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Lauffener Schützen#

Tradition geht über alles

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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
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Am Schießstand
Schütze mit Protokollführerin am Luffender Schießstand
© Hilde und Willi Senft

Schon der vier Jahre alte Knabe unterscheidet sich vom gleichaltrigen Mädchen unter anderem dadurch, daß er nicht mit Puppen spielen will, sondern laut brummend „Auto fährt" oder mit „piff paff" und entsprechenden Bewegungen zu schießen vorgibt - Ausnahmen bestätigen die Regel.

Die entwicklungsgeschichtliche Herkunft des Jägers und Sammlers sowie die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau haben schon seit mehr als geraumer Zeit dem Mann das Tragen der Waffen zugeordnet, und alle pazifistischen Bemühungen können dieses Faktum nicht so rasch beseitigen.

Begleitfiguren
Ausgemusterte lebensgroße Begleitfiguren der Schützenscheiben im Lauffen (Husar, Indianer und die Göttin Fortuna).
© Hilde und Willi Senft

Verstärkt wird die Lust des Waffentragens zweifellos in den Gebirgsländern, in denen es schon immer jagdbares Wild - darunter auch gefährliches Raubwild - gab, asoziale Elemente sichere Verstecke fanden und sich der Abgeschiedenheit wegen alte Bräuche und Traditionen länger als anderswo hielten.

Obwohl die Jagd in historischer Zeit mehr oder weniger dem Adel vorbehalten war, ließ sich gerade die Gebirgsbevölkerung ihr altes „Naturrecht" nicht nehmen, und so starb auch das Wildern nicht aus.

Schon im 16. Jahrhundert rückten alpenländische Schützen zur Abwehr von Feinden aus, und allmählich wurde das Tragen von Waffen nicht mehr ausschließliche Sache von Adel und Söldnern. Als in den Franzosenkriegen die Landsturmeinheiten aufgeboten wurden, mußte in manchen Regionen jeder Wehrfähige seinen Kugelstutzen zu Hause haben - wie auch heute noch in der Schweiz.

Etwas Besonderes und in Österreich Einmaliges sind wohl die Lauffener Schützen deren Verein seit 1624 ununterbrochen besteht. - Am Waldhang versteckt und nicht einmal durch Hinweisschilder angezeigt, liegt die älteste Schießstatt des Salzkammerguts jenseils der Traun, oberhalb jener Stelle, an der sich der Fluß mit wilden Stromsehnellen seinen Weg in Richtung Bad Ischl sucht.

Treffer
Bei einem Treffer ins Schwarze werden "Sennerin"...
© Hilde und Willi Senft
Treffer
... und "Ziegenbock" hochgezogen.
© Hilde und Willi Senft

Jeglichem „Gefälligkeits-Tourismus" abhold, treffen einander hier die rund vierzig Mitglieder zur Pflege ihrer alten Tradition, und es mutet zu Beginn des 21. Jahrhunderts fast anachronistisch an, wenn man sich der Schießstatt - die letzten Meter ganz steil bergauf - nähert und ständiges Jauchzen, unterbrochen von gelegentlichem Böllerkrachen, hört. Der Kundige weiß: Aha, jetzt hat einer ins Schwarze getroffen...! Stehen wir schließlich im Schützenhaus am Schießstand, sind wir vom bunten Bild, das sich rund um die Schützenscheiben bietet, überrascht, und fasziniert: Neben jeder der acht Scheiben, die in etwa einhundertzwanzig (!) Meter Entfernung angebracht sind, steht nämlich ein "Zieler", wie die Treffer anzeigenden Männer im Salzkammergut genannt werden. Er trägt ein rotweißes Gewand und einen lustigen Hut.

Begleitfiguren
Husaren mit dem k.k. Adler.
© Hilde und Willi Senft

Die Scheiben selbst mit ihren schwarzen Ringen auf weißem Grund sind den Lauffenern aber viel zu karg und nüchtern, und so wird jede von lebensgroßen, bemalten Holzfiguren flankiert, die oben zusätzlich mit einem Bierkrug, der Göttin Fortuna oder dem alten Kaiserwappen gekrönt sind. Die Figuren an sich stellen Jäger, Husaren oder Indianer dar; sie werden nach einem Volltreffer aufgeklappt und umrahmen die Scheibe festlich. Gleichzeitig jauchzt der "Zieler" und läßt einen Böller krachen - wenn die Schützen gut „drauf" sind, steht ständig eine kleine Pulverdampfwolke über der Schießstatt.

Der Lauffener Schießstand ist der einzige „offene" im Salzkammergut. Das heißt, daß der „Zieler" nach jedem Schuß aus seiner Deckung herauskommt und nicht, wie bei allen anderen Schießständen, mit seiner Tafel aus sicherer Deckung lediglieh die Plazierung der Treffer auf der Scheibe anzeigt. Dies setzt freilich größte Disziplin der Schützen voraus. Trifft ein Schütze nur ins erste Feld, zeigt der „Zieler" mit einer Hand an, trifft er ins zweite, wird mit beiden Händen angezeigt, beim dritten Feld nimmt der "Zieler" seinen Hut ab. Sitzt die Kugel ganz nahe beim Mittelpunkt, läßt er sich ein Stück den Hang hinabrollen, und beim "Tiefschuß"... nun, wir wissen es schon: dann wird die Hose heruntergelassen. - Stundenlang könnte man dem Treiben zuschauen...

Begleitfigur
"Zieler" im Clownsgewand mit Bierkrug.
© Hilde und Willi Senft

Aber auch im Schützenhaus selbst gibt es sehr viel zu sehen: So den Fundus an alten, kunstvoll bemalten Schützenscheiben, deren älteste aus dem 18. Jahrhundert stammen. Zu allen denkbaren Anlässen und Jubiläen wird geschossen, werden Scheiben angefertigt auch über lustige Ereignisse. Besonders wichtig ist den Lauffener Schützen jedoch das Gedenkschießen an Kaiser Leopold I., der, urkundlich verbürgt, den Lauffenern das Privileg eines Schießstandes bereits im Jahre 1624 eingeräumt hat. So wird immer um den 15. November, auch zu Uhren des oberösterreichischen Landespatrons, ein „Leopoldi Schießen" abgehalten.

"Am Schießstand gilt jeder Schütz gleich viel", heißt es im Salzkammergut, "der Kaiser wie dei Flößer, der Salzamtmann wie der Bergknappe." Die erzielten "Ringe" zählen, sonst nichts. Unter allen Teilnehmern ist die Anrede das "Schützen Du", und ein jeder stellt sich hin, wo gerade ein Stand frei ist.

Da ist einmal der Allerhöchste Herr, Kaiser Franz Joseph I., bei den Schützen zugekehrt. Schon steht er am Stand, der aufrechteste Schütze des Reiches, und läßt es tuschen. "Bravo, Hoheit!" ruft der Schütz hinter ihm. Wieder läßt 's der Kaiser tuschen, diesmal aber geht es ganz daneben. "Leck mi am Arsch, jetzt hat er g'fahlt!" ruft der Schütz hinter ihm - und sogar der Adjutant des Kaisers nimmt diesen Kraftausdruck als angemessen hin...

Der "Schneider" ist der letzte in der Reihe, der schlechteste Schütze des Tages. Er erhält bei großen Veranstaltungen als "Schützentüchl" ein großes Leinentuch, auf das eine Habergoaß gemalt ist. Großmütige Verlierer tragen es stolz, auf einem langen Stecken aufgezogen, mit sich.

Wandervorschlag#

Als zünftige Wanderung - "wo im Herbst die Hirsche röhren" - möchten wir die Besteigung des GAMSKOGELS von der Rettenbach-Alm aus empfehlen: Bis zu ihr können wir von Bad Ischl aus hineinfahren. Nun lassen wir uns von der Markierung Nr. 222 durch Wald aufwärts leiten. Der Pfad kürzt mehrmals eine Forststraße ab. Nach etwa l Std. erreichen wir die Hütten der Wurzer-Alm (1.290 m) und gelangen über die Schön-Alm (1.367 m) zum 1.630 m hohen Gipfel. Die hervorragende Aussicht reicht bis zu den Hohen Tauern mit Großglockner und Wiesbachhorn (Kompaß WK Nr. 20).

Quellen#

  • Hilde und Willi Senft: Geheimnisvolles Salzkammergut. Magisches, Besonderes, Kurioses und Unbekanntes. Leopold Stocker Verlag, Graz 2002; 2. Auflage 2003.


Redaktion: Hilde und Willi Senft