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KRONPRINZ RUDOLFS LEHRER#

Wien
KP Rudoolf,Ill. Wiener Extrablatt

Für den Kronprinzen begann der geregelte Unterricht am 1. Mai 1862. Hofkaplan Dr. Mayer lehrte Religion und für die Elementargegenstände, sowie die bekanntlich ihrer großen Schwierigkeit nicht früh genug zu erlernende böhmische Sprache wurde der Oberleutnant Heinrich Spindler berufen. Einige Zeit später wurde dieser durch den Sektionsrat Dr. Jirecek ersetzt. Die ungarische Sprache war dem Knaben von frühester Kindheit an geläufig, da seine Mutter, Kaiserin Elisabeth, dieser Sprache sehr zugetan war. Später übernahm Domherr Rimely diesen Unterricht. Ganz besondere Aufmerksamkeit wurde auf die linguistische Ausbildung gerichtet, welche denn auch, durch dessen eminentes Sprachentalent unterstützt, von den erfreulichen Erfolgen gekrönt wurde. Es folgte für den kaiserlichen Schüler die höhere Ausbildung im Deutschen in Schrift und Stil, die im November 1864 durch Schulrat A. M. Becker vorgenommen, doch nach einiger Zeit aus gesundheitlichen Gründen seine Enthebung erbat. Professor Egger übernahm vorerst diese Aufgabe bis 1871 Professor Greistorfer folgte.

Die klassische Sprache des alten Rom wurde 1867 dem Prof. Dr, Josef Zhischmann übertragen. Zwei Jahre später musste sich der Kronprinz dem Unterricht der polnischen Sprache widmen, die durch den Offizial der Kabinettskanzlei von Hillenbrandt, während mit der Unterweisung im Französischen Prof. Duchene betraut worden war. In all diesen Idiomen lernte der Kronprinz erstaunlich schnell sich nicht allein Sprach korrekt auszudrücken, sondern er wusste sich dieselben mit all ihren Eigenarten geistig anzueignen, so dass er die wissenschaftliche Ausdrucksweise ebenso gewandt zu beherrschen imstande ist, als die flüssige Konversationssprache. Glänzende Beweise lieferten diesbezüglich die Prüfungen aus der ungarischen Geschichte in ungarischer Sprache, im April und Dezember 1872, durch den derzeitigen Bischof Dr. Ronay, sowie der Geschichte Böhmens, in böhmischer Sprache durch Prof. Gindely im April 1874, wo die Zuhörer nicht wenig über die Vertrautheit des Geprüften mit dem Stoff selbst, als seine gewandte und gewählte Ausdrucksweise im Vortrag erstaunt waren.

Bis zum neunten Lebensjahr des Kronprinzen entsprach der Unterricht in den verschiedenen Gegenständen wesentlich dem Lehrstoff der Normalschule; Dr. Kriß lehrte Mathematik und später Geometrie und Dr. Zhischmann Geographie und Geschichte. Des öfteren wurden immer mehr Fächer des Gymnasiums herangezogen.

Die höhere Ausbildung in Geographie übernahm ab 1872 Professor Grün, mit dem Vortrag über die Naturwissenschaften warb Prof. Dr. Ritter von Hochstetter, und mit jener über allgemeine Geschichte wurde Prof. Zeißberg betraut, und das Jahr darauf für Kunstgeschichte Prof. Ambros berufen.

Die militärischen Fächer, die bereits im Jahr 1872 begonnen und zum größten Teil schon erledigt, nahmen selbstverständlich eine wichtige Stelle in der Ausbildung des Thronerben ein. Hier leitete Oberstleutnant Karl Wagner den Unterricht in der Terrainlehre, Waffenlehre und Heeresorganisation, Oberstleutnant von Grünewald lehrte das Reglement der Fußtruppen und das Exerzieren, Oberstleutnant von Rößler gab Unterweisung über Feldbefestigung, permanente Befestigung und Festungskrieg, Major Anton Kraus über das Exerzieren im Bataillon, Hauptmann Hugo Kerchnawe über den Pionierdienst, Oberst Rheinländer über Taktik und Strategie, Hauptmann Ritter von Eschenbacher über das Reglement für Artillerie und das Exerzieren mit der Batterie, Flügeladjutant Major Baron Gemmingen, über das Kavallerie-Reglement. Die philosophischen, Prof. Greistorfer und juridischen Studien nahmen im vergangenen Jahr ihren Anfang. Letztere umfassten bisher Rechtsphilosophie, Rechtsgeschichte und römisches Recht unter Professor Exner, kanonisches Recht unter Prof. Zhischmann, österreichisches Strafrecht und Strafprozess unter Ritter von Keller und politische Ökonomie unter Prof. Dr. Menger, seit 1876.

Der Kronprinz gibt sich allen diesen Lehrfächern mit vollem Wissensdurst hin, scheint eine besondere Neigung für Naturwissenschaften, Geschichte und Kunstgeschichte zu hegen. Es bedarf wohl kaum besonderer Erwähnung, dass auch die religiöse Erziehung des Thronerben einen Gegenstand gewissenhafter Sorge bildete.

Mit 9 Jahren beichtete er das erste Mal, am 18. April 1870 empfing er die hl. Kommunion, und am 27. Februar 1873 die Firmung.

Bei der Vielseitigkeit der Studien musste die Tageseinteilung eine äußerst streng geregelte sein, und gewiss dürfte der fleißigste Schüler diesbezüglich größere Freiheit genießen als der Kaisersohn. Trotz dieser vielseitigen Studien findet der Kronprinz noch Zeit, sich mit Malen und Zeichnen zu beschäftigen, für welche Kunst er eben so viel Lust als Talent besitzt. Seine Lehrer waren der berühmte verstorbene Landschaftsmaler Selleny und Jan Novopacky, dessen langjähriger Freund und Studiengenosse. Wenn auch Rudolf in seinen Studien vertieft war, hatte man auf Leibesübungen nicht vergessen. Schon im sechsten Lebensjahr war der Anfang mit Gelenkübungen gemacht worden, zu den sich später der Unterricht im Turnen durch den Turnlehrer Kümmel und im Tanzen durch den Tonmeister Raab entwickelte. Schwimmen lernte der Kronprinz von den Schwimmmeistern Jugel und Himmel, der Unterricht begann im Sommer 1867 und ein Jahr später, am 21. Juni legte er seine erste Probe im Freischwimmen ab. Den Unterricht im Fechten erteilte Fechtmeister Preschl, während der Reitunterricht unter Oberleitung des Oberst-Stallmeisters Graf Grünne begann, und unter jener des FML Fürsten Taxis festgesetzt wurde.

Die Oberleitung der gesamten Erziehung des Kronprinzen war seit dem 1. November 1864 dem Generalmajor Grafen Leopold Gondrecourt übertragen, gleichzeitig wurden der Flügeladjutant Sr. Majestät Oberstleutnant Josef Latour von Thurmberg und Rittmeister Andor Graf Palffy zur Dienstleistung zugeteilt. Im Jahr 1865 trat an Graf Gondrecourts Stelle Oberstleutnant von Latour. Das Verhältnis zu dem erhabenen Zögling ist das schönste; auf der Seite des Erziehungsleiters Treue, Liebe, aufrichtiges, vom seltensten Takt geleitetes und auf die höchsten, edelsten Erziehungsziele gerichtetes Streben, auf des Prinzen Seite dafür die herzlichste Zuneigung und Anhänglichkeit für den Lenker und Berater seiner Jugend. Außer dem Grafen Palffy sind dem Kronprinzen noch zugeteilt: seit Juli 1869 der Oberleutnant in der berittenen Leibgarde-Eskadron Freiherr Max Walterskirchen, und seit März 1872 der Flügeladjutant Sr. Majestät, Major Graf Festetics.

Zwischen dem Thronerben und diesen ihm zugeteilten Herren besteht ein schönes, freundschaftliches Verhältnis.

Der Kronprinz hat alljährlich zweimal im Jahr gründliche und mit aller Strenge vorgenommene Prüfungen, an zwei aufeinander folgenden Tagen, zu bestehen. Dieselben finden unter dem persönlichen Vorsitz Sr. Majestät des Kaisers und in Gegenwart einer als Gäste geladenen Anzahl distinguierter Personen, insbesondere auch Fachautoritäten des jeweiligen Prüfungsfaches in den Appartements des Kronprinzen statt. Am 23. und 24. Februar 1869mbestand er die erste Feuerprobe der Art. Bei solchen Anlässen anfangs keineswegs frei von der „fabris candidatorum“ wie er selbst manchem Examinator ins Ohr geraunt, gewinnt der Prinz sogleich nach der ersten Antwort eine merkwürdige Sicherheit und Beherrschung des Stoffes. Zwei solcher Prüfungsszenen wollen wir in flüchtigen Zügen schildern, nämlich die Prüfung aus den Naturwissenschaften am 15. April 1874 durch Prof. Ritter von Hochstetter und aus der Kunstgeschichte am 27. Mai desselben Jahres durch Prof. Ambros. Der Geolog hatte eine spanische Wand mit Bildern von Ichthyosauren und Plesiosauren voll gehängt und den Tisch mit Ammoniten, Trilobiten und sonstigen steinernen urweltlichen Getier serviert. Nachdem der Prinz über „Eiszeit“ und „erratische Blöcke“, über „Lias“ und „Jurakalk“ den sattelfesten Bescheid gegeben, wurde ein länglicher Kasten geöffnet und daraus ein Gerippe die Gäste angrinste. Alsbald mussten auf dem Tisch Ammoniten und Trilobiten dem Inneren mit „allem, was sich dem Menschen in Kopf und Herzen regt“ chemisch ?? exakt ausgestatteten Modell eines Menschenleibes Platz machen, zu welchem nun der junge fürstliche Anthropolog den belehrenden Kommentar lieferte.

Bei der Prüfung aus der Kunstgeschichte nannte der Prinz, vor dem eine Fülle von Fotos und Kupferstichen ausgebreitet wurde, sofort mit Sicherheit Meister, Schule usw. und frappierte nicht minder durch eine glänzende Parallele, welche er zwischen dem ihm in fotografischen Nachbildungen vorliegenden „letzten Abendmahl“ von Leonardo da Vinci und jenem von Juan Ibanez zog, als durch seine Detailkenntnisse aus der an Abenteuern so reichen Lebensgeschichte des Florentiner Malers Frau Filippo Lippi, welche er mit großer Lebendigkeit und nicht ohne einen gewissen schalkhaften Humor erzählte.

Kein Wunder, wenn die Lehrer mit fast enthusiastischer Liebean einen solchen Schüler hängen? Die Beziehungen des Prinzen zu seinen Lehrern erkalten denn auch selbst nach Beendigung der einzelnen Lehrkurse durchaus nicht, indem es der erlauchte Schüler insbesondere liebt, zeitweilig mit einigen seiner noch aktiven Lehrer auch seine emeritierten zur Tafel zu ziehen, wo dann der ebenso anregende als frische, unbefangen heitere Ton, womit der jugendliche Amphytrion die Tafelrunde zu beleben versteht, nicht als die geringste Würze des Mahles erscheint.

Neben der theoretischen Studien wird dem praktischen Lernen durch unmittelbare Anschauung in der Erziehung des Prinzen volles Augenmerk gewidmet. Ausflüge und Reisen wirkten da vermittelnd. So beispielsweise der mehrtägige Aufenthalt des Prinzen Ende Mai 1874 in Krems und Klosterneuburg, um den praktischen Übungen des Geniebataillons und des Pionierregiments eine anschauliche Vorstellung zu gewinnen, der Ausflug nach Komorn, Mai 1875, um die dort befindlichen Festungswerke kennen zu lernen, wobei auf dem „Steinfelde“ artilleristische Übungen unter der Leitung des FML Grafen Byllandt stattfanden, und endlich das Verweilen des Prinzen in der ersten Septemberwoche 1875, im Lager bei Bruck. Neben solch kriegerischen Anschauungsunterricht fehlte indes auch der friedliche nicht.

Wir erinnern an den in Begleitung des Prof. Ambros im Juli 1874 unternommenen Reiseausflug des Kronprinzen nach München zur Besichtigung der Kunstschätze, womit eine Tour nach Nürnberg angeschlossen wurde dessen mittelalterliche bauliche Physiognomie den Prinzen ganz besonders entzückte.

Überhaupt zeigt der jugendliche Kaisersohn ein lebhaftes Interesse für die Wissenschaften. So hat er zu wiederholten Malen Sitzungen der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien beigewohnt und auch ein Kollegium bei Prof. von Hochstetter an der Universität gehört. Sein Interesse für strafrechtliche Studien wurde im verflossenen Monat durch sein Erscheinen im Verhandlungssaal des Wiener Landesgerichtes illustriert, wo eben ein des Meuchelmordes Angeklagter vor den Schranken stand, welcher alsbald ein umfassendes Geständnis ablegte. Der Fall war zwar kein besonders „spannend-pikanter“, lieferte jedoch gerade ein sehr anschauliches Bild des Verfahrens selbst.

Schon in frühen Knabenjahren erhielt der Kronprinz die Erlaubnis, jeden Sonntag nachmittags einiger seiner jungen Freunde „zum Spielen“ einzuladen. Stets zugegen war bei solchen Gelegenheiten Erzherzog Friedrich, mit welchem der Kronprinz auf besonders freundschaftlichem Fuße steht. Es dürfte indes nicht uninteressant sein, hier die Adelsfamilien zu nennen, deren Söhne der hohen Ehre des persönlichen Umganges mit dem Kronprinzen teilhaftig wurden, es waren; Auersperg, Crenneville, Andrassy, Coudenhove, Chotek, Königsegg, Bellegarde, Windischgrätz, Wilczek und noch zahlreiche andere. Einer dieser Runde, Fürst Hohenlohe, ist seither gestorben.

Erst sechs Jahre alt, fand und ergriff der Prinz bereits einmal Gelegenheit, in liebenswürdiger Weise den Wirt zu machen. Die Zöglinge der Militärakademie in Wiener Neustadt hatten nämlich einen Ausflug nach Reichenau unternommen, wo der Prinz eben verweilte. Sie nahmen vor der kaiserlichen Villa Aufstellung und erhielten nach vorgenommener Besichtigung die freundliche Einladung und Bewirtung. Für Bestreitung dieser und ähnlicher Ausgaben bezieht der Kronprinz ein mäßiges Monats Taschengeld, wovon er, strenger als ein einfacher Bürgersohn, Rechnung ablegt und übrigens ein großer Teil von seinen edlen Wohltätigkeitssinn absorbiert wird. Diese Neigung zum freigebigen Wohltun ist überhaupt einer der edlen Züge seines liebenswürdigen Charakters. Seine Freunde und Spielgenossen wissen davon zu erzählen, denn er selbst kannte seit jeher keine herzliche Freude als jemandem aus seiner Umgebung eine angenehme Überraschung zu bereiten. Auch die Waisenkinder, deren Asyl er wiederholt mit seinem Besuch beehrt hat, wurden außer dem dieser Anstalt von ihm gewidmeten jährlichen Geldbetrag jedesmal reich beschenkt.

Kleinere und größere Erholungsreisen machte der Kronprinz nach Ischl, Salzburg, Possenhofen, die Gebirgswelt Tirols, ganz besonders die Hohe Salve mit ihrer herrlichen Aussicht; in Ungarn sind Budapest und Gödöllö oft besuchte Orte. Auch bei verschiedenen Festlichkeiten außerhalb Wiens war der Kronprinz anwesend 1862 bei der Enthüllung des Maria Theresia Denkmals in Wiener Neustadt, 1873 zur Enthüllung eines derselben großen Kaiserin gewidmeten Denkmals in Klagenfurt.

Am 8. Juni 1867 wohnte er in Budapest dem großen und glänzenden Akt der Königskrönung an, bei welchem feierlichen Anlass er zum ersten Mal mit dem Orden des Goldenen Vließes geschmückt erschien. Reich an Eindrücken gestaltete sich 1871 eine Rundreise durch Böhmen und Mähren, wo ihm allerorten ein jubelnder, festlicher Empfang zuteil wurde. Insbesondere schien ihn damals ein Besuch auf der gut erhaltenen, mittelalterlichen Burg Karlstein anzuregen, welche ein so hervorragendes historisches wie kunsthistorisches Interesse bietet.

Sein eigentliches Heim in der Wiener Hofburg hat sich der Prinz sehr ansprechend und behaglich eingerichtet. Vom Jahr 1864 ab bewohnte er in der Hofburg die Gemächer oberhalb der sogenannten „Stephanszimmer“. Sie waren mit Prunk losem Komfort eingerichtet. Im ersten Zimmer blickten die Porträts der Helden Österreichs von der Wand; Prinz Eugen, Erzherzog Karl, der alte Radetzky, Admiral Tegetthoff. Ein herrliches Gemälde Führichs zeigte die auch von Schiller in seiner Ballade „Der Graf von Habsburg“ besungene Szene aus dem Leben des habsburgischen Ahnherrn, ein zweites Bild von anderer Hand den Entsatz Wiens 1683. Das benachbarte Gemach war ein „Studierzimmer“ im großen Stil: Bücher in großer Anzahl, Zeichnungen, Landkarten, Wappen, mathematischer und physikalische Instrumente, eine große Rechentafel, an welcher oft Ziffernreihen aufmarschierten. Gegenüber öffnete sich das Billardzimmer, wo nach der Tafel zuweilen eine Partie „á la guerre“ unter großer Heiterkeit gespielt wurde.

Seit zwei Jahren hat der Kronprinz diese Gemächer mit den gegen den Heldenplatz gelegenen Appartements vertauscht, die früher von Kaiserin Karoline Augusta bewohnt wurden. Hier besitzt er seine eigene kleine Hofhaltung, und wenn die Kaiserin Elisabeth abwesend ist, dann ladet sich der Kaiser bei seinem Sohn täglich zu Gast. Es sind diese Appartements mit ihren prachtvollen Gobelins, großen Fürstenbildern, prächtig eingelegten Fußböden allerdings weit imposanter, als die frühere Wohnung. Das eine Gemach, es ist das Sterbezimmer des Urgroßvaters des Kronprinzen, Kaiser Franz I., ist als Kapelle eingerichtet, und am Todestag dieses Monarchen, sowie an jenem der Kaiserin Karoline Augusta wird dort die Messe gelesen.

Willkommene Erholung und Kräftigung gewährt dem Kronprinzen die Jagd, sein Lieblingsvergnügen. Sein Debut als Nimrodschüler fällt in den Oktober 1866, seitdem hat er die Feuerwaffe meisterlich handhaben gelernt. Es lebt in den Erinnerungen der Jäger von Lainz, dass dort „am 13. Juni 1867 der Kronprinz im Tiergarten den ersten und am 22, August im freien Gebirge den zweiten Hirsch erlegte,“ Ein schönes, lebensvolles Gemälde von Pausinger, welches sich in den Appartements befindet, bringt dies Jagdabenteuer zur Darstellung. Bald legte der Prinz aber weit schwieriger Waidproben auf der Gems- und Auerhahnjagd, sozusagen sein Jäger Rigorosum ab. Abgesehen von der Übung für Auge und Hand, verdankt der Kronprinz diesen waldfreudigen Ausflügen zum guten Teil seine blühende Gesundheit, indem dieselben den etwaigen Nachteilen angestrengter Studien wohltätig entgegenwirken, Dass der Prinz an seinen Jägertrophäen seine Freude hat, ist natürlich. Seine Wohnräume entlehnen derselben denn auch manch originellen Schmuck. So beispielsweise im Bibliothekszimmer, wo über dem Büchertisch zwei ausgestopfte Riesenvögel mit ausgebreiteten Schwingen, ein Seeadler und ein Steinadler schweben, welche beide der Prinz im November verflossenen Jahres bei Gödöllö erlegt hat.

Gesund an Leib und Seele, reich an Kenntnissen, voll ritterlichen Sinnes, und gekräftigt durch jegliche ritterliche Übung, denn er ist ein ebenso guter Schwimmer als Reiter und Turner, steht Kronprinz Rudolf da, eine jugendlich-sympathische Gestalt. Sein Blick, sein Beobachtungsvermögen sind scharf, sein Urteil entschieden. Denn so jung er ist, und so offen, vertrauensvoll und herzensgut sein Jünglings Gemüt, er hat schon viele Dinge, viele Menschen gesehen und sein Urteil gereift. Er versteht es dasselbe oft nur ganz kurz in ein bezeichnendes Wort zu fassen. Grundzug seines Wesens ist eíne mächtige Liebe zum Gesamtvaterland, ein glühender Eifer für das Wohl und die Ehre Österreich-Ungarns. Und Kronprinz Rudolf ist auch die Freude und Hoffnung unserer Völker. Die allgemeine Liebe für ihn tritt bei jeder Gelegenheit hervor. Sein Name ist bereits mit mehreren Schöpfungen der Neuzeit verknüpft. Neu Wien hat seinen „Rudolfs Platz“, zwischen Wien und Schönbrunn erhebt sich als glänzende Fortsetzung der Metropole „Rudolfsheim“, die großen Wohltätigkeits-Institute des „Rudolf Spitals“ des „Rudolfinums“ als Konvikt-Stiftung für Techniker, des „Rudolf-Kinderspitals“ in Wien sind ebenso viele Huldigungen für seinen edlen Wohltätigkeitssinn, die „Rudolfs Bahn“ endlich erschießt eines der schönsten Alpenländer des Reiches.

QUELLEN: Vereinigte Laibacher Zeitung, 20. April 1876, 21. April 1876, 22. April 1876, Österreichische Nationalbibliothek ANNO

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