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Désirée Vasko-Juhász: Kvarner Palace #

Bild 'Vasko'

Désirée Vasko-Juhász: Kvarner Palace. Ein k. u. k. Palasthotel an der Adria. Böhlau Verlag Wien Köln Weimar. 219 S., ill., € 28,-

Erzherzog Josef Karl Ludwig von Österreich (1833-1905) aus der ungarischen Linie war einer der interessantesten Habsburger. Zu Unrecht wenig bekannt, vermehrte er nicht nur den militärischen Ruhm des Kaiserhauses. Er promovierte in Medizin, förderte Kunst und Wissenschat, verfasste 1888 eine "Grammatik der Zigeunersprache" - betrieb ein landwirtschaftliches Mustergut und engagierte sich für Architektur. Anders als seine herrschaftlichen Verwandten ließ er aber keine Paläste bauen, sondern das Kvarner Palasthotel im Seebad Crikvenica (heute Kroatien). Damit war er als Touristiker, Unternehmer und Betriebswirt am Aufstieg des "Ungarischen Küstenlandes" an der Adria maßgeblich beteiligt.

Das luxuriöse Hotel wurde vor genau 125 Jahren eröffnet und ist seither durchgehend in Betrieb. 2014 erwarb es die österreichische Hoteliersfamilie Holleis, die es, ganz im Sinne des Gründers, als ebenso elegantes wie modernes "Palace Wellnes & Spa" revitalisiert hat. Damit nimmt das 4-Sterne-Haus wieder einen Spitzenplatz in der kroatischen Hotellerie ein. Eigentlich rätselhaft, wieso das Hotel trotz des Untergangs des Habsburgerreichs und den folgenden Revolutionen, die schließlich im jugoslawischen Bürgerkrieg in den 1990er Jahren endeten, so lange unbeschadet überleben konnte, schreibt Désirée Vasko-Juhász. Sie findet auch des Rätsels Lösung: Doch vermutlich war es seine noble, monumentale Architektur mit ihrem aristokratischen Flair, die Ehrfurcht einflößte, und es vor Zerstörungen bewahrte.

Die Autorin ist Kunsthistorikerin, publizistisch und in der Denkmalpflege aktiv. Ihr Prachtband Die Südbahn, ihre Kurorte und Hotels erschien kürzlich in zweiter Auflage. Seit 1873 erschloss die Bahnlinie Istrien und die Kvarner Bucht. Das Palasthotel Kvarner Palace entstand zwei Jahrzehnte später in Konkurrenz zu den Südbahnhotels in Abbazia. Doch anders als diese sehr geschätzten Ziele musste Crikvenica erst entdeckt werden.

Getreu ihrer Profession als Historikerin stellt Désirée Vasko-Juhász das Bauwerk in größere Zusammenhänge. Im ersten Kapitel Österreich - Ungarn - Kroatien behandelt sie ausführlich die Geschichte der mediterranen Region von der Epoche der Griechen und Römer - die schon den heilkräftigen Schlamm auf der Insel Curicta (Krk) schätzten - der Slawen des frühen Mittelalters, die Herrschaft der Frankopanen, Osmanen und Habsburger. 1849 bis zum Ende der k. u. k. Monarchie war das Küstenland ein österreichisches Kronland.

Der zweite Abschnitt Von Wien an die Adria: Die Südbahn und der Tourismus stellt den "cleveren Südbahn-Generaldirektor Friedrich Julius Schüler", der Hotels als zweites Standbein der Bahngesellschaft erkannte, und die Dynastie Rothschild vor, welche die 1857 bis Triest fertig gestellte Südbahn kaufte. Diese sollte für das Militär als Verbindung zum österreichisch-ungarischen Kriegshafen in Pola eine wichtige Rolle spielen. In der Hafenstadt Fiume (Rijeka) eröffnete die erste Petroleumraffinerie der Monarchie. Hingegen sah die Bevölkerung des Hinterlandes in der Auswanderung nach Amerika ein Mittel gegen ihre Armut.

1891, so der Titel des dritten Kapitels, nahm die Planung des k. u. k. Seebades Crikvenica ihren Anfang. Den Aufstieg des Ortes brachte in den 1870er Jahren der Bau eines Hafens, der zum Zentrum des kroatischen Küstenlandes (Bezirk Novi) wurde. 1892 richtete Erzherzog Josef als Protektor im aufgelassenen Paulanerkloster ein Offiziers-Kurheim ein. Der Grazer Naturwissenschaftler Johann Frischauf (1837-1924) hatte die Vorteile des Seebades erkannt: seichter Meeresgrund, feiner Sand- und Kieselstrand, begünstigtes Klima. Anfangs vermieteten die Bewohner des Fischerdorfes ihre eigenen Räume an Touristen. Bald gab es 200 Gästezimmer, eine Badeanstalt und .einen Kurpark. Erzherzog Josef, der immer und überall als Promotor in Erscheinung trat, scheute keine Mühen und Kosten für sein Hotelprojekt. Erfolgreich rührte er in höchsten Kreisen die Werbetrommel für diese Luxusunterkunft an der ungarischen Riviera.

Die Baugeschichte des Kvarner Palace (Kapitel IV) begann mit der feierlichen Grundsteinlegung unter Beteiligung prominenter Persönlichkeiten. Nach den obligaten Festreden schlugen Seine Hoheit und die hohen Herren dreimal mit dem Hammer auf den Grundstein, womit der Akt beendet war. Mitgeteilt wurde noch, dass die Bauarbeiten für das Hotel und die Villen sogleich beginnen. Doch gerade dann wurde ein durch Spekulationen verursachter Bauskandal publik. Der Erzherzog erlitt enorme Verluste, gebaut wurde trotzdem, nur etwas preisgünstiger Als Planer engagierte man Josef Höfler (1860-1927), einen gebürtigen Mödlinger. Er zählte zu den besten Schülern des Stararchitekten der Wiener Ringstraße, Theophil Hansen (1813-1891). Dieser empfahl ihn auch dem Troja-Ausgräber Heinrich Schliemann, dessen Arbeiten Höfler zeichnerisch dokumentierte.

1895 fand die Hoteleröffnung in Crikvenica statt. In traumhafter Lage auf einem Hügel, und doch nahe beim Strand, war ein "klimatisches Heilbad und Seebad" samt Park und Hochquellenwasserleitung entstanden. Der junge Architekt hatte ein europäisches Baujuwel geschaffen, und sich in Details wie Arkaden, Terrassen und Ecktürme von den Idealen seines Professors inspirieren lassen. Der sechsstöckige Hauptteil des "Grandhotel Erzherzog Josef" war 60 m lang und 20 m breit, die Seitenflügel maßen je 14 m in Länge und Breite. Das Palasthotel erfüllte alle Vorgaben der höchsten Kategorie. Dazu zählten, neben Lage und Aussicht, großzügige Stiegenanlagen und Korridore, Gesellschaftsräume wie Konzert- und Ballsaal, Lesesalon, Café und Restaurants. 120 Zimmer standen den Gästen zur Verfügung. Die meisten gehörten dem Hochadel an, darunter Erzherzöge und Offiziere der nahen Marinestützpunkte. Auch nobilitierte Aufsteiger, besonders aus Ungarn, kamen gerne. Die Autorin merkt an, dass das niveauvolle, gesellschaftliche Parkett bald als internationaler Heiratsmarkt bekannt war.

Erzherzog Josef übernahm noch kurz vor seinem Tod persönlich die Oberaufsicht über das Hotel. 1898 hatte er es an einen Großgrundbesitzer verpachtet, der das - nun "Palace Hotel und Sanatorium Therapia" genannte Gebäude noch luxuriöser und mit modernster technischer Infrastruktur ausstatten ließ. Ein erfahrener Kurarzt richtete zudem eine vorbildhafte "Wasserheilanstalt" samt Hallenbad ein. Schon einige Jahre zuvor hatte der Bauherr den europaweit bekannten Pfarrer und Hydrotherapeuten Sebastian Kneipp (1821-1897) als Berater nach Crikvenica geholt.

Désirée Vasko-Juhász zeichnet nicht nur die Geschichte eines außergewöhnlichen Hotels nach. Im Zuge der Recherchen gelang es, Josef Höfler als Architekten zu identifizieren. Großzügig referiert die Autorin Vergleichsbeispiele anderer (Hotel-)bauten und den historischen Kontext. Nostalgische Schwarz-Weiß-Aufnahmen, Ansichtskarten und aktuelle Architekturfotos - vom Lichtbildner der Österreichischen Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege, Christian Chinna - illustrieren das Werk. So entstand eine angemessene, repräsentative Ausgabe zum 125-Jahr-Jubiläum des Hotels Kvarner Palace.

hmw