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!!!Landsknechte

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[{Image src='landknechte01.jpg' class='image_left' caption='»Trommler von den Landsknechtfähnlern «. Kolorierter Holzschnitt von Jost Amman. Aus: »Kunst und Lehrbüchlein für die anfangenden Jungen daraus reissen und malen zu lernen«. Frankfurt am Main 1778\\© Ch. Brandstätter Verlag' alt='Beruf: Landknechte' height='300' width='255' popup='false'}]


Landsknechte waren »Leute aus dem Lande« und verdingten sich vom 15. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, als es in Deutschland noch keine stehenden Heere gab, »der blanken Gulden wegen« als Söldner bei den jeweiligen Kriegführenden. Krieg geführt wurde damals fortwährend, und ein Heer aufzustellen war nur eine Frage des Geldes, denn Berufssoldaten und solche, die es werden wollten, gab es genug. Es waren Handwerksgesellen darunter, die das Betteln um Arbeit und die Ausbeutung durch die Meister leid waren; Bauern, die durch Überfälle Hof und Familie verloren hatten, entlaufene Mönche,
verbummelte Studenten, ganze Räuberbanden aus Leuten, die der Fron entflohen waren; abenteuerlustige Söhne reicher Bürger, die sich eine Offiziersstelle zu kaufen trachteten und reiche Beute machen wollten; und alle jene, die kein Dach über dem Kopf und nichts im Magen hatten, aber doch leben wollten. Der Kriegsherr gab einem erprobten Krieger als Feldhauptmann oder Feldoberst das Patent (Artikulsbrief), »ein Regiment Knechte aufzurichten«. Der Feldhauptmann hatte meist schon seinen Stellvertreter (Oberstleutnant) zur Hand, auch ein paar bewährte Hauptleute, oft heruntergekommene
Adlige, die ihrerseits kampferfahrene Haudegen um sich hatten, die ihre Leutnants und Feldwebel wurden. Was sich in diesen Landsknechtsheeren zusammenfand, war ein wildes Volk mit »Haaren auf den Zähnen«, das heißt mit dem Schnauzbart auf der Oberlippe, in auffälligem Kleiderprunk, dem vielfach geschlitzten Obergewand, durch das überall das Unterfutter farbenprächtig hervorquoll, dem herausfordernden Hosenlatz und später der verrufenen Pluderhose. Die sich gerne selbst als die »frummen Landsknechte« bezeichnenden Soldaten erhielten ein Handgeld (Laufgeld) und wurden in eine Musterrolle eingetragen. Sein Handwerkszeug – Piken, Hellebarden, Schwerter, Schusswaffen, Blechhaube und Harnisch – hatte jeder Landsknecht selbst mitzubringen; besonders gut Ausgerüstete erhielten doppelten Sold. Den Sold zahlte der Pfennigmeister aus (Spießträger erhielten beispielsweise vier Gulden, Hauptleute vierzig und Obersten vierhundert), und nach geglücktem Feldzug gab es Schlacht- oder Sturmsold und meist reiche Beute. Die wichtigsten Personen im Stab (»hohe Ämter« oder Offiziere) waren: Schultheiß (Auditor), Wachtmeister, Quartiermeister und Profos (Ankläger), dem der Stockmeister mit den Steckenknechten zum Vollzug der Leibesstrafen unterstand, der Freimann (Henker) und für den Tross aus Marketendern und Marketenderinnen, Wirten, Köchen, Huren, Soldatenfrauen und -kindern, Schacherern und allerlei Gesindel der Hurenweibel (im Hauptmannsrang) mit Rennfähnrich und Rumormeister. Der Hauptmann befehligte das Fähnlein, das aus vierhundert Mann bestand (ein Regiment hatte zehn bis sechzehn Fähnlein), und als seinen Stellvertreter ernannte er den Locotenente oder Leutnant. Jedes Fähnlein hatte noch einen Fähnrich, einen Feldwebel, dem auch die taktische Ausbildung oblag, einen von den Leuten gewählten Gemeinweibel und die Rottmeister, welche die »Rotten« zu zehn Mann führten. Durch eine strenge Gerichtsbarkeit und das »Recht mit den langen Spießen« wurden die »turbulenten und aufsässigen Renommisten« notdürftig in Zucht gehalten. Ein zum Tode Verurteilter musste sich selbst in die Spieße einer Gasse von Landsknechten stürzen. Bei Streitfällen trugen Ambosaten den Hauptleuten die Beschwerde der Söldner vor.


Auf ihren völlig ungeordneten Märschen übers Land war diese verwilderte Soldateska im wahrsten Sinne des Wortes eine Landplage, und Bürger und Bauern waren vor ihnen nie sicher. Nach einem zeitgenössischen Ausspruch (Hans Michael Moscherosch) bestand die Eigenschaft eines echten und tüchtigen Soldaten darin, alles, was ihm vorkam, zu rauben, zu verderben und umzubringen. Ging man »auf Partei«, so wurden Plünderungen in der Feldsprache genannt, wendete man die grausamsten Mittel an, um des von den Bauern versteckten Gutes habhaft zu werden. In der bekannten Plünderungsszene im Simplizissimus (I. Buch, 4. Kapitel) schildert Grimmelshausen, »was für Grausamkeiten in diesem unserm Teutschen Krieg hin und wieder verübet worden«. Der »schwedische Trunk« bedeutete beispielsweise das Eingießen von Jauche in den mit einem Holzstück geöffneten Mund. Man rieb den Opfern die Fußsohlen mit Salz ein und ließ sie von Ziegen ablecken. Führte auch das nicht zum Ziel, so band man den Hartnäckigen die Hände auf den Rücken und zog mit einer Ahle ein Rosshaar durch die Zunge und bewegte dieses leicht auf und ab. Und auch die Drohung mit dem »roten Hahn«, dem Abbrennen von Haus und Hof, verfehlte ihre Wirkung selten. »Landsknechte lassen nichts liegen als Mühlsteine und glühende Eisen«, war eine sprichwörtliche Redensart. Wo man aber hinkam und nichts mehr mitnehmen konnte, vergewaltigte man Frauen und Kinder. Entlassene Landsknechte bedeuteten ein ständiges Element der Unruhe, und viele haben sich als Einzelgänger oder auch haufenweise dem Gaunertum angeschlossen.


[{Image src='landsknechte02.jpg' class='image_right' caption='Die deutschen Landsknechte: Die Musterung. Aus: »Die Illustrirte Welt. Blätter aus Natur und Leben, Wissenschaft und Kunst, zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie, für Alle und Jeden«. Dreizehnter Jahrgang. 1865\\© Ch. Brandstätter Verlag' alt='Beruf: Landknechte' height='300' width='380' popup='false'}]


Im Winter 1620 gehörte ein gewisser Chevalier du Perron zu den Truppen des deutschen Kaisers in Südböhmen. Ein Glücksritter, ein Söldner ohne Sold, der nur mit einem Anteil an der Kriegsbeute bezahlt wurde – und den man »die feinste Klinge Europas« nannte. Hinter dem Namen verbarg sich kein Geringerer als René Descartes, der große Erneuerer der abendländischen Philosophie und Begründer der modernen Mathematik. »Er hat das Garnisonsleben mit Trinkgelagen, Mädchen und Glücksspiel kennengelernt«, schrieb Dimitri Davidenko in seinem Roman Ich denke, also bin ich (1990). »Auf den Stuben, in den Wachräumen und in den Spielsälen, in der Freizeit wie im Dienst spielen die Söldner mit Karten oder Würfeln. In endlosen Partien, die ganze Tage und Nächte dauern, bringen sie ihre gesamte Kriegsbeute durch. René Descartes, alias du Perron, ein Berufsspieler ersten Ranges, hat allzu leichtes Spiel gegen die Bauerntölpel. Er trinkt, spielt und langweilt sich. Manchmal provoziert ihn ein schlechter Verlierer, und der Streit endet im Duell.«


Descartes, mittlerweile im Corps der französischen und wallonischen Söldner des Herzogs von Bucquoy kämpfend, »zeichnet sich durch seine Bravour aus und festigt seinen Ruf als Experte, sowohl bei der Belagerung als auch bei der Verteidigung von Befestigungen. Doch dem Tod wird er auf freiem Feld begegnen, in einer Reiterschlacht.« Der Herzog von Bucquoy belagert die Stadt Neuhäusel. Die Artillerie der Kaiserlichen, von Descartes und seinen Soldaten in Stellung gebracht, zertrümmert zwar die Stadt, doch sie kann noch nicht völlig eingenommen werden. »Am 10. Juli ~[1621] greift eine ungarische Einheit mit 1500 Pferden einen Nachschubtransport an, der von 1000 Kavalieren eskortiert wird. Der Herzog von Bucquoy und seine Offiziere, unter ihnen Descartes, galoppieren nach vorn, um sich an die Spitze zu setzen. Ein  gewaltiger Todesruf erschallt von den enggestaffelten ungarischen Schwadronen, als sie mit gesenkten Lanzen und im Agriffsgalopp gegen die Flanken des Konvois geschickt werden. Mit dem Aufprall wird das Gros der Kaiserlichen zerschlagen. Das Hämmern der Stiefel, das dumpfe Geräusch der Rüstungen, die in vollem Tempo getroffen werden, der Leiber, die fallen und auf der gestampften Erde der Wege aufprallen, die Todesschreie, unterbrochen von Detonationen und dem Befehl, sich zu sammeln, der Geruch verbrannten Pulvers, all diese Eindrücke berauschen Descartes. Er stürzt sich ins Getümmel.« Es herrscht völlige Verwirrung. »Übrig bleiben nur die erfahrenen Kombattanten. Als echte Berufssoldaten bringen sie sich lautlos, nüchtern, in turbulenten Mann-gegen-Mann-Gefechten gegenseitig um. Auf den Hals seines Wallachs
gestützt, macht Descartes jähe Wendungen, um einen Durchgang zum Herzog von Bucquoy zu suchen. Gegen die Rüstungen ist ihm sein Degen zu nichts nütze. Er sticht auf die verwundbareren Pferde ein. Einige bäumen sich auf, andere winden sich oder stürzen. Die aus dem Sattel gehobenen ungarischen Lanciere lehnen sich mit dem Rücken gegen ihre unbrauchbar gewordenen Reittiere, laden ihre Pistolen, zielen. Descartes kann sich entwinden, weicht den frontalen Attacken aus, verschwindet im Getümmel. « Die Ungarn verfolgen ihn. »Eine Gruppe der Feinde kreist ihn ein. Mit dem Griff des Degens
pariert er die Schläge der gekreuzten Lanzen, schlägt auf die Nüstern, um sich die schweren Schlachtrosse vom Leib zu halten. Das Blut strömt auf ihn, er ist über und über scharlachrot.« In seinem Arm klafft eine tiefe Wunde, das Feuer einer Muskete versengt ihm das Gesicht, sein Herzog fällt, von Kugeln durchsiebt. Der Tod des Herzogs entbindet
ihn von seinem Eid. Nach vier Jahren Landsknechtleben verkauft Descartes Pferd, Muskete, Rüstung und Beute an seine
Kampfgefährten und quittiert im Herbst 1621 den Dienst.

!Quellen
* Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010

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''... mit freundlicher Genehmigung des Christian Brandstätter Verlags.''
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Die sogenannten "Doppelsöldner" waren verpflichtet, in den beiden vordersten Schlachtreihen zu kämpfen.

-- Glaubauf Karl, Donnerstag, 10. November 2011, 10:52