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Sandra Tretter - Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Florale Welten#

Bild 'Klimt'

Sandra Tretter - Peter Weinhäupl (Hg.): Gustav Klimt. Florale Welten. Mit Beiträgen von Laura Erhold, Alexandra Matzner, Sandra Tretter und Peter Weinhäupl. Brandstätter Verlag, Wien, 2019. Edition Klimt, Band 4. 156 S., ill., € 24,90

"Wien um 1900", der florale Jugendstil und das Werk Gustav Klimts (1862–1918) haben nach mehr als einem Jahrhundert nichts von ihrem Glanz eingebüßt. Gustav Klimt pflegte Zeit seines Lebens den künstlerischen Dialog mit Formen und Farben aus der Natur. So widmet die Klimt-Foundation zu Recht den vierten Band der "Edition Klimt" der Naturverbundenheit des Meisters. Inhaltsreich und großzügig illustriert, eröffnet er einen neuen, faszinierenden Zugang zu dem Jugendstilkünstler und seinen Werken.

Gustav Klimt verbrachte im damaligen Vorort Baumgarten (Wien 14) eine "naturnahe Kindheitszeit". Wie Fotos zeigen, lagen sein erstes Atelier in der Josefstädter Straße und seine spätere Hietzinger Werkstatt in Hausgärten. Nach der Demolierung des Hauses in der Josefstadt übersiedelte Gustav Klimt 1911 in den Vorort Ober St. Veit (Wien 13). Das heute als Klimt-Villa bekannte Objekt war zu seiner Zeit ein schlichtes, eingeschossiges Landhaus. Hier ließ er den Garten "alljährlich mit Blumenbeeten zieren", wie Egon Schiele schrieb. Den wild verwachsenen Streuobstgarten und Rosenstöcke - von denen einer überlebt hat - konnte Klimt vom Fenster aus bewundern. Besonders schätzte er das Salettl, das von Pfingstrosen, Tradescantien und blühenden Sträuchern umgeben war. Klimt schuf in Hietzing 50 Werke, darunter Damenportraits mit floralen Accessoires und die einzige Wiener Landschaft, mit dem Neptunbrunnen in Schönbrunn. Um die Jahrhundertwende, als der Maler mit seinem Bruder Ernst und dessen Ehefrau Helene Flöge die ersten Sommerfrischenaufenthalte im Salzkammergut unternahm, malte er Gartenansichten - "Obstgarten am Abend", "Nach dem Regen" und "Obstgarten" - , die Ludwig Hevesi als "drei köstliche Stimmungslandschaften" lobte. Die nach 1900 entstandenen Ansichten des Attersees nannte der Kunstkritiker "Rahmen voll Seewasser". An anderer Stelle bezeichnete er Gustav Klimt als "Künstler des ewigen Blühens". In Litzlberg, Seewalchen und Weißenbach am Attersee fand der Maler seine Sehnsuchtsorte. Außer dem Wellenspiel der Wasseroberfläche und Architekturmotiven faszinierten ihn die dortigen Wiesen, Blumen und Bäume. Mehr als 40 seiner 55 bekannten Landschaftsbilder entstanden im Salzkammergut.

Nachdem sich Sandra Tretter "Gustav Klimts Naturvision im Atelier und auf Sommerfrische" gewidmet hat, referiert Peter Weinhäupl über "Gustav Klimt und die Entwicklung des Jugendstils". Er schreibt: "Die österreichische Architektur und das Kunsthandwerk der Jahrhundertwende wurden wesentlich von der Mode des Floralen geprägt. … Gustav Klimt selbst hat die Periode des floralen Jugendstils in der sachlicheren Variante des sogenannten Secessionsstils bevorzugt." Stand seit dem 18. Jahrhundert die Dokumentation der Pflanzen im Vordergrund, so entdeckten im 19. Jahrhundert vor allem englische Künstler Formen und Farben der Natur als dekorative Elemente. Die Musterbücher für Ornamente erhielten durch den Einsatz der Fotografie eine neue Qualität. Die Entwicklung der Technik ermöglichte nicht nur die Reproduktion mikroskopischer Vergrößerungen, sondern seit 1907 auch Farbbilder. Frühe Aufnahmen dieser Art zeigen Gustav Klimt und Emilie Flöge.

Alexandra Matzner zieht Parallelen von Klimts gemalten Gärten zum Gartenbild der Jahrhundertwende. Seit den 1860er Jahren dienten Gärten Malern nicht nur als Motiv, einige betätigten sich auch selbst als Gestalter, wie der Franzose Claude Monet in Giverny. Im 19. Jahrhundert erfasste eine große Gartenbaubewegung Europa. 1837 konstituierte sich in Wien die Österreichische Gartenbaugesellschaft, die eine Generation später am Parkring ihr prominentes Vereinshaus eröffnete. Es bot nicht nur Ausstellungen der Hortikultur einen stilvollen Rahmen, auch die erste Secessionsausstellung fand 1898 in den Blumensälen statt. Klimt beschäftigte sich ab 1904 mit Blumenbildern: " In den idyllischen Gartenbildern verlieh er seinem Garten Eden Gestalt, schuf sich einen persönlichen Resonanzraum und Platz von sublimer Schönheit", schreibt Alexandra Matzner. In einem weiteren Beitrag beschäftigt sich die Kulturvermittlerin mit "Inszenierter Natur in Kunst und Theorie der Jahrhundertwende".

Laura Erhold beschreibt "Florale Symbolik von der Antike bis zu Gustav Klimt". Besonders interessant sind Details aus seinen Bildern, die bestimmte Blumen zeigen und der Bepflanzung des Gustav-Klimt-Gartens am Attersee zugrunde liegen. Von Anemone bis Tulpe reicht der bunte Blumenstrauß, der eine große Deutungsvielfalt zulässt. Der Garten wurde 2018 neben dem Schloss Kammer in Schörfling am Attersee angelegt. Er umfasst sechs quadratische Beete und ist Teil des Themenweges rund um den See. Das Kapitel "Biografisches zu Gustav Klimt im Kontext des floralen Jugendstils und der Naturwahrnehmung" fasst, reich bebildert, die Lebensstationen des Künstlers wie auch wichtige Ereignisse der Wiener Gartenkultur zusammen. So erfährt man u. a., dass der Stadtpark im Geburtsjahr Klimts eröffnet wurde und sich der Zentralverband der Kleingärtner zwei Jahre vor seinem Tod konstituierte. Eine Auswahl von Klimts floralen Werken zeigt in 76 Bildern Motive vom "Stillen Weiher" (1881) bis zur unvollendeten "Braut" (1918).

hmw