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Benzin reden mit Ferdinand Micha Lanner.
Benzin reden mit Ferdinand Micha Lanner.

Kosten und Konzepte#

(Einige Sätze zu Issigonis und Giacosa)#

von Martin Krusche#

Mit einem Zitat habe ich auf Facebook zu meinem kleinen Bericht über den Auftakt der 2022er Judenburg-Session verwiesen: „Sonderprämie“, über eine Spritztour mit einem Puch 650 TR. (Den Link finden Sie am Ende dieser Page. Das Zitat: „Die Kurzfassung. Puch: Heckschleuder mit Heckmotor und Heckantrieb. Mini: Frontantrieb mit dem vorne quer liegenden Motor. Das markierte eine Wende im Kleinwagenkonzept und in der Physik der Fahrzeuge. Der von Alec Issigonis konstruierte Mini kam schon zwei Jahre nach dem Pucherl auf den Markt, nämlich im Sommer 1959. Er markiert den Beginn einer neue Ära.“

Das hat vordergründig so seine Richtigkeit, ist stichhaltig. In der Tiefe ist es freilich weit komplexer. Ferdinand Micha Lanner hat es detailliert erläutert.

Lanner: „Hm. Ich werde nicht müde, Issigonis zu entzaubern. Lies Dante Giacosa nochmal! Wenn es nach ihm (als Frontantriebs-Fan) gegangen wäre, hätte Fiat viel früher Frontantrieb gebaut und sicher auch früher den Quermotor. (Durfte Giacosa erst 1964 in der Dependance Autobianchi realisieren.)

Die Idee war genau so da, wie bei Issigonis. Beide waren perfekte Kleinauto-Designer, nur Giacosa auch produktionskostenbewußt. Issigonis nicht, was mit ein Sargnagel für Austin/Morris-BMC war. Dafür hatte Issigonis bei den Chefs (Lord und Harriman) Narrenfreiheit und keiner kontrollierte ihn, was er auch nie zuließ. Seine Wutausbrüche bei negativer Kritik sind legendär.

Lanner mit seinem Morgan Roadster in Bad Radkersburg gegenüber der einstigen Werkstatt von Meister Gerschak, wo Johann Puch tätig gewesen ist.
Lanner mit seinem Morgan Roadster in Bad Radkersburg gegenüber der einstigen Werkstatt von Meister Gerschak, wo Johann Puch tätig gewesen ist.

Also wurde der Quermotor im Mini auch ziemlich unerprobt auf Kunden losgelassen. Heute ist er dafür ein Held. Als ab zirka 1963 BMC ein Drittel der Produktion als Ersatzteilfertigung leisten mußte, war er es weniger. Aber er hatte Rückendeckung.

Seine 1100/1300 waren Verkaufserfolge, auch wenn die Garantieleistungen auch hier exorbitant waren. Man feierte seinen 'Landcrab' (1800) künstlich, denn niemand wollte so ein Auto wirklich. Der schon angeschlagene Glaube an dieses Konzept (quer-front+breit+kurz) führte dann mit dem ebenfalls ziemlich unerprobt auf den Markt gebrachten 'Maxi' zum endgültigen Ende letzter Kritiklosigkeit.“

Krusche: „ich find giacosa & alberti weit bezaubernder, aber der mini markiert nun mal den paradigmenwechsel. doch kein britisches konglomerat kann sich mit fiat messen, so scheints mir. und die etceterini geben all dem den rest. also: d'accord! wie immer das italienisch zu sagen wäre.“

Lanner: „Ja, Issigonis + Paradigmenwechsel war wegen Narrenfreiheit sehr viel früher möglich. Die Idee, den Motor quer einzubauen, war einfach genial. Aber eben auch eine Konstruktion, die erhebliche Produktionskosten erforderte. Verkauft wurde er anfangs nur über den Preis. Ford rechnete den Mini nach und stellte fest, dass BMC am Standardmodell 0 Pfund verdiente - ohne Rücklagen für Garantie.

Andere (auch Fiat), die aufs Geld sahen, lebten weiter die (alte) Formel 'alles hinten ist billiger zu produzieren'. Renault war der erste große Stückzahlen produzierende Hersteller (R4 1961), der mit 'alles vorne = viel Platz hinten=Kundennutzen‘ auch andere zum Umdenken brachte. Fiats Verantwortliche wachten auf und ließen Giacosa die Freiheiten, die sie im 1948 verwehrt hatten.

BTW, natürlich waren andere noch früher mit 'normalen' Frontantrieben. Aber technisch kompliziert, teuer, anfällig. Ein DKW war teurer als ein VW und nutze die Vorteile auch nicht wirklich aus. Der 2 CV war auch interessant, aber für großen Kundenkreis zu eigenwillig und abgesehen vom schlechten Preis/Leistungs-Verhältnis nicht im besten Ruf. Daher waren die Frontantriebshersteller für die großen (konservativen) Hersteller keine Beispiele - solange sie mehr Heckschleudern verkauften.

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Links sehen Sie einen authentischen Monte Carlo-Wagen, der sich im Besitz der Familie Piffl-Percevic befindet. Rechts ein Steyr-Puch 650 TR2.

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Die Bezeichnung Austin Seven zieht sich ab 1909 durch mehrere Jahrzehnte, taucht also auch in der Geschichte des ab 1959 produzierten Mini auf.

Manche schliefen auch zu lange. Z.B. war VW schon der Pleite nahe, hatten Riesenhalden unverkaufter Autos, als sie via erzwungener Übernahme von Audi + NSU zukunftsträchtige Konstruktionen 'erbten', die dann über Passat, Polo und Golf wieder zu Erfolgen führten.“

Krusche: „ich sehe schon: das gibt arbeit“


Kontext#