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Wien 1609#

Bild '1609'

Wien 1609. Ansicht aus der Vogelperspektive von Jacob Hoefnagel. Herausgegeben und ausführlich kommentiert von Karl Fischer. Edition Winkler-Hermaden, Schleinbach 2015. Vogelschauplan 98 x 50 cm, Legendenblatt und 16-seitiger Kommentar. € 29,90

Die Edition Winkler-Hermaden ist für ihre qualitätvollen Reproduktionen bekannt, wie beispielsweise der berühmten Ziegler-Vasquez-Pläne aus dem 19. Jahrhundert. Diesmal hat der engagierte Verleger das Rad der Zeit noch weiter zurückgedreht. Der "Hoefnagel-Plan" aus dem Jahr 1609 ist die wohl bekannteste Darstellung der von Mauern umschlossenen Stadt Wien - und die erste aus der Vogelschau. Jakob Hoefnagel (1573 - 1633) war seit 1602 Kammermaler Kaiser Rudolf II. Einer Künstler- und Graphikerfamilie entstammend, wurde er in Antwerpen geboren, lebte in Wien und Prag. Als Diplomat hielt er sich häufig in den Niederlanden auf und engagierte sich auf protestantischer Seite. Deshalb belegte ihn der Kaiser mit Ehr- und Güterverlust. Vor dem Todesurteil konnte er sich an den Schwedischen Hof retten, wo er als Diplomat und Portraitmaler tätig war. Später übersiedelte der Künstler nach Hamburg und wurde wenige Jahre vor seinem Ableben von Ferdinand II. amnestiert.

Der Vogelschauplan der Stadt Wien entstand vor dem Dreißigjährigen Krieg. Vermutlich hat Hoefnagel die - aus sechs Kupferplatten bestehende, 154 x 74 cm große - Ansicht auf eigene Initiative angefertigt. Der Künstler wählte einen fiktiven, erhöhten Standort im heutigen 2. Bezirk. Im Vordergrund fließt der "Danubius fluvius". Auf dem heutigen Donaukanal fahren zahlreiche Lastschiffe, die man Wiener Zillen oder Ulmer Schachteln nannte. Dahinter erstreckt sich, umschlossen von der imposanten Stadtmauer, "Vienna Austria" oder "Wienn In Östereich" Die Befestigungsanlage war seit 1529 im Bau und hat noch einige alte Türme, Basteien und Kurtinen sind teilweise schon fertig. Auch die Hofburg ist bereits modernisiert. Doch zeigt die Stadt ihre mittelalterliche Struktur mit Giebelhäusern auf schmalen Parzellen, noch fehlen die barocken Paläste und Kirchen. Besonders fällt der Stephansdom mit seiner Umgebung - Magdalenenkapelle, Heiltumsstuhl und Bischofshof - auf. Auch einige Vorstädte sind abgebildet: am linken Ufer der "Untere Werd" (2. Bezirk) mit dem Einkehrgasthof "Zum Goldenen Lamm", links der Wienfluss, daneben landwirtschaftlich genutzte Teile des heutigen 3. und 4. Bezirks, bis hin zur Richtstätte am Wiener Berg. Sogar den Schneeberg kann man ahnen. Im rechten oberen Teil befinden sich Teile des 9. Bezirks, mit dem Prominentenfriedhof ("Mariazeller Gottesacker") für Katholiken und Protestanten, sowie die Vororte Hernals, Währing und Nussdorf, bis Klosterneuburg.

Die äußerst seltene Originalausgabe von 1609 ist nicht nur eine historische Quelle, sondern auch ein Kunstwerk allerersten Ranges. Sie wird nun nach dem einzigen in Wien verfügbaren Exemplar wiedergegeben und erläutert. Das Original befindet sich als Dauerleihgabe des Hotel Sacher im Wien Museum. Die Druckvorlage haben das Wiener Stadt- und Landesarchiv und der Verein für Geschichte der Stadt Wien zur Verfügung gestellt. Dessen Präsident und früherer stv. Archivleiter, Dr. Karl Fischer, fungiert als Herausgeber. Er schreibt, dass es Jakob Hoefnagel trotz aller Detailtreue nicht in erster Linie um topographische Exaktheit gegangen sei. Viel eher sollte "die aufstrebende Residenz- und Großstadt, zugleich größte Festung im Reich, mit ihrem riesigen, unübersichtlichen Häusermeer und ihren vielen herausragenden Prachtbauten in malerischer Umgebung den künstlerischen Ausdruck finden."

Auch von der ebenfalls 1609 erschienenen Broschüre "Kurtze Beschreibung Der Hoch: unnd Weitberuembten Hauptstatt Wienn …" hat sich nur ein Original - in der Bibliothek des Schottenklosters - erhalten. Die Kupferplatten des Plans gingen an den Amsterdamer Verleger Claes Janszoon Visscher, der ihn 1640 unter eigenem Namen fast unverändert druckte. Bis ins 18. Jahrhundert wurde die Ansicht Wiens vielfach "abgekupfert". Die Stadt hatte sich zwar inzwischen grundlegend gewandelt, aber der Hoefnagel-Plan bleibt ihre "Ikone".