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Michael Göbl und Irmgard Pangerl: Kaiser Franz Joseph I.#

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Michael Göbl und Irmgard Pangerl: Kaiser Franz Joseph I. 1830-1916 Bilder und Dokumente aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien Edition Winkler-Hermaden Schleinbach 2015. 132 Seiten ill., € 24,95

2016 jährt sich der Todestag Kaiser Franz Josephs zum hundertsten Mal. Der Verlag Winkler-Hermaden greift das Jubiläum schon heuer auf. Michael Göbl, Archivar, und Irmgard Pangerl, Referentin im Österreichischen Staatsarchiv, haben einen informativen Text-Bildband aus den Beständen ihrer Institution zusammengestellt. Das Buch enthält weitgehend unbekannte und unveröffentlichte Bilder, Fotos und Dokumente aus dem Leben des Monarchen und seiner Familie.

Die Habsburger waren jene europäische Dynastie, die auf die längste Zeit königlicher und kaiserlicher Würde zurückblicken konnte, und Franz Joseph war der am längsten regierende Kaiser. 1830 geboren, musste er bis zu 50 Unterrichtsstunden pro Woche absolvieren, darunter fünf Fremdsprachen, Rechtslehre und militärische Ausbildung. Schon als Zwölfjähriger erlegte er seinen ersten Hirsch, die Jagd blieb seine lebenslange Passion. Die "Schuß-Liste" zeigt das in Mürzsteg gejagte Wild. Sie ist im Buch ebenso zu sehen, wie die ausgestopfte zweitausendste Gams. Fast ein halbes Jahrhundert zuvor hatte Franz Grillparzer sarkastisch bemerkt: "Jagen, exerzieren und unterschreiben, heißt seine Regentenarbeit betreiben."

Nachdem der achtzehnjährige Franz Joseph im Revolutionsjahr 1848 überraschend die Thronfolge angetreten hatte, wurde Österreich bald wieder absolutistisch regiert. Das Attentat, das ein ungarischer Freiheitskämpfer 1853 verübte, brachte dem jungen Kaiser die Popularität, an der es ihm bisher gemangelt hatte. Im folgenden Jahr stiegen die Sympathiewerte durch die Hochzeit mit seiner Cousine, der schönen bayrischen Prinzessin Elisabeth. Sie hatte auch wesentlichen Anteil am Zustandekommen des Ausgleichs mit Ungarn. Weitere Meilensteine in der 68-jährigen Regierungszeit waren die Weltumseglung der Fregatte Novara (1857-1859), die Eröffnung der Wiener Ringstraße (1865) oder die Nordpolexpedition (1872-1874). 1914 kam es - obwohl der Kaiser kein "Säbelrassler" gewesen sei, wie die Autoren betonen - zur "Urkatastrophe" des Ersten Weltkriegs. Der 84-jährige "Franz Joseph war zu schwach, um seine gewaltbereiten Berater bremsen zu können." Persönliche Schicksalsschläge blieben ihm nicht erspart: die erste Tochter, Sophie Friederike, starb als Kleinkind, sein Sohn Rudolph fand einen gewaltsamen Tod, sein Bruder Maximilian wurde als Kaiser von Mexiko hingerichtet und Kaiserin Elisabeth fiel in der Schweiz einem Mörder zum Opfer.

Der archivarische Bilderbogen enthält Reminiszenzen privater und politischer Art. Wie ein Christkind liegt der kleine Prinz in seiner Wiege, doch bereits mit acht Jahren wird er in Uniform mit militärischen Symbolen dargestellt. Ein von ihm mit Karikaturen gezierter Brief an den erkrankten Bruder zeigt eine ganz unbekannte Seite des Kindes Franz Joseph. Auch weitere Handschriften aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv haben Seltenheitswert, wie ein Brief der englischen Königin Viktoria, die ihrem "Good brother" zur Thronbesteigung gratulierte, oder ein Schreiben des Theaterdirektors Johann Nestroy, der 1855 um die Begleichung der Abonnementsgebühren für die Hofloge ersuchte. Der Kaiser bewilligte die Zahlung von 2400 Gulden aus der Privatkasse. Michael Göbl und Irmgard Pangerl haben zu den Illustrationen kurze Texte verfasst. Wenn diese auch sehr informativ sind, wäre ein Anhang mit der Übertragung der Schriftstücke interessant gewesen.

Der Band enthält Offizielles und "Seitenblicke" aus der Geschichte der Donaumonarchie. So zeigt eine künstlerische Darstellung das noch junge Kaiserpaar mit zwei kleinen Kindern und dem großen Familienhund. Ungewöhnlich sind auch die Reproduktionen künstlerisch gestalteter Drucksorten. Ein zweisprachiges Gedenkblatt stammt von zwei ehemaligen Maori-Stammesführern, die an Bord der "Novara" nach Wien kamen, in der Hof- und Staatsdruckerei das Handwerk lernten und mit Druckmaschinen nach Neuseeland zurückkehrten. Die Novara beförderte auch Erzherzog Ferdinand Max. Der jüngere Bruder Franz Josephs sollte sein Kaisertum Mexiko nicht lebend verlassen, er wurde dort 1867 hingerichtet. Nur wenige Tage davor hatte die Krönungszeremonie von Elisabeth und Franz Joseph in Budapest stattgefunden. 1873 verheirateten sie ihre 16-jährige Tochter Gisela mit dem zehn Jahre älteren Cousin Prinz Leopold von Bayern. Im selben Jahr entdeckte die österreichisch-ungarische Nordpolexpedition eine Inselgruppe, das Kaiser-Franz-Joseph-Land. Im Sommer fand die Wiener Weltausstellung statt. Der Event des Jahres 1879 war der von Hans Makart inszenierte Ringstraßenfestzug zur Silberhochzeit des Kaiserpaares. Dass dieses auch in religiöser Hinsicht die Öffentlichkeit suchte, zeigen Bilder der Fußwaschungszeremonien, zu denen Eintrittskarten ausgegeben wurden, und der Fronleichnamsprozessionen, den die Wiener "Hofball Gottes" nannten. Bilder aus dem Fasching, Familienfotos, Jagdszenen und Konditor-Rechnungen geben Einblick in die erfreulichen Seiten des Herrscheralltags. Überschattet wurde dieser 1898 durch die Ermordung Elisabeths. Das Album schließt nicht dem Tod Franz Josephs, sondern mit Denkmälern ihm zu Ehren. Ein Stammbaum und eine Zeittafel vervollständigen das aufschlussreiche Werk.

Michael Göbl und Irmgard Pangerl schließen ihr Vorwort äußerst treffend: "Betrachtet man die Biographie Kaiser Franz Josephs in all ihren Facetten, so kann man eigentlich dem Urteil des späteren Bundeskanzlers Bruno Kreisky, der als Kind beim Trauerzug Franz Josephs dabei war, nur beipflichten: 'Es ist nicht leicht, Monarch zu sein.' "