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Charles E. Ritterband: Dem Österreichischen auf der Spur#

Bild 'Ritterband'

Charles E. Ritterband: Dem Österreichischen auf der Spur. Expeditionen eines NZZ-Korrespondenten. Mit 72 Karikaturen von Michael Pammesberger. Verlag Böhlau Wien 2009. 398 S. € 24,90

"Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte" formulierte ein britischer Werbetexter in den 1920er- Jahren. Dass zwei Bilder den Inhalt eines ganzen Buches zusammenfassen können, beweist der österreichische Karikaturist Michael Pammesberger. Sie finden sich im Sammelband des Auslandskorrepondenten der Neuen Zürcher Zeitung, Charles E. Ritterband. Mit spitzer Feder bringt der "Kurier"- Zeichner "Zweierlei Unsinn" auf den Punkt. "Wie wir uns sehen" ist das eine Bild betitelt: Ein Reiterstandbild mit Lippizaner, dazu musikalische Attribute, wie Walzertänzer, Sängerknabe, Mozartkugel und Geige. Von hohen Bergen und einem kleinen Stephansdom weht die österreichische Fahne. "Wie uns die anderen sehen" nennt sich das zweite. Es zeigt einen Stahlhelmträger mit Armbinde und Schnauzbart hoch zu Ross. Berge, Dom und auch das Riesenrad tragen Hakenkreuz-Fahnen. Anstelle der Anspielungen auf die Musik sieht man paradierende Soldaten, der Sängerknabe mutierte zu Jörg Haider, Mozart zu Hitler, die Geige zum Gewehr, und dabei steht: "Danke Jörg!"

Wie ein roter Faden zieht sich die Aussage der zweiten Karikatur durch das Buch mit dem rot-weiß-roten Einband. Diesen ziert ein Pammetsberger-Konterfei des Autors. Mit seiner Zeitung, Schweizer Fahne, Fernglas und Schmetterlingsnetz gut ausgerüstet, macht sich der Korrespondent in Begleitung seines Königspudels zu "Expeditionen" (so der Untertitel) durch Österreich auf. Der Autor, mit Wiener Mutter und Großmutter, ist promovierter Staatswissenschaftler der Universität St. Gallen, studierte in Paris und an der Harvard University. Trotzdem entschied er sich für den Beruf eines Auslandskorrespondenten der NZZ, der ihn nach Jerusalem, Washington, London, Buenos Aires und, seit 2001, nach Wien führte. Die Gliederung ist chronologisch wie griffig: "Haider geht - Strache kommt", "Politik und Fußball", "Wilde Bräuche", "Österreich und die Welt", "Vom Knopfkönig zur Leichwendfeier", "Heimliches und Unheimliches".

Die Auswahl aus rund 1200 Berichten und Glossen beginnt aktuell im Sommer 2009 mit Gedanken über das neue Affenhaus in Schönbrunn und das sanierungsbedürftige Parlament. Die Assoziation zum Wiener Sprichwort "Gott hat einen großen Tiergarten" drängt sich auf. Hauptsächlich Politiker sind Thema des Eid- und Zeitgenossen, doch kein Klischee über Österreich bleibt ausgespart: Schlagobers, Fiaker, der sprichwörtliche Charme, beamtete Faulheit, und der Tod, der angeblich ein Wiener sein muss. Freilich geht es auch um die Bundesländer, die Ritterband mit Erstaunen analysiert. Wer würde sonst noch an die "die rauchfreie Republik Katschickistan" der Gesundheitsministerin Kdolsky (2007) oder das Giraffenbaby Lisl, das seinen Namen zu Ehren der Kulturministerin Gehrer erhielt (2004), denken ? Auch Sozialminister Buchinger blieb - im wahrsten Sinn des Wortes - nicht ungeschoren (2007). Falls man es nicht mehr so genau weiß, kann man den Kontext älterer Beiträge am Ende in einer Chronologie nachlesen.

Vier ehemalige Politiker schrieben Geleitworte. Franz Vranitzky lobte die NZZ als Blatt, "welches von der Welt kommend wieder in sie zurück in in ihre Zukunft führt". Andreas Kohl liest sie seit einem halben Jahrhundert und "möchte sie für weitere 50 Jahre nicht missen". Heide Schmidt meint, Ritterbands Beiträge "lassen uns immer auch den spießigen Schrebergartenzaun spüren, der die innerösterreichische Diskussion begrenzt. Das tut gut. Und vielleicht hilft es sogar." Alexander van der Bellen kommentiert: "Man fasziniert, mal fassungslos kehrt Korrespondent cer von seinen Expeditionen zurück. Das Stirnrunzeln des Schweizers beruhigt mich." Für ihn selbst sind die gesammelten Reportagen "ein bunter Flickenteppich ganz persönlicher Eindrücke aus einem nahen, fernen Land."