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Neusiedlersee Neusiedlersee, Burgenland #

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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
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Neusiedlersee
© Willi Senft

Nur ein kleiner Teil im Süden liegt auf ungarischem Staatsgebiet, so dass man ruhigen Gewissens eigentlich von einem „österreichischen See sprechen kann. Rund fünfundzwanzig mal zwölf Kilometer misst die riesige Wasserfläche, die nirgends an ein Steilufer stößt und deren Konturen in einem breiten Schilfgürtel verschwinden. Der Wasserstand dieses merkwürdigen Sees, der kaum irgendwo tiefer als zwei Meter ist, variiert in noch wenig erforschten Zyklen, die in historischer Zeit von totaler Austrocknung bis zu einem Höchstwasserstand von zwei Metern geschwankt haben und noch immer schwanken. Der See hat nur einen einzigen Zufluss, nämlich das Flüsschen Wulka an der Westseite. Sein Wasser wäre nie imstande, die Ausdehnung des Sees zu füllen. Die verdunstete Wassermenge allein ist zweieinhalb mal so groß wie jene aller ober- und unterirdischen Zuflüsse zusammen. Das Wasser kommt zur Hauptsache aus den Niederschlägen. Der Neusiedlersee besitzt auch keinen natürlichen Abfluss. Der nach 1900 im äußersten Süden angelegte künstliche so genannte Einserkanal (Staatsgrenze gegen Ungarn), der vor allem das ungarische Sumpfgebiet entwässern sollte, senkte den Wasserspiegel erfreulicherweise nur geringfügig. Der Steppensee ist mit all seinen Eigenschaften erhalten geblieben. Er ist salzhaltig, ein reiches Fischwasser und in seinem an vielen Stellen mehrere Kilometer breiten Schilfgürtel ein Paradies für Wasservögel.

Ein Vogelparadies#

Der naturkundlich interessanteste Teil des Neusiedlersees ist wohl der „Seewinkel“. Er war früher teils Steppe, teils Sumpfgebiet. Heute präsentiert er sich als baumlose Ebene mit Wiesen, Weideflächen, größeren und kleineren Salzlacken, aber auch Wein- und Ackerflächen. Eine Besonderheit dieses Gebietes sind die mehr als vierzig stark salzhaltigen kleinen Seen, die so genannten „Zicklacken“, deren bekannteste der Zicksee bei St. Andrä ist. Als „Zick“ bezeichnen die Einheimischen Salzausblühungen.
Aus diesem Boden, in dem wie Hieroglyphen unzählige Vogelspuren zurückbleiben, sprießt eine Vegetation, die man sonst nirgends in unseren Breiten findet. Es sind Salzpflanzen, die sonst nur in Nordafrika sowie in Vorder- und Zentralasien vorkommen. Da gibt es das Kali-Salzkraut, den Salzbeifuß, das Kampferkraut, den Roten Gänsefuß, die Salzwiesen-Schwertlilie und andere. Die pannonische Flora ist mit dem Österreichischen Kranzenzian, der Pannonischen Schuppenwurz, der Violetten Königskerze, dem Runzelnüsschen, dem Liegenden Ehrenpreis, und noch vielen anderen, vertreten – diese Beispiele nur, um den Pflanzenfreunden lange Zähne zu machen.

Neusiedlersee Löffler
© Willi Senft
Im Schilfgürtel, am See und um die Lacken nisten mehr als 300 Vogelarten, von denen etwa die Hälfte in diesem Gebiet auch brütet. Schilfrohrsänger, Rohrammer, Bart- und Beutelmeise, Taucher, Blässhühner, Wildenten, Wildgänse, Seeschwalben, Rohrdommeln, Löffler und nicht zuletzt mehrere Reiherarten können beobachtet werden. Auf Rauchfängen und Kirchtürmen der Umgebung nisten die Störche, über den Wiesen kreisen nicht selten Raubvögel und manchmal können auch Trappen und Brachvögel gesehen werden. Im Herbst heben sich die Sommergänse aus den Tiefen des Schilfs und fliegen nach Süden, während bald danach aus dem Norden die Wintergänse einfallen, die tagsüber auf den Feldern wie „dunkle Muster“ zu sehen sind und abends zum See fliegen. Millionen von Zugvögeln, die über unser Land nach dem Süden fliegen, rasten hier im Herbst Schon Ende Februar stolzieren die Kiebitze auf den Brachfeldern umher, wenige Wochen später ertönt das dumpfe Brüllen der großen Rohrdommel aus dem Schilf, das muntere Lärmen der Rallen, der Glockenton der Rohrhühner, das schrille Geschrei der Bekassinen und der Schlag der Wachtel. Im Herbst ziehen Scharen von Kraniche unter gellenden Trompetenrufen durch die Luft, mit lautem Geschrei treffen die Heere der Saatgänse ein und es wimmelt von Bach- und Schafstelzen, Kuckucken, Weihen, Falken, Würgern, Pirolen, Rotkehlchen, Schwalben und Staren – wahrlich ein Naturparadies.

Vor allem mit seiner Vogelwelt ist der See ein einzigartiges Naturdenkmal, das 1994 zum Nationalpark „Neusiedlersee – Seewinkel“ erklärt wurde und im wesentlichen den südöstlichen Teil des Sees schützt. Das Informationszentrum wurde in Illmitz errichtet und steht den Besuchern von April bis Dezember zur Verfügung.

Man hat im Nationalpark „eine Natur- und mehrere Bewahrungszonen“ eingerichtet: Die „Naturzone Sandeck-Neudegg“ umfasst 4.000 Hektar. Sie besteht aus einem kleinen Puszta-Bereich, danach Schilfflächen, den Silbersee und im Süden schließt unmittelbar der ungarische Teil an. Dieses Gebiet gehört ausschließlich der Natur. Besucher bleiben ausgesperrt. Besonders auf der „Großen Schilfinsel“ brüten hier bis zu 500 Silberreiher-Paare, 80 Purpurreiher-Paare und auch die Löffler ziehen auf Schilfinseln ihre Jungen groß. Sehr zur Freude der Vogelbeobachter lassen sie sich aber auch außerhalb der Naturzone blicken. Wenn die Lange Lacke im Herbst zu wenig Wasser führt oder gegen den Winter zu vereist, dann finden sich oft mehr als 30.000 Saat-, Bläß- und Graugänse in diesem Seeteil ein, ehe sie nach Süden weiterziehen.

Die Bewahrungszone „Lange Lacke“ umfasst 1.800 Hektar. Vom großen Parkplatz aus kann man diese größte der Seewinkel-Lacken in etwa drei Stunden umrunden. An die 300 Vogelarten kann man hier antreffen. Reiher, Löffler und Säbelschnäbler sind häufig. Auf den nahen Hutweiden brüten Kiebitz und Rotschenkel, im Schilf Graugans, Rohrweihe oder Zwergdommel. Ab September findet das wohl spektakulärste Ereignis an der „Langen Lacke“ statt: Graugänse, Bläß- und Saatgänse machen auf ihrem Weg von den Tundren in den Süden hier Zwischenstation. Allabendlich kehren dann bis zu 30.000 Gänse von ihren Futterplätzen heim auf das Wasser der „Langen Lacke“. Dieses geräuschvolle Einfallen der „Gänse-Geschwader“ ist allgemein als „Gansl-Strich“ bekannt. Die Bewahrungszone „Illmitz-Hölle“ ist 1.300 Hektar groß. Sie umfasst mehrere „Lacken“, aber dazwischen auch Salzsteppen und Trockenrasen. Auf letzteren gedeihen seltene Pflanzen, die schon vorhin aufgezählt wurden.
Die Bewahrungszone „Zistersdorfer Wiesen“ ist 400 Hektar groß. Durch ihre ausgedehnte Wiesenlandschaft führt ein etwa fünf Kilometer langer Weg. Hier kann man die pannonische Flora ausgiebig studieren. Die Bewahrungszone „Waasen“, grenzt an Ungarn an und misst 140 Hektar. Hier gibt es Feucht- und Sumpfwiesen auf denen man die Großtrappen, den mit 20 kg schwersten flugfähigen Vogel der Erde, beobachten kann. Sehenswert ist ihre Balz im April/Mai, bei der die bräunlichen Hähne ihre Flügel derart verdrehen, dass die schneeweißen Unterseiten wie blinkende Bälle aufleuchten.


--> Neusiedlersee (Panoramabild)

Quellen#

  • Willi Senft: Die schönsten Seen Österreichs. Leopold Stocker Verlag, 2005

Redaktion: K. Ziegler