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5. Dezember - Krampus (Knecht Rupprecht), Kette, Kinderschreck#

© Dr. Helga Maria Wolf


Der "Krampus" ist eine pelzige Teufelsgestalt, die den Kindern mit Kette, Rute und Bütte droht. Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert traten Nikolaus und Krampus als ungleiches Paar beim Einkehrbrauch am Vorabend des Heiligenfestes auf. Das Auftreten des Heiligen scheint zunächst als Kalendergestalt verständlich. Der Gabenbringer Nikolaus entlieh seine Kleidung als Bischof dem kirchlichen Fundus. Der Krampus trug ein Kostüm aus Fell oder Stoff und eine Maske mit Hörnern. Als "gefallener Engel" hatte er oft Flügel und jedenfalls eine Kette als abschreckendes Exempel der ewigen Verdammnis der in der Hölle angeketteten Unbußfertigen. Die Rute verweist auf den Schulbrauch, wo sie als Erziehungsmittel eine Rolle spielte. Seine Bezeichnung verdankt er den Krallen (ital. grampa - Klaue). Doch gibt es, regional unterschiedlich, viele Namen für die Gestalt, die für die "Schwarz-Weiß-Kontrastierung", so Leopold Schmidt, ausgesprochen barocke Züge aufweise: Knecht Ruprecht, Beelzebub, Hans Muff, Rumpelklas, Klaubauf, Bartl, Gangerl, Leutfresser . . .


Im "Augsburgischen Jahreinmal", einer gereimten Aufzählung der Jahresbräuche, heißt es zu Beginn des 18. Jahrhunderts über den Dezember: "So ist es auch ein schändlich Spotten / Daß des Christ-Kindleins zwey Vorbotten / Die Bercht und Ruprecht müssen seyn / Die sich der Zeit auch stellen ein / Doch aber auch gar große Schrecken / Bei denen Kindern offt erwecken." Im Innviertel, so schildert es der Jesuit Michael Denis Ende des 18. Jahrhunderts, war der Teufel der Vorbote des Heiligen: "Schon einige Tage vor Nikolai wurden die Kinder von einem vermummten Menschen, den man Klaubauf, anderswo Grampus, auch Bärthel nannte, geschrecket. Er rasselte mit Ketten, polterte an der Thür, that wohl auch auf, und warf den guten Kindern Nüsse, gedörrtes Obst, Rosinen u. dgl. hinein. Das hieß: Der Nikolaus meldet sich an."


Die Aufklärer fürchteten um die kindliche Psyche, Sitte und Ordnung. 1782 verfasste ein Autor unter dem Pseudonym Hägrad eine Schrift über das Nikolausgespenst, "durch dessen Gepolter die Einbildungskraft der Minderjährigen so thöricht als unbillig mißhandelt wird". Der Titelkupferstich zeigt eine bürgerliche Familie mit vier Kindern. Eines hat der Krampus schon in der Butte, eines, das vor dem Nikolaus kniet, züchtigt er mit der Rute. Ein zweiter Teufel stemmt einen großen Teller mit Obst in die Höhe, während die anderen Kinder im Schutz der Eltern stehen. Der Autor schreibt: "Ein Fremder, wenn er vor erwelchen Jahren am Nikolaus-Abend nach Wien gekommen wäre, würde vermuthlich auf den Gedanken verfallen sein, Wien habe keinen Ort, wo man die Narren verwahre, weil er auf allen Gassen und Straßen, unter freiem Himmel so viele schwärmende, polternde, verlarvte, mit Kotzen und Bocksfellen behangene Thoren herumschwärmen, mit Ketten und Banden schallende Kerls erblicket hätte." Wer einen Nikolaus engagieren wollte, fände ihn unter den scharenweise herumstehenden Mesnern und Lehrern, die sich durch den Dienst des Kinderschreckens einige Gulden verdienten.


Eine andere Schrift aus dieser Zeit, verfasst vom Aufklärer J. D. Hanner, weiß von Geschäftsleuten und Gesellen, die sich als Nikolaus anboten. Man konnte ihn auch mit einem Gefolge von Leviten und Engeln und kettenrasselnden Krampussen bestellen. Nachdem die Kinder geprüft, bestraft und oft schockiert wurden (beide Autoren berichten von schweren Krampfanfällen, die sogar zum Tod führten), gab es Obst, Bäckerei, Spielzeug und das Nikolausbäumchen als Geschenk. Die Krampusse aber trieben nun mit den Bedienten ihren Spass, "weil der Krampus sich stellen muss, als wollte er sie mitnehmen. Er wagt auf selbe einen Anfall, damit sich die Kinder desto mehr fürchten. Es setzet oft ein jämmerliches Gestöber, Geschrey, Gepolter und Herumschlägerey unter dem Hausgesindl ab, und. . . es ist kein Winkel im Vorhofe, wo man nicht Bellen, Blecken, Weinen, Klirren und Toben höret, aber diese Sabinerinnen lassen sich selbst gar zu gerne von dem jungen Krampus rauben".


Die Schriftsteller der Aufklärung nannten Bräuche wie die Umzugsspiele am Nikolausabend "heidnisch und eines wahren Christenmenschen unwürdig". Ein Jahrhundert später war für die nationalen Romantiker gerade das vermutet "Heidnische" von Interesse. Sie (er-)fanden überall naturmythische, germanische Wurzeln und erblickten in den Maskengestalten des Mittwinters "Wotans Heer". Das wilde Treiben der Krampusse ließ sie übersehen, dass der Text der überlieferten Nikolausspiele, in dem die teuflischen Heerscharen auftreten, zahlreiche biblische und liturgische Anspielungen enthält. Sie lassen auf eine Entstehung in kirchlichen Kreisen schließen. Beim berühmten Mitterndorfer Nikolausspiel war wohl das Benediktinerkloster Admont in der Steiermark federführend. Eine Szene, die Bettlerbeichte, weist auf die schädlichen Wirkungen des Alkohols hin. Im Evangelium des Nikolaustages heißt es: "Nehmt euch in acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren. . ." (Lk 21, 34). Nikolaus verweist auf den Text eines Paulinischen Briefes, nach dem der Tag des Herrn kommt "wie der Dieb in der Nacht" (I Thess 5, 2). Der Teufel zitiert indirekt Matthäus, wenn er sagt: "Wenn andere guten Samen streuen, Unkraut säe ich aus ins weite Land." Andachtsbücher und -bilder brachten Anregungen, bis hin zum Eheteufel, der eine Vogelmaske trägt, wie sie schon mittelalterliche Laster-Allegorien zeigten.


Während beim Einkehrbrauch Nikolaus die Braven belohnte, fanden die Schlimmen Erdäpfel oder Kohle in den bereitgestellten Schuhen. Die Krampusrute verwandelte sich für die Braven in die vergoldete Zuckerl-Rute, die dicht mit Näschereien behängt war. Die Butte oder der Korb, den der Krampus auf dem Rücken trug, war nicht nur zum Schrecken der Kinder gedacht, es befanden sich auch Äpfel darin. Darauf spielt der Spottvers an: "Krampus, Krampus, schlimmer Mann, der die Kinder wichsen kann / wann er mi in d' Butten steckt / friss i eahm die Äpfel weg!" Zu den essbaren Geschenken zählen der "Zwetschken-Krampus" und so genannte Gebildbrote. Diese werden aus Germteig hergestellt und je nach Jahresfest verschieden geformt. Als Nikolaus und Krampus findet man sie auch heute in den Bäckereien. In Deutschland ist seit dem 15. Jahrhundert der "Hefekerl" oder "Weckmann" bekannt. Die Oberfläche ist als Gesicht, Gewand und Hut geformt, der Kerl hat Rosinenaugen und raucht ein Pfeifchen. Obwohl sein Aussehen kaum an einen Bischof erinnert, soll die Pfeife aus einem missverstandenen Bischofsstab entstanden sein. Die "Spekulatius-Kekse" verdanken ihre Bezeichnung dem Nikolaus, der als "Speculator" nach dem Rechten sah und das Katechismuswissen abfragte. Sie wurden seit dem 16. Jahrhundert in Modeln gefertigt, die heilige oder regionale Motive zeigten.


Mürztaler Perchten
Mürztaler Perchten, auf Wien-Besuch, 2004
Im 20. Jahrhundert brachte die Folklorewelle, die mit dem Tourismus einhergeht, neue Krampusbräuche. Im steirischen Salzkammergut ziehen die Kramperl um. Schon kleine Buben üben in der Maskierung, wie sie mit ihren Ruten Passanten schrecken können. Es gehört zu diesem Spiel, dass das Publikum, besonders junge Frauen, die Krampusse provoziert und schreiend flüchtet, wenn die Kramperl tätlich werden. Wer hingegen am Rand stehen bleibt, darf damit rechnen, in Ruhe gelassen zu werden. Die "Krampusperchten" entwickeln sich zu monströsen Gestalten. Allein in Salzburg bestehen an die 200 solcher Gruppen. Ihre Selbsteinschätzung reicht von Traditionspflege bis Eventkultur. Oft sind die Mitglieder identisch mit dem Sportverein, andere gehen mit Bühnenshows auf Tournee und treten in Diskotheken auf. In kaum einem Fremdenverkehrsort fehlt der Krampuslauf. Die männlichen Teilnehmer "tragen Kostüme aus Schaffellen und Ledergürtel mit einer großen Kuhglocke oder mehreren kleinen Schafglocken". Die großen, oft kostbaren Holzmasken zeigen teuflische oder animalische Züge. Heute gleichen sich die (Kautschuk- ) Masken vielfach medialen Vorbildern aus der Szenerie der 'Außerirdischen' oder 'Aliens' an. Mit Ketten und Peitschen bewaffnet, rasseln die "Perchten" und schlagen wild um sich, sie sind eine grölende, drohende Masse, die plötzlich auftaucht, durch die Gassen rast und ebenso schnell wieder verschwindet" (Ulrike Kammerhofer-Aggermann).