Keine lustige Musik ohne Seitelpfeifen#
Die Pfeiferlbuam "dudeln" und "pfugathen" heut' wieder, daß a Freud' ist...
...so hört man es häufig, wenn auf der Alm oder bei festlichen Anlässen die Querflöte mit Hingabe geblasen wird.
Im Alpenraum hat sich besonders im Salzkammergut das Musizieren mit der Seitlpfeife, die auf Hochdeutsch Schwegelpfeife heißt, als wichtiger Bestandteil der Volksmusik bei Tanz und Marsch erhalten. Die Sprichwörter „Nach jemandes Pfeife tanzen", „Aus dem letzten Loch pfeifen" oder „Ich pfeif dir was" deuten darauf hin, wie weitverbreitet früher das Spielen mit der Schwegel war. In einem aus Gößl am Grundlsee überlieferten Weihnachtslied heißt es (etwas allgemeinverständlicher übersetzt):
Pfeif ma dem Büabl almerisch auf.
Geh. Hiasl, nimm dei Pfeifa, I tua scho drum greifa. Und du laß dein Dudlsack hörn...
Die Seitelpfeife mit ihrem weittragenden Ton ist das ideale Instrument für das Freie. In den oberen Lagen ist sie leichter zu spielen als die Blockflöte, außerdem besitzt sie einen größeren Tonumfang als diese. Meist wird sie im Duett gespielt, doch die vielstimmigen "Ludler", wie die "Jodler" hierzulande heißen, werden am besten von drei oder vier Pfeifen wiedergegeben. Eine Gitarre als Begleitinstrument bei Liedern oder auch beim Tanz ist nicht zu verachten, und auch mit der „Rumpel", wie die Ziehharmonika im Salzkammergut genannt wird, spielt man gerne zusammen.
Die Seitelpfeife verlangt wenig Pflege und ist im Gebirge ihres geringen Gewichtes wegen leichter mitzunehmen als jedes andere Musikinstrument. Sie ist eine Querflöte und wird aus Ahorn-, Eiben-, Zwetschken-, Birnen- oder Dirndlbaumholz gefertigt. Das eine Ende des Rohres, in das das Mundloch gebohrt ist, wird mit einem Pfropfen verschlossen. Zum offenen Ende hin reihen sich die sechs Grifflöcher.
Das Spielen der Seitelpfeife ist nicht so einfach, wie es aussieht: Das Mundloch wird so an die Unterlippe angesetzt, daß ein kleiner Wulst der Lippe die Öffnung überragt, - aber was soll 's, der Leser kann es aufgrund der bloßen Beschreibung ohnedies nicht erlernen. Festgehalten sei nur, daß auch die Zunge im Verein mit den Zähnen als Tonunterbrecher eine große Rolle spielt. Erlernt wird das Seitelpfeifen heute, wie eh und je, innerhalb der Familie. Noten werden kaum verwendet, gespielt wird aus dem Gedächtnis.
Seit Jahrzehnten treffen die Pfeifer aus dem Salzkammergut einander jährlich an einem anderen Ort - meist auf einer Alm - am „Pfeifertag", das ist der 15. August, zu einem großen Spiel- und Volksfest.
Es lohnt sich, einmal dabei zu sein. Auch Gäste aus Bayern und Südtirol nehmen die weite Anreise auf sich. Bisher traf man einander abwechselnd auf der Blaa-Alm bei Altaussee, in Bad Ischl auf der Rettenbach-Alm, in Bad Goisern auf der Hütteneck-Alm oder in Grundlsee auf der Weißenbach-Alm u.a.m. - Und so wird es auch weiterhin gehalten.
Die lose Gemeinschaft der „Salzkammergut-Pfeifer" mit dem derzeitigen Sitz in Altaussee besteht seit 1925. Ihr gehören rund hundert Pfeiferlbuam und -dirndln an.
Quellen#
- Hilde und Willi Senft. Geheimnisvolles Salzkammergut. Magisches, Besonderes, Kurioses und Unbekanntes. Leopold Stocker Verlag. Graz-Stuttgart.