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Friedhof und Bestattung#

Gräbersegnung, Wien 2013. Foto: Doris Wolf

Das Wort Friedhof leitet sich vom althochdeutschen "frithof", der Bezeichnung für den eingefriedeten Vorhof einer Kirche ab, die Vorstellung vom Ort des Friedens ist jüngeren Datums. Das Christentum legte Begräbnisstätten in und um Kirchen an. Sowohl der Ort wurde von einem Priester geweiht, als auch das Begräbniszeremoniell von einem Geistlichen geleitet. Wer nicht den gesellschaftlichen Konventionen entsprochen hatte, wie Angehörige unehrlicher Gewerbe, Exkommunizierte oder Selbstmörder, wurde außerhalb oder am Rand des Friedhofs beerdigt. Für ungetaufte Kinder gab es eigene Abteilungen.

In Wien befanden sich Gräber rund um Sankt Stephan, in den Katakomben unter dem Dom ruhen 40.000 Tote. Die josephinischen Reformen beendeten die Bestattungen in Kirchengrüften. In Wien wurden die christlichen Friedhöfe in den Vorstädten 1784 aufgelassen und in die Vororte verlegt (Gottesacker vor der St. Marxer Linie, vor der Matzleinsdorfer Linie, vor der Hundsturmer Linie, vor der Währinger Linie, vor der Mariahilfer Linie und der Evangelische Friedhof). Zugleich verfügte Joseph II., dass die Toten in Leinensäcken beerdigt und Särge mit ausklappbarem Boden verwendet werden sollten. Der Widerstand war so beachtlich, dass der Kaiser die Begräbnisordnung bald zurücknahm. Er verfügte, "… dass ich keinen Menschen, der nicht davon überzeugt ist, zwingen will, vernünftig zu sein und dass also ein Jeder, was die Truhen anbelangt, tun kann, was er für seinen toten Körper zum voraus für das angenehmste hält." In der Zwischenkriegszeit wandelte die Gemeinde Wien die josephinischen Kommunalfriedhöfe in Parkanlagen um. Der einzige Biedermeierfriedhof in St. Marx steht als ganzer unter Denkmalschutz.

1867 erhielt der Trauerwaren-Händler Josef Grüll 1867 als Repräsentant der „Entreprise des pompes funebres" die Bewilligung zur Gründung eines Bestattungswesens in Wien. 1885 wurde das bisher freie zum konzessionierten Gewerbe. 1891 bildeten mehrere Unternehmungen eine Genossenschaft. 1907 nahm die Firma „Gemeinde Wien - Städtische Leichenbestattung" den Betrieb auf und schloss mit den mehr als 80 Privatunternehmen Verträge über die Zusammenarbeit ab. Die Kommunalisierung des Bestattungsgewerbes in Wien dauerte bis 1951. Seit 2002 gilt in Österreich die freie Bestatterwahl. In Wien sind derzeit 25 Privatfirmen tätig. "Wissen und Praxis der BestatterInnen" wurde 2022 in die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Mit einer Fläche von fast zweieinhalb Quadratkilometern und rund 330.000 Grabstellen mit rund drei Millionen Verstorbenen zählt der Wiener Zentralfriedhof zu den größten Friedhofsanlagen Europas. 2024 feiert er sein 150 jähriges Bestehen. Zum Jubiläum gibt es drei Konzerte, Ausstellungen, Nacht-Führungen, Yoga und Quigong. Kulturhistorisch bemerkenswert sind die Kirche "zum Heiligen Karl Borromäus" und rund 1000 Ehrengräber, u.a. für Ludwig van Beethoven, Franz Schubert, Falco oder Udo Jürgens.

1922 öffnete beim Zentralfriedhof das erste Krematorium in Österreich. Der Verein "Die Flamme" organisierte für ihre meist sozialdemokratischen Mitglieder die Feuerbestattung, die kirchlich nicht erlaubt war. Erst nach 1964, als die katholische Kirche die Einäscherung akzeptierte, setzte sich diese österreichweit durch. Zum 100-Jahr-Jubiläum des von Clemens Holzmeister geplanten Krematoriums wurde dieses erweitert. Am angeschlossenen Friedhofsgelände mit einer Fläche von rund 215.000 Quadratmetern befinden sich derzeit mehr als 46.000 Urnengräber.

Seit kurzem trägt man auf dem Zentralfriedhof dem Trend zur naturnahen Bestattung Rechnung. Im 10.000 m2 großen "Waldfriedhof", wenige hundert Meter vom 2. und 3. Tor entfernt, werden die Urnen - auf Wunsch ökologisch abbaubare - beigesetzt. Seit 2009 besteht der "Erinnerungsort an Verstorbene, die ihren Körper der Forschung überlassen haben". Dies waren seit 1975 rund 19.000 Personen, deren Asche in Sammelurnen beigesetzt wird. In ähnlicher Weise verfährt man am Zentralfriedhof mit heimgefallenen Gräbern. Weitere Besonderheiten sind, der Park der Ruhe und Kraft, alte Arkadengrüfte, Naturgarten und Babyfriedhof. Seit Juni 2018 besteht auf einem abgetrennten Teil ein Mensch-Tier-Friedhof. Auf jeder Grabstelle können dort bis zu acht Urnen von Personen und Haustieren beigesetzt werden.

2023 gibt es in Wien 55 Friedhöfe, 46 städtische interkonfessionelle und neun konfessionelle (drei israelitische, drei katholische, zwei evangelische, ein islamischer Friedhof). Für die interkonfessionellen Begräbnisstätten sind die Friedhöfe Wien verantwortlich. Die Firma wurde 1902 unter dem Namen „Gemeinde Wien – Magistratsabteilung 10 – Städtische Friedhöfe“ gegründet. Seit 1. Jänner 2008 sind die Friedhöfe Wien ein Konzernunternehmen der Wiener Stadtwerke Holding AG. Innerhalb dieser seit 1. Juli 2010 eine Tochter der B&F Wien – Bestattung und Friedhöfe GmbH. Die Friedhöfe Wien sind für rund 550.000 Grabstellen zuständig, darunter mehr als 1.600 ehrenhalber von der Stadt Wien gewidmete. 2022 wurden 18.000 Sarg- und Urnenbestattungen durchgeführt. Das Unternehmen beschäftigt knapp 400 Mitarbeiter. Die Zentrale befindet sich seit Februar 2012 in der Simmeringer Hauptstraße 339 beim Zentralfriedhof.

Die Gestaltung der Gräber auf Wiener Friedhöfen unterliegt Vorschriften, individuelle Wünsche sind nach Absprache möglich. Grundsätzlich sollen Gedenkzeichen (Grabstein, Kreuz, Skulptur) aus „Naturstein, Kunststein, Holz oder Metall“ hergestellt werden. Ein Kreuz auf einem „einfachen Grab“ für eine Person darf bis zu 90 Zentimeter hoch sein, Gedenkzeichen bei Grüften 2,20 Meter. Neu sind QR-Codes auf Grabsteinen. Wer diese mit dem Smartphone scannt, wird auf eine Website weitergeleitet, die nähere Informationen zu dem Verstorbenen bereithält.

Die Zahl der kirchlichen Begräbnisse in der Erzdiözese Wien ist über die Jahre betrachtet stabil. Sie betrug 2022 : 54.525. 2021 waren es 54.358. Die römisch-katholische Kirche bevorzugt die Erdbestattung, begleitet aber auch Einäscherungen. Erst 1966 hat die Erzdiözese Wien die Feuer- der Erdbestattung gleich gestellt. Jedoch sind in Wien zwei Drittel klassische Erdbeisetzungen. Wenn auch die Zahl der Kremationen zunimmt, ist sie geringer als in westlichen Bundesländern, wo der Anteil bei 75 Prozent liegt.

Zusätzlich entstehen neue, alternative Formen. Generell werden naturnahe Bestattungen, wie im Wald, immer beliebter. Auf dem Wiener Zentralfriedhof, wird die Möglichkeit angeboten, bei Naturbestattungen die Namen und Geburts- sowie Sterbedaten auf allgemeinen Gedenktafeln einzugravieren. Dort können auch Kerzen aufgestellt werden, was in Naturwaldfriedhöfen privater Betreiber nicht der Fall ist. Seit Herbst 2021 bietet die Bestattung Wien mit der "Regenwasser-Urne" eine besondere Art von Naturgrab an. Es handelt sich um eine Metallkugel, die eine Bio-Urne enthält. Wenn sich die Kugel mit der Zeit mit Regenwasser füllt, gelangt die Asche über einen Schacht in die Erde. Wasserbestattung (in biologisch abbaubaren Urnen) und Luftbestattung werden ebenfalls stärker nachgefragt.

Auch die Trauerfeiern ändern sich. Den Ablauf der Feier kann man seit Allerheiligen 2018 mit dem "Bestattungskonfigurator" der Bestattung Wien online planen. Generell nehmen weniger Trauergäste teil, auch Kranz- und Blumenspenden werden seltener, weil viele Spenden für einen karitativen Zweck bevorzugen. Auch der Brauch, bei Beerdigungen schwarze Trauerkleidung zu tragen, geht zurück. Eventhaften Charakter haben Verabschiedungen, bei denen man Luftballons oder Tauben fliegen lässt. Musikalisch wurde "My way" von Frank Sinatra von "Time to say goodbye" und "Amoi seg‘ ma uns wieder" von Andreas Gabalier abgelöst.

Religiöse Verabschiedungszeremonien#

Christliche Tote sind üblicherweise in einer Aufbahrungshalle aufgebahrt. Es wird ein Wortgottesdienst abgehalten, der Sarg mit Weihwasser besprengt, Gebete gesprochen und Ansprachen über die verstorbene Person gehalten. Danach begibt sich der Leichenzug zum Grab, wo die „Einsegnung“ stattfindet; der Sarg wird versenkt und mit Erde bedeckt. Angehörige werfen oft Blumen in das Grab.

Im Buddhismus können Nonnen oder Mönche die Sterbenden mit Rezitationen begleiten. Verabschiedungszeremonien werden ohne Präsenz des Leichnams gefeiert, es gibt auch keine Totenwache. Die verstorbene Person wird in wertschätzenden Gedanken gewürdigt und ihrer „liebevoll gedacht“. In Spitälern werde darum gebeten, diese mindestens vier Stunden in Ruhe zu lassen. Man geht im Buddhismus von Wiedergeburten aus, mit dem letzten Ziel, nicht mehr wiedergeboren zu werden. 49 Tage nach dem Tod wird auf Wunsch das Ritual des Loslassens, sowohl für den Verstorbenen als auch für die Angehörigen und Freunde, durchgeführt.

In Wien-Liesing, Großmarktstraße 2a, besteht seit 2008 ein Friedhof der Islamischen Glaubensgemeinschaft, in Altach (Vorarlberg) seit 2012. Die Gräber sind nach Mekka ausgerichtet. Im Islam wird die sterbende Person von anderen Gläubigen mit der steten Wiederholung des muslimischen Glaubensbekenntnisses begleitet. Verstorbene sollen möglichst schnell - innerhalb von 24 Stunden - beerdigt werden. Davor wird eine rituelle Waschung vorgenommen. Während eines speziellen Gebetes wird der Tote in ein Tuch gewickelt. Die Aufbahrung erfolgt in einem geschlossenen Sarg. Das Gesicht muss nach Mekka gewandt sein.

Im Judentum wird der Körper als das „Gefäß“ gewürdigt, in dem sich eine Seele entfalten konnte. Die Seele überdauere, der Körper sei eine leblose Hülle. Zu Ehren des Verstorbenen wird eine Totenwache abgehalten, allerdings muss diese nicht direkt bei dem Toten stattfinden. Vor der Beerdigung wird der Leichnam gewaschen und in mehrere spezielle weiße Tücher gewickelt. Sie soll möglichst am Todestag stattfinden. Der Sarg ist einfach gehalten. Die Grabstätten sollen für ewige Zeiten bestehen.

Alte Totenbräuche#

Seit dem Mittelalter sind obrigkeitliche Verbote bekannt, die übermäßigen Luxus bei den Begräbnissen und Totenmählern betreffen. 1310 untersagte ein Provinzialkonzil in Trier Übertreibungen bei Androhung der Exkommunikation. 1573 rügte ein deutscher Prediger, dass er oft weit mehr als 100 alkoholisierte Gäste antraf und "Sackpfeifer, Leierer und Trommelschläger geholt wurden, um der Seele, wie man gesagt hatte, aufzuspielen und sie in den Himmel zu geleiten." Zu den Totenfeiern ließen Bürger im 16. bis 18. Jahrhundert durch die weiß gekleidete "Bittfrau" oder den "Leichenbitter" einladen. Seit Maria Theresias Zeiten (Stolpatent 1751) standen die Konduktansager im Dienst der Kirche und waren für alle Leichenbegängnisse einer Pfarre verantwortlich, auch Mesner übten diese Arbeit aus. An die Pfarre waren, je nach sozialem Stand, Stolgebühren zu entrichten.

In Wien gründete Eleonore von Mantua (1598-1655), die Witwe Kaiser Ferdinand III., Totenbruderschaft, die 1643 vom Papst bestätigt und 1783 aufgehoben wurde. Ihr Sitz war in der Georgskapelle der Augustinerkirche. Die Mitglieder, darunter viele Adelige, hatten es sich zur Aufgabe gemacht, Hingerichtete auf einem geweihten Friedhof zu begraben. Sie erschienen in langen, schwarzen Kapuzenmänteln mit dem Bruderschaftszeichen (Totenkopf und gekreuzten Knochen) in Prozession. Der Armensünder-Gottesacker befand sich in der Gegend des Karlplatzes (Wien 1).

Bis zum Ersten Weltkrieg war auch in Wien die Hausaufbahrung üblich. Als die Friedhöfe mit „permanenten Aufbahrungseinrichtungen" ausgestattet wurden, ging die Zahl der Wohnhausaufbahrungen immer mehr zurück (1930 nur noch 1,6 % der Sterbefälle. Es ab sieben Klassen der Ausstattungsmöglichkeiten mit Draperien, Leuchtern und Kerzen. Verschwenderisch erschien die Pracht bei Totenfeiern und Begräbnissen für Mitglieder des Kaiserhauses und Adels. Einen Eindruck davon konnte man am 16. Juli 2011 beim Begräbnis Otto von Habsburgs bekommen.

In ländlichen Gemeinden waren bis in die jüngste Vergangenheit die Hausaufbahrung und die Totenwache üblich, bei der von den Dorfbewohnern für das Seelenheil des Verstorbenen gebetet und spezielle Lieder gesungen wurden. Der Trauerzug führte dann zum Requiem in die Kirche und auf den Friedhof. Traditionell folgt der „Leichenschmaus“ – das gemeinsame Essen der Verwandten und Freunde im Gedenken an die Verstorbenen – dem Begräbnis.

Als Farbe der Trauer galt traditionell Schwarz. Bei Verstorbenen ledigen Standes war die Dekoration bei der Aufbahrung Blau, auf einem weißen Atlaskissen lag ein Myrtenkranz. Es war bis ins 20. Jahrhundert war üblich, dass Angehörige von Verstorbenen ein halbes Jahr lang schwarze Trauerkleidung (auch schwarze Strümpfe) oder zumindest einen Trauerflor am Ärmel trugen. In ländlichen Gebieten wurde die Trauertracht als äußerliches Zeichen des Totengedenkens streng beachtet. So heißt es 1889 aus dem Land Salzburg: "Sehr alterthümlich, aber dem Verschwinden nahe ist der Traueranzug der Weibsleute im Gebirge. Hohe Spitzhüte, darunter eine weiße Haube. Vom Haupt bis zu den Knien hüllt ein weißes Leintuch, unter dem Kinn zusammengeheftet, die Gestalt ein, darunter ragt der schwarze Kittel mit dem schwarzen Fürtuch (Schürze) hinab und man sieht die weißen Strümpfe und niederen Schuhe. Die Halbklage' oder mindere Trauer gestattet den schwarzen Hut, weißen Halskragen, eine weiße über der schwarzen Schürze und ein vom Haarbund nach rückwärts hinabhängendes weißes Tuch; der Kittel' und das 'Röckel' (Spenser) sind schwarz."

Den Friedhof, der als heiliger Ort gilt, betreffen zahlreiche Tabus, moralische Pflichten und Gesetze, die seine Entweihung - Störung der Totenruhe, Grabschändung, Grabraub, satanische Riten - unter Strafe stellen. Vielfältig sind auch abergläubische Vorstellungen. So sollte man den unheimlichen Ort nachts meiden und nichts wegnehmen, da sich die Toten rächen würden. "Vorzeitig Verstorbene" (Wöchnerinnen, ledige junge Menschen) oder gewaltsam Getötete galten als gefährlich. Besonders bei diesen fürchtete man, dass sie als "Wiedergänger" die Lebenden stören könnten. Kirchlich gebilligte Segensformeln ("R.I.P." - Ruhe in Frieden als Grabsteinaufschrift) oder das Besprengen mit Weihwasser sollten die Wiederkehr als Geist verhindern.


Quellen: 
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin 1927/1987. Bd. 3/Sp. 86 f.
Der Weg in die Stille. Wien 1967
Kremation
Mensch-Tier-Friedhof
Krematorium, publiziert 12.10.2019
Waldfriedhof: "Kurier" 17.10.2019
"Kronen-Zeitung" 20.1.2020
Zur Geschichte des Bestattungswesens in Wien, Wien 1982
Gerhard Robert Coeckhelberge zu Dützele ("Realis") Curiositäten- und Memorabilien-Lexicon von Wien. Wien 1846. I/167
2017 Events, publiziert 1.11.2017
2017 Grab, publiziert 31.10.2017
Diamant, publiziert 11.4.2012
Regenwasser-Urne publiziert 1.11.2021
Verabschiedungszeremonien, publiziert 1.11.2020
Kirche

Bilder: 
Gräbersegnung, Wien 2013. Foto: Doris Wolf


Siehe auch:
--> Friedhof der Namenlosen
--> Allerheiligen und Allerseelen