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Fronleichnam #

Stadtumgang. Foto: Doris Wolf 2013

60 Tage nach Ostern, am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitssonntag, begehen die Katholiken ein weiteres Ideenfest, Fronleichnam. Der Termin des beweglichen Festes liegt zwischen 21. Mai und 24. Juni. Es ist in Österreich und mehr als einem Dutzend anderer Länder - darunter Portugal, Brasilien, Polen, Kroatien und mehrere deutsche Bundesländer - ein gesetzlicher Feiertag. Obwohl am Gründonnerstag der Einsetzung des Altarsakramentes gedacht wird, feiert die Kirche am ersten "freien" Donnerstag nach der Osterzeit ein eigenes Hochfest des Leibes Christi. Es entstand nach einer Vision (1209) der Augustinernonne Juliane von Lüttich (+1258). Ihr Landsmann Papst Urban IV. (+ 1264) schrieb es in seinem Todesjahr für die ganze Kirche vor.

Die Bezeichnung Fronleichnam kommt von mhd. fronlicham, der vrone licham - der Leib des Herrn (vron - göttlich, licham oder lichnam - Leib). Nach der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde das - seit 1849 am 1. Juli begangene - Fest des kostbaren Blutes integriert. 

Der wichtigste Brauch zu Fronleichnam ist der Umgang. Prozessionen mit dem Allerheiligsten in der Monstranz, die der Priester unter dem alten Machtzeichen des Baldachins (Himmel) trägt, sind 1273 in der deutschen Abtei Benediktbeuern überliefert, in Wien gibt es seit Mitte des 14. Jahrhunderts einen Stadtumgang. Dem Umzug mit Monstranz und Himmel liegt die Tradition der Flurumgänge und Reliquienprozessionen zu Grunde. Verschiedene Gruppen begleiteten das Allerheiligste mit Fahnen, Bildern und szenischen Darstellungen. Dabei waren alle Stände und Künste beteiligt. Die Kirche engagierte sogar die sonst ausgestoßenen profanen Musikanten. Die Silbertrompeten maßen mehrere Meter, sodass sie Helfer stützen mussten. Mitglieder von Vereinigungen trugen Kerzen auf sehr hohen Leuchtern. Auf Prunkwagen führte man Figuren mit und spielte liturgische Dramen. Nach städtischem Vorbild entstanden seit dem 14. Jahrhundert auch in den kleineren Orten fromme Bruderschaften, die besonders im 16. Jahrhundert zu Fronleichnam in Erscheinung traten. Seit dem 15. Jahrhundert ist es üblich, an vier Stellen Halt zu machen und nach den Himmelsrichtungen die Evangelienanfänge als Segen zu singen. Der Prozessionsweg ist üblicherweise mit Birkenzweigen geschmückt, die am Ende von den Leuten mitgenommen werden, weil sie sich (wie vom Palmbuschen) davon Heil erhoffen. Aus Gründen der Holzersparnis gab es Verbote, die offenbar nicht sehr erfolgreich waren. Das katholisch-fromme Volk hielt den Feiertag wegen seiner Schaubräuche für den wichtigsten des Jahres.

Der Reformator Martin Luther nannte Fronleichnam 1527 das „allerschändlichste Jahresfest“, weil ihm die biblische Grundlage fehlt. Die Umzüge empfand er als Gotteslästerung. Nach dem Konzil von Trient (1545-1563), welches das Fest bestätigte, wurde es zum die Konfessionen unterscheidenden Merkmal mit demonstrativ katholischem Akzent. Als Antibrauch halten die evangelischen Pfarren Gemeindefeste ab.

Traditionell bewegen sich die Fronleichnamsprozessionen durch die Straßen der Orte, an Seen mit Schiffen auf dem Wasser. So zählt der Kirchenbrauch inzwischen in Traunkirchen und Hallstatt zu den wichtigsten Touristenattraktionen des Salzkammergutes. In beiden Fällen geht die Einführung auf die Jesuiten zur Zeit der Gegenreformation zurück. 1622 übergab Kaiser Ferdinand II. das frühere Benediktinerinnen- bzw. Benediktinerkloster Traunkirchen samt den Salzkammergutpfarren dem neu gegründeten Kolleg der Jesuiten in Passau. Zehn Jahre später führten sie die erste Seeprozession auf dem Traunsee durch (wie schon 1628 in Hallstatt).

Nach Jahrhunderten begingen die Pfarren Rossau, Lichtental und Canisius in Wien 9 im Jahr 2017 erstmals gemeinsam einen "Feier-Tag zu Fronleichnam". Diese Aktivität erfolgte im Rahmen des Projektes "Pfarre neu", das in der Erzdiözese Wien mehr Zusammenarbeit fordert. Erster Programmpunkt war der Festgottesdienst im Park des Palais Liechtenstein, anschließend führte die Prozession in die Servitenkirche Rossau, wo der Segen erteilt und zur Agape eingeladen wurde. Nachmittags und abends fand ein Pfarrfest statt, das mit einem Lagerfeuer im Klosterhof ausklang. Der Veranstaltungsort beim Liechtensteinpalais hat eine lange, oft unterbrochene, Tradition. Schon 1708 feierte der damalige Schottenabt mit der Fürstenfamilie dort Fronleichnam. Bis 1993 gab es immer wieder Prozessionen der Pfarre Rossau zum Gartenpalais, wobei der Altar im Ehrenhof vor dem barocken Palast stand. Die Pfarre Lichtental hatte um 1900 ihren Fronleichnamsaltar am anderen Ende des Parks, bei dem ihr zugewandten "Neuen Palais". Die Revitalisierung gestaltete sich erfolgreich. Bei strahlendem Sommerwetter kamen hunderte Teilnehmer aus allen drei Pfarren. Der Altar, mit rundum aufgestellten Sitzbänken, befand sich diesmal in einem romantisch wirkenden schattigen Teil des Parkes beim Teich. Auf traditionelle Elemente, wie konventionelle Bilder und Gesänge oder den Traghimmel (die Pfarre Rossau verwendete ihren barocken Seidenbaldachin nur bis in die 1960er Jahre) wurde verzichtet. Moderne Lieder ("Kommt, sagt es allen Leuten ...") begleiteten den Umgang, der einen fröhlichen Eindruck machte. Bei zwei Pensionistenheimen hielt man Andachten.

Fronleichnam 2017 in Wien 9 (Rossau, Lichtental und Canisuskirche)

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Fronleichnam 2015 in Wien-Döbling (Kahlenbergerdorf, Grinzing, Sievering)

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Quellen:
E. A. Bowles: Musikgeschichte in Bildern III/8. Leipzig 1977. S. 122 f.
Duden - Das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. Mannheim 2006
Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. Leipzig 1885/1992. S. 146
Helga Maria Wolf: Das neue BrauchBuch. Wien 2000. S. 187 f.
Helga Maria Wolf: Zwischen Pracht und Protest
Wikipedia (Stand 3.3.2024)
Traunkirchen

Bilder:
Stadtumgang. Foto: Doris Wolf 2013
Fronleichnam 2017 in Wien 9 (Gemeinsame Feier der Pfarren Rossau, Lichtental und Canisuskirche) Fotos: Doris Wolf
Fronleichnam 2015 in Wien-Döbling (Kahlenbergerdorf, Grinzing, Sievering), Fotos: Doris Wolf


Siehe auch:

--> Essay Fronleichnam
--> "Zwischen Pracht und Protest"
--> Heimatlexikon
Fronleichnamsprozession in: Verschwundene BräucheDas Buch der untergegangenen RitualeHelga Maria WolfBrandstätter VerlagWien2015jetzt im Buch blättern