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Schober, Johannes#


* 14. 11. 1874, Perg (Oberösterreich)

† 19. 8. 1932, Baden bei Wien


Beamter und Politiker


Der Sohn eines Vertragsbediensteten der Bezirkshauptmannschaft Perg absolvierte nach der Matura ein Jusstudium in Wien, danach trat er 1898 als Konzeptspraktikant bei der Wiener Polizeidirektion ein, 1900-1908 war er am Bezirkskommissariat Innere Stadt tätig. 1909 wurde er in das Polizeipräsidium berufen, 1913 übernahm er die Leitung der Staatspolizei. Im November 1918 wurde er Wiener Polizeipräsident, diese Funktion übte er - trotz Übernahme anderer Ämter - bis zu seinem Tod aus. Er war ein international anerkannter Experte, auf seine Initiative ging die Gründung der Interpol 1923 zurück. In den krisenhaften Anfangsjahren der Republik erwies er sich als Mann der Ordnung. 1921 wurde der Parteilose Chef eines Beamtenkabinetts geholt. Neben der Aufhebung gewisser Pfandrechte gelang ihm der Abschluss eines günstigen Kredit- und Handelsvertrags mit der CSR. Deswegen von den Großdeutschen abgelehnt, musste er 1922 zurücktreten. Schwerster Kritik war er als Polizeipräsident nach den Ereignissen des 15. Juli 1927 ausgesetzt, doch stieg auch gleichzeitig sein innenpolitisches Prestige. 1929 wurde Schober wieder in einer prekären politischen Situation mit der Kanzlerschaft betraut; v. a. die Verfassungsfrage war zu lösen. In einem Kompromiss mit den Sozialdemokraten und gegen die Stimmen der Heimwehren setzte er die Novelle 1929 durch. Im Jänner 1930 konnte er noch auf der Haager Konferenz die Aufhebung des Generalpfandrechts der Siegerstaaten erreichen, wenig später mit Italien einen wichtigen Vertrag schließen. Durch die leidige Strafella-Affäre im September 1930 gestürzt, wurde er bald darauf im Kabinett Ender Vizekanzler und Außenminister. Sein außenpolitischer Coup, mit dem Deutschen Reich eine Zollunion zu schließen und die Siegermächte vor vollendete Tatsachen zu stellen, scheiterte an internationalen Protesten. Beim Ausbruch der Krise um die defizitäre Creditanstalt führten Großdeutsche und Christlichsoziale gemeinsam seinen Sturz herbei. Schober zog sich verbittert in die Polizeidirektion zurück. Trotzdem hat der empfindliche Josephiner durch seine pragmatische Politik beachtliche Erfolge erreicht.

Literatur#

  • F. Brandl, Kaiser, Politiker und Menschen (1936)
  • J. Hannak, Johannes Schober - Der Mittelweg in die Katastrophe (1966)
  • R. Hubert, Schober "Arbeitermörder" und "Hort der Republik" (1990)



© "Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik" von Isabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner, 1992