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24. Dezember - Heiliger Abend: Weihnachtsnostalgie#

© Dr. Helga Maria Wolf


Gabentisch
Ein reichlich gedeckter Gabentisch mit nostalogischen Baum, Wien um 2000
Bevor das Christkind mit seinem Baum die biedermeierliche Familienidylle prägte, gab es Nikolausbäumchen, die den Weihnachtsbäumen zum Verwechseln ähnlich sahen. Wie diese trugen sie gute Dinge, Backwerk, Obst, Lichter und Spielzeug. Die Kombination aus Christbaumfest und Nikolobescherung zeigt ein Aquarell im Historischen Museum der Stadt Wien. Der deutsche Kaufmann Carl Baumann kam um 1800 nach Wien, heiratete eine Wienerin und wohnte mit seiner Sechs-Kinder-Familie in der Weihburggasse 10. 1820 malte ein Freund des Hauses, Xaver Paumgarten, das Fest: Das Bäumchen steht in der Mitte auf dem Tisch. Der Vater hat sich als Krampus verkleidet und den zehnjährigen Sohn Carl in seine Butte gesteckt. Die Mutter spielt den Nikolaus. Die vierjährige Maria und der sechsjährige Alexander bestaunen den Baum. Die großen Schwestern Rosalia, Ida und Wilhelmine stehen wohlerzogen rechts.


Eine Generation zuvor war von dieser Art Weihnachtsstimmung noch nichts zu merken. "Der Weihnachtsabend ... nicht ein Fest der fröhlichen Kinderwelt mit flimmernden Bäumen und schimmernden Lichtern, sondern ein Tag der Vorbereitung zur morgigen Feier an dem man in sinnreicher Vermischung Enthaltsamkeit und Genuß, Andacht und Lustbarkeiten zu vereinen wußte. Streng wurde das Fasten beobachtet. Es versteht sich, dass in religiösen Häusern nicht allein kein Fleisch auf den Tisch kam, sondern auch oft nur eine Mahlzeit, gegen Abend, gehalten wurde...", erinnert sich die Schriftstellerin Karoline Pichler. Sie schildert dann, wie man sich beim "Sabbathindel" mit Orakelspielen vergnügte, in gelöster Stimmung die Mette besuchte, um nach dem Gottesdienst daheim, "wo jetzt bereits der Weihnachtstag angebrochen und somit der Genuß der Fleischspeisen erlaubt war, ein recht reichliches und fröhliches Souper mit seinen Freunden zu verzehren." Einerseits war Weihnachten in Wien Ende des 18. Jahrhunderts ein kirchliches Fest, an dem die Theater geschlossen waren und nur Wohltätigkeitskonzerte gegeben wurden. Andererseits verstanden die Bürger im Freundeskreis recht "fröhliche Weihnachten" zu feiern.


Dabei machte auch die Mette um Mitternacht keine Ausnahme. Ihre Bezeichnung leitet sich vom morgendlichen Stundengebet, der Matutin, ab. Die Mette unterschied sich nicht nur durch die ungewöhnliche Beginnzeit, sondern auch in der Gestaltung von der gewohnten Liturgie. Von den Reformatoren verpönt, in der Gegenreformation gefördert, war die Ausgestaltung in populärer Art den Aufklärern nur Spott wert. 1781 kritisierte die Schrift "Über die Abschaffung der Weihnachtsmetten" die Messgestaltung in der Wiener Michaelerkirche und in anderen Pfarren: "Diese weiche und weltliche Art die heilige Weihnachtsmette zu feiern, ist in Wien schon ganz allgemein". Ein anderer Autor meinte: "Die im Provinzialtone abgesungenen Hirtenlieder, der nachgeahmte Gesang der Vögel, das Ausrufen eines Nachtwächters hatte für den Pöbel ungleich mehr Anziehendes als ein feierlicher, einfacher Gottesdienst." In der St. Marxer Kirche in Wien, die für ihre "wunderbare Hirtenmusik" bekannt war, dauerte die Mette zweieinhalb Stunden. "Da sang jede Minute ein anderes Vögelchen, der Zeisig, die Lerche, der Kuckuck, es schlug der blinde Fink und selbst die Nachtigall ließ im Winter ihr Preislied hören. Eine Reihe Hirten fängt an, das neugeborene Jesuskind einzusingen, der Lipperl mit dem Dudelsack läßt sich sogar unter der Wandlung hören, um das Kindlein allerzärtlichst nach Hirtenart einzuwiegen... der Thomerl mit der Leyer, der Hiesel mit der Querpfeife und noch alle übrigen Hirten mit derlei ländlichen Instrumenten, kurz, was nur Ton von sich gibt, muß sich zu Ehren des anheut neugeborenen Jesukindes hören lassen, damit die andächtigen Zuhörer weihnachtsmäßig unterhalten werden." Glaubt man der zeitgenössischen Kritik, so kam es bei diesen Gottesdiensten zu groben Störungen, die 1805 zur Verlegung der Mette auf 5 Uhr früh, 1806 auf 4 Uhr führten, seit 1823 begann die Liturgie wieder um Mitternacht.


Christbaumkugeln
Christbaumkugeln auf Eibenzweigen.
Weihnachstsbaum
Weihnachtsbaum, Wien 1956
1828 notierte der Reiseschriftsteller Ch. G. Stein: "Einen sehr heiteren Anblick gewährt Wien zur Weihnachtszeit. Die Kaufladen haben ihre schönsten Waren zu Christ- und Neujahrsgeschenken in großen Glasschränken zur Schau aufgestellt." Inzwischen hatte der Christbaum die bürgerlichen Wohnungen erobert, die Entwicklung zum Schenkfest war unaufhaltsam. Um 1840 boten Zuckerbäcker "der Natur treu nachgeahmte Früchte, Blumen, dann so trefflich geformte Figürchen, komische und oft witzige Bilder, dass es eine Lust ist, diese schönen Sachen zu sehen". In den Parfümerien fand man "vulkanische, duftverbreitende Krampusse, als Räuchermaschinen zu gebrauchen... Wohlgerüche verbreitende mit herrlichen Früchten behangene Christbäumchen und dazu Blumenkörbchen mit französischen Früchten."


Die schönen Geschenke waren freilich den "braven" Kindern vorbehalten und die Geschenkvergabe ein pädagogisches Mittel. Beim Spielzeug wurde streng unterschieden, was für Mädchen und was für Buben angemessen erschien. Puppen kontra Reiter, Trommeln und Trompeten. Marie von Ebner-Eschenbach schrieb über ihre Kinderjahre in den 1840er Jahren: "Das Weihnachtsfest war nahe, wir konnten die Tage bis zum 24. Dezember schon an den Fingern abzählen, als sich etwas begab, das uns in die größte Aufregung versetzte. Vor unsern Nasen gleichsam verschwanden unsere Puppen. Auf einmal waren alle fort. Eine vollständige Puppenauswanderung hatte stattgefunden... Wir liefen ins Kinderzimmer und klagten die armen kleinen Brüder des Raubes unserer Puppen an. Daß wir auch im vorigen Jahre kurze Zeit den selben Jammer erlebt und dann unter dem Christbaum ebenso viele Puppen, als wir vermisst hatten, mit glänzend lackierten Gesichtern, reichem Gelock und schön bekleidet sitzen sahen, fiel uns nicht ein. O, wir waren dumme Kinder!"


Ein halbes Jahrhundert jünger war der Jurist und Schriftsteller Anton Wildgans. Er erinnerte sich an Bubenträume von einer Eskadron Dragoner oder einer Kompagnie bosnischer Infanterie, die sich für ihn kaum erfüllten. Zu den üblichen Geschenken zählte Kleidung, die man ohnehin bekommen musste wie Anzüge oder neue Schuhe: "Ein Hosenträger! Die ersten Taschentücher! Das ließ sich schon eher hören; denn das waren doch wenigstens Embleme des Erwachsenseins!" Und dann kam die große Überraschung, "... wenn die Zauberglocke endlich geläutet hatte, wenn die geheimnisvolle Tür aufging und der Märchenbaum mit den stillen, harzduftenden Lichtern, überflittert von Flimmerfäden und Silbersternen, über alle Träume schön vor einem stand... "

Zum Abschluß:#

„Stille Nacht“ in vier Sprachen, interpretiert vom Allround-Musiker Klaus E. Kofler und aufgenommen in der Grazer Altstadt: