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Die Mundart im Burgenland#

von DDr. Erwin Schranz#



I. Woher stammt der Name "Hianzen?"
II. Kleine burgenländisch-hianzische Dialektkunde
III. Wortschatz und regionale Besonderheiten
IV. Redewendungen und Sprichwörter im Burgenland
V. Einfluss anderer Sprachen
VI. Aktuelle Entwicklungstendenzen in der Mundart
VII. Wie sieht konkret der Sprachwandel in unserem Dialekt aus?
VIII. Literaturauswahl


Im heutigen Burgenland als dem nach dem Ersten Weltkrieg zuletzt zu Österreich gekommenen Bundesland konnte sich die einzigartige hianzische Mundart lange Zeit erhalten. Es handelt sich um einen altertümlichen deutschen Dialekt, der allerdings seit einigen Jahrzehnten Gefahr läuft, von der ostösterreichischen Verkehrssprache, vor allem der Wiener Umgangssprache, verdrängt zu werden.

Das Hianzische ist ein ostmittelbairischer Dialekt, der sich im Zuge der bairischen Besiedlung der Waldgebiete der Alpen und darüber hinaus ab dem 11. Jahrhundert durchsetzte, wobei ab dem 14. Jahrhundert die Ostgrenze des Siedlungsgebietes im Wesentlichen feststand. Ohne Verwaltungszentrale und bei mäßiger Schulbildung hielt sich der bäuerliche Dialekt unverfälscht in den einzelnen Dörfern. Von Kalch bis Kittsee entwickelte jede Ortschaft bei im wesentlich gleichen sprachlichen Grundlagen gewisse Eigenheiten in der Aussprache, weniger im Wortschatz. Im Großen und Ganzen handelt es sich aber bei der burgenländischen Mundart überall um den gleichen Grundstock. Es gibt typische Gemeinsamkeiten, die nur leicht variieren, wobei die Unterscheidung in Hianzen und Heidebauern (im Bezirk Neusiedl) nur eine künstlich geschaffene, ohne Bedeutung gebliebene Unterteilung ist, die allerdings bereits auf ein wenig ausgeprägtes Selbstbewusstsein der burgenländischen Bevölkerung schließen lässt. So leugnen etwa viele Nordburgenländer, zu den Hianzen zu zählen.

I. Woher stammt der Name "Hianzen"?

Im "Almanach von Ungarn auf das Jahr 1778", in Wien und Pressburg erschienen, wird von der "Hienzey" als einer "Landschaft sechs Meilen lang und so viel breit, in der Gegend um Güns herum" gesprochen. Verklärend, kaum historisch, wird hinzugefügt, die "Inwohner" seien "Gothen" mit besonderer Sprache und Tracht.

1.) Charakteristisch für den Hianzen, auch den heutigen Burgenländer, waren und sind sein grundsätzlich lockeres und fröhliches Wesen, gepaart mit einer Bescheidenheit, die oft schon zur Untertänigkeit neigt, seine Naturverbundenheit und Tierliebe, seine einfache Gläubigkeit und Bindung an die kirchliche Tradition, ob katholischer oder evangelischer Konfession, sein ausgeprägter Familiensinn, der oft über den "großen Teich" (Atlantik) reichte, seine Verankerung im Dorfleben trotz beruflicher und örtlicher Flexibilität (Pendler) und seine etwas wehleidige Betrachtungsweise der (Um-)Welt ohne übertriebenes kritisches Bewusstsein.

Auffällig ist auch seine Lust, die Mitmenschen, besonders die Bewohner der Nachbardörfer mit Neckereien und ironischen Bezeichnungen zu versehen und mit eher liebevollem, gutmütigen Spott von ihnen zu erzählen oder sie direkt anzusprechen. Von diesem "Heanz(e)ln", dem charakteristischen Hänseln oder Spötteln, leiten manche Sprachforscher die Bezeichnung "Hianz(e)n" her.

2.) Eine andere weit hergeholte Version zur Erklärung des Namens "Hianz(e)n" greift auf den Vornamen „Heinrich/Heinz“ zurück: auf Kaiser Heinrich den III., der mit seinen „Heinrichsleuten“ Ungarn lehensabhängig machte oder auf den mächtigen Grafen Heinrich von Güssing, der mit seinen Söhnen in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts weit reichende Gebiete Westungarns im heutigen Süd- und Mittelburgenland beherrschte und dessen Untertanen möglicherweise nach ihm benannt wurden oder sich selbst „Heinzen“ nannten. Die Abkürzung Heinz für Heinrich ist aber dennoch für das Mittelalter unwahrscheinlich.

3.) Eine andere nicht wirklich überzeugende Herleitung des Namens hat mit dem Verkauf von Hühnern aus unseren Dörfern in Wien zu tun: Viele Landbewohner, besonders aus dem heutigen Bezirk Oberpullendorf, belieferten zu Zeiten der österreichisch-ungarischen Monarchie die Wiener Märkte, etwa den Meidlinger Markt, mit Hühnern und priesen in guter Händlermanier ihr Federvieh mit den Worten "Hēa zan vakafn" an: geblieben soll ihnen und ihren Landsleuten die Bezeichnung "Heanzen" sein.

4.) Unsere Vorfahren, auch die heutigen Dorfbewohner, sprechen gerade Fremde oft mit hearns (hören Sie) an, um etwas zu erzählen, eine Neuigkeit zu erfahren oder einen erstaunten Ausruf zu tätigen. Wegen dieser häufigen Phrase könnten ihnen ihre Nachbarn den Neck-Namen "Heanz" zugeeignet haben.

5.) Am Wahrscheinlichsten scheint der Namens-Ursprung im auch heute noch häufig gebrauchten Wort hianz für "jetzt" zu liegen, mit dem der Burgenländer gerne eine Konversation beginnt. Auch hianz-ē (kürzlich) oder hianz-danē (soeben) werden ständig gebraucht. Wäre das nicht, wie schon der Volkskundler Johann Reinhard Bünker zu Beginn des 20. Jahrhunderts meinte und auch Österreichs anerkannte Dialektforscherin Maria Hornung annimmt, eine nahe liegende Erklärung, dass Niederösterreicher und Steirer ihre „namenlosen Nachbarn“ leicht spöttisch als "Hianzn" bezeichneten?

Von der ursprünglich spöttischen Bezeichnung rührt vielleicht auch das eigenartige Verhalten her, als Hianzen nicht sich selbst, sondern die jeweils südlicher wohnende Bevölkerung zu bezeichnen: jene südlich vom Neusiedlersee, im Mittelburgenland, südlich des Bernsteiner/Günser Gebirges oder die Bewohner des Bezirkes Güssing.

II. Kleine burgenländisch-hianzische Dialektkunde

1.) Die hianzische Mundart ist ein ostmittelbairischer Dialekt, der auf Grund der Randlage im deutschen Sprachgebiet und der lange Zeit bäuerlich-konservativen Struktur seiner Bevölkerung ohne große Städte - bei offiziell ungarischer Verwaltungssprache - seine altertümlichen Ausformungen gut bewahren konnte. In den letzten Jahrzehnten jedoch hat er, beginnend mit dem Anschluss an Österreich, mit einer sprachlichen Nivellierung im Osten Österreichs zu kämpfen, wobei die Wiener Umgangssprache zusehends stärker dominiert. Es existieren je nach Bedarf mehrere Schichten der Alltagssprache, vom breiten Dialekt über die Umgangssprache bis zur Hochsprache.

2.) Südlich der Flüsse Lafnitz und Raab, also im Bezirk Jennersdorf, sind südbairische Einflüsse unverkennbar. Wahrscheinlich war dieses Sprachgebiet früher deutlich größer. Bezeichnend ist die Beibehaltung des -k- statt des -g- in der Aussprache wie z.B. in Kruag statt Grūi (Krug), eine starke Behauchung des -k- im Inlaut und im Auslaut, z.B. khlūa für klein, trinkhan (trinken) oder Trukh (Druck); für den mittelhochdeutschen langen o-Laut sagt man hier teilweise noch: road (rot) oder Stroa (Stroh).

3.) Kennzeichnend im ganzen Land ist ein mehr oder weniger stark singender Tonfall, wobei dieser von Ortschaft zu Ortschaft und berufs- und generationsbedingt leicht variiert. Hinzu kommt eine oft langsame, gedehnte und bedächtige Sprechweise und die häufige Verwendung von Zwielauten (Diphthongen) und Dreilauten (Triphthongen); besonders der häufig verwendete ui-Laut wie in Khūi (Kuh) oder das breite -ei- in ib m (geben) verleihen dem Laut durch das in niedrigerem Tonfall ausgesprochene -u- oder -e- mit dem darauf folgenden hohen i- einen unverwechselbaren musikalischen Intervall.

4.) Die ursprüngliche, für das Hianzische charakteristische harte Aussprache der Anlaute wie in Pām (Baum), Pēri (Berg), Tōch (Dach); ggūid (gut), ffintn (finden) oder kschoussn (geschossen) weicht immer stärker den auch sonst in Österreich üblichen weichen Formen und hat sich nur in gewissen Rückzugsgebieten vor allem des Südburgenlandes gehalten.

5.) Das mittelhochdeutsche lange ā löst sich in der Mundart in die Zwielaute äu, äo, eu, eo auf. Wie überhaupt das Hianzische – im Gegensatz zu anderen Dialekten und erst recht zur Hochsprache – dazu neigt, einfache Vokale, alte Einlaute, zu "verzwielauten2, eine Diphthongierung besonders vor Nasalen und Liquiden und eine Dehnung des zweiten Vokals beim Zwielaut vorzunehmen, zum Beispiel Mā-u (Mann), We-i-da (Wetter), Schwe-i-sta (Schwester) oder La-i-d (Leute).

6.) Die unterschiedlich starke Nasalierung ist ein weiteres landesweites Kennzeichen, wodurch sich die burgenländische Mundart von anderen österreichischen Dialekten nicht nur graduell unterscheidet, wie zum Beispiel in Paun l (Bohnen), Me-i-ntsch (Mensch) oder Wai (Wein). Auffällig ist auch die Ersatznasalierung, wenn der Stamm auf einen Vokal endet, z.B. in gēin (gehen), stēin (stehen) oder baun (bauen). Nur durch unterschiedliche Nuancierung und Nasalierung unterscheidet sich beispielsweise die Aussprache folgender Ausdrücke: i ln (Boden lockern), heid ln (Kind einwiegen) und l n (Heilen einer Wunde).

7.) Ein primäres Merkmal des Hianzischen (teilweise auch in Nordostniederösterreich, in der Oststeiermark und im tirolerischen Pustertal) ist die häufige Verwendung des ui-Lautes, der sich aus einer unterschiedlichen sprachlichen Entwicklung herleitet:

* Das mittelhochdeutsche -uo- wird zu -ui-, z.B. muoder – Muida (Mutter) oder bluot – Bluid (Blut). * Mittelhochdeutsches -ur- wird zu -ui- wie in Tuin (Turm) oder Wuin (Wurm).

* Mittelhochdeutsches -iu- wird zu -ui- wie in schuissn (schießen), sūin (sieden) oder Stuifmiazal (Stiefmütterchen).

Diese ui-Form hat sich in der Steiermark erhalten und wurde auch von Peter Rosegger gepflegt.

Heute muss der Ui-Dialekt, der zur Zeit Maria Theresias nachweislich auch in Wien verbreitet war, ein sprachliches Rückzugsgefecht führen: statt Khūi (Kuh) hört man immer stärker von Wien/Umgebung über das Nordburgenland in den Süden vordringend Khūa, die Fluign (Fliege) muss der Fliagn weichen und statt suicha muss man jetzt etwas suachn.

8.) Das mittehochdeutsche kurze -a- wurde in ein -o- verwandelt, also "Apfel" zu "Opfül ". Das mittelhochdeutsche -ei- wird im Burgenland zu -oa- oder -ua-, z. B. in Loata (Leiter), Gmūa (Gemeinde), Stōa/Stūa (Stein) oder broad (breit). Inzwischen weicht dieser Laut immer stärker einem breiten -a- wie z.B. in Lāta für Leiter oder brād für breit, wobei sich diese Tendenz besonders in ehemals kroatischen Gemeinden früher und stärker ausgebreitet hat. Das hochdeutsche -ie wird generell zu -ia_ -wie in Spiagl (Spiegel) oder Fiawa (Fieber).

9.) Das hochdeutsche -ol- in Gold oder Holz wird genauso wie im benachbarten Niederösterreich (Bucklige Welt, "Pregnerei") oder in der Oststeiermark (Joglland) zu '-ul-' : Guld, Hulz. Inzwischen besteht eine sprachliche Neigung, aus Wien/NÖ kommend, das '-l-' in ein '-i-' aufzulösen, also zu vokalisieren, wie z.B. bei Feld i d (Palatalisierung).

10.) Im Hianzischen wurde früher die Mitvergangenheit praktisch nicht verwendet. Erzählt wurde ausschließlich in der Vergangenheit. I pīn gwe-i-n (ich bin gewesen) oder I hā(u)n (auch mhd.) ghobb (ich habe gehabt), bzw. jetzt immer häufiger I ho(b) ghōb(t).

11.) Auffällig ist im Hianzischen die Vorliebe für das Weglassen des -r- und von Endungskonsonanten, z.B. in Jōa (Jahr), Dōrn (Dorn), woast (warst du bzw. weißt du, je nach Betonung des s), (Lüge) oder für Dach – inzwischen dient dieser gleiche Laut durch eine Erweichung der Aussprache auch für das Wort "Tag".

12.) Die Mehrzahlbildung erfolgt oft mit anderen Lauten als in der Schriftsprache, z.B.

der Plotz – die Platz (Plätze)
das
– die Dacha/ die (Dächer – Tage)
der
Koupf – die Käipff (Köpfe)
der
Huid – die Hīat (Hüte) die Nocht – die Nacht (Nächte)
die
Brust – die rīsst (Brüste)

des öfteren mit -an, z.B.
der
Bui – die Buiwan (Buben)
die
Dian – die Dīran (Mädchen)
die
Hittn – die Hittan (Hütte)

oder mit zusätzlichem -a wie in Hei mmat – Hei mmata (Hemden)

oder z.B. durch Verstärkung des auslautetenden Konsonanten wie
der
Briaf – die Briaff (Briefe)

oder auch ohne Veränderung wie
das
Tīarl (das Türchen) – die Tīarl (Türchen)
der
Fisch – die Fīsch (Fische)
der
Tisch – die Tīsch (Tische)

13.) Im Hianzischen erhalten einzelne Wörter im Vergleich zum Hochdeutschen ein anderes Geschlecht, so wie es auch im Mittelhochdeutschen gebräuchlich war. Schüler im ganzen Land haben daher bisweilen noch immer mit der Anwendung des richtigen Genus zu kämpfen. Man sagte meistens

der Būder (die Butter)
der
Barometa (das Barometer)
der Oschn (die Asche)
der
Vataunsa (das Vaterunser) der Zwīfl (die Zwiebel)
das
Häinni (der Honig)
das
Wingl (der Winkel) der Heischreik (die Heuschrecke)
das
Traung (der Trank, Viehfutter) der Schneik (die Schnecke)
das
Kot (der Kot)
der
Einaumm (die Einnahme)
das
Knäid l (der Knödel)
der
Fāun (die Fahne)
das
Tőla (der Teller)
der
Kstaung (das Gestank)
der
Radio (das Radio)
die
Huascht(n) (der Husten)
die
Schōs (der Schoß)
die/das
Strud l (der Strudel)
das
Verdearbnis (die Verderbnis)
das
SMS (die SMS)
das
Windl (die Windel)
das
Tunöül (der Tunnel)

14.) Der zweite Fall (Genetiv) ist im Hianzischen praktisch verschwunden, außer z.B. in S Leitner Hund (Hund der Leitner). Der Genetiv wird entweder

a) mit dem dritten Fall umschrieben: in Vōda sei Huit (dem Vater sein Hut) oder
b) mit einem Vorwort
va mein Vōda (von meinem Vater) bzw.
c) durch ein Eigenschaftswort ersetzt:
leitnarischs Dian dl (das Mädchen von Leitner).

Auf die Frage "wessen?" kann man gelegentlich noch folgendes hören: deissl Kind (sächl.), derl Stiar (männl.) oder dei l Toschn (weibl.). Zwischen Wem- und Wenfall wird nicht unterschieden: I gsiag in BruidaI hül f in/an Bruida (Ich sehe den Bruder – Ich helfe dem Bruder).

15.) Weit verbreitet sind im Hianzischen Verkleinerungsformen (Deminutiva); zusätzlich wird noch gerne als weitere Verkleinerung ein -a- vor das -l- eingeschoben, z.B. statt Fass Fassl bzw. Fassal, statt ein Stück a Stikkl bzw. a Stikkal.

16.) Beliebt sind im Hianzischen Wiederholungen zur Verstärkung der Aussage (z.B. Du lei tzer Hund du lei tzer), Steigerungen mit stoak (noss), schein (teia), oarg (zrissn) für sehr nass, teuer, zerrissen und malerische Zusammensetzungen wie hundsmiad (hundsmüde),zaun dīa oder zaunn dāri (sehr dünn), pozwoach (sehr weich), gakkerlgöl (auffällig gelb), stoukderisch (besonders stark taub) oder kiazngrōd (kerzengerade).

17.) Beliebt ist im Burgenland auch die doppelte Verneinung, bzw. die Verwendung von mehr vor nicht, z.B. I hob koa/kua Göl d nit oder I hob mehr kuan Göld (ich habe kein Geld mehr).

18.) Häufig werden im Hianzischen Wendungen mit Fürwörtern verwendet und ineinander übergehend ausgesprochen, wobei das persönliche Fürwort wie zum Beispiel"wir großteils verschwindet, z.B. wemma (wenn wir), trink ma nit zvül (trink mir nicht zu viel), tasst (dass du) oder wiarī (wie ich).

Das sächliche Fürwort "es" wird in Einzahl und Mehrzahl noch gelegentlich folgendermaßen verwendet: "s(i) räinggt" (es regnet) oder "si sein iara" (oder "ianara") "10 gwēin" (sie waren ihrer 10).

Die Anrede in der 2. Person Mehrzahl lautet normalerweise äis, die Höflichkeitsform hieß Säi (Sie) oder Ea/īa (er) (3. Person Einzahl!).

Häufig wird statt hochdeutsch "sich" mundartlich eana verwendet: schaummans eana (schämen Sie sich), während umgekehrt statt dem Fürwort „uns“ das rückbezügliche Fürwort si(ch) im Hianzischen verwendet wird, wie z.B. mia hobm sī ē gmui gnaumma (wir haben uns eh genug genommen).

19.) Die Begriffe „dieser“ bzw. „jener“ werden im ganzen Land mit dea dou bzw. dea duat umschrieben. „Jenes“ wurde früher (bei Betonung) als deisl duat (also mit l-Verstärkung) ausgesprochen.

Fragende Fürwörter wurden zerlegt und umgedreht: „wozu?“ hieß za wōs?, „womit?“ lautete mid wōs? und zu „warum?“ sagte man weng wōs? „Welcher“ wurde mit wos fia ouna(ra)? oder wöüliga? umschrieben, „mancher“ mit ümmaroana, „wer auch immer“ mit wöülatawöül, also eigentlich „welcher der will“.

20.) Sehr beliebt und durchaus noch verwendet werden in der hianzischen Mundart Verben mit –itz(e)n (in manchen Landesteilen eher wie -atzen ausgesprochen), abgeleitet übrigens aus dem mittelhochdeutschen -etzen, z.B. hümmlitzn (wetterleuchten), gogitzn (Gackern der Henne), blengitzn (blintzeln), tougitzn/tougatzn (schwer atmen), gmegitzn (leichtes Stöhnen), guamitzn (gähnen), jui(gi)tzn (jauchzen), gräifitzn (aufstoßen), khagitzn (trockenes Hüsteln) und gigitzn (stottern).

21.) Interessant ist, dass es im Hianzischen bis vor kurzem beim Zahlwort „zwei“ noch eine geschlechtsspezifische Unterscheidung gab. Man sagte bei männlichen Gegenständen z. B. zwäi Stīar (zwei Stiere), bei weiblichen zwou Khīa (zwei Kühe) und bei sächlichen zwoa Kaiwl (zwei Kälber). Neuerdings wird kaum noch differenziert: zwoa, meistens schon zwā, gilt nun für jedes Geschlecht.

22.) Die Tätigkeitsformen und Möglichkeitsformen werden in der Mundart auch umschrieben. Bei einer länger andauernden Handlung wird zusätzlich das Hilfszeitwort tuan (tun) verwendet: i tui schraibm (ich schreibe). Der Konjunktiv wird mit tād (täte), mecht (möchte), wuadd(at) (würde), k(h)unnt(at) (könnte) umschrieben, z.B. I khunnt(at) rēn (ich könnte weinen).

23.) Während das ge- der passiven Vergangenheit oft fehlt, z.B. bougn (gebogen), glaubb (geglaubt) oder das -e- verschwindet wie in gfolln (gefallen) oder gsund oder am Schluss eines Wortes (miad für müde), scheint umgekehrt zur Schriftsprache besonders bei Zeitwörtern mit -ieren das ge- wieder als Anfangs -k- auf, z.B. in kstudiert (studiert), kspoziad (spaziert), aber auch bei kschiaglat (schielend), si kfrai(n) (sich freuen), kspiarn (spüren), ksegn (sehen), kfruisn (ge-frieren) oder kholdn (behalten).

24.) Zusätzliche, überschüssige Buchstaben (Sprossvokale) haben sich im Laufe der Zeit in die hianzische Mundart eingeschlichen, und Zeitwörter mit er- erhalten oft ein zusätzliches -d- vorangestellt, z.B. a Fluign daschlogn (eine Fliege erschlagen), daglenga (erwischen) oder jemanden dalesn (von etwas erlösen). Statt „Astl“ sagt man Nost oder Nastl, Hext für die Hexe, und das Wort „falsch“ wird in der Mundart mit einem zusätzlichen Vokal (Sprossvokal) versehen, also folisch ausgesprochen, ähnlich dem zusätzlichen Vokal -a- in Heimmat für Hemd.

25.) Alte Wochentagsbezeichnungen, möglicherweise aus dem Ostgermanischen übernommen und ursprünglich im ganzen Land verbreitet, verlieren allmählich ihren Anwendungsbereich. Kaum jemand sagt heute noch Ertag/Īridō oder Īrda/Īrdi zum Dienstag oder Pfinztō(g) oder Pfinzda zum Donnerstag! Nur der Foasta Pfinzda (der „fette Donnerstag“ als letzter Donnerstag vor der Fastenzeit) konnte sich als kulinarisch erfreulicher Begriff etwas länger in der Umgangssprache halten.

26.) In gewissen Regionen vom Nordburgenland bis in den Süden zeigt sich die Neigung, statt des hochdeutschen n ein m zu verwenden: hummari statt hungrig, Summ für die Sonne, Brumm für Brunnen und im Nordburgenland sagt man sogar umd nocha für „und dann, danach“.

27.) Tief verwurzelt und den Burgenländern von Kindesbeinen an in Fleisch und Blut übergegangen sind im ganzen Land häufig gebrauchte Umstandswörter des Ortes, mit besonderen Feinheiten in den Ausdrücken wie:

ōi hinunter auffi hinauf aussi hinaus
ōa herunter auffa herauf aussa heraus

äi/ēi hinein fiari fürhin/vorwärts(hin) zui hinzu/ zu hin
äi(n)a herein fiara fürher/vorwärts(her) zua herzu/ zu her

ummi hinüber nouchi nach hin /hinten nach
umma herüber noucha nach her/hinter her

28.) Auch die klassisch hianzischen Adverbien der Zeit sind im Alltagsgebrauch noch weit verbreitet: (grod) hianz (gerade) jetzt
(ē)scha (eh) schon
oilwāl alleweil, immer
olirīd alle Ritt, häufig
sēinda nīd niemals

Die häufigen Ausdrücke "gestern abend" und "heute morgen" lauten noch überall ge-i-sta af d Nocht und heind in da Frīa.
Genauso wie die häufig gebrauchten unveränderlichen Wortarten (Partikeln): eippa etwa, muants? meint ihr? (zweifelnd), göl/gölts/gölns gelt, nicht wahr? oder hold/ halt, das übrigens aus dem althochdt. halto/sehr stammt.
29.) Oft werden im Hianzischen Vorwörter mit einem anderen Fall als im Hochdeutschen gebraucht. „Ohne“ wird mit dem 3. Fall/Dativ verwendet: ōne miar statt ohne mich, mid t Laid mit den Leuten, unta di Fiass unter den Füßen, hinta meina (mia) hinter mir oder geign dia (gegen dich).
30.) Sehr beliebt und von klein auf immer wieder spontan gebraucht werden auch lautmalerische Ausdrücke und Lockrufe für Tiere: Piff–paff–puff; mīz–mīz oder mūz–mūz (Katze), sēi–sēi (Kalb), puids–puids (Schwein) , lī–lī (Ente), wudlwudl (Gans) und pī pī (Huhn).


III. Wortschatz und regionale Besonderheiten

Die burgenländisch-hianzische Mundart leitet sich, wie bereits ausgeführt, vom Mittelhochdeutschen her. Es ist keine Frage, dass sie zur ostmittelbairischen Mundart der deutschen Sprache gehört, also ein bairisch-österreichisches Idiom ist. Immer wiederkehrende Vermutungen, dass fränkische oder schwäbische Siedler teilweise ihre Sprache hinterlassen hätten, konnten nicht erhärtet werden. Hingegen sind südbairische Einflüsse südlich von Lafnitz und Raab im äußersten südlichen Zipfel des Burgenlandes auch heute noch nachweisbar.

1. Entwicklung aus dem Mittelhochdeutschen

Feststeht, dass die burgenländische Mundart die mittelhochdeutschen Ausdrücke besser bewahrt hat und daher altertümlicher wirkt als manch anderer Dialekt Österreichs. Beispielsweise loust man im Burgenland zui, wenn man jemandem zuhört. Dabei kann man vor Freude kiarn (laut/kreischend aufschreien) oder man kann gouamatzn/gouamitzn (gähnen). Manchmal ist es ein Gfreitt (mhd. vretten), also eine Plage, wenn z.B. zu viele Steine beim Eingang rouglat (locker) geworden sind. Feart (voriges Jahr, vergangenes Jahr, letztes Jahr) hat er zu soafln angefangen und nach einer Straucha (Schnupfen) lange Pflege gebraucht, bis er die Todnpfoad (das Totenhemd) angezogen hat und am Īrda (Dienstag) die Lāi (Leiche; Begräbnis) stattgefunden hat. – Auf dem Bier im Wirtshaus muss immer ein schöner Fuam (Schaum) zu sehen sein, während der Nuisch (Futtertrog) immer voll sein sollte. Aber auch so mancher Burgenländer hat diese Ausdrücke seinda (mhd.) nīd (niemals) gehört.

Man ist oft erstaunt, wenn man ganz im Süden des Landes hört, I mō dēis nīd dalēna, womit nicht der Unwille zum Lernen gemeint ist, sondern dass man etwas nicht (er)lernen kann. Dieser im Mittelhochdeutschen verbreitete Ausdruck „nicht mögen“ für „nicht können“ hat sich hier überraschend gut erhalten.

Insgesamt ist allgemein eine fortschreitende Erweichung in der Aussprache (Lenisierung) zu beobachten, das harte -t- und -p- weichen immer stärker, nicht nur im Inlaut, den weichen Formen. Nur im westlichen Südburgenland und im Raum Deutsch Schützen hat sich die harte Aussprache länger gehalten. Dort redet man noch vom schlechten Wä-i-tta (Wetter). Statt liap sagt man nun auch schon eher liab; ältere Personen trinkan gegen den Durst ihren Moust, während jüngere den Mousd dringa (Most trinken) und sogar die „Gemeinde“ wurde bisher als Gemeinti bezeichnet.

2. Regionale Differenzierungen

Natürlich gibt es gewisse sprachliche Unterschiede zwischen dem Nordburgenland nördlich des Sieggrabener Sattels und dem Südburgenland. Grundsätzlich endet die Nennform im Nordburgenland mit -a- wie in laffa (laufen), im Südburgenland mit -n-, also laffn (laufen). Während im Südburgenland für das Umstandwort „dann“ sehr häufig offt oder offtn verwendet wird, sagt man im Nordburgenland vielerorts, ähnlich wie in Niederösterreich, schon nōcha oder daunn.

Im Nordburgenland hat man bei schlechter Witterung a schlechts Wēida drentan oder herentan See, im Süden a schlēds Wēida īalan oder herīalan Berg (jenseits oder diesseits des Berges). Weint ein Kind, heißt es im Nordburgenland meist, das knarrate Kind flennt, während im Süden das gnoaradi Kind rēad (weint). Wenn ihm im Norden aber ein Sounnahl zufliegt (im Süden ein Hümmlkūisal, im Mittelburgenland ein Mūikūisal, also ein Marienkäfer), freut es sich, ganz anders als bei einer Hornisse, die im Süden der Wuinauss heißt und einem als leitzes Viech (schlechtes Tier) ganz schöne Angst einjagen kann.

Im Auswäarts (Frūijōar, Frühling) ist im Interoad (Intertrumm im Süden, unterer Ortsteil) im Norden das Kraud oder Zausat, im Süden das Plūtscha zu jäten. Während man im Hiarist (Herbst) im Nordburgenland die Äipfl grōst (Äpfel pflückt) und man die Ernte ārnt, broukt man im Süden die Äpfel, die Ernte wird gfeixnt.

Dass a leins Oa glēinna kaun (ein weiches Ei klebrig/pickig sein kann ), versteht vielleicht nur jemand, der im Südburgenland bleibb (wohnt).

3. Einige sprachliche Besonderheiten im Südburgenland

Im Südburgenland, besonders südlich der Pinka hielt sich lange Zeit ein in -k- umgewandeltes -p- (von -pf-) in Ausdrücken wie Kflui (Pflug) oder Kfoat (Pfoat, Hemd). Weit verbreitet war im Mittel- und Südburgenland die Abschwächung des -b- und -f- zu -w- wie in liawa (lieber) oder Keiwa für Käfer.

Im westlichen Teil zwischen Pinka und Lafnitz wieder war das -p- vom Reibelaut -w- verdrängt worden, z. B. in Schweik (Speck), schwüln (spielen), Schweiwl (Schwefel), ja sogar Raiweisn (Reibeisen und Raiffeisen) kann man des Öfteren hören.

Im Umkreis von Grafenschachen – Riedlingsdorf – Unterschützen – Wolfau gibt es seit Generationen eine Enklave des Ua-Dialektes inmitten des Ui-Dialekt-Gebietes mit weiteren Besonderheiten wie z.B. -ao- statt -o- wie in raodi Housn (rote Hose) oder Haozat (Hochzeit) und Schwund des -r- bei Verlängerung des Vokals wie in Dōrf (Dorf) oder Nōr (Narr).

4. Nordburgenländische Entwicklung

Im nördlichen Teil des Nordburgenlandes zeigt sich der sprachliche Einfluss Niederösterreichs und Wiens stärker: Das -l- in old (alt) geht in oed/oid über, "Wolken" werden zu Woikn und eine "Weile" wird zur Wö(e). Es erfolgt also eine zunehmende Vokalisierung des -l-.

Im Seewinkel ist die Mundart von Ortschaft zu Ortschaft, vom Ouwaoad zum Intaroad (oberer und unterer Ortsteil) in der Aussprache und im Tonfall besonders variantenreich, das zeigt sich etwa in den Nachbarorten Apetlon und Illmitz in der unterschiedlichen, für einen Fremden fast nicht nachvollziehbaren Aussprache von "Bohne", "Garten", "Mann" oder "Holz holen".

5. Beispiele landesweit verbreiteter Ausdrücke

Auch wenn sich die Aussprache in den einzelnen Landesteilen in Nuancen unterscheidet, beruht der burgenländische Dialekt doch auf den gleichen sprachlichen Grundlagen bei unterschiedlichen Ausprägungen und Akzentuierungen. Nur wenige Wörter differieren gänzlich und haben eine Sonderentwicklung genommen. Die meisten Ausdrücke stammen im ganzen Land ziemlich überein und werden überall (zumindest von der älteren Bevölkerungsgruppe) verstanden – sei es im Seewinkel oder im Raabtal –, ist doch die sprachliche Herkunft die gleiche. Die Mundartsprecher, im Norden wie im Süden, wissen sehr wohl, was z.B. a Giamāl (Gaumen) und a lēidiga Wei ist , den die nutze (tüchtige) (N)ānl (Großmutter) für die dalāgnit Leit (matte, hungrige Leute) schon grechtlt (vorbereitet) hat. Auch wenn sie sich beim Noudnzuing (Atmen) schon schwer tut, bei die vüln Leit a weng dakemma gwein is (bei den vielen Leuten ein wenig erschrocken war), sī dī Schuibandl varritt hout (Schuhbänder verknotet), hat sie dann doch goamitzn oder goamatzn (nördliches Burgenland) muissn (müssen) und hat dann an Noupfiza gemacht (südl. Burgenland), also a weng dunga muissn (nördl.Bgld., kurz einschlafen). Inzwischen laffn as klouni Diandl, schmōl wira Grischpindl und da zāundārige Bui (wira Hāring) vor dem Gaunausa (südl. Gaunissa; Gänserich), der zuerst die Muakn (Karotte) gefressen hat, während die (G)olsta(gatl), also die Elster, woudawöül (irgendwo) oder ninascht (nördl., nirgends); ninndascht (südl.), ninnast (Mittelburgenland) mehr zu sehen ist.

Dawāl houts glānt (der Schnee ist geschmolzen), es ist nicht mehr hāl (glatt, rutschig) und die gumpign Gfrīsa (übermütige Kinder) sind ins Gmous(t)/Gmeis einigsatzt (in den Morast hineingesprungen), wo der Boden wiach (weich) war und es nur so gwoaglitzt und gnetscht hout (der Boden schwankte hörbar).

T(r)aust (draußen) ist es inzwischen khoāwi (diesig) geworden, denn af d Nocht (gegen Abend) is hiaz truiwi (nördlich triawi, trüb) und khüwi (bewölkt) geworden.

Aus diesen Beispielen ersieht man, dass der burgenländische Dialekt ausgefallene, altertümliche Ausdrücke kennt, die aber in allen Landesteilen ähnlich verwendet und gesprochen werden, es also in Wirklichkeit im alltäglichen Sprachgebrauch nur vergleichsweise geringe Unterschiede gibt.

IV. Redewendungen und Sprichwörter im Burgenland

Der Burgenländer liebt es, gängige Redewendungen und Sprichwörter in ein Gespräch einfließen zu lassen. Sie sind aus dem Leben gegriffen, bevorzugen kräftige und deftige Vergleiche und verwenden manchmal derbe Ausdrücke. Anschauliche, bildhafte Darstellungen und lautmalerische Wendungen sagen oft mehr aus als viele zusätzliche Worte, wobei auch Witz und Ironie und des Öfteren selbstkritische Töne nicht zu kurz kommen.

Als weit verbreitete Redewendungen seien angeführt:

• Dei s is sī kau Khertsi nīd ist nicht in Ordnung, verbietet der Anstand • a Laungs und a Broads mocha um den Brei herumreden • hölf Goud, dass woar is beim Niesen: Bestätigung des Gesagten • Rouz und Wossa rean bitterlich weinen • dastunga und dalougn die Unwahrheit erfinden • as Weissi va die Augn ausakrotzn jemanden (finanziell) ausnehmen • is ghupft wia ghatscht ist ganz gleich • hianz staubs owa! jetzt ist es genug! mir reichts! • na Goutakeit! um den Schein zu wahren, nach außen hin so tun; verballhornt aus Lateinischem “quot dicat“ (was besagt) • herantgeign andrerseits, umgekehrt aber • tuits natuits! macht nur so weiter! (auch skept. gemeint) • na gsiagst(as) schaun es klappt (bestätigende Bemerkung) • dou muist „Säi“ sogn das ist besonders gelungen • aus und gschegn is oder gfālt is verzweifelt, wenn man etwas nicht geschafft hat • in Wīglwōgl sein sich nicht entscheiden können • sölm bīrī/bīnī gwei n damals war ich • ē mei n da seinerzeit • wia da Bopst Loucharl wie ein unbedeutender Wichtigmacher • in der Khuam im Geheimen • iwamo(ch)t ēissn „über Macht“, gezwungenermaßen zu viel essen • iwanachti sein unausgeschlafen sein

Beliebt sind vor allem folgende Sprichwörter:

• Zōltōg is jedn Tōg, wann mas nuar dawoartn mog (Abrechnung folgt)
• Wann die Khūi dahī is, suil s Kaiwl ā dahī sein (ist schon egal)
• A sitzanda Kraun reskiert sei n Leibn (nichts zu tun ist gefährlich)
• Dei schaut drein wia 9 Tōg Reignweida (mürrischer Gesichtsausdruck)
• Dea passt auf wia a Haftlmocha (hört genau zu)
• Dea loust wia da Bäar in da Geaschtn (hört heimlich aufmerksam zu)
• A vagaungana Reign braucht mehr kuan Schiarm (ist erledigt)
• Dea tuit Goud und die Wöld fian Noarn holdn (ist nicht ernst zu nehmen)
• I bī di Noarn griassn gwein (bin unverrichteter Dinge zurückgekommen)
• Wann man in Eisl nennt, kümmt ar grennt (soeben Genannter erscheint plötzlich)
• I kunnt ma in Schedl ōreissn (das ist zum Ärgern; Schuldeinbekenntnis)
• Gheirat is nīd Koppm tauscht (Vorsicht ist angebracht)
• I hob glaubb, i hear die Engl singa (starken Schmerz erdulden müssen)
• Heint hob i kuan Leiffl za wōs (keine Lust haben)
• Hianz hout die oarme Söl a Ruī (hat es erreicht)
• Deis passt wia d Faust afs Aug (nicht passend)
• In Heargout in Tō stöln / an liawn Maun sein loussn (nichts tun, faulenzen)
• Dea riard kua Oarwaschl nīd (reagiert nicht)
• Dea hout die Gscheidheit midn Leiffl gfreissn (weiß alles besser)


V. Einfluss anderer Sprachen

Trotz jahrhundertelangem Zusammenleben, vielleicht auch wegen teilweiser Abkapselung mehrerer Sprachgruppen in den pannonischen Dörfern, hat die burgenländisch-hianzische Mundart nur wenig von anderen Sprachen übernommen, weder im Lautbestand noch im Wortschatz. Umgekehrt ist auf die ungarischen, kroatischen oder roman Dialekte ein relativ starker Einfluss ausgeübt worden.
Die Neigung, Vokale zu verzwielauten, ist auch in anderen Minderheitensprachen sehr deutlich spürbar. Ebenso entwickelte sich auch die Sprachmelodie ähnlich und zahlreiche deutsche Ausdrücke wurden übernommen. Besonders das Burgenland-Kroatische oder das Roman(i) sind geradezu gespickt mit deutschen Ausdrücken und Germanismen. Der Abschiedsgruß S buoagom (S bogom, mit Gott ) im Kroatischen oder das ungarische Jua zakout, Jó ejszakát (gute Nacht) im Raum Oberwart sind dafür bezeichnend. Hingegen wurden hianzische Ausdrücke wie Grumpirn (Grundbirne) als krumpir (kroatisch) oder grumpli (ungarisch) übernommen und Lekwar (ungarische Rückentlehnung aus der mittelalterlichen deutschen „Leckware“) für Marmelade versteht jeder Bewohner des pannonischen Raumes, gleich welcher Zunge.
Aus dem Slawischen, nicht direkt aus dem Kroatischen, stammen einige Lehnwörter wie rouwattn (roboti) für Gemeinschaftsarbeiten, Jausn (zu jug, also Süden, Mittag), Dragatsch (Schubkarre), Grenz (granica) oder Peitschn, die ihr vergleichbares hianzisches Gegenstück in der Goasl mit dem etwas längeren Griff hat.
Aus dem Ungarischen sind einige Ausdrücke in die Mundart eingeflossen, die sich aber zum Teil wieder auf dem sprachlichen Rückzug befinden wie der Bātschi (nun alter Onkel, freundlicher Herr), Wūga (aus bika, Stier), Gogosch für Hahn oder Sallasch (Auslauf vor dem Schweinestall). Dauerhaft halten könnten sich hingegen Wörter wie Houtta (határ für Hotter, Gemeindegebiet) oder das einzige bekannte ungarische Wort, das internationale Karriere gemacht hat, also kocsi für Kutschn (Kutsche), das sich aber auch im englischen coach als 1. „Wagen, Auto“ und 2. „Trainer“ wieder findet.
Eine Zeitlang war auch die französische Sprache am Kaiserhof einflussreich und hat uns Ausdrücke wie etwa in uana Tua (ständig), Lawūa (Waschschüssel), Paraplü (Regenschirm), Guwanal (Gubernal, Lenkstange) oder das Schimpfwort Karnalli (Carneille, Hund) hinterlassen. Aus dem Italienschen stammt stantapeda (stantepede, auf der Stelle, sofort).
Natürlich ist heute das Englische dominierend, das einen überwältigenden Einfluss auf alle Sprachen, nicht nur auf das Deutsche, sondern speziell auch auf unseren Dialekt ausübt. Boss, Bikini oder SMS gelten als okay, sie sind selbstverständlich in die Alltagssprache eingezogen und heute nicht mehr wegzudenken.


VI. Aktuelle Entwicklungstendenzen in der Mundart

Auch wenn viele Dörfer ihre Eigenheiten lange Zeit beibehalten haben, gleicht sich die Aussprache immer stärker an, und die Satzmelodie verändert sich zusehends (Lenisierung). Sprachliche Nivellierungen sind auf dem Vormarsch. Die ostösterreiche Umgangssprache greift unmerklich, aber immer stärker um sich, wobei natürlich die Massenmedien und die konkrete Situation bei der Arbeit oder Ausbildung/Studium (in Wien) eine maßgebliche Rolle spielen.
Während etwa das Wort „kommen“ in den einzelnen Ortschaften jeweils recht variantenreich (und unter Anwendung aller Vokale und verschiedener Lautnuancen) als kemma, kimma, kö(a)mma, khaima ausgesprochen wurde, setzt sich nun mehr und mehr das Wienerische kumma durch. Leider dringen auch immer mehr mundartfremde Wortformen in das Burgenländische ein und werden dialektal verbrämt oder es wird umgekehrt eine Angleichung der Mundart an die Hochsprache versucht. Je weiter von Zentren entfernt oder je selbstbewusster eine Gemeinde ist, desto unverfälschter bleibt allerdings ihre Mundart erhalten.


VII. Wie sieht konkret der Sprachwandel in unserem Dialekt aus?

  1. Es ist ein allmählicher Verdrängungsprozess des Dialekts im Gange. Eine immer stärkere Angleichung an die Hochsprache und an die ostösterreichische Umgangssprache greift Platz. Statt I pī gwēin hört man immer öfter I bī gweisn (ich bin gewesen) oder auch schon i woa (ich war).
  2. Die im Burgenland stark vorherrschende Nasalisierung wird deutlich schwächer, der singende Tonfall nimmt langsam ab.
  3. Manche alten Mundartausdrücke werden nunmehr seltener verwendet oder gehen ganz verloren. Der Fūam auf dem Bier wird durch den „Schaum“ ersetzt, die Lōas am Acker weicht der „Furche“ und statt greifitzn (oder regional untersschiedlich auch greapatzn) rülpst man jetzt.
  4. Am Auffälligsten ist der Einbruch beim hianzischen Charakteristikum ui: Der Bui wird nun häufig Bua (Bub) gerufen und statt du muist gēin, dringt nun muast gein vor.
  5. Klassische hianzische Zwielaute werden schwächer oder verschwinden ganz: -ia- wird zu -ea- oder -oa-; -oa- oder -ua- werden zu einem Einlaut, zu einem langen -ā- ; -ou- wird zu -o-, z.B. statt iarma sagt man earma (ärmer), hiat heißt nun hoat (hart), wobei schon bisher ein feiner Bedeutungsunterschied zwischen einem hiatn Brod und einem hoatn Stoun/Stoan bestand – nun gilt hoat für beides; aus hoas wird hās (heiß), dahuam oder dahoam wird dahām (daheim) und wo früher auf Burgenlands Weiden ein Schouf (oder noch älter und musikalischer a Schäof, a Schäuf oder a Scheuf) geblökt hat, hört man nun ein einfach(silbig)es Schōf .

Die Sprache ist also ein ständiger Prozess und einem andauernden Wandel unterworfen – ein klares Zeichen, dass sie lebt. So wird auch der Dialekt, unsere burgenländisch-hianzische Mundart weiterentwickelt, manches wird als Ballast über Bord geworfen, anderes dient als sprachliche Anreicherung. Hoffentlich behält sie genug Kraft zur Eigenständigkeit, als identitätsstiftende Größe, damit man ihren einzigartigen Wortreichtum und ihren unverwechselbaren Klang landauf landab in unseren burgenländischen Dörfern auch in Zukunft noch hören kann.


VIII. Literaturauswahl

  • Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Leipzig 1854 - 1954, Nachdruck: München 1984, 33 Bände (dtv)
  • dtv-Atlas zur deutschen Sprache. München 1994 11
  • Hornung Maria: ui-Lautungen in den Mundarten Österreichs und benachbarter Gebiete. In: Wiener Sprachblätter 2000, H.2
  • Hornung Maria/Roitinger Franz: Die österreichischen Mundarten. Eine Einführung. Wien 2000
  • Hutterer Claus Jürgen: Tobias Kern und die Mundarten von Ödenburg. In Johann Reinhard Bünker: Schwänke, Märchen und Sagen in heanzischer Mundart, Neuauflage Graz 1981
  • Karner Hans: Die Mundarten des Burgenlandes. In: Burgenländische Heimatblätter 2 (1933), S. 194-203
  • Kleiner Rudolf: Mundart der Heidebauern, Donnerskirchen (Eigenverlag) o.J.
  • Laky Alexander: Lautlehre der Mundarten des Pinkatales, Diss. Wien 1937
  • Muhr Rudolf/Schranz Erwin/Ulreich Dietmar (Hrsg.) : Sprachen und Sprachkontakte im pannonischen Raum. Das Burgenland und Westungarn als mehrsprachiges Gebiet. Frankfurt /Main 2005
  • Perschy Jakob Michael: Sprechen Sie Burgenländisch? Ein Sprachführer für Einheimische und Zugereiste. Wien 2004
  • Puhr Franz: Formenlehre der Mundart von Bubendorf und Umgebung. In: Burgenländische Forschungen, H.58, Eisenstadt 1969