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!!!Drahtzieher

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[{Image src='drahtzieher.jpg' class='image_left' caption='»Der Dratzieher« (Drahtzieher). Kupferstich von Christoph Weigel. Aus: »Abbildung der Gemein-Nützlichen Haupt-Stände …«. Regensburg 1698\\© Ch. Brandstätter Verlag' alt='Beruf: Drahtzieher' height='300' width='246'}]

Drahtzieher stellten Metalldrähte her, die seit dem frühen Mittelalter zu einer der wichtigsten gewerblichen Halbfertigwaren gehörten. Aus Eisen-, Stahl-, Kupfer- und Messingdrähten wurden Nägel, Näh- und Stecknadeln, Ketten, Siebe, Netze, Wollkratzen, Kettenhemden, Nieten, Federn, Häkchen, Ösen und andere Produkte gefertigt; Gold- und Silberdrähte dienten zur Herstellung verschiedener Schmuck- und Ziergegenstände. Schon frühzeitig setzte eine Spezialisierung des Handwerks nach Art der Metalle (zum Beispiel Gold- und Silberdrahtzieher), aber auch nach der Drahtstärke ein. So entstanden Grob-, Mittel- und Feindrahtzieher. 


Der Draht- oder der Zainschmied lieferte das Vormaterial für den groben Drahtzug in Form von geschmiedetem Zaineisen (Stabeisen), das nun ursprünglich mittels einer Zange durch die konischen Löcher einer Stahlplatte, des Zieheisens, gezogen wurde. Das Ziehen durch die im Durchmesser immer kleiner werdenden Löcher bewirkte einerseits eine Verringerung des Drahtquerschnitts, andererseits nahm die Länge des Drahtes stetig zu. Je dünner der Draht wurde, um so geringer war der erforderliche Kraftaufwand. Ab einer gewissen Drahtstärke war die Zange überflüssig, und es reichte die Zugkraft einer von Hand gekurbelten Haspel, auf die der Draht aufgewickelt wurde. 



Einen Drahtzieher besonderer Art zeigt eine Abbildung im Mendelschen Stiftungsbuch (Nürnberg): Der Drahtzieher
sitzt in einer Schaukel, Schocke genannt, und zieht mit Schwung den Draht durch eine Öse des feststehenden
Zieheisens. Der kraft- und zeitaufwendige Grobdrahtzug erfuhr in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine
wesentliche Vereinfachung und Produktionssteigerung durch die Ausnützung der Wasserkraft. In den sogenannten Drahtmühlen, in denen dann auch mittlere und feine Drahtsorten produziert wurden, trieben Wasserräder die
Trommel oder über eine Pleuelbewegung die Zange an, die den Zug bewirkten. Die Erfindung der mechanischen
Ziehbank wird dem Nürnberger Künstler Rudolph zugeschrieben, der damit viel Geld verdiente und sein Inventum sehr geheim hielt. Sein Sohn verriet die Konstruktion und musste vor dem aufgebrachten Vater aus Nürnberg fliehen. 



[{Image src='drahtzieher02.jpg' class='image_right' caption='»Tireur d’Or …« (Drahtzieher). Kupferstich. Aus: Diderot – d’Alembert. »Encyclopédie, ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers«. Livorno 1771\\© Ch. Brandstätter Verlag' height='300' alt='Beruf: Drahtzieher' width='191'}]

Ein bedeutender Dichter der Reformationszeit, Eobanus Hessus, besang in seinem Gedicht Urbs Norimberga 1532 (4. Cap., 27) eine Nürnberger Drahtmühle mit folgenden Worten: »Wer erblickt, wie das Werk sich durch das Gewicht der Räder dreht und mit welcher Kraft es das Eisen streckt, wie wenn es mit Verstand begabt, das eine wie das andere vollbringt, was tausend Menschen nicht vermochten, ehe diese Kunst erfunden war: Wer erstaunt nicht, wenn er es sieht und verdammt
alle vergangenen Jahrhunderte, welche solch herrliche Erfindung unseres Menschengeschlechtes niemals kannten? – Ein grosses Rad, durch die Kraft des Wassers getrieben, bewegt einen mächtigen Cylinder mit sich, dessen äusserstes Ende mit zahlreichen Zähnen bewaffnet ist, welche durch die Kraft bewegt, die widerstehenden Maschinenteile mit sich reissen und bewegen, und ohne dass sie selbst aufgehalten werden, treiben sie durch das Rad und die Wassermengen mit ungeheurer Gewalt den schweren Cylinder. Daher wo mit solcher Gewalt die untenhängende Maschine ergriffen wird, bewegt sie um
so schneller die ganze Last oben, indem sie die Werkzeuge führt, mit denen die Blätter des schwarzen Eisens zerschnitten werden (quibus atri lamina ferri scinditur) und sie zu mannichfachem Gebrauche dünn macht, indem es jetzt diese, jetzt jene passende Form annimmt, gezwungen, dem Befehle der unbezwinglichen Kraft zu gehorchen. Denn du wirst sehen, wie eiserne Köpfe, Drachen ähnlich, durch den Biss ein Eisen von dem andern wegreissen, der hält zurück, der zieht die Masse der Drachen (der Schleppzangen). Und während sie dies thun, drängen sie sich eilig, mit immer erneuten Angriffen
kämpfend, wie wenn es sich beiderseits um das Leben und nicht um Eisen handle. So packen sie mit raschen Bissen das rohe Eisen, glätten es zu rundlichem Draht, welcher aus dem Schlangenmaule genommen in tausend Krümmungen gewunden wird.« 


Im 19. Jahrhundert setzte sich die Technologie des Drahtwalzens durch und ersetzte das Drahtschmieden
und den Grobdrahtzug in den Drahtmühlen, nicht aber das Prinzip des Mittel- und Feindrahtzuges,
das sich bis heute erhalten hat.
»Drahtzieher« nannte man auch denjenigen, der – wie der Veranstalter des Puppentheaters die Puppen
am Draht bewegt, ohne selbst öffentlich aufzutreten – andere vorschickt, um seinen Willen ausführen
zu lassen.

!Quellen
* Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010

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''... mit freundlicher Genehmigung des Christian Brandstätter Verlags.''
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