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Kontinuierliche Glukosemessung steigert die Überlebenschancen von kritisch kranken Patienten#


Von


Univ.-Prof. Dipl.-Chem. Dr.rer.nat. Ingo Klimant
Dipl.-Ing. Dr.techn. Alen Pasic


Institut für Analytische Chemie und Radiochemie

Ingo Klimant
Ingo Klimant

Alen Pasi
Alen Pasi


© Forschungsjournal WS 07/08


Die Überwachung der Blutzuckerwerte ist der wichtigste Teil einer Diabetesbehandlung. Mit den herkömmlichen manuellen Methoden (punktuelle Messungen mit Einwegsensoren) wird der tatsächlicheGlukoseverlauf jedoch nur unzureichend widergespiegelt. Die erforderliche Kontrolle kann nur mit sehr hohem Aufwand realisiert werden. Erst eine kontinuierliche Messung ermöglicht eine engmaschige Erfassung der Glukosewerte und kann den Betroffenen einen Teil der lästigen und schmerzhaften Fingerstiche ersparen.


Seit mehr als 40 Jahren wird weltweit an der Entwicklung eines solchen kontinuierlichen Messsystems gearbeitet. Die größte Herausforderung bleibt bis heute die Sensorabstoßung und infolgedessen auch eine nicht berechenbare Drift der Signale während der Messung. Auch bei gesunden Personen kann es z.B. bei Schock oder Trauma (typische Zustände bei Intensivpatienten) zu erhöhten Blutzuckerwerten (Hyperglykämie)kommen. Der plötzlich erhöhte Blutzuckerspiegel wurde bisher als angemessene Stressantwort des Körpers betrachtet. Daher wurden leichteHyperglykämien traditionell gar nicht behandelt. Diese Situation änderte sich im Jahre 2001 nach der Veröffentlichung einer belgischen Studie, in der gezeigt wurde, dass die Normalisierung der Glukosewerte durch intensivierte Insulintherapie u.a. die Sterblichkeitsrate auf Intensivstationen um bis zu 42 % senken kann – ein enorm hohes Heilungspotenzial. Im EU-Forschungsprojekt CLINICIP (Closed Loop Insulin Infusion for Critically III Patients) wurde ein intelligentes System für eine verbesserte Überwachung und Behandlung von Intensivpatienten entwickelt. Durcheinen integrierten Biosensor werden die Blutzuckerwerte kontinuierlichgemessen. Basierend auf dieser Messung wird durch einen anpassungsfähigen Kontrollalgorithmus automatisch die richtige Menge Insulin berechnet und direkt verabreicht. Auf diese Weise erfolgt eine automatische Optimierung des Stoffwechsels der kritisch kranken Patienten.

Zeitlicher Verlauf des Glukosespiegels
Abb. 1: Zeitlicher Verlauf des Glukosespiegels eines Typ-1-Diabetikers, gemessen mit einem optischen Sensor; Aschematischer Aufbau des Sensors
© Forschungsjournal WS 07/08

Ein Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts ist ein zuverlässig arbeitender kontinuierlicher Glukosemonitor, der derzeit auf dem Markt nicht erhältlich ist. Im Rahmen von CLINICIP wurden unterschiedliche Glukosemonitore von verschiedenen Kooperationspartnern entwickelt. Erfreulicherweise stellte sich nach kritischer Evaluierung der in Graz entwickelte optische Glukosesensor als die beste Lösung heraus.Dieser Sensor ist das Ergebnis einer engen Kooperation des Instituts für Analytische Chemie und Radiochemie und dem Institut für Medizinische Systemtechnik und Gesundheitsmanagement (Joanneum Research).

Der Sensor verwendet das bekannte und stabile Enzym Glukoseoxidase als Rezeptor, wobei in Anwesenheit von Glukose Sauerstoff verbraucht und Wasserstoffperoxid (H2O2) gebildet wird. Unser Sensor detektiertden Verbrauch von Sauerstoff mittels eines fluoreszierenden Indikators. Im Vergleich zu konventionellen Glukosesensoren, die in der Regel amperometrisch die Entstehung von H2O2 messen, zeichnet sich die optische Sauerstoffmessung durch hervorragende Selektivität und Stabilität aus. Durch die Vielfalt der Medikamente, mit denen kritisch kranke Patienten behandelt werden, sind diese Anforderungen für einen erfolgreichen Einsatz in der Praxis besonders wichtig.

Der Sensor wurde unter In-vitro- und In-vivo-Bedingungen getestet. Anschließend wurden klinische Tests sowohl an gesunden Probanden als auch an Typ-1-Diabetikern in der Dauer von mindestens 24 Stunden durchgeführt. Eine ausgezeichnete Korrelation mit Blutreferenzwerten (Abb. 1) sowie ein driftfreies Verhalten während der ganzen Messung wurden beobachtet. Im vergangenen Jahr konnten bereits erste Messungen an Intensivpatienten erfolgreich durchgeführt werden.

Die viel versprechenden Ergebnisse und das große Marktpotenzialeiner automatischen Glukosespiegelregulierung sprechen für eine Kommerzialisierung des Messsystems. Die an CLINICIP beteiligten Grazer Partner (Joanneum Research, TU Graz und MUG) haben deswegen beschlossen, in Graz ein neues medizintechnisches Unternehmen zu gründen, mit dem Ziel, aus den positiven Projektergebnissen ein am Markt erfolgreiches Produkt zu entwickeln.

--> Weiterführende Links: www.clinicip.org