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Episode XV: Das Fenster#

(Wir beuyseln!)#

Von Martin Krusche & Heinz Payer#

Heinz Payers Beuys-Deutungen verweisen auf eine ganze Reihe von Fragen zum Umgang mit der Reputation des Künstlers, der vor 101 Jahren geboren wurde. Die Erwähnung von Beuys sowie einiger Beuys-Zitate wurde zum fixen Inventar kultureller Small Talks.

Es ist unter anderem diese Wirkung die Beuys bemerkenswert macht. Sie wird allerdings auch genutzt, um auf eine Auseinandersetzung mit dem zu verzichten, was Beuys gesamt repräsentiert; und zwar stellvertretend für eine Generation, die auf vielfache Art in düstere Seiten der Nazi-Ära verstrickt war.

Ich halte Mentalitätsgeschichte für ein sehr zähes Genre, in dem uns Motive aufgebürdet werden, die wir oft wissentlich ablehnen würden, aber dennoch weitertragen. In genau diesem Sinn empfinde ich Beuys als (m)einen Vertrauten, der – wie auch meine Leute – nicht in der Lage war, womöglich auch nicht geneigt, sich all dessen zu entledigen, was er in jungen Jahren aufgenommen hatte.

Ich schreibe ihm zu, was mir dabei so vertraut erscheint. Er hat sich innerhalb seiner Verstrickung entwickelt, ist also keineswegs aus ihr herausgetreten, weil sich all das nicht abstreifen läßt. Man steigt nicht wie Phönix aus der Asche, quasi neu geboren. Das ist Mythologie.

Man rafft sich stattdessen auf, um brennend weiterzuziehen, gezeichnet und geprägt, schmutzig und glühend, vielleicht befähigt, eine Art Privatmythologie zu entfalten. Und die, falls sie nicht morbide bis menschenverachtend ist, falls sie nicht ein nächstes Grauen nährt und Menschen ins Unglück stürzt, wird als etwas Günstiges nachklingen können. Zum Beispiel über Wege der Kunst.

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Wir haben aus der griechischen Tragödie den Hinweis bezogen, daß wir ohne Krisis keine Katharsis finden werden, daß der Weg zur Katharsis über Schrecken und Mitgefühl führt. Ein Gelingen wird uns darin nicht versprochen. Das ist bloß eine Möglichkeitsform.

Es gibt eben Wunden, die sich nie ganz schließen und Kränkungen, die sich nicht abwaschen lassen. Überdies neige ich zur Ansicht: niemand bleibt unschuldig. Ich hab ihn in einer meiner Glossen zum Thema einmal augenzwinkernd „Bruder Beuys“ genannt.

Das bezog sich erst einmal auf jene Merkwürdigkeit, daß ihn so viele kulturbeflissenen Leute als Zeugen ihrer Kunstauffassung in Anspruch nehmen, auch teils gegen seine erklärten Ansichten. Aber er ist mir eben auch ein Vertrauter geworden. Durch die Betrachtung der Zeit seiner wichtigen Prägungen, seines Weges durch die Nazi-Ära und die Schnittpunkte, die ich dabei zu meinen Leuten, sogar zu mir finden konnte, nein: mußte. Damit will ich unter anderem sagen, daß man sich mit Beuys nicht schmücken kann, aber mit ihm zu arbeiten ist sehr anregend.



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