deren Definition bleibt ein Schwangerschaftsabbruch straffrei, sollte dieser in den ersten drei Monaten und nach vorhergehender ärztlicher Beratung durchgeführt werden [Fischer (1994)]. Diese Lösung stieß jedoch auf einen sehr großen Widerstand seitens der Kirche sowie auch in der Bevölkerung. Das Volksbegehren unter dem Namen „Aktion Leben“ der katholischen Bischofskonferenz wurde zu einem der erfolgreichsten überhaupt. Auch Kreisky war kein Befürworter dieser Regelung, wollte er doch die Aussöhnung mit der katholischen Kirche herbeiführen. In diesem Punkt wurde er jedoch von seiner eigenen Partei überstimmt. Und so erinnerte er im Parlament, nicht von der Regierungsbank, sondern vom Rednerpult aus, dass gerade die katholische Kirche die Religion ist, die durch ihre Fähigkeit verzeihen zu können so groß wurde und deshalb am wenigsten auf Strafsanktionen angewiesen sei [Jerney (2003)]. Im Allgemeinen herrschte über die Strafrechtsreform eine sehr große Einigkeit, jedoch aufgrund der Fristenregelung wurde ein Beharrungsbeschluss notwendig. Das neue Strafrecht trat am 1. Jänner 1975 in Kraft [Jerney (2003)].

Schulreform
[Fischer (1994)] schreibt von einer Bildungskrise, die es zu überwinden galt als Kreisky in die Regierung kam. Gerade in den Bundesschulen fehlte es an Klassenräumen und Lehrern. Die Klassenschülerhöchstzahlen an den AHS (Allgemeinbildenden Höheren Schulen) und BHS (Berufsbildenden Höheren Schulen) wurden überschritten und trotz bestandener Aufnahmsprüfungen mussten Schüler abgewiesen werden. Um dem entgegen zu wirken wurden in der Zeit von 1971 bis 1983 mehr Schulen gebaut als in den 70 Jahren zuvor, worauf Unterrichtsminister Sinowatz sehr stolz war. Es wurden Klassenschülerhöchstzahlen eingeführt und der Lehrermangel wurde so intensiv bekämpft, dass es ab den 80er Jahren bis heute sogar zu viele Lehrer gibt. Die Schülerfreifahrt, sowie gratis Schulbücher wurden beschlossen, wobei sich gerade in der Frage der gratis Schulbücher die ÖVP mit dem Argument „Wegwerfbücher“ wehrte [Fischer (1994)]. Aus meiner Schulzeit kann ich berichten, dass die Wertschätzung für die von uns selbstverständlich kostenlosen Bücher oft nicht gegeben war, und die Lehrer und Eltern schon gefordert sind das den Schülern zu vermitteln. Obwohl ich von meinen Eltern doch sehr gewissenhaft erzogen wurde, habe ich meine Bücher auch nicht immer sorgfältig genug behandelt. Im Nachhinein tut mir dies sehr leid. Schon damals gab es zahlreiche Schulversuche, unter anderem strebte die SPÖ seinerzeit schon die Verwirklichung der Ganztagsschule, sowie die Gesamtschule bis zu einem Alter von 14 Jahren an. Während die SPÖ nach Beendigung der Schulversuche diese in den Regelbetrieb überführen wollten, sah die ÖVP keinen Anlass zur Fortsetzung. Da zur Beschließung einiger Teile im Schulgesetz eine Zweidrittel-Mehrheit nötig war, blieben so manche Vorhaben der SPÖ auf der Strecke [Fischer (1994)]. Ich sehe daraus sehr große Parallelen zur heutigen Politik der Regierung Gusenbauer-Molterer, es scheint fast so, als würde sich so manches wiederholen. Weiters schaffte es die Regierung Kreisky nach langjährigem Widerstand der ÖVP die Aufnahmetests für die AHS abzuschaffen [Fischer (1994)].

Universitätsreform
Die Universitäten waren gegen Ende der Kaiserzeit und am Anfang der ersten Republik nicht so fest in der Hand der christlichsozialen Partei wie sie es sich wünschte. Deshalb nützte sie in der Ersten Republik, besonders in der Zeit von 1934-1938, die Chance ‚die erwünschte Monopolisierung der Hochschulen und entsprechende Säuberungen durchzuführen’ [Fischer (1994)]. Dies und natürlich die NS-Zeit sorgten dafür, dass viele spätere Nobelpreisträger und andere namhafte Wissenschafter ins Ausland emigrierten. Auch in den Jahren nach 1945 wurde nichts dafür unternommen diesen Zustand wieder zu bessern, indem man zum Beispiel die im Ausland tätigen österreichischen Wissenschafter wieder zurück nach Österreich eingeladen hätte. So kam es, dass am Anfang die Studierendenbewegung des Jahres 1968 eine Hochschulreform einforderte [Fischer (1994)]. Unter Kreisky sollten sich unter anderem folgende Grundsätze durchsetzen [Fischer (1994)]:

• Freiheit der Wissenschaftlichen Forschung
• Verbindung von Forschung und Lehre
• Demokratisierung der Hochschulen
• Lernfreiheit

Außerdem wurde der freie Hochschulzugang, also ohne Numerus clausus festgelegt. Es wurden Hochschulen in Linz und Klagenfurt, sowie zahlreiche Studierendenheime gebaut.

Familie
In der Ära Kreisky wurde beschlossen, dass Mütter während der Karenzzeit auch Pensionsversichert sind, und dass frisch verheiratete Ehepaare eine Starthilfe von 15.000 Schilling bekommen sollten. Es wurde anstatt der Haushaltsbesteuerung eine Individualbesteuerung eingeführt [APA (2008)]. Folglich wird ein kleines zweites Einkommen im Haushalt aufgrund der Steuerprogression weniger versteuert. 1974 wurde der Mutterkindpass eingeführt. Die Geburtenbeihilfe wurde erhöht, wobei als Bedingung festgelegt wurde, dass alle vorgesehenen Untersuchungen vorgenommen werden müssen. Die Säuglingssterblichkeit sank von 23,5 Promille im Jahr 1974 auf 7,2 Promille im Jahr 1992 [APA (2008)].

Wirtschafts- und Arbeitspolitik

Kreiskys Wirtschafts- und Arbeitspolitik ist ein sehr umstrittenes Thema. Während sie von den Gewerkschaften und der Sozialdemokratie gut geheißen wird, ist sie für konservative Politiker wohl einer der größte Fehler [Funke (2008)]. Begünstigt von den Weichenstellungen der Vorgängerregierung Klaus, konnte Kreisky 1970 noch einen Budgetüberschuss von 2% des BIP (Bruttoinlandsprodukt) schaffen. 1983 beerbte er seinen Nachfolger Fred Sinowatz mit einem Budgetdefizit von 4% des BIP [Funke (2008)]. Die sehr eng an Deutschland gekoppelte österreichische Wirtschaft konnte von der sehr ausgezeichneten Kostensituation in Österreich profitieren. Diese war dadurch gegeben, dass die Regierung Klaus bei der Aufwertung der Deutschen Mark nicht mitgezogen ist. Außerdem waren die Löhne in Österreich noch immer sehr niedrig, was durch gezielten Einsatz von Arbeitsemigranten noch verstärkt wurde. In den 70er Jahren flaute die Wirtschaft ab bis zur Weltwirtschaftskrise und der Ölpreiskrise. Kreisky wollte um jeden Preis eine Vollbeschäftigung. Diese erreichte er auf Kosten des Staatshaushalts. 1975 wurden einfach die öffentlichen Aufträge gegenüber dem Vorjahr um 50 % erhöht [Funke (2008)]. Für die ÖVP war diese Strategie total unverständlich. ‚Im VP-Pressedienst stellte Taus einen engen Zusammenhang zwischen Schuldenpolitik und steigender Arbeitslosigkeit her: „Aufgrund der mit den Staatsschulden verbundenen Verbindlichkeiten wird sich der Budgetspielraum für beschäftigungswirksame Investitionen in einem beängstigenden Ausmaß verringern. Die Schuldenpolitik der Regierung steht daher in keinem Zusammenhang mit einer noch relativ tragbaren Beschäftigungslage, wie dies der Bundeskanzler darzustellen versuchte, sondern bringt auf die Dauer eine Gefahr für die Sicherheit der Arbeitsplätze in Österreich.“’ [Stifter (2006)] Kreisky erreichte zwar, dass das BIP 1974 nur um 1% sank, und er schaffte die Inflation durch einen harten Schilling niedrig zu halten, jedoch die Auswirkungen waren unübersehbar. Die verstaatlichten Betriebe waren marode [Weissensteiner (2008)], die Steuern und Abgabenquote lag bereits 1978 bei 40% und die Staatsverschuldung wuchs 1982 auf 353 Milliarden Schilling, das waren 31,6% des Bruttonationalproduktes [Stifter (2006)].

Nach 1983

Schon seit 1978 hatte Kreisky sehr massiv mit seiner Gesundheit zu kämpfen. Er wurde auf einem Auge blind und musste sich aufgrund eines Nierenleidens dreimal pro Woche einer Blutwäsche unterziehen [Weissensteiner (2008)]. 1983 bei der Nationalratswahl verlor die SPÖ die absolute Mehrheit und Kreisky übergab seine Geschäfte an Fred Sinowatz. Auch als Privatmann verfolgte er noch die Weltpolitik. Nachdem er erfuhr, dass Franz Vranitzky 1986 bei der Bildung einer großen Koalition das Außenministerium der ÖVP überließ war er sehr erschüttert und legte seine SPÖ-Ehrenobmannschaft zurück. Kreisky konnte sich aber überwinden sich mit der Partei wieder zu versöhnen [Weissensteiner (2008)]. Eineinhalb Jahre nach seiner Frau verstarb Bruno Kreisky am 29. Juli 1990 [Weissensteiner (2008)].

Zusammenfassung – Ausblick

Bruno Kreisky war ein großer Politiker. Ein Intellektueller, der sich für die Menschen und auch sehr bald für die Politik interessierte. ‚Aus großbürgerlich-liberalem jüdischen Milieu stammend, als Außenminister der Jahre 1959-66 weltgewandt, trotzdem volkstümlich, mit den modernen Medien bestens vertraut, ein Meister der Inszenierung, sprach Kreisky nicht nur die traditionellen Stammwähler der SPÖ an.’ [Niederstätter (2007)] Er regierte Österreich als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler 13 Jahre lang, davon 12 Jahre mit absoluter Mehrheit. Er reformierte und modernisierte Österreich. Ich persönlich konnte schon sehr viel von den Errungenschaften aus seiner Zeit profitieren. Ich hatte gratis Schulbücher, musste nichts für den Schulbus bezahlen. Ich hatte die Möglichkeit eine AHS, später eine BHS zu besuchen. Jetzt studiere ich und wohne in einem der SPÖ nahe stehendem Studierendenheim. Die von mir besuchte Universität ist modern und teilweise neu. Kreisky war ein Mensch mit Herz. Seine Telefonnummer stand im Telefonbuch, sodass er für jeden erreichbar war. Er war ein Visionär, wollte Österreich in vielen Richtungen verbessern. Wir haben ein modernes, reformiertes Österreich geerbt. Aber auch Kreisky machte Fehler, oder traf umstrittene Entscheidungen, so wie jeder von uns. Seine Schulden- und Steuerpolitik war sicher vielen fremd. Wir, also meine Generation, haben aus einer Schwierigen Zeit viele Schulden geerbt, die es zu tilgen gilt. Und trotzdem wünsche ich mir für die Zukunft Politiker wie ihn. Politiker die nach bestem Wissen und Gewissen, mit einem Gespür für das Mögliche, für das Allgemeinwohl kämpfen anstatt mit populistischen Parolen machtgierig um die Gunst der Wähler zu kämpfen, so wie es mir heute in fast jedem politischen Lager auffällt.

Literaturverzeichnis

[Fischer (1994)] Fischer, H.: „DIE KREISKY-JAHRE“; Löcker Verlag Ges.m.b.H., Wien (1993)
[Jerney (2003)] Jerney, B.: „SPÖ und Kirche Dialog und Konfrontation in der Ära Kreisky“; Institut für Geschichte an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Karl- Franzens- Universität Graz (2003)
[Kreisky (2007)] Kreisky, B.: „Bruno Kreisky Erinnerungen Das Vermächtnis des Jahrhundertpolitikers“; Styria GmbH & Co KG, Wien-Graz-Klagenfurt (2007)
[Kriechbaumer (2004)] Kriechbaumer, R.: „Die Ära Kreisky“; Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co. KG, Wien-Köln-Weimar (2004)
[Niederstätter (2007)] Niederstätter, A.: „Geschichte Österreichs“; W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart (2007)
[Stifter (2006)] Stifter, G.: „Die ÖVP in der Ära Kreisky 1970 – 1983“; StudienVerlag Ges.m.b.H., Innsbruck (2006)
[APA (2008)] http://www.historisch.apa.at/cms/apa-historisch/dossier.html?dossierID=AHD_19700421_AHD0001#top (10.1.2008, Austria Presse Agentur)
[Felix (2008)] http://www.felix.at/felix/wer/geschichte/geschichte.htm (9.1.2008, Felix Austria)
[Funke (2008)] http://www.derfunke.at/html/index.php?name=News&file=article&sid=509 (10.1.2008, Der Funke)
[Mayerhofer (2008)] Mayerhofer, R.: „Bruno Kreisky: Seine Welt war größer als sein Land“, http://www.wienerzeitung.at/linkmap/personen/kreisky.htm (9.1.2008, Wiener Zeitung Online)
[Weissensteiner (2008)] Weissensteiner, F.: „Der weltoffene Vollblutpolitiker Bruno Kreisky“, http://www.wienerzeitung.at/linkmap/personen/kreisky2.htm (9.1.2008, Wiener Zeitung Online)

Anmerkung der Hauptherausgebers des Austria-Forums:

Die obige Arbeit entstand im Rahmen der Lehrveranstaltung „Erstellung schriftlicher Arbeiten“ an der Fakultät für Informatik der TU Graz, die im ersten Studienabschnitt den Studierenden das erste Mal Gelegenheit geben soll, ein Thema im Format einer wissenschaftlichen Arbeit aufzubereiten. Dies ist hier wohl gelungen, auch wenn die sprachliche Ausdrucksweise nicht immer optimal ist, und der Autor nur auf einen Bruchteil der vorhandenen Literatur zugriff. Dies ist bei einem solchen Thema allerdings auch nicht einfach. Einen Recherche im Online Katalog der österreichischen Bibliotheken zeigt, dass es 268 Monografische Werke zu Kreisky gibt, zusätzlich zu den derzeit 60 Beiträgen, die in der Österreichischen Historischen Bibliographie zu finden sind. Eine wirklich befriedigende Biographie von Kreisky für eine Sammlung wie das Austria-Forum (also ausführlich, aber kein Buch) fehlt noch. Auch die Einträge in der Wikipedia oder der Beitrag im Exil-Archiv können nicht wirklich befriedigen:
Exil-Archiv

Darum betrachte ich diesen Beitrag als lesenwert, und bedanke mich bei dem Autor. Kommentare sind herzlich willkommen!

H. Maurer


Ist sicher für einen Anfänger beachtlich und nicht schlecht geschrieben. Könnte aber etwas neutraler sein als eine Laudatio und etwas mehr Problembewußtsein wäre nicht schlecht. Verdanken wir Kreisky nicht auch die Ausländerfrage oder habe ich da etwas überlesen?.Der sozialdemokratische Standpunkt des Autors klingt immer wieder an, der Artikel könnte so in der ehemaligen AZ stehen.Eine Erörterung des "Kreikyschen Paradoxons" (Immer mehr Arbeitsplätze und immer mehr Arbeitslose durch Zustrom ausl.Arbeitskräfte?)sowie eine über die Fakten hinausgehende Analyse der Kreisky-Jahre kann man aber von einem Anfänger nicht erwarten. Vielleicht ist das Thema für einen Erstsemestrigen doch etwas zu groß. Dennoch Respekt vor dem Mut sich da drüberzutrauen und durchaus auch vor der Ausführung.

--Aster Rix, Dienstag, 15. Dezember 2009, 22:14