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Peter Pfarl: Die schönsten Wallfahrtsorte Österreichs#

Bild 'Pfarl'

Peter Pfarl: Die schönsten Wallfahrtsorte Österreichs. Verlag Styria Wien 2004. 192 S. mit zahlr. Farbbildern. € 29.90

Beim Titel drängt sich die Frage auf: Was bedeutet "schön" in Zusammenhang mit Wallfahrtsorten ? Das Buch fasst den Begriff sehr weit. Hier finden sich barocke Prachtbauten - wie Stift Wilten oder die Kirche am Sonntagberg - ebenso wie fast unzugängliche Bergkapellen - wie in St.Magdalena bei Trins oder St. Silvester bei Innichen - Zeugnisse der Restauration des 19. Jahrhunderts - wie Maria Schmolln oder Maria Enzersdorf - und zeitgenössische Meditationswege wie in Weiz. Rund ein Drittel der beschriebenen Objekte liegt in Nord-, Ost- oder Südtirol. Wien ist nur mit dem Stephansdom vertreten. Dennoch zeigt die Übersichtskarte am Beginn ein ausgewogenes Bild. 54 Wallfahrtsorte in Österreich, dazu acht in Südtirol, bilden die Ziele der literarischen Reise. Sie beginnt mit Rankweil und Bildstein in Vorarlberg und endet in Kärnten. Jedem Pilgerziel sind mehrere Doppelseiten des großformatigen Bandes gewidmet, illustriert mit Farbfotos des Autors.

Dr. Peter Pfarl ist kein Historiker, Ethnologe oder Theologe, sondern Rechtsanwalt. Er publizierte über den hl. Wolfgang, christliche Kunst, das "Mystische Oberösterreich" und oberösterreichische Pilgerwege . Die Kult-und-Brauch-Thematik fand er in seinem Geburtsort St. Wolfgang gleichsam vor der Haustür. So kommt der Wallfahrtsort am Abersee auch im vorliegenden Werk , gleich mit dem stimmungsvollen Umschlagfoto, zu Ehren, gleich mit dem stimmungsvollen Foto. Im Text geht es weniger um die berühmte gotische Kirche mit dem Schnitzaltar von Michael Pacher als um die Kapelle am sagenumwobenen Falkenstein. Dabei zeigt sich ein Muster, das sich bei den heiligen Orten fast immer finden lässt: Eine - möglichst prähistorische - Opferstätte und eine, wie es der Autor nennt, "uralte Kulthandlung" - hier das Mittragen eines Steines, den die büßenden Pilger bei der Kapelle auf einen Haufen werfen - , wundersame Ursprungslegenden - wie vom Teufel, der dem heiligen Bischof beim Kirchenbau half, oder vom Axtwurf, der den Bauplatz der Kirche bestimmte -, mirakulöse Quellen, Felsen, die Heilung erhoffen lassen, wenn man durchkriecht, seltsam geformte Steine, die man als Ruheplätze von Heiligen interpretierte, auffallende Höhenlage der Andachtsstätten …

Aus der Distanz von Jahrhunderten verleiten solche Erscheinungen zu unbeweisbaren Deutungen. Obwohl sich der Autor in der Einleitung davon distanziert, kann auch er dieser Versuchung nicht widerstehen. Am Beispiel St. Wolfgang: "An mehreren Stellen findet man hier solche Gebräuche, die in die Zeiten zurückreichen, als die Menschen die Natur von Geistern bevölkert dachten. Wenn sie den geheimnisvollen Falkenstein bestiegen und seine Kräfte auf sie einwirken ließen, fühlten sie sich ihnen besonders nahe. …Wer weiß, was die ersten Menschen, die dieses merkwürdige Gebilde erlebten, dabei empfunden haben. Wer weiß, welche Gottheiten und überirdische Gestalten hier schon verehrt wurden … die Stätte blieb immer noch unheimlich. Erst 1626 wurde hier ein Gotteshaus erbaut, die heutige Felsenkirche zum hl. Wolfgang und damit ist der alte Dämonenort endlich ganz christlich geworden." Bei der entlegenen Kapelle im steirischen Schüsserlbrunn, wo Wasser aus einer Felsritze tropft, das die Pilger gegen Augenleiden schätzen, liest man die "Erklärung": "Die Spalte wird zum Sexualsymbol. Beim Hineinkriechen befindet man sich im Mutterleib und die Flüssigkeit aus der Tiefe wird zum heilsamen Wasser für den Körper. Bezeichnenderweise wurde ja hier besonders die Mutter der heiligen Maria, Anna, verehrt, die man so sinnfällig mit der Mutter Erde gleichsetzte, dass sie sogar als Patronin der Bergwerke fungierte."

Meist aber versucht der Autor, das Wesentliche zusammenzufassen und allzu Phantastisches auszuklammern. Bei der Fülle an Überlieferungen und Interpretationen, Mirakeln und Legenden keine leichte Aufgabe. So entpuppen sich viele Wundergeschichten als gegenreformatorische Propaganda - besonders eindrucksvoll in Hoheneich, wo der protestantische Grundherr Ernst von Kollonitsch die Kirchentür vermauern ließ, um den Einzug einer katholischen Prozession zu verhindern. Doch das Tor öffnete sich, der Graf konvertierte, einer seiner Söhne wurde Kardinal, ein Enkel der erste Fürsterzbischof von Wien.

Peter Pfarl beschränkt sich nicht auf die Historie. Neue und neueste Entwicklungen finden Platz, etwa die mitten im Zweiten Weltkrieg entstandene Fatimakirche in Schardenberg, eine "Trutzburg" gegen den Nationalsozialismus, oder die als moderner Meditationsraum gestaltete Krypta der im 13. Jahrhundert gegründeten Klosterkirche Klein-Mariazell. Jedes Kapitel trägt einen zügigen Titel - etwa "Am Anfang stand eine Pleite: Maria Plain", "Ein Kultort wird umgepolt: Maria Weißenstein" oder "Der Berg mit den blutigen Köpfen: Die Hohe Salve". Die Texte enthalten auch persönliche Eindrücke und Wertungen. Man merkt die Begeisterung des Autors, der an Ort und Stelle rechrchiert und fotografiert, unendlich viele Informationen studiert, daraus seine Schlüsse gezogen und alles zu einem eindrucksvollen Band verwoben hat.