Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Haltrich, Martin (Hg.): Des Kaisers neuer Heiliger#

Bild 'Maximilian'

Martin Haltrich: (Hg.): Des Kaisers neuer Heiliger. Maximilian I. und Markgraf Leopold III. in Zeiten des Medienwandels. Begleitband zur Jahresausstellung 2019. Stift Klosterneuburg 2019. 140 S., ill., € 19,90

"Kaiser Maximilian I. ist seit 500 Jahren tot. … Seiner Ansicht nach würden ihn spätere Generationen nur im Gedächtnis behalten, wenn er sein Leben in herausragenden Schriften aufzeichnen lässt. Die Anzahl an neu erschienenen Büchern, Ausstellungen und Gedenkveranstaltungen zu seinem Jubiläum 2019 zeigt, dass ihm das offensichtlich gelungen ist" , schreibt der Herausgeber des Katalogs, Martin Haltrich. Die Jahresausstellung in Stift Klosterneuburg, dessen Bibliothekar er ist, trägt wesentlich dazu bei. Die Schau, die reich illustrierte Publikation und eine eigens entwickelte App verknüpfen das Leben des Renaissancefürsten Maximilian I. mit der Vita Markgraf Leopold III.

Maximilian I. nutzte alle zur Verfügung stehenden Mittel seiner Zeit zur Imagepflege. Er verschenkte Münzen und Medaillen mit seinem Portrait und beauftragte hervorragende Gelehrte, für ihn zu forschen. Das junge Medium des Buchdrucks war zur Propaganda besonders geeignet. "Historische Forschungen zum habsburgischen Stammbaum, literarisch gefasste Biographien (Freydal, Theuerdank und Weißkunig) sowie repräsentative Bildprogramme (Triumphzug und Ehrenpforte) bilden das umfangreiche maximilianische Gedächtnisprojekt" , fasst die Historikerin Sabine Miesgang zusammen. Von seinen Büchern ließ der Kaiser einen Prachtband auf Pergament und hunderte Exemplare auf Papier drucken, die er ausgewählten Adressaten schenkte. Holzschnitte und Flugblattdrucke wurden in hohen Auflagen verbreitet, um in Rathäusern ausgehängt oder von der Kanzel verlesen zu werden. Zuvor hatten nur einzelne Empfänger versiegelte Briefe mit den Informationen erhalten.

Markgraf Leopold III. hatte im 12. Jahrhundert die Möglichkeit der neuzetilichen Medien noch nicht. Er pflegte seine Memoria durch Stiftungen von Klöstern, die sich ihm verpflichtet wussten. Die Klosterneuburger Chorherren betrieben seine Heiligsprechung, die fast dreieinhalb Jahrhunderte und hohe Geldmittel in Anspruch nahm. 1485, zur Zeit Kaiser Maximilians, war der Prozess abgeschlossen. Das Stift ließ nun Leopolds Biographie entsprechend in Szene setzen. Am bekanntesten sind der Babenberger-Stammbaum und die Sunthaym-Tafeln. Neben den bewährten Pergamenthandschriften und Gemälden dienten gedruckte Texte der Publikation.

Maximilian I. hatte großes Interesse an "seinem" neuen Heiligen und Familienpatron. In einer Zeit, in der die genealogische Selbstdarstellung von größer Bedeutung war, erschien es ihm besonders wichtig, die Verwandtschaft mit den Babenbergern, und speziell mit einem Heiligen, zu betonen. So verfügte der Kaiser, dass die Erhebung der Reliquien erst stattfinden solle, wenn er daran teilnehmen könne. Dies war zwei Jahrzehnte später, 1506, möglich. Zuvor spendete er 90 Mark Silber zur Anfertigung des Schreins. Ein Holzschnitt der Feierlichkeiten zeigt ihn in der Tracht des Erzherzogs von Österreich. Das Fest, das im Fasching stattfand, umfasste auch weltliche Vergnügungen, wie Rennen, Stechen, Bankettieren und Tanzen. Es dauerte Tag und Nacht.

Das Buch behandelt viele Aspekte der Zeitenwende um 1500, politische Verhältnisse ebenso wie "kleine Geschichten aus Klosterneuburg". Die Untertanen konnten sich mit ihren Anliegen an den Landesfürsten wenden. Oft war dies ihre letzte Hoffnung, und manchmal wurde sie erfüllt. Wie im Fall des ehemaligen Mautners aus Ybbs, der eine Klosterneuburger Bürgerin heiraten wollte. Ein Wiener bat um Gerechtigkeit, weil er durch Verleumdung Geld und Ehre verloren hatte und im Stift eingekerkert war. Eine weitere Instanz, an die sich im ausgehenden Mittelalter viele Menschen wandten, waren Heilige. Wunder spielen in Heiligsprechungsprozessen eine Rolle. Im Fall Leopolds sind sie gut dokumentiert.1468 berichteten 191, im folgenden Jahr 26 weitere ZeugInnen von Gebetserhörungen und Heilungen. So bekam eine todkranke Schwangere einen gesunden Sohn und wurde geheilt, nachdem ihr Ehemann Leopolds Grab besucht hatte. Ein blindes Mädchen, dessen Mutter Votivgaben dorthin gebracht hatte, konnte wieder sehen. Einer Witwe, der ihr Gläubiger drohte, zeigte der Markgraf im Traum, wo sie einen Schatz finden konnte. Seit 1448 verteilte das Stift Brot und Wein zu Ehren Leopolds III. an die Armen. Ein Weber, dem seine Frau von diesem Almosen brachte, wollte es nicht annehmen. Er erstickte an dem Brot.

So erfährt man Geschichte, im Kleinen erzählt, aber im Kontext des großen Ganzen betrachtet. Die fünf Themen des Katalogs behandeln Klosterneuburg zur Zeit Maximilian I., Genealogien, Chroniken und Gelehrtenwesen im Spätmittelalter, Maximilian und die Medien, seine Buchprojekte und die Bestrebungen zur Sicherung seines Andenkens. Die Beschreibung und Abbildung der Exponate der Ausstellung "Des Kaisers neuer Heiliger" schließen den bemerkenswerten Band ab.



hmw