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Auch Parasiten brauchen ihre Vitamine!#


Von
Univ.-Prof. Dr.rer.nat. Peter Macheroux


Institut für Biochemie

Univ.-Prof. Dr.rer.nat. Peter Macheroux
Univ.-Prof. Dr.rer.nat. Peter Macheroux
© Forschungsjournal SS 07


Uns allen ist die Notwendigkeit, ausreichend Vitamine mit der Nahrung aufzunehmen, bewusst. Eine große Zahl von Lebewesen wie Bakterien, Pilze, Pflanzen verlässt sich dabei jedoch nicht auf externe (Nahrungs-) Quellen, sondern erzeugt die Vitamine, die für die meisten lebenswichtigen Stoffwechselprozesse gebraucht werden, selbst. Zu diesen Vitamin-Selbsterzeugern gehören auch zahlreiche Humanpathogene, wie z. B. der Erreger der Malaria, Plasmodium falciparum. Diese Tatsache nahm ein Konsortium aus fünf europäischen Forschergruppen zum Anlass, mit Unterstützung der EU im 6. Rahmenprogramm (Specific Targeted Research Project) neue Wege bei der Bekämpfung dieser schweren tropischen Krankheit zu erkunden (VitBioMal – Vitamin biosynthesis as a target for antimalarial therapy). Das Konsortium unter Beteiligung des Universitätsklinikums Heidelberg (Koordination), der University of Glasgow, Universität Heidelberg, ETH-Zürich und der Technischen Universität Graz erforscht seit nunmehr zwei Jahren die Biosynthese von Vitamin B6, einem Vitamin das für den Stoffwechsel von Aminosäuren unabdingbar ist. Im Zuge der Erforschung der Vitamin- B6-Biosynthese konnten zahlreiche Durchbrüche erzielt werden, so wurde zum Beispiel die Struktur eines einzigartigen Proteinkomplexes gelöst, der quasi im Alleingang die biologisch aktive Form des Vitamin B6, das so genannte Pyridoxalphosphat, herstellen kann. Diese Struktur dient nun als Grundlage für ein rationales Design von möglichen Hemmstoffen, die als potentielle Medikamente gegen pathogene Organismen zum Einsatz kommen könnten.



Mit diesem Projekt ist auch eine generelle Fragestellung verbunden: Sind die Synthesen der verschiedensten Vitamine gute Angriffspunkte für therapeutische Ansätze? Zunächst würde man diese Frage mit „Ja” beantworten, da spezifische Hemmstoffe von Vitaminbiosynthesewegen zumindest keine Auswirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel haben sollten, da dieser bekanntermaßen keine Vitamine selbst herstellt und daher kaum Nebenwirkungen der verwendeten Wirkstoffe zu erwarten wären! Um dieser Frage nachzugehen, hat das Konsortium unter der Leitung des Instituts für Biochemie der TU Graz vom 26. – 29. April diesen Jahres eine Expertenkonferenz im Tagungszentrum Schloss Seggau zum Thema "Vitamin and cofactor biosynthesis in protozoan parasites: Drug targets with excellent potential?" veranstaltet.

TeilnehmerInnen der Konferenz in Seggau
TeilnehmerInnen der Konferenz in Seggau
© Forschungsjournal SS 07 / Foto: Kappes, Universitätsklinikum Heidelberg


Mit Unterstützung der EU-COST-Aktion, der Steirischen Landesregierung und der TU Graz tagten 31 TeilnehmerInnen aus Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Österreich, Schweden, der Schweiz und Spanien sowie Australien und den U.S.A. in der Steiermark. Während der dreitägigen Konferenz wurde der Stand der Forschung in der Biosynthese der Vitamine A, B1, B2, B6, C, Biotin, Fol-, Lipon- und Pantothensäure dargestellt und die Möglichkeiten der Hemmung dieser Synthesewege diskutiert. Interessanterweise scheinen sich viele Organismen nicht auf die Eigensynthese der Vitamine zu verlassen und haben zusätzliche Mechanismen entwickelt, die es ihnen erlauben Vitamine oder deren Vorstufen aus der Umgebung aufzunehmen. Dies trifft offensichtlich auch auf humanpathogene Protisten zu.


Die TeilnehmerInnen waren sich einig, dass diese Aufnahmemechanismen untersucht werden müssen, um ihre Bedeutung für die jeweiligen Organismen zu charakterisieren. Erst durch die Einbettung dieser möglicherweise bedeutsamen Vitaminaufnahme aus der Umgebung − z. B. dem menschlichen Wirt − kann ein Gesamtkonzept entwickelt werden, das es erlaubt den erforderlichen Zugang zu Vitaminen zu unterbinden. Letztlich könnte die Hemmung sowohl der Vitaminaufnahme als auch der Biosynthese, z. B. durch Kombinationspräparate, einen fruchtbaren Ansatz zur Eindämmung von Krankheitserregern wie Bakterien, Pilzen und Protisten liefern.