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Sagen aus dem Raum St. Gallen St. Gallen, Steiermark #


Die Legende vom Christkindl in der Mehltruhe

Burg Gallenstein, St. Gallen
Burg Gallenstein, St. Gallen, Steiermark, Österreich. Photographie.
© IMAGNO/Gerhard Trumler

In St.Gallen lebten einst ein altes, frommes und rechtschaffenes Ehepaar, das im seinen alten Tagen schon recht mühselig und gebrechlich geworden war und sich kaum mehr zu helfen wußte. So in Not geraten bedrohte sie eines Tages der Hunger, da sie nicht mehr in Lage waren, sich Nahrungsmittel zu verschaffen. Sie hatten nur noch einen ganz bescheidenen Mehlrest in der Vorratstruhe, in der sie auch das ganze Jahr über das Christkindl für die Weihnachtskrippe aufbewahrt hatten. Aus dem letzten Mehl buken sie noch einmal mit trüben Gedanken Brot. Nach einigen Tagen bemerkten sie zu ihrem Staunen, daß das Mehl in der Truhe nicht abnahm, soviel man auch davon herausnahm. So wurden die beiden alten Leute auf wunderbare Weise durch die Krippenfigur des Jesukindes vor dem Hungertod bewahrt. Vor einem halben Jahrhundert soll dieses wundertätige Bildwerk noch in der St.Gallener Pfarrkirche zu sehen gewesen sein.

Der Teufel straft einen liederlichen Einsiedler

Ganz in der Nähe von St.Gallen liegt eine bewaldete Bergkuppe, die "Teufelskirche" genannt. Über diesen sonderbaren Bergnamen weiß die Sage folgendes:

Einst lebte auf diesem Berg in einer Hütte ein Einsiedler, zu dem an Sonn- und Feiertagen viele junge Leute kamen. Mit der Zeit kam aber dieser Ort in üblen Ruf, denn ausgelassene Trinkgelage und gotteslästerliche Reden wurden bei diesen Zusammenkünften geführt. Das wurde von Jahr zu Jahr immer ärger und der Berg immer verrufener.

Einmal kehrten von einem solchen sonntägigen wilden Trinkgelage die Teilnehmer nicht heim. Die Angehörigen gerieten in große Sorge und gingen auf Suche. Zu ihrem Schrecken fanden sie die Hütte des Einsiedlers nicht mehr auf dem Berge. Dafür gähnte ihnen ein weites, dunkles Loch entgegen, so groß wie eine Kirche. Übelriechende Schwefeldämpfe stiegen daraus empor. Seither trägt der Berg mit der unheimlichen Höhle den Namen "Teufelskirche".

Das St.Gallener Elf-Uhr-Läuten

Eine besondere Bedrohung für die obersteirische ländliche Bevölkerung bildeten die Einfälle französischer Armee im Rahmen der Kriegshandlungen der Napoleonischen Epoche. So wollte die Franzosen im Winter 1809 auch nach St.Gallen vordringen. Das steirisch-oberösterreichische Grenzgebiet war ja ein besonderes Operationsgebiet dieses bedrängenden Kriegsjahres. Die Feinde waren schon bis an den Fuß des Spitzenberges gelangt, als ihnen Eis und Schnee letztendlich doch unmöglich machten, weiterzumarschieren und die schweren Kanonen über den Berg zu bringen. Sie beschlossen daher, noch einen Versuch zu wagen und wenn ihnen dieser bis zur Mittagsstunde, die einst ja allenthalben nur durch die Kirchenglocken signalisiert wurde, nicht gelänge, das Vorhaben aufzugeben und umzukehren.

Das Herannahen der französischen Truppen war in St.Gallen nicht unbemerkt geblieben. Die Einwohnerschaft wußte, was da auf sie zukam. Die Leute waren in großer Aufregung. Sie versammelten sich in der Kirche und beteten um Verschonung vor dieser drohenden Feindesgefahr. Da fingen auf einmal die Kirchenglocken von selber zu läuten an. Es war aber erst gerade elf Uhr geworden. Die Franzosen hielten aber das ferne Glockengetöne bereits für das gewohnte Mittagsläuten, besannen sich ihres Vorsatzes und kehrten um. So blieben dem Ort die befürchteten Drangsale einer feindlichen Besetzung auf wunderbare Weise erspart.

Bis zum Ersten Weltkrieg war es daher in St.Gallen üblich, die Mittagsglocken bereits um elf Uhr zu läuten und solchermaßen an die Verschonung im Jahre 1809 zu erinnern.

Der Geist und der Pfau. Eine Sagenballade von Ignaz Kollmann (1775-1838)

Begrab' die Tat in schwarze Nacht,
Bedecke sie mit Bergen!
Die ewige Vergeltung wacht
Und rufet aus den Särgen
Die Toten selbst zur Klage auf.
Der Geisterrache dunklem Lauf
Und seinem Schreckenswehen
Kannst nimmer du entgehen.


Es diente einst auf dem Gallenstein#
Im Amt ein biedrer Schreiber,
Das Herz bei Gott, die Hände rein,
Mit Namen Joseph Steyber.
Da lag auf Protokoll und Buch
Kein Witwen- und kein Waisenfluch,
Kein Recht ward da gelogen,
Kein Untertan betrogen.

Das sprach zu seinem guten Herrn
Der Schreiber voll Vertrauen:
"Ich möcht' noch, eh' ich sterb', so gern
Die liebe Heimat schauen.
Acht Tage nur erbitt' ich mir,
Am neunten bin ich wieder hier
Und leg' den Stab dann nieder,
Verlasse Sie nicht wieder."

Wann geht die Reise? - "Morgen schon!"
Wohlan, es mag geschehen.
Acht Tage sind ja bald verfloh'n,
Dann freudig Wiedersehen!
Das sprach der Herr. Es letzte sich
Der Freund vom Herrn noch inniglich
Und war im Morgengrauen
Schon fort aus Schloss und Gauen.

Es kam der Amtstag nun heran.
Das Amt ward aufgeschlossen.
Die Kasse wurde aufgetan,
Da prallt wie weggestoßen
Der Herr voll Angst und Schreck zurück.
Entsetzliches entdeckt sein Blick,
Den Raub an Geld und Gute,
An Armenschweiß und Blute.


Auf! fort! und fort! dem Räuber nach!
Schrie nun der Herr und sandte
Zu rächen diese grause Schmach,
Die tief im Herz ihm brannte,
Die Häscher und die Bauern aus
Bis hin in Steybers Vaterhaus.
Dort war er nicht zu sehen
Und nirgends zu erspähen.


Er sandte durch das ganze Land
An alle Halsgerichte
Beschreibungen com Tatbestand
Und von dem argen Wichte,
Und Preise wurden ausgesetzt
Und Scherg und Büttel aufgehetzt,
Den Räuber auszuspüren
Und zu Gericht zu führen.


Die Monde floh'n, es floh ein Jahr.
Kein Steyber war zu finden.
Ein Meisterstück der Arglist war
Sein Fliehen und Verschwinden.
Man gab die Hoffnung gänzlich auf.
Der Herr gab Frucht und Vieh zum Kauf
Aus Eignem zu ersetzen.


Im Schloss war eine arme Maid,
Die frömmste im Gesinde. Des Lebens Last und karge Freud'
Trug sie als Angebinde
Des guten Gottes, den sie pries,
Der ihr das Himmelreich verhieß,
Wenn sie das Kreuz empfangen
Und seinen Weg gegangen.


Sie schlief im großen Schlafgemach,
Wo alle Mägde schliefen.
Da wurde sie einst plötzlich wach.
Ihr kam es vor, als riefen
Ihr düst're Geisterstimmen zu.
Ihr graut's, sie zwinget sich zur Ruh'
Und hält dem Spuk zum Possen
Die Augen fest verschlossen.


Und näher rückts und stärker sprichts.
Ihr zittern alle Glieder.
Nein! sagt sie sich, es ist ja nichts,
Und horch, da ruft es wieder.
Und aufzuschauen zwingt es sie.
Da ist's zu Bettes Füßen wie
Ein dunkler Qualm zu schauen.
Sie friert und bebt vor Grauen.


Es dämmert kaum, so läuft sie fort
Zum dem Gewissensvater,
Da stottert sie ihr Schreckenswort
Dem hocherstaunten Pater.
Er sprach: Nimm Zuflucht zum Gebet
Und wenn's heut Nacht auch zu dir geht,
So ruf' es an und frage,
Daß es sein Leid dir sage.


Es kommt die nächste Nacht heran.
Sie betet, geht zu Bette.
Sie hört und sieht es wieder nah'n
Und weilen an der Stätte.
"Was willst du hier in Gottes Nam'?",
Rief sie, und horch' - die Stimme kam:
"Ich bin der Joseph Steyber.
Bin schuldlos, bin kein Räuber."


Am Morgen ging sie eiligst hin, Dem Priester zu erzählen.
Er glaubte, daß ihr kranker Sinn
Mit Träumen sich tät quälen
und legt' ihr auf als schwere Pflicht
Zu schweigen von dem Trauamgesicht,
Bis weiter sein Begehren


Der Geist ihr würd' erklären.
Es brach die dritte Nacht herein
Und wieder kam der Schrecken.
Sie konnte durch ihr Rufen, Schrei'n
Der Mägde keine wecken.
Ihr wurd's vor Ängsten leichenkalt
Und abermals rief die Gestalt:
"Ich bin der Joseph Steyber,
Bin schuldlos, bin kein Räuber."


Am Morgen ging sie innerst krank
Die Wäsche nachzuschauen.
Da packt sie an der Wäschebank
Nun einer von den Pfauen
Mit seinem Schnabel am Gewand
Und zerrt sie weg vom Brunnenrand.
Je mehr sie los sich reißet,
Je mehr das Tier sie beißet.


Du böses Tier! schrie sie und warf
Den wilden Pfau von dannen.
Du neckst mich, meinst wohl gar, ich darf
Heut' nicht zu meinen Wannen?
Darauf geht sie ins Schloss, erzählt
Dem Herrn, wie sie der Pfau gequält
Und wie des Tieres Launen
Sie heute mach' erstaunen.


So oft sie zu dem Brunnen ging
Zog sie der Pfau am Kleide.
Ihr schien es doch ein seltsam Ding
Und wußt' sich nicht Bescheide.
Will doch mal seh'n, wohin das Vieh
Mich führen will, so meinte sie
Und ließ sich ohne Sperren
Vom Pfau von dannen zerren.


Da ward sie nun den Hof entlang
Durch eine düestern Bogen
In einen halbverfall'nen Gang
Vom Pfau mit fortgezogen.
Und enger ward's und finsterer
Und plötzlich summst ein Schwarm daher
Von gräßlichen Insekten,


Die sie beinah bedeckten.
Sie läuft dem Schwarm und Pfau davon,
Erzählt des Schlosses Leuten,
Wie sie der Pfau dorthin gezoh'n,
Frägt, was es mag bedeuten.
Man staunte, aber säumte nicht
Und folgte mit Gewehr und Licht
Ihr nach, wohin vom Pfauen
Geführt sie ward, zu schauen.


Der Schwarm flog abermals heran
Den Suchenden entgegen.
Doch kehrten die sich nicht daran
Und drangen nun verwegen
Mit Eisenstang' und Fackelschein
In ein versteckt' Gewölb hinein,
Und weh! - In dieser Keuche
Lag Joseph Steybers Leiche.


Da brachten sie mit Angstgeschrei
Dem Herrn davon die Kunde.
Erblassend eilt er selbst herbei
Zu diesem Schreckensfunde.
"Man ruf' die Männer vom Gericht,
Den Amtsknecht, daß ans Tageslicht
Die Leiche werd' getragen.
Eilt, alles aufzujagen!"


Gesagt, getan. Man rannte aus
Und gleich vor allen Dingen
Zum Amtsknecht in das Schergenhaus,
Um Leute aufzubringen.
Doch seiner Pflicht uneingedenk
Saß jetzt der Amtsknecht in der Schenk'
Vom Branntwein übernommen,
Der ihm zu wohl bekommen.


Als nun von seinem Haus daher
Um ihn die Leute kamen
Und er vom Leichenfund die Mär
Und Joseph Steybers Namen
Vom abgesandten Troß erfuhr,
Da schrie er: Sucht des Mörders Spur
Nicht weiter, denn gefangen


Ist der, der ihn begangen.
Ich bins, nun packt und bindet mich
Ich werde mich nicht wehren.
Das Rad ist mir nicht fürchterlich.
Ich muß es selbst begehren.
Es ist ein Gott, ich glaubt' es nicht,
Und schrecklich ist sein Strafgericht,
Sagt's täglich euern Kindern,
An den verstockten Sündern.


Er sah die Leich' und gab es an.
Wie er an jenem Morgen Die grause Mordtat hab' getan,
Und dann die Leich' verborgen,
Wie er die Kasse ausgeraubt,
Doch nimmermehr es hab' geglaubt,
Daß ihm dafür auf Erden
Schon sollt' die Hölle werden.


Es büßte auf dem Rabenstein.
Noch unter Henkers Händen
Prägt' er's dem Volke warnend ein:
Laßt euch zur Sünd' nicht blenden.
Es ist ein Gott, ich glaubt' es nicht,
Und schrecklich ist sein Strafgericht.
O betet, daß mir Armen
Der Herr sich mög' erbarmen!


Wo Steyber ward ins Grab gebracht,
War bald ein Stein zu schauen,
Der seines grausen Tods gedacht,
Der Magd und auch des Pfauen.
Und wie's der Geist der Magd gestand,
So grub man's in die Marmorwand:
"Hier ruhet Joseph Steyber,
War schuldlos, war kein Räuber".


Glühendes Eisen in der bloßen Hand

St. Gallen
St. Gallen
© Fritz Bayerl, Karl und Inge Friedl

Bald nach der Gründung des Stiftes Admont ließ sich in der Nähe der altehrwürdigen Pfarrkirche zum hl.Amand eine Schar frommer Jungfrauen nieder, die durch Gebet, religiöse Übungen und durch ihrer Hände Arbeit Gott und den Mitmenschen dienten.

Abt Wolfhold, der in dieser Zeit dem Admonter Männerkloster vorstand, vereinigte die frommen Frauen zu einer klösterlichen Gemeinschaft, errichtete für sie nach St.Benedikts Regel ein eigenes Kloster und weihte es um 1120 zu Ehren der Heiligen Martin und Rupert ein. So entstand das Admonter Nonnenkloster. Abt Wolfhold hatte die Oberaufsicht. Er war ein heiligmäßiger Mann, ein Eiferer für strenge Klosterzucht, der auf die genaue Beobachtung der heiligen Ordensregel und Einhaltung der klösterlichen Gewohnheiten schaute. Außer der Leitung des Admonter Doppelklosters unterstand ihm auch das Kärntner Frauenstift St.Georgen am Längsee, das er mit gerechter Strenge reformierte und oft visitierte. In einer so hohen Stellung - er war auch vom Salzburger Erzbischof zum Archidiakon für das obersteirische Ennstal ernannt worden - hatte er nicht nur viel Ehre, sondern noch mehr Kummer und Sorgen bei der Erfüllung so vieler verantwortungsvoller Aufgaben. Aber auch an Neidern fehlte es nicht und manche Kränkungen wurden ihm bereitet. Ja, böse Zungen und übelwollende Menschen verbreiteten eines Tages das Gerücht, Abt. Wolfhold mißbrauche sein geistliches Amt und mache sich allerlei Vergehen in den ihm unterstellten Klöstern schuldig. Man warf ihm unlautere Absichten in seiner Amtsführung vor, verdächtigte ihn unehrenhafter Handlungen und verleumdete ihn in recht gehässiger Weise. Rasch verbreiteten sich diese Gerüchte und fanden da und dort auch offene Ohren.

Abt Wolfhold litt darunter seelisch ungemein schwer. Da erzählt die Legende, daß er seine Unschuld im Geiste der Zeit durch ein Gottesurteil bewiesen habe.

An einem Morgen stieg der Abt in Begleitung dreier Mönche auf den Blahberg westlich von Admont, wo das Kloster seit den ältesten Zeiten ein Eisenschmelzwerk besaß. Dort ließ er nach vorausgegangenem Gebete, ein Stück glühendes Erz mit der Zange aus dem Röstofen herausholen und auf den Amboß legen . Im festen Glauben an seine Unschuld ergriff nun Wolfhold mit bloßen Händen das glühende Eisen und hob es langsam über sein Haupt, ohne sich auch nur im geringsten dabei zu verbrennen und zu verletzen. Kalter Schauer durchrieselte alle Anwesenden und tief ergriffen standen sie in Ehrfurcht um ihren Abt, dessen Ehre und untadeliger Ruf durch dieses Gottesgericht wieder glänzend hergestellt war. Alsbald verbreitete sich überall hin die Begebenheit der Feuerprobe am Admonter Blahberg und ihr wunderbarer Ausgang, die des Abtes Unschuld an den Tag legte und die bösen Zungen zum Verstummen brachte. Als Muster heiliger Standhaftigkeit und reiner Sitten starb Abt Wolfhold nach manchen Demütigungen seitens seiner Gegner im Rufe der Heiligkeit am Allerheiligentage des Jahres 1137 in seinem geliebten Kloster Admont.


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