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Pflanzen-assoziierte Mikroorganismen#

als mögliche Lösungen für die landwirtschaftliche Produktion weltweit#


von


Gabriele Berg

Institut für Materialprüfung und Baustofftechnologie


Gabriele Berg
Gabriele Berg

Gabriele Berg war Heisenberg-Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2003-2005). Seit 2005 Professorin für Biotechnologie und Leiterin des Instituts für Umweltbiotechnologie an der TU Graz. Forschungsschwerpunkte: Pflanzen-assoziierte Mikroorganismen und deren biotechnologische Nutzung.


© Forschungsjournal 2009/01


Eine der wesentlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist eine umweltfreundliche und nachhaltige landwirtschaftliche Produktion. Nicht nur zur Sicherung des steigenden Bedarfs an Nahrungsmitteln, sondern auch für nachwachsende Rohstoffe und Energielieferanten. Die derzeitigen Produktionsmethoden haben allerdings zu vielfachen Umwelt- und Gesundheitsproblemen geführt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, alternative Strategien für die Landwirtschaft zu entwickeln, die z.B. auf biologischen Prozessen und Interaktionen basieren.


Alle Pflanzenorgane, insbesondere der Wurzelraum, sind dicht mit Mikrorganismen besiedelt. Pflanzenassoziierte Mikroorganismen erfüllen wichtige Funktionen nicht nur für die Pflanze selbst, sondern auch für den Boden und das gesamte terrestrische Ökosystem. Diese umfassen das Pflanzenwachstum und die -gesundheit. Sie erhöhen die Stresstoleranz der Pflanzen, bewirken eine Resistenz gegenüber Krankheitserregern, erhöhen die Nährstoffverfügbarkeit und fördern die Biodiversität. Ein Anteil bis zu zwei Drittel der Mikroorganismen verfügt über positive Eigenschaften gegenüber der Wirtspflanze. Hierbei gibt es zwei generelle Möglichkeiten, diesen Anteil in landwirtschaftlichen Produktionssystemen zu fördern: 1) durch die Zugabe von organischen oder anorganischen Bodenhilfsstoffen und 2) durch den Einsatzpflanzenwachstums- und gesundheitsfördernder Mikroorganismen. Durch neue Forschungsergebnisse konnten die Wirksicherheit und die Effizienz von mikrobiellen Präparaten gesteigert und somit die Popularität und das Marktpotenzial erhöht werden.


In den letzten Jahren wurden innovative molekulare und mikroskopische Techniken entwickelt, die eine Untersuchung der gesamten Mikroorganismengemeinschaft ermöglichen. Im Gegensatz Mikroorganismen durch Kultivierung untersucht werden. Durch Nutzung dieser Techniken ist es nun möglich, pflanzenassoziierte Mikroorganismen hinsichtlich ihrer strukturellen und funktionellen Diversität zu verstehen. So konnten wir eine hohe Spezifität für Mikroorganismen jeder Pflanzenart feststellen, die hauptsächlich durch den pflanzlichen Sekundärstoffwechsel bedingt ist. Dieses Wissen hat große Auswirkungen auf Prozesse in der Landwirtschaft, denn jede Pflanze sollte hier als Einheit mit den assoziierten Mikroorganismen betrachtet werden, da Mikroorganismen stark an der Pflanzengesundheit und -qualität beteiligt sind. Weiters sollte die Pflanzenspezifi tät bei Fruchtfolgen, Mischkulturen und Pflanzenschutzstrategien Beachtung finden. Durch den Einsatz molekularer Techniken konnten auch neue Bioressourcen wie Moose und Flechten entdeckt werden: in der Abbildung 1 wurden die Flechten-assoziierten Mikroorganismen durch molekulare Sonden im konfokalen Laserscanning-Mikroskop sichtbar gemacht. Diese waren bis dato unbekannt. Flechten galten nur als Symbiosen zwischen Pilzen und Algen/ Cyanobakterien.


Bakterien assoziiert mit der Flechte Leconora polytropa
Abb. 1: Bakterien assoziiert mit der Flechte Leconora polytropa (A), angefärbt mit molekularen Sonden in gelb und rot (B) zwischen grünen Algenzellen im konfokalen Lasermikroskop sowie 3-dimensionale Rekonstruktion des Konsortiums (C)
© Forschungsjournal 2009/01 / © TU Graz/M. Cardinale (AG Berg)


Ein weiterer Schwerpunkt unserer Forschungsarbeiten ist die detaillierte Untersuchung spezifischer Pflanzen-Mikroorganismen-Interaktionen. Diese sind wichtig, um einerseits Strategien zu optimieren, die sich mit umweltbiotechnologischen Fragestellungen beschäftigen, andererseits dienen sie auch dem Auffinden neuer bioaktiver Substanzen wie Antibiotika, Enzyme und Osmoprotektiva.



Bakterien assoziiert mit der Flechte Leconora polytropa
Abb. 2: Biologische Kontrolle der späten Rübenfäule: In vitro Antagonismus gegen das Pathogen Rhizocotonia solani (A: Mitte Pathogen) und Besiedlung der Wurzel durch zwei Antagonisten (B: rot Pseudomonas, grün Trichoderma)
© Forschungsjournal 2009/01 / © TU Graz/ C. Zachow, M. Cardinale (AG Berg)


Auf Basis positiver Effekte auf die Pflanze durch Mikroorganismen ist es möglich, mikrobielle Produkte zu entwickeln. Diese Produkte können, abhängig von ihrem Wirkmechanismus, als Biodüngemittel, Pfl anzenstärkungsmittel oder biologische Pflanzenschutzmittel kategorisiert werden. In den letzten Jahren wurden von unserer Arbeitsgruppe ein biologisches Pflanzenschutzmittel gegen bodenbürtige Pathogene und zwei Pflanzenstärkungsmittel auf der Basis von Bacillus subtilis und Pseudomonas trivials entwickelt. Zusammen mit anderen Arbeitsgruppen wurde ein Bakterium – Pseudomonas extremorientalis – zur Stärkung des Pflanzenwachstums in versalzten Böden selektiert. Aktuelle Projekte beschäftigen sich mit der Entwicklung von Schutzstrategien gegen die späte Rübenfäule (vgl. Abbildung 2) und mit den Krankheiten des Steirischen Ölkürbisses. Ein weiteres Projekt ist die Verbesserung des Erdbeeraromas mit natürlich vorkommenden Mikroorganismen.



Zusammenfassend kann gesagt werden, dass pflanzen-assoziierte Mikroorganismen und die Ausnutzung und Umsetzung ihrer positiven Interaktion mit der Wirtspflanze in biotechnologischen Strategien viel versprechende und umweltfreundliche Lösungen für die konventionelle als auch für die biologische Landwirtschaft weltweit bieten.