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!!!Feilenhauer

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[{Image src='feilenhauer01.jpg' class='image_left' caption='»Der Feilenhauer«. Kupferstich von Christoph Weigel. Aus: »Abbildung der Gemein-Nützlichen Haupt-Stände …«. Regensburg 1698\\© Ch. Brandstätter' alt='Beruf: Feilenhauer' height='300' width='250'}]


Feilenhauer stellten die in der Metall-, Holz-, Leder- und Hornverarbeitung unentbehrlichen gezahnten oder geriefelten Werkzeuge, Feilen und Raspeln genannt, aus gehärtetem Stahl her. Erstmals wird ein Feilenhauer 1387 in Frankfurt am Main
erwähnt, in Nürnberg wird der Beruf ab 1494 häufig genannt, im 16. Jahrhundert auch in Steyr, Leipzig,
Köln und Augsburg, später in vielen Städten als zünftiges Handwerk in der Gilde der Schmiede. Die Feilenhauerei war ein sogenanntes geschenktes Handwerk (die Gesellen durften »''mit merklicher Beförderung ihrer Wohlfahrt''« reisen und ihr Glück versuchen) mit Zeichenzwang und geregelter Ausbildung, die in der Regel je drei Lehr- und Gesellenjahre,  im 18. Jahrhundert weitaus mehr, in Anspruch nahm. Als Meisterstück mussten beispielsweise die Nürnberger und Zwickauer
Feilenhauer drei Werkstücke anfertigen und vorlegen: eine große, schwere, viereckige Armfeile, wie sie die Drahtzieher verwendeten; eine breite Schleiffeile für Goldschmiede und eine grobe, krumme Raspel mit gekröpfter Angel für Sattler.

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Die Feilen wurden aus einem gut härtbaren Werkzeugstahl (gegärbter Roh- oder Zementstahl, weniger Gussstahl, später
Walzstahl) geschmiedet, wobei man für solche mit dreieckigem und rundem Querschnitt Gesenke zu Hilfe nahm. Die geschmiedeten Feilen wurden ausgeglüht und langsam abgekühlt, um sie so weich wie möglich zu machen. Vor dem Behauen erhielten sie ihre Form sowie glatte und blanke Flächen durch Abschleifen. Dieser Arbeitsschritt geschah in eigenen Schleifmühlen oder - kotten mittels wassergetriebener Schleifsteine aus Sandstein. Eine äusserst gesundheits schädliche Arbeit, die durch den Staub und das kalte Wasser bei den Arbeitern Silikose, Gicht und Rheuma verursachte. Die Einkerbungen auf der Feilenoberfläche entstanden durch Eintreiben eines Meissels mit dem Hammer, der einen gekrümmten, kurzen Stiel hatte und aus dem Handgelenk geschlagen wurde. Als Unterlage diente der Hauamboss, auf dem die Feile mit einem Lederriemen festgehalten wurde, den der Feilenhauer mit beiden Füßen spannte. 

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[{Image src='feilenhauer02.jpg' class='image_right' caption='Der Feilenhauer. 1789. Kupferstich. Aus: »Sechzig eröfnete Werkstätte der gemeinnüzigsten Künste und Handwerke für junge Leute zur Auswahl ihres künftigen Nahrungsstandes. Mit sechzig jede Kunst, jedes Handwerk deutlich erklärenden Kupferstichen «. Verlag Joseph von Kurzbeck: Wien 1789\\© Ch. Brandstätter' alt='Beruf: Feilenhauer' width='350' height='277'}]

Das Hauen fing bei der Spitze an, und mit jeweils ein bis zwei Schlägen wurde Einschnitt für Einschnitt bis zur Angel erzeugt. Waren alle Flächen mit dem Unterhieb versehen, wurden die Grate leicht abgefeilt und der Kreuzhieb aufgesetzt. Bei achtzig bis zweihundertzwanzig
Schlägen pro Minute bewältigte ein Hauer bis zu fünfzig Feilen am Tag. Es sind viele Versuche unternommen worden, Feilen maschinell zu hauen. Als Beispiel sei hier eine Feilenhaumaschine erwähnt, die der Franzose Mathurin Jousse de la Flêche in seinem Buch über die [Schlosserei|Thema/Schlosserei] (1627) beschrieb. Der Einsatz solcher Maschinen scheiterte aber mit Sicherheit an dem mangelnden ökonomischen Vorteil, denn ein Arbeiter, der für die Bedienung einer solchen Maschine erforderlich gewesen
wäre, konnte in der gleichen Zeit die Handarbeit verrichten. Durchgesetzt haben sich solche Maschinen erst um 1890 in den Feilenfabriken.

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Das Härten der Feilen war der letzte und wichtigste Schritt und ein wohlgehütetes Geheimnis einer jeden Werkstätte. In Johann Joseph Prechtls Technologischer Encyklopädie (1830ff) findet sich folgende Prozedur: Um die feinen Spitzen des Hiebes vor Verzunderung zu schützen und ihnen zugleich eine große Härte zu geben, bestrich man jede Feile vor dem Glühen mit einem Überzug, der aus verkohltem Leder oder Horn (auch verkohlten Knochen, Ochsenklauen oder Pferdesehnen), Ofenruß, etwas Pferdemist, Kochsalz und Töpferton zusammengesetzt war. Nach dem Erhitzen wurde die dunkelrot glühende
Feile in ein Gefäss mit Kochsalz gesteckt, dann richtete man sie, falls es notwendig war, mit einem hölzernen oder bleiernen Hammer gerade, brachte sie erneut ins Feuer und tauchte sie abschließend langsam in Regenwasser. Gereinigt, geölt und in Papier oder Stroh verpackt, kamen die Feilen zum Verkauf.

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Die Verschiedenheit der Feilen war ausserordentlich groß. Nach dem Grad der Feinheit unterschied man Feilen mit grobem Hieb (Armfeilen), Mittelhieb (Bastardfeilen) und feinem Hieb (Schlichtfeilen), deren Querschnitt viereckig, dreieckig, rund, halbrund und flach sein konnte. Nach der Art der Verwendung gab es Zinn-, Messer-, Gabel-, Schraubenkopf-, Säge-, Wälz- und die Unzahl der Uhrmacher feilen (wie beispielsweise Platinen-, Zahn-, Schneckenauslauf-, Schwalbenschwanz- oder Steigradschieber-, Scharnier-, Zifferblatt-, Zapfen-, Barett-, Kreuzschenkel- und Polierfeilen). Ferner Schweiffeilen für die Schlosserei, Nadel-, Feder- und Perlfeilen für die Gold- und Silberarbeiter, Drechsler- und
Schuhmacherfeilen. »''Vogelzungen''« nannte man Feilen zur Bearbeitung gekrümmter Flächen, und »''Rattenschwänze''« waren kleine, runde Feilen.

!Quellen
* Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010

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''... mit freundlicher Genehmigung des Christian Brandstätter Verlags.''
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