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Christbaum in Österreich#

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Christbaum-Briefmarke xxx
Briefmarke mit Christbaum von 1841
Archiv Wolf

In der Weihnachtszeit immergrüne Zweige in Haus und Hof aufzustecken, ist ein seit Jahrhunderten geübter Brauch: Die Landwirte befestigten "Boschen" ("Mayen") auf dem Zaun, im Hof, im Stall, auf dem Brunnen oder Misthaufen und putzten damit die Kamine. Sebastian Brant verweist 1494 auf die grünen Tannenreiser zu Neujahr, und wie so oft sind Verbote sichere Quellen für Gewohnheiten: Im 16. Jahrhundert standen Weihnachtsmayen im Elsass unter Strafe. 1729 und 1755 verboten Salzburger Waldordnungen die "Weihnachtsboschen".

Auch Christbaum-Vorläufer gab es im ausgehenden Mittelalter. 1419 schmückte die Freiburger Bruderschaft der Bäckerknechte im Heilig-Geist-Spital einen Baum mit Äpfeln, Birnen, Oblaten, Lebkuchen, Flittergold, Nüssen und Papierzierat. Zu Neujahr schüttelte ihn der Altgeselle und die Armen erhielten die Lebensmittel. Im 16. Jahrhundert mehrten sich in den Städten Zeugnisse solcher Bäume. Oft zitiert wird der Bericht über eine 1604 in Strassburg mit Obst, bunten Papierrosen und "Zischgold" behängte Tanne.

In nachreformatorischer Zeit lehnten katholische wie evangelische Pfarrer den Christbaumbrauch ab, letztere offenbar weniger. Der Protestantismus wurde sogar spöttisch als "Tannenbaumreligion" bezeichnet. So zählten deutsche Bürgerfamilien und Adelige, die zur Kongresszeit nach Wien kamen, zu den Brauch-Innovatoren. Viel zitiert in diesem Zusammenhang ist Prinzession Henriette von Nassau-Weilburg, die Gattin Erzherzog Karls, in deren Stadtpalais 1816 einer der ersten Christbäume stand. 1823 zeigt sich Erzherzog Johann entsetzt über diesen Weihnachtsluxus: " So verstimmte mich gleich die große Hitze durch die vielen Lichter. In früherer Zeit, als ich klein war, gab es ein Kripperl, welches beleuchtet war, dabei Zuckerwerk - sonst aber nichts. Nun ist kein Kripperl mehr! Wir sahen einen Graßbaum mit vielem Zuckerwerk und ein ganzes Zimmer voll Spielereien aller Art."

1814 wurde das erste "Christbaumfest nach Berliner Sitte" in Wien aktenkundig. Der geschmückte Baum befand sich in der Familie des Bankiers Nathan Adam Arnstein und seiner aus Berlin stammenden Frau Franziska. Fanny Arnsteins großbürgerlich-liberaler Salon bildete einen Mittelpunkt des Kultur-und Gesellschaftslebens. Ein Geheimpolizist, der sich unter den Gästen befand, berichtete am 26. Dezember 1814 über Geschenke für alle Gäste. Im folgenden Sommer (1. August 1815) verbot die Niederösterreichische Regierung "das Abstämmeln und Ausgraben der Bäume zum Behuf der Frohnleichnams-Prozessionen, Kirchenfeste, Weihnachtsbäume und dergleichen". Mit "dergleichen" waren wohl die Nikolausbäumchen gemeint, die 1782 als "grüner Baum mit brennenden Kerzchen bestekket, auf welchem etwelche Pfunde candirtes Zuckerbacht ebenso glänzen wie der vom Reife candirte Kirschenbaum zur Winterszeit schimmert" beschrieben wurden. Offensichtlich bestanden eine Zeitlang beide Geschenktermine nebeneinander.

1821 wunderte sich der aus Breslau zugezogene Burgschauspieler Heinrich Anschütz, welche geringe Rolle Weihnachten im Jahreslauf der Wiener spielte. Auf die Frage nach einem Christbaum bekam er zu hören: "Christbescherung ? Was ist das ? Ah, sie meinen den Nikolo !" So brachte er in einer "beschwerlichen Reise" seine Tanne selbst aus der Hinterbrühl und lud zur häuslichen Feier Freunde ein. Seit 1829 war der Diplomat Friedrich Gentz in seinen Kreisen einer der wichtigsten Propagandisten des neuen Brauchs. Er platzierte den Christbaum in seiner Weinhauser Sommervilla und lud dazu prominente Gäste, wie den Dichter Franz Grillparzer ein. 1836 meldete die "Theaterzeitung", dass die öffentlichen Plätze Wiens aussahen wie ein Park "von immergrünem Nadelholz gebildet, welches zum Verkauf in Alleen und Gruppen zusammengetragen wurde." Im selben Jahr sah die englische Reisende Frances Trollope an jeder Straßenecke Frauen um Christbäume feilschen. 1851 hieß es: "Auf dem Hof sieht es aus wie im Prater, Baum an Baum ... und in Mariahilf hat der Weihnachtsmarkt an Bäumen einen solchen Vorrat, daß man meint, ein zweites Wien müßte hier für seine Kinder kaufen."

In den Bundesländern verweist der älteste Beleg 1813 auf Graz. Dort soll der Brauch durch evangelische Beamte und Flüchtlinge während der napoleonischen Kriege eingeführt worden sein. In Salzburg besteht er seit Ende der 1820er Jahre, den ersten Baum hatte ein aus Württemberg kommender Händler. Der erste oberösterreichische Weihnachtsbaum zierte 2008 eine Briefmarke der österreichischen Post. Ihn zeigt ein Ölgemälde aus dem Jahr 1841 im Haus des Kaufmanns Rudolf Rapolter.

Quelle#


Helga Maria Wolf: Weihnachten. Kultur und Geschichte. Wien - Köln - Weimar 2005
Redaktion: hmw

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