Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

KAISERLICHES WASCHHAUS#

width=
Wäscherinnen, gemeinfrei

1933: An einem Samstag im November wird in feierlicher Weise der alte Bau bei der Franzensbrücke, der sich über drei Straßenfronten erstreckt, nämlich über die Franzensbrückenstraße, die Untere Donaustraße und die Waschhausgasse, einer neuen Bestimmung übergeben werden.

In früheren Jahrzehnten ist dieses Gebäude das kaiserliche Waschhaus gewesen und daher der Name der kleinen Gasse. So wie früher auf dem noch unbebauten Sechsschimmelberg die bürgerlichen Wäscheputzer ihren Sitz hatten, die auf Wäscheleinen im Freien auf den Grasplätzen, über die heute die Stadtbahn fährt, die Wäsche zum Trocknen aufgespannt hatten, so war in diesem Gebäude am Donaukanal der Sitz der kaiserlichen Wäscher und Wäscherinnen sowie der Büglerinnen. Sie waren Angestellte der Hofhaltung, die unter der Oberaufsicht eines Hofbeamten und der Oberwäscherin gestanden sind. An jedem Nachmittag fuhr dort, ober die Untere Donaustraße kommend, bei dem Eingangstor ein geschlossener, grünlackierter Wagen ein, mit zwei Mauleseln bespannt, die von einem Hofkutscher gelenkt wurden, während neben ihm ein Bediensteter der kaiserlichen Wäschekammer befand. Mit diesem Wagen wurde alltäglich die gebrauchte Wäsche der Hofhaltung aus der Hofburg in späteren Jahren dann aus Schönbrunn abgeholt. Im Hof der kaiserlichen Waschanstalt wurde die gebrauchte Wäsche dem Wagen entnommen, die gereinigte darin verwahrt und zur Hofburg zurückgeführt und nach der Stückzahl in der Wäschekammer abgegeben.

In der kaiserlichen Waschanstalt ging die Reinigung der Wäschestücke vor sich. Die Waschküchen waren nicht etwa mit Maschinen ausgestattet, sondern da war noch der gute, alte Waschtrog mit der Rumpel vorhanden, und nach altem Brauch wurde die Wäsche durch Bürsten gereinigt, dann ausgekocht, gerumpelt, ausgeschwemmt, schließlich ausgewunden und dann zum Trocknen aufgehängt. Auf den Trockenböden erfolgte das nur bei schlechtem Wetter, bei Schönwetter im Freien in dem Gärtchen, welches von einer Mauer umgeben, die Front gegen die Untere Donaustraße zu bildet. War die Wäsche dann trocken, wurde sie gerollt, auch die Wäscherollen befanden sich im Haus, gebügelt, gefaltet und wieder zur Abholung bereit.

Wenn auch die Wäscher und Wäscherinnen Angestellte der kaiserlichen Hofhaltung waren, so sind sie doch nicht aus der Art der anderen Wäscherinnen geschlagen. Tag für Tag verrichteten sie immer dieselbe Arbeit, und häufig konnte man während der Sommermonate, wenn Türen und Fenster offen standen, bis auf die Straße hinaus so manches frohe Wiener Lied singen hören, welches die Arbeit begleitete. Dieser kleine Garten war im Frühling besonders schön. An der Mauer war Hollunderstrauch neben Hollunderstrauch gepflanzt, alt schon, so dass der Wuchs schon weit über die Höhe der Mauer hinüberragte, und wenn der Flieder weiß oder lila blühte, dann war von diesem Duft die gesamte Straßenecke erfüllt. Die Jungen, die an dem damals noch nicht von Steinquadern eingefassten Donaukanal auf der Wiese spielten, die sanft zum Wasser abfiel, unternahmen gewagte Klettertouren zur Höhe dieser Mauern, um Flieder an sich zu bringen. Doch dann war stets die Wache zur Stelle, die im selben Haus ihre Wachstube hatte, und so rasch sie konnten liefen die Jungen davon, mit der Siegestrophäe in der Hand, dem Fliederbuschen, den sie sich doch ergattert hatten.

Nach dem Umsturz hat dieses kaiserliche Waschhaus seine ursprüngliche Bestimmung verloren. Der Hofwäschewagen kam nicht mehr. Das kaiserliche Waschhaus drohte zu verfallen, bis es endlich von der Gemeinde Wien übernommen, adaptiert und zu einem Lehrlingsheim umgewandelt wurde. Auch diese Einrichtung ging verloren, und am Samstag wird es einem neuen Zweck zugeführt, nachdem dort dem Kardinal Erzbischof von Wien, Dr. Innitzer zu Ehren ein „Theodorheim“ geschaffen worden ist, eine Unterkunftsstätte für unterstandslose Jungen, die dort vor den Gefahren der Straße geschützt, vor der zum Abgrund führenden Bahn der Obdachlosigkeit bewahrt werden sollen.

QUELLE:Neues Wiener Tagblatt, 2. November 1933, Österreichische Nationalbibliothek ANNO

Wissenssammlungen/Essays/Historisches_von_Graupp