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Die Türken vor Wien (Türkenbelagerung von 1683)#

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Türkenbelagerung Wiens 1683
Türkischer Plan der Belagerung Wiens. Farbige Zeichnung 1683
© Ch. Brandstätter Verlag

Im Juli 1683 erschien Kara Mustapha, der Großwesir des Sultans, mit einer ungeheuren Streitmacht vor Wien. Für die Verteidiger, Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg, den Bürgermeister Andreas Liebenberg und die 60.000 Bewohner der Stadt brach eine schwere Zeit an. Wie schon 1529 waren auch diesmal die Vorstädte dem Erdboden gleich gemacht worden, und während ein Teil der Bevölkerung mit all ihrem Hab und Gut aus der Stadt geflüchtet war, kam eine ebenso große oder noch größere Anzahl von Schutzsuchenden aus dem flachen Land mit ihrer beweglichen Habe in die Stadt. Auch der Hof hatte die Stadt verlassen. Die Bemühung, rechtzeitig ein Entsatzheer nach Wien zu dirigieren, wurde von den Kurfürsten von Bayern und Sachsen und der Mehrzahl der Reichsstände unterstützt. Spanien, Portugal, der Papst und die italienischen Staaten sandten Geld und Kriegsmaterial, und nur Brandenburg-Preußen nahm an der Befreiung Wiens nicht teil. Schließlich umfasste das Entsatzheer eine Streitmacht von etwa 65.000 Mann, darunter 14.000 Polen unter ihrem König Johann Sobieski. Sie zogen donauabwärts, überquerten bei Tulln den Fluss und rückten in Richtung auf das Kahlengebirge, den heutigen Leopoldsberg, gegen Wien vor.


"Der goldene Apfel", wie die Türken wegen der goldenen Kugel auf der Spitze des Stephansdoms die Festung Wien nannten, musste den Türken als höchst erstrebenswerte Eroberung gelten, war es doch die Eingangspforte nach Mittel- und Westeuropa. Es war und blieb das Hauptziel der Osmanen. Am 13. Juli erschien die türkische Vorhut am Wienerberg, und am 16. Juli war die Einkreisung der Stadt vollendet. Das Prunkzelt Kara Mustaphas war in der Vorstadt St. Ulrich aufgestellt, die Kampftruppen lagerten in ungefähr 25.000 Zelten. Der Hauptangriff sollte sich gegen die Burg- und die Löwelbastei richten; wo das Terrain dem Anlegen von Minen am meisten entgegenkam. Die Verteidiger hatten nach besten Kräften die Befestigungsanlagen ausgebessert, die Geschütze in Stellung bringen lassen und die Lebensmittelvorräte ergänzt. Aber das Kräfteverhältnis war zu unausgewogen. 11.000 Mann regulärer Armee und 6.000 Mann der Bürgerwehr, größten Teils unausgebildet, standen einer Belagerungstruppe von 300.000 Mann gegenüber, unter ihnen auch die gefürchteten Janitscharen. Bürgermeister Liebenberg leistete Übermenschliches. Er visierte die Schanzen, organisierte die Bürgerwehr und besuchte die Verwundeten in den Spitälern. Aber alle Bemühungen schienen gescheitert, als schon am 23. Juli eine Sprengung der Befestigung der Burg- und Löwelbastei die Zuversicht der Belagerten aufs Schwerste erschüttere. Mit einer gigantischen Explosion wurde am 12. August der Burgrevalin in Schutt gelegt, und der von Tag zu Tag dringender erwartete Entsatz war noch immer nicht eingetroffen.


Entsatzschlacht Wiens 1683
Entsatzschlacht von Wien 1683. Zeitgenöss. Gemälde v. F. Greffels
© Ch. Brandstätter Verlag

Munitionsknappheit verschärfte die verzweifelte Lage. Die Stadt brannte an allen Ecken und Enden, die herabstürzenden Trümmer verlegten die Straßen, täglich erhöhte sich die Zahl der Opfer. Am 6. September riss eine gewaltige Mine eine breite Bresche in die Löwenbastei, und um ein Haar wäre es den Angreifern gelungen, die Stadt zu stürmen. Der erschöpfte Bürgermeister Liebenberg starb am 10. September, kurz nachdem er die Nachrichte vom Eintreffen des Entsatzheeres erhalten hatte.


Die Entsatztruppen unterstanden ehrenhalber dem Oberbefehl des Polenkönigs Johann Sobieski, wurden aber in Wirklichkeit von Herzog Karl von Lothringen befehligt. Am 12. September stürmte das Heer über die von den Türken nicht gesicherte Flanke der Wienerwaldberge auf die Stadt herab. Kara Mustapha leistete sich einen zu diesem Zeitpunkt entscheidenden Fehler. Statt seine gesamten Truppen dem Entsatzheer entgegenzustellen, teilte er seine Macht und unternahm gleichzeitig mit der Abwehr einen letzten Angriff auf die Festung. Die Truppen des Entsatzheeres konnten, unterstützt von der polnischen Reiterei, nach erbittertem Kampf schließlich die feindlichen Linien durchbrechen und vereinigten sich am Nachmittag mit den Stadtverteidigern, die einen Ausbruchversuch unternommen hatten. Das war die Entscheidung. Der Rückzug der Türken wandelte sich in eine völlig ungezügelte und wilde Flucht. Den Siegern fiel eine unschätzbare Beute in die Hände. Vor allem die Truppen Sobieskis erwiesen sich im Plündern des türkischen Lagers als besonders tüchtig.


Wie schon bei der ersten Türkenbelagerung kam es zu keiner Verfolgung des geschlagenen Feindes, aber dennoch war damit die Bedrohung für Wien durch die Osmanen ein für allemal zu Ende. Prinz Eugen, der als einfacher Soldat an der Entsatzschlacht teilgenommen hatte, sollte schließlich die Türken im Verlauf der kommenden drei Jahrzehnte auf den Balkan zurückwerfen und dem Kaiser das Tor nach Südosten öffnen. Aus der Grenzfestung Wien wurde der Mittelpunkt eines Großreiches. Die wirtschaftlichen und kulturellen Folgen der militärischen Siege machten Wien zu einer strahlenden Barockstadt von europäischem Format.

Quellen#

  • C. Brandstätter, G. Treffer, et al.: Stadtchronik Wien, 1986


Hervorragend gelungen, Kaiser Leopold und der Hof hatten sich übrigens nach Dürnstein zurückgezogen....

-- Glaubauf Karl, Freitag, 25. November 2011, 09:20