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Alfred Wolf#

NEUn Wege im 9.#

9. IM OBEREN WERD#

Weg: U-Bahn-Station Rossauer Lände - Pramergasse - Rögergasse - Seegasse - Verena-Buben-Weg - Pramergasse - Porzellangasse - Fürstengasse - Porzellangasse - Grünentorgasse - Servitengasse - Müllnergasse - Porzellangasse - Hahngasse - U-Bahn-Station Rossauer Lände

Foto: Doris Wolf, 2010; U-Bahn-Station Rossauer Lände

Die U-BAHN-STATION ROSSAUER LÄNDE ist der Ausgangspunkt für unsere Wanderung in der Rossau (bis 1999 "Roßau"), die zuvor der Obere Werd genannt wurde. Sie verdankt ihren Namen den Pferden, die von hier Lastschiffe stromaufwärts zogen. Die Vorstadt hatte sich aus einem Fischerdörfchen vor den Toren Wiens in der Barockzeit zu einer respektablen Ansiedlung mit 81 Adelssitzen entwickelt. Der ebene, sandige Boden des einstigen Schwemmlandes und der hohe Grundwasserspiegel begünstigten die Anlage von Zier- und "Kuchelgärten". Unterhalb des alten Donauuferhanges gelegen, bildeten der Alsbach, der Donaukanal und ein Gerinne in der Berggasse natürliche Grenzen. Die Bodengestalt, durch Altarme der Donau geformt, die allmählich verlandeten, beeinflusste die Besiedlung ebenso wie im Unteren Werd, der Leopoldstadt. (Werd, Wörth bedeutete Insel)

Die Bevölkerung lebte vom Fischfang und vom Entladen der Schiffe, die Lebensmittel und Baumaterial für Wien auf der Donau transportierten. Der Frachtverkehr auf dem Wasserweg war für Wien lebenswichtig, bevor er auf Schiene und Straße verlegt wurde. Zahlreiche Berufe in der Rossau lebten von ihm. Die Gschirrntreiber verliehen die Rosse, von denen die Vorstadt den Namen hatte. Ihre Pinzgauer, schwere Norikerpferde, zogen vom Treppelweg aus die Schiffszüge stromauf. Ihr erster Halt war das von Wien 18 km entfernte Greifenstein, wo man über Nacht blieb. Die Pferde wurden ausgewechselt und die bisherigen mit "Rosszillen" wieder zurückgebracht. Holzscheiber entluden die Schiffe und führten das in Massen herangebrachte Bau- und Brennholz zu zweit mit Scheibtruhen an Land. Sackträger und Strobler, die Steinmaterial beförderten, vervollständigten das Team.

2005 legte der Stadtentwicklungsplan das gesamte Donaukanalgebiet als Zielgebiet fest. Auf 17 km Länge wollte die Stadt Wien einen "urbanen Raum für Freizeit, Gastronomie und Erholung" schaffen. Gegenüber von Rossauer Lände 33 entstand der Aktiv-Park Diana Budisavljevic. Auf knapp 250 Quadratmetern befinden sich fünf Fitness-Stationen sowie Ruheplätze. Diana Budisavljevic (geborene Obexer) und ihre HelferInnen (Aktion DB) retteten im 2.Weltkrieg tausende serbische, jüdische und Roma-Kinder aus den Konzentrationslagern des faschistischen unabhängigen Staates Kroatien.

Foto: Doris Wolf, 2010; Donaukanal

Die meisten Sagen, die mit dem Alsergrund in Verbindung gebracht werden, spielen in der Rossau. Die bekannteste ist jene vom Donauweibchen: Eine Nixe warnte die Fischer, die am Ufer wohnten, vor einer drohenden Überschwemmung. Alle konnten sich retten und kehrten nach dem Hochwasser dankbar in ihre Hütten zurück. Nur ein junger Fischer hatte große Sehnsucht nach der zauberhaften Erscheinung. Eines Tages sah man seinen Kahn leer dahintreiben und wußte: "Jetzt hat auch ihn das Donauweibchen zu sich geholt". Weniger dramatisch endet die Geschichte "Dr. Faust's Affe": Bei seinem Aufenthalt in Wien besuchte der Magier Johann Faust, der um 1500 gelebt haben soll, die Rossau. Er spottete über die Mühsal der Schiffszüge und schloss mit den Schiffsleuten eine Wette ab. Sein Affe, den er wie einen Hund bei sich hatte, werde die Arbeit viel schneller erledigen. Die Rossauer waren sich ihrer Sache sicher, doch Dr. Faust verlieh dem Tier ungeahnte Kräfte und gewann.

Wahr ist hingegen, dass die Donauschiffer das Privileg einer "Schifffahrt zu Lande" besaßen. Wenn die Donau bis zum Grund zugefroren war, durften sie ein Kehlheimer-Schiff auf Kufen setzen und es von ihren Pferden durch die Stadt ziehen lassen. Während der frohen Fahrt wurde gewendet und angehalten, ganz wie sonst auf dem Wasser. Auf den Plätzen der Inneren Stadt kochte die Mannschaft und warf heiße Knödel aus, die reißenden Absatz fanden.

Nach 1683 entstand Rossauer Lände 23 am Ufer des Donaukanals, der städtische Holz- und Flötzstadel. Zunächst diente er als Lagerstätte für Baumaterialien, welche die Schiffe herbeibrachten. Nach einem Brand wurde daraus 1705 ein Materialdepot für nicht mehr gebrauchte Gegenstände von historischem Wert. In diesem Vorläufer des Wien Museums befand sich der "Hohe Wagen", mit dem man die Delinquenten zur Richtstätte auf den nahen Rabenstein führte, ebenso wie die vollständig gesammelten Marterwerkzeuge, die bei einer Hinrichtung Verwendung fanden. --> 5. "Auf Besuch in Neu-Wien" Römische Ziegel lagen neben aufgeschichteten Kanonenkugeln aus der Türkenbelagerung und sogar eine Birke, die auf dem Stephansturm gewachsen war, gehörte zu der eher kuriosen Sammlung.

Rossauer Lände 25 stand bis 1831 die Kreuzkapelle am Ufer des Donaukanals. Damit verband sich die Legende vom Wunderkreuz: Ein riesengroßes, vergoldetes Holzkreuz, das die Donau heraufgeschwommen war, blieb hier im Wasser stehen und ließ sich, trotz aller Mühen, nicht an Land ziehen. Dies gelang erst einem Minoritenpater mit seinem Ordensgürtel. Man brachte es unter großen Zeremonien in den Stephansdom. Doch verschwand es wunderbarerweise von diesem Aufstellungsort, und man fand es in der Minoritenkirche wieder, wo es nun blieb. Die Legende wird mit dem Wimpassinger Kreuz in Zusammenhang gebracht, das 7 x 4,6 Meter maß. Um 1270/80 geschaffen, war es eines der Hauptwerke der abendländischen Kunst. Während sich der Typus an toskanisch-umbrischen Triumphkreuzen orientierte, stellten die Malereien charakteristische Beispiele für den reifen Zackenstil österreichischer Prägung dar. Der Corpus und die figuralen Szenen in den Rechteckfeldern an den Kreuzenden waren auf Pergament gemalt. Das romanische Kreuz befand sich bis 1784 in der Wiener Minoritenkirche und kam nach deren Säkularisierung nach Wimpassing an der Leitha (Burgenland). 1931 und 1938 restauriert, war es in Wien in der Ausstellung "Altdeutsche Kunst im Donauland" zu sehen. Anschließend hing es im Stephansdom, dort verbrannte es 1945.

Bis in das späte 19. Jahrhundert bildete die Pramergasse die einzige Querverbindung von der Porzellangasse zum Donaukanal. Zunächst Kothgasse genannt, gab schon der Name Aufschluss über ihren Zustand. Der Äußere Rat Wolff Pramer besaß zwei Häuser in der Rossau. Die Gasse führte in das grüne Reich der Kuchelgärtner, die hier 18 Grundstücke besaßen. Sie versorgten Wien täglich mit frischem Gemüse und waren wohlhabend. Ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Gärten parzelliert und verbaut. Um 1872 verkauften die Gärtner ihre Grundstücke um vier bis sechs Dukaten pro Quadratklafter (ca. 4 m²).

Rossauer Lände 11 bis 21 (bis zur heutigen Hahngasse, zwischen der Pramergasse und über die Grünentorgasse hinaus) erstreckte sich einer der schönsten Gärten Wiens. Er gehörte Bürgermeister Daniel Moser, der hier sogar die Schwiegertochter des Kaisers mit ihrem Hofstaat empfing. Zuvor hatte die Stadt die Ausstattung des Gartens "mit stainern Säullen und Bildern" bezahlt. Daniel Moser war 23 Jahre hindurch Wiener Bürgermeister. Als wichtigste Stütze des Kaisers im konfessionellen Zeitalter, wurden ihm zahlreiche Ehren zuteil. Die Zweite Türkenbelagerung beendete die Pracht, und eine öde Brandstätte blieb zurück. Auf dieser entstand nun der kaiserliche Bauholzstadel, dessen Bereich sich zunächst gleichfalls bis zur Hahngasse erstreckte. Mehrfach an seinen Rändern durch Parzellierung angeknabbert, wurde der ehemalige Besitz Mosers 1874 endgültig aufgeteilt. Die nach ihm benannte Gasse führt genau über sein ehemaliges Grundstück.

Foto: Doris Wolf, 2010; Pramergasse 30 / Rossauer Lände 21

Einen Kopfbau der Pramergasse bildet die Wohnhausanlage der Gemeinde Wien mit der Adresse PRAMERGASSE 30 / ROSSAUER LÄNDE 21 aus den Jahren 1929/30, mit 96 Wohnungen. Die Pläne verfasste Karl Schmalhofer, einer der meist beschäftigten Architekten des Roten Wien. Die Anlage wirkt modern und konstruktivistisch, besonders das Balkonkreuz an der Rossauer Lände. Ein niedriger Torbau schließt den Innenhof zur Pramergasse hin ab. Ein Dachausbau (1952) und der Einbau von Aufzügen (2005/06) veränderten das Erscheinungsbild.

Zuvor stand Pramergasse 28 das Haus "Zur eisernen Kette". Um die Bezeichnung rankte sich eine Sage: Ein Schmied hatte eine hübsche Tochter und zwei Gesellen, einen kunstfertigen und einen groben. Beide hätten sie gerne zur Frau genommen. Der Schmied bestimmte denjenigen zu seinem Schwiegersohn, der das bessere Meisterstück zustande brächte. Der eine fertigte ein "Schloss ohne Schlüssel" an, eine eiserne Kette, die in einer nur ihm bekannten Stellung zu öffnen war. Der andere schmiedete einen bösen Plan. Er täuschte eine Liefertour vor, um seinen Kollegen zu ermorden, dann gab er das Werk als sein eigenes aus. Er war rasch überführt, da er die Kette nicht öffnen konnte.

Pramergasse 28 befand sich seit 1902 die Druckerei Gustav Davis & Co, die mit 100 Beschäftigten das "Österreichische Kronenzeitung", seit 1905 "Illustrierte Kronenzeitung" genannte Massenblatt herstellte. 1900 von Gustav Davis gegründet, sollte die mit vielen Illustrationen und Fortsetzungsromanen gestaltete Zeitung um 1 Krone für jedermann erwerbbar sein und erreichte hohe Auflagen (1919: 200.000, 1929: 250.000, 1938: 260.000).

Foto: Doris Wolf, 2010; Pramergasse 31 / Rossauer Lände 23

Das der Wohnhausanlage gegenüber liegende Eckhaus PRAMERGASSE 31 / ROSSAUER LÄNDE 23 wurde 1919, 20 Jahre vor diesem, erbaut. Wie seine Schwesternbauten an der Lände zeigt es secessionistischen Dekor mit historisierenden Elementen.

Zuvor stand hier, als Teil des Städtischen Holz- und Flötzstadels, seit 1683 ein Gasthaus mit dem appetitlichen Namen "Zur goldenen Gans". Seine Gäste waren die Rossauer ebenso, wie Donauschiffer. Auch bei den Baugewerben war die "Goldene Gans" nicht unbekannt. Seit alters her trafen sich hier Vertreter dieser Zünfte, um das Hochgericht auf dem Wienerberg instand zu setzen. Streng reglementiert, mit Trommeln und Pfeifen und einem prächtig gekleideten Vorreiter ging ihre Prozession, an der Inneren Stadt vorbei, hinaus zur "Spinnerin am Kreuz". Nach getaner Arbeit endete das Unternehmen im Gemütlichen. Gesellen und Lehrlinge erhielten für die unbezahlte Arbeit Brot und Wein. Tags darauf wurden ihre Meister bei Jagdhornklang von der Stadt festlich bewirtet.

Foto: Doris Wolf, 2010; Pramergasse 25

PRAMERGASSE 25 besitzt eine ungewöhnliche Fassade. Sein Besitzer, der k. u. k. Hofhafnermeister Bernhard Erndt, schmückte sie 1896 mit Dekorationen aus bunter Keramik. Die verflieste Hauseinfahrt zeigt Reliefs des hl. Franziskus und der Madonna. Der Hoftrakt der einstigen "Thonöfenfabrik" ist durch einen modernen Zubau ersetzt, der Wohnungen mit Terrassen enthält.

Die Nachbarhäuser Pramergasse 25 a / Rögergasse 1 sowie RÖGERGASSE 1a und 1b gehörten gleichfalls zum Erndt’schen Imperium. Ihre Fassaden und Einfahrten der Rögergasse sind neoromanisch und -gotisch gestaltet. Sie erinnern ein wenig an die Burgenarchitektur des Historismus. Die Benennung der parallel zur Rossauer Lände verlaufenden Rögergasse erfolgte nach dem Bäckermeister Paul Röger, der sich als Grundrichter der Rossau in Krieg und Frieden bewährte. Zur Zeit der Napoleonischen Kriege 1809 versteckte er eine Kanone vor den Franzosen, und bei der Überschwemmungs-Katastrophe anno 1830 rettete er unter Lebensgefahr zahlreiche seiner Mitbürger.

RÖGERGASSE 6-8 steht das erste Volkswohnhaus des 9. Bezirks. Die gemeinnützige Baugesellschaft "Grundstein" errichtete es 1923/24 nach Plänen von Karl Krist, der mehrere kommunale Wohnbauten der Ersten Republik entwarf. Die dreisprachige Festschrift zur Eröffnung bezeichnet es stolz als "sympathische(n) Bau mit echt Wienerischer Prägung". Ein straßenseitiger Ehrenhof nach barockem Vorbild, bildet die Mitte des Gebäudes, das 42 Wohnungen besitzt.

Foto: Doris Wolf, 2010; Rögergasse 5 / Seegasse 26

RÖGERGASSE 5 / SEEGASSE 26 liegt in einer flachen Senke eines der größten Häuser der Vorstadt, erbaut 1808. Es ist eine Art Verkehrshindernis, das die Rögergasse stark verschmälert. Bis 1906 wurde die Seegasse rechtwinkelig herumgeführt, und auch dieser Teil der Rögergasse hieß Seegasse. Mit mehr als 2.000 m² diente das "Ungetüm" als Wohn- und Fabriksgebäude. Unter anderem wurden Papiertapeten erzeugt, im Hof werkte einer der in der Rossau zahlreichen Wagenlackierer. In den letzten Jahren wirkte das Haus sehr herabgekommen. 2001 setzte sich eine Bürgerinitiative für seine Erhaltung ein. Eine Immobiliengesellschaft renovierte, allerdings um den Preis der Verbauung des Hofes und dem Umbau der Einfahrt für Garagen, wobei eine Reliefdarstellung der hl. Familie verschwand.

Im nächsten Häuserblock, Seegasse 28 bis 32 versperrte seit 1684 das nach seinen Besitzern - Pierron du Meny und den Erben von Lafontaine - so genannte Franzosenhaus die Zufahrt zur Rossauer Lände. In Alt-Wien kursierte noch eine andere Überlieferung: Zur Zeit der napoleonischen Kriege schwemmten Mädchen von einem Boot aus Wäsche in der Donau. Französische Soldaten wollten sich ihnen nähern und betraten das Brett, das die Verbindung zum Ufer herstellte. Doch die Wäscherinnen zogen blitzschnell den Steg ein und die ungebetenen Besucher fielen ins Wasser. In der Hauseinfahrt befand sich ein gotisches Marmorrelief des hl. Hieronymus, das nach dem Abbruch des Hauses 1890 in die Burg Liechtenstein bei Mödling gekommen sein soll. Dann wurde auch die Seegasse verlängert.

SEEGASSE 30 erinnert eine Gedenktafel an den Ethiker und Sozialwissenschaftler Johannes Messner, der hier lebte. Der Vertreter der christlichen Soziallehre studierte Theologie und Rechtswissenschaft. Als Universitätsprofessor verfasste er zahlreiche philosophische und sozialkritische Werke. Obwohl er Priester war, lehnte Messner den Ständestaat ab.

Die Seegasse, die zuvor Judengasse geheißen hatte, bildete lange Zeit die äußere Verbauungsgrenze der Rossau. Sie erhielt ihren Namen nach dem Haus Seegasse 23 "Zum See", das gleichfalls der zuvor genannten französischen Familie gehörte. Im "Seehaus" wurde Georg Hellmesberger, der Stammvater einer Musiker-Dynastie geboren. Als Gründungsmitglied der Wiener Philharmoniker war er deren erster Kapellmeister.

Foto: Doris Wolf, 2010; Seegasse 9-11
Foto: Doris Wolf, 2010; Jüdischer Friedhof, Seegasse 9-11

SEEGASSE 9-11 entstand 1979 -1982 mit finanzieller Unterstützung der Stadt Wien das Haus Rossau des Kuratoriums Wiener Pensionisten-Wohnhäuser. Nah dem Umbau in den 2020er Jahren umfasst es 118 Wohnungen, 108 Pflegeplätze und 1700 m2 Freiflächen.

Hinter dem Pensionistenheim liegt der älteste jüdische Friedhof Wiens, der im Besitz der Israelitischen Kultusgemeinde und unter Denkmalschutz steht. Als die Juden 1421 nach einer Vertreibung zurückkehrten, legten sie diesen Friedhof an, über den es um 1900 hieß, dass er "völlig im Grünen an einem aus der Inselzeit des Oberen Werd stammenden Teiche lag." Nach jüngsten Forschungen datiert das älteste Grab aus 1582, das jüngste aus 1783. Die meisten Grabstellen stammen aus der Zeit der zweiten jüdischen Gemeinde Wiens (1624-1670). Sie bewahrte den Friedhof vor der drohenden Auflösung, indem sie ihn der Stadt Wien im Namen der Brüder Isak und Israel Fränkel um 4.000 Gulden ablöste. Wenig später ging er an den Kriegskommissär und Hofbankier Samuel Oppenheimer über, der anschließend ein Armen- und Krankenhaus bauen ließ. 1873 erfolgte ein, bis 1907 vergrößerter, Neubau. 1943 kam es zur "Requirierung" dieses Gebäudes durch die SS, der Friedhof sollte geschleift werden. Doch gelang es, die meisten Grabsteine wegzubringen und auf dem Zentralfriedhof bei Tor IV zu verstecken.

Nachdem man sie in den 1980er- Jahren wieder entdeckt hatte, wurden etwa 250 Steine zurückgebracht und 1981-1984 aufgestellt. Markant sind das rekonstruierte Monument des ungarischen Landesrabbiners und Wiener Hoffaktors Samuel Wertheimer, der mit einem Krebsen gezierte Stein seiner Schwiegertochter Lea Oppenheimer, der Grabstein des Prager Rabbiners Scheftel Horowitz und eine Fisch-Skulptur. Der "sprechende Fisch" war wohl Teil eines Brunnens. Eine Sage erzählt, dass eine Hausfrau ein Fischgericht vorbereitete. Als sie den Fisch tötete, soll er das Glaubensbekenntnis ("Schemah Israel") ausgerufen haben, das gläubige Juden in höchster Not sprechen. Die Frau wollte den Fisch nicht mehr kochen, und er wurde auf Rat des Rabbiners hier begraben.

Foto: Doris Wolf, 2010; Seegasse 16

Gegenüber, SEEGASSE 16-16a, erbaute man 1910 das Evangelische Vereinshaus als Kombination von Miethaus, Vereinslokalitäten und Schule (Industrieschule für mittellose Mädchen des Mädchen-Unterstützungsvereins). Das denkmalgeschützte Objekt ist ein Werk des Architekten Ludwig Schmidl, eines Schülers von Heinrich Ferstel. Fassade, Vestibül und Stiegenhaus, die sich an der Ästhetik des Secessionismus und der Wiener Werkstätte orientieren, zeichnen sich durch große Eleganz aus. Die Messiaskapelle wurde 1993 neu gestaltet. Die Geschichte des Hauses ist untrennbar mit der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Wien und mit dem Wirken der Schwedischen Israelsmission verbunden. 1920 kamen die ersten Missionsschwestern nach Wien, um Juden zum Christentum zu bekehren. 1938-1941 diente das Haus als Auswanderungsbüro, Wohnungsamt, Hilfswerk und Zufluchtsstätte. Eine der letzten Mitarbeiterinnen war Schwester Anna-Lena Peterson. Sie kehrte 1946 im Auftrag der schwedischen Hilfsorganisation "Rädda Barnen" nach Wien zurück, der die Israelsmission ihr Haus in der Seegasse zur Verfügung gestellt hatte. 1969 erhielt Peterson das Silberne Verdienstzeichen der Republik Österreich. Die "Schwedische Mission Stockholm, Missionsstation Wien" verhalf mehr als 3.000 Juden zur Ausreise aus Österreich und rettete ihnen damit das Leben. Die Schwedische Mission beendete 1974 ihr Wirken in Wien, die evangelische Pfarrgemeinde A.B. Wien-Innere Stadt übernahm das Haus mit der Messiaskapelle.

Auf katholischer Seite bemühten sich die "Beratungsstelle für katholische Auswanderer" und die Hilfsstelle der Caritas, auswanderungswilligen Juden durch die Besorgung von Visa zu helfen. Als 1940 die "Erzbischöfliche Hilfsstelle für nichtarische Katholiken" eingerichtet wurde, leitete Schwester Verena Buben erfolgreich den Mitarbeiterinnenkreis. Ab 1949 arbeitete sie im Hauptgebäude der Caritas Socialis (CS), Pramergasse 7-9. Ein neu geschaffener Durchgang, der dieses mit der Seegasse verbindet, wurde Verena-Buben-Weg benannt.

Foto: Doris Wolf, 2010; CS, Pramergasse 9

PRAMERGASSE 9 stand ein Barockschlösschen mit hohem Mansardendach und Arkadenhof. 1746 bis 1778 befand sich das so genannte Pramerschlössel im Besitz Johann Adam Fürst Schwarzenbergs, später von Stadtlohnkutschern, daher nannte man es auch Fiakerhaus. An seiner Stelle entstand 1905 ein Neubau, aus dem sich im Lauf eines Jahrhunderts das CS Pflege- und Sozialzentrum Pramergasse (Pramergasse 7 bis 11) entwickelt hat. Es bietet spezialisierte stunden-, tageweise oder Rund-um-die-Uhr-Pflege- und Betreuungsangebote für chronisch kranke und alte Menschen. Das CS Pflegezentrum umfasst folgende Einrichtungen: CS Betreuung zu Hause, CS Langzeitpflege, CS Alzheimer Langzeitpflege, CS Tageszentrum für SeniorInnen, CS Alzheimer Tageszentrum, Wohnen bei der CS und einen offenen Mittagstisch.

Die Gründerin der Caritas Socialis, die Politikerin Hildegard Burjan, setzte sich gegen Kinderarbeit und für die Rechte der Frauen ein. 1912 etablierte sie den "Verein christlicher Heimarbeiterinnen" und fasste 1918 im Verein "Soziale Hilfe" alle katholischen Arbeiterinnenverbände zusammen. Ein Jahr später gründete sie die apostolische Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis (CS) in der Pramergasse. Hildegard Burjan, deren Leichnam seit 2005 in der Hauskapelle ruht und an die eine Gedenktafel erinnert, wurde 2012 selig gesprochen.

Foto: Doris Wolf, 2010; Pramergasse 8-10
Foto: Doris Wolf, 2010; Pramergasse 6

1884/85 baute Alois Sallatmeyer PRAMERGASSE 8-10 den Lohner-Hof im historistischen Stil der italienischen Renaissance, die als Neue Wiener Renaissance populär wurde. Gerne betonte der Stadtbaumeister die palaisartigen Fassaden großbürgerlicher Zinshäuser durch auffallende Portale. Beim fünfgeschoßigen Lohner-Hof, in dessen Hoftrakt sich eine Reitschule befand, wählte er ein hohes Rundbogenportal, wobei im Keilstein eine Porträtbüste (wahrscheinlich des Bauherrn Franz Lohner) und im Bogenfeld ein Pferdekopfrelief angebracht sind.

Das für einen k. u. k. Oberst 1895 errichtete Haus PRAMERGASSE 6 wurde im Volksmund "das kleine Kriegsministerium" genannt. Es besitzt ähnlich dem großen einstigen der k.u.k. Monarchie (Regierungsgebäude, Wien 1, Stubenring 1), martialischen Fassadenschmuck wie Soldatenbüsten und Waffenkartuschen. Das Stiegenhaus zieren Butzenscheiben mit Bildern berühmter Heerführer, wie Joseph Wenzel Fürst Liechtenstein, Kaiser Maximilian I. und Erzherzog Wilhelm. Architekt war Ludwig Richter, der bei Heinrich Ferstel und Theophil Hansen studiert hatte. Auch das Haus der Gesellschaft der Ärzte (Frankgasse 8), mehrere Zinshäuser in der Rossau (Rossauer Lände 33, Ensemble Schulz-Straßnitzky-Gasse) und der Zubau zum Sanatorium Loew (Mariannengasse 18-20) stammen von ihm.

Die Pramergasse beginnt bei der Porzellangasse, die ihren Namen der Fabrik verdankt. 1709 war es dem Apothekengehilfen Friedrich Böttger erstmals in Europa gelungen, Porzellan herzustellen, ein Jahr später wurde die Königliche Porzellanmanufaktur Meissen in Sachsen (Deutschland) gegründet. In Wien entstand 1718 die zweitälteste Porzellanmanufaktur Europas - mit aus Meissen abgeworbenen Facharbeitern. Ihr Begründer war der k. k. Hofkriegsagent Claudius Innozenz du Paquier, der am 27. Mai 1718 von Kaiser Karl VI. ein 20-jähriges Privileg erhielt, das ihm ein alleiniges Recht der Porzellanfertigung im Habsburgerreich einräumte. Die Produktion (Liechtensteinstraße 43) kam nur langsam in Schwung. Einige Mitarbeiter, denen gegenüber er seine finanziellen Versprechungen nicht einhalten konnte, verließen ihn, nachdem sie Modelle und Materialien zerstört hatten. Der Neustart war 1721 mit einer Übersiedlung verbunden (Porzellangasse 55 / Julius-Tandler-Platz 8-10). Im Haus der Gräfin Kuefstein-Breuner beschäftigte du Paquier nun 20 Arbeiter und betrieb zwei Brennöfen. 1744 wurde die Manufaktur verstaatlicht. Unter der Direktion Konrad Sörgels von Sorgenthal erreichte Wiener Porzellan ab 1784 Weltgeltung. Wertvolle Service waren vergoldet, mit Städte- und Landschaftsansichten bemalt, auch Blumenstillleben und Tafelbilder auf Porzellan erlangten Bedeutung. Zu den Malern, die für die Manufaktur tätig waren, zählten bekannte Künstler wie Anton Kothgasser und Josef Nigg. 1864 musste die Fabrik schließen, da sie der Konkurrenz billigerer böhmischer Porzellane und des Steinguts nicht gewachsen war. Sie wurde erst 1923 im Augartenpalais, Wien 2, neu eröffnet. Seit 2011 befindet sich dort auch das äußerst sehenswerte Porzellanmuseum. Markenzeichen der Manufaktur ist der Bindenschild, fälschlich als Bienenkorb bezeichnet.

Die Porzellangasse nannte sich in den 1980er- Jahren selbstbewusst "Broadway des Alsergrunds", weil dort mehrere Privattheater eröffneten: Porzellangasse 8 / Müllnergasse 2 war um 1908 als "Kino Modern", dann als "Freies Kino" und bis 1976 als "Roßauer Kino" bekannt. 1980 bis 2012 bespielte das International Theatre Vienna den Saal. Seit 2016 dort das "Bronski und Grünberg Theater" als "Erlesener Progressiv Bulevard" aktiv. Porzellangasse 19 eröffnete 1978 das Schauspielhaus. Es versteht sich als Theater des Zeitgenössischen, Schauplatz gegenwärtiger literarischer Unternehmungen und Autorentheater im klassischen Sinn. Zuvor befand sich im Kellergeschoß des Hauses ein Varieté, 1913-1975 das Heimat-Kino. Porzellangasse 49 bringt das Kabinetttheater im Hof "bewegte Sachen", exzellente Puppenspiele. Der Raum vereint Werkstatt, Theater, Zuschauerraum und Wohnung. Porzellangasse 50 / Glasergasse 2 wurde 1979 das Theater Center Forum eröffnet, das in drei Sälen Komödie, Kabarett und Kritisches bietet. Im Vorgängerbau Porzellangasse 50 hatte sich 1792 im Haus "Zum wilden Mann" ein von Franz Jakob Scherzer gegründetes Theater ertabliert. Es spielte Dramen, Melodramen, ebenso wie Schau-, Lust- und Singspiele. Auch ein Ballett unterhielt die Besucher. Die Eintrittspreise waren gestaffelt: Man zahlte für eine Loge zwei Gulden, für einen Sitz im Parterre nobile 24 Kreuzer, im Parterre 14 Kreuzer, auf der ersten Galerie 20 Kreuzer und auf der zweiten nur sieben Kreuzer. Doch schon nach einem Jahr wurde die gesamte Einrichtung versteigert und der Prinzipal zog mit seiner Wandertruppe weiter.

Foto: Doris Wolf, 2010; Porzellangasse 39-43

Gegenüber der Abzweigung der Pramergasse ist PORZELLANGASSE 39-43 der Straßenhof aus den Jahren 1912/13 nicht zu übersehen. Er ist (wie auch Porzellangasse 9) ein Werk des Architekten Hugo Manhardt (eigentlich Mandeltort). Er baute im Mischstil aus barocken und secessionistischen Schmuckelementen. Bei - wie hier - großen, aus mehreren Parzellen bestehenden Baukomplexen wählte er die Form des Straßenhofes, bei dem zwischen symmetrischen Seitentrakten ein von der Straßenflucht zurückweichender Bauteil steht. Dadurch bildet sich ein sackgassenförmiger Hof, dessen historisches Vorbild die Palastfront mit Ehrenhof ist. Ein weiterer Vorteil waren längere Fensterfronten an der von den Mietern bevorzugten Straßenseite. Die Entrées sind mit Marmor verkleidet, die Stiegenhäuser besitzen farbige Glasfenster. Der Straßenhof steht an der Stelle des stattlichen Einkehrwirtshauses "Zum goldenen Schiff". Porzellangasse 41 wohnte zwölf Jahre lang Franz Zülow, eine herausragende Künstlerpersönlichkeit des Jugendstils und Expressionismus. Er arbeitete für die Wiener Werkstätte, entwickelte eine Papierschnitt-Schablonendrucktechnik, schuf Ölbilder, farbenfrohe Holz- und Linolschnitte, Stoff- und Tapetenentwürfe und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet. Auch Ernst Fuchs, ein Hauptvertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus, lebte zeitweilig hier.

Foto: Doris Wolf, 2010; Porzellangasse 44-46 / Seegasse 1

Zwei Jahrzehnte älter als der Straßenhof ist das Eckhaus PORZELLANGASSE 44-46 / SEEGASSE 1, zu dem auch das Nachbarhaus Nr. 48 gehörte. Der "Konopatsch-Hof" war 1891/92 das erste Großprojekt der Baufirma von Oswald Luckeneder und Cajetan Miserowsky, einer der florierendsten ihrer Branche. Der Miethauskomplex zeigt zum Teil noch die neobarocken Formen mit üppigem Dekor und die durch Türme und Kuppeln akzentuierte Dachlandschaft. Die großen Wohnungen sollten eine finanzkräftige Klientel ansprechen. Miserowksy bekleidete zahlreiche öffentliche Ämter, war ein bekannter Fachmann und Träger von Auszeichnungen. Er und seine Bauten erlangten literarische Ehren in Heimito von Doderers "Strudlhofstiege".

PORZELLANGASSE 37 erinnert eine Gedenktafel an den Mathematiker und Schriftsteller Leo Perutz. Sein größter Erfolg war 1928 "Wohin rollst du, Äpfelchen?". Nachdem er die Jahre 1938 bis 1945 in Tel Aviv gelebt hatte, kam er wiederholt nach Österreich zurück.

Foto: Doris Wolf, 2010; Porzellangasse 36

Weiter gegen die Innere Stadt zu liegt PORZELLANGASSE 36, ein gut ausgestattetes Haus im Stil der Secession aus 1907. Sein Dachaufbau ist mit metallischen Pollern gekrönt, ein sechsachsiger Balkon verbindet die Ecken mit ihren in Wien seltenen Bay-Windows. Durch das marmorne Stufenportal gelangt man in das gleichfalls mit Marmor verkleidete Entree. Das Haus ist (wie Währinger Gürtel 88) ein Werk von Alexander Neumann, der als Atelierchef der Theaterarchitekten Helmer & Fellner tätig war, aber auch - gerade bei diesem Bau - gestalterische Tendenzen Otto Wagners übernahm. Durch gediegene Formgebung und großzügige Wohnungen entsprach er den Ansprüchen des gehobenen Bürgertums. Neumann war auch bei der Planung repräsentativer Bank- und Versicherungsbauten tätig (z.B. "Anker" am Hohen Markt, Bankverein Schottengasse oder Creditanstalt Renngasse). 2016-2019 fand eine umfangreiche Sanierung statt. In einem ersten Schritt wurden vier Wohnungen renoviert. Dabei legten P.GOOD Architekten besonderes Augenmerk auf eine sanfte Sanierung unter den Gesichtspunkten des Denkmalschutzes. Unter anderem kam die alte Handwerkskunst des Maserierens wieder zum Einsatz. In weitere Folge wurde eine Erneuerung der Fassade mit teilweiser Rückführung auf Originalgestalt und Materialien durchgeführt, die Fenster mit Leinölfarbe in der historischen Technik gestrichen. Im Hoftraktes entstanden zwei hochwertige Dachgeschoßwohnungen mit Terrassen.

Das Nachbarhaus PORZELLANGASSE 34 stammt aus 1861. Hier wohnte der akademische Maler Leopold Christian Pfeffer, der 1984/85 nach Beratung durch den Verfasser das Vestibül mit acht Mosaiken schmückte, die charakteristische Gebäude des Alsergrundes zeigen: Die Johanneskapelle, Währinger Straße 45 - Gasthaus zum Goldenen Anker, Liechtensteinstraße 133 - Fiakerhaus, Pramergasse 9 - Althanpalais, Julius-Tandler-Platz 3 - Palais Prenner, Währinger Straße 13 - Wäscherburg, Sechsschimmelgasse 16 - Liechtenstein'sches Belvedere, Alserbachstraße 14 - Haus "Zum goldenen Engel", Badgasse 1.

PORZELLANGASSE 30 / GRÜNENTORGASSE 1 ist das 1854 erbaute Haus als "Porzellaneum" bekannt. Das älteste Studentenheim Wiens wurde 1874 durch Erzherzog Rainer gegründet. Ein- und Zweibettzimmer in vier Stockwerken bieten 174 Studierenden Platz. Prominentester Bewohner war der spätere Bundespräsident Rudolf Kirchschläger.

Porzellangasse 28, 30 und Grünentorgasse 21 hatte der Stadtlohnkutscher Joseph Janschky, der größte Fuhrwerksunternehmer des biedermeierlichen Wien, seine Remisen, für 40 Kutschen.

Foto: Doris Wolf, 2010; Porzellangasse 33-33a / Fürstengasse 2-4 / Liechtensteinstraße 46-46a
Foto: Doris Wolf, 2010; Fürstengasse

PORZELLANGASSE 33-33a / FÜRSTENGASSE 2-4 / LIECHTENSTEINSTRASSE 46-46a steht auf dem einstigen Fürst Liechtenstein'schen Platzel mit seinem Pomeranzenhaus ein fünfgeschoßiger Gebäudekomplex. Eine Brücke verbindet die Trakte über den Straßenhof. 1907 begann der Bau, der noch vor seiner Fertigstellung vom Staat angekauft und als k. u. k. Ministerium für öffentliche Arbeiten adaptiert wurde. Von seinem Verwendungszweck als ärarisches Gebäude künden die Monogramme des Kaisers Franz Joseph. Als prominentes Wohngebäude der Republik, mit Ateliers im Dachgeschoß, beherbergte es später zahlreiche Künstler. Eine Gedenktafel erinnert an Werner Krauss, Kammerschauspieler, Ehrenmitglied des Burgtheaters, der 1954 den Iffland-Ring erhielt. Die akademischen Maler Carl Unger und Ferdinand Karl Gold schufen hier zahlreiche Werke. Unger war ein Wegbereiter der modernen Kunst und entwickelte sich vom Expressionisten zum Abstrakten. Ein Schwerpunkt lag in seiner Glas- und Intarsienkunst. Gold wurde zunächst durch großformatige Radierungen, später als Tiermaler bekannt.

Nördlich begrenzt die Fürstengasse den Häuserblock. Sie ist seit 1862 nach dem Fürstengeschlecht Liechtenstein benannt. Zuvor hieß sie Färbergasse, da sich das Färberhaus der Leinweber- und Tüchelmacherzunft an der Ecke zur Porzellangasse 35 befand. Dort war auch ein Kinderhort, das Vinzentinum, untergebracht, den Schwestern vom Armen Kinde Jesu führten. Als Andachtsstätte diente ihnen die ehemals Liechtenstein'sche Schlosskapelle, in deren stilvollem Ambiente sich nun die Praxis eines Augenarztes befindet. Die ersten Schwestern der 1844 von Clara Fey in Aachen gegründeten Kongregation kamen 1857 nach Wien. Nach drei Jahren übersiedelten sie in ihr neues Haus "Maria Regina" in Döbling, wo sie noch heute ein Schulzentrum betreiben.

Nostalgisch wirkt eine Straßenlampe in der Fürstengasse, auf der ein Schild kündet, dass sie 1974 als 200.000 installiert wurde.

FÜRSTENGASSE 1 begrenzt ein eiserner Zaun den fürstlich Liechtenstein'schen Besitz. Er wehrt jeden Eindringling zwar ab, gestattet jedoch den Ein- und Ausblick auf Garten und Palais. War das Haupttor verschlossen, so wurde dem interessierten Besucher der Bildergalerie ein Ausfallstürchen im lanzenbewehrten Zaun geöffnet. Johann I. Fürst Liechtenstein hatte 1807 seine Galerie dem Publikum zugänglich gemacht.

Foto: Doris Wolf, 2010; Palais Liechtenstein, Fürstengasse 1

Durch das Haupttor, das einem Triumphbogen gleicht, und von Joseph Kornhäusel mehr als 100 Jahre nach Fertigstellung des Palais errichtet wurde, betritt man den fürstlichen Besitz, eingestimmt durch die beidseitigen Inschriften darauf: "Der Natur und ihren Verehrern" und "Die Kunst den Künstlern. IOH. Fürst von Liechtenstein". Nun begab es sich, dass ein flüchtiger Leser die in Versalien der Antiquaschrift angebrachten Widmungen nicht genau gelesen und seinen Irrtum tausendfach in die Welt gesetzt hat. Er machte aus dem IOH. (Johann) ein ICH, wodurch aus dem aufgeklärten und kunstsinnigen Fürsten ein absolut regierender Herrscher wurde. Es war der Schriftsteller und Regisseur Ernst Lothar (eigentlich Ernst Lothar Müller). Er schrieb 1943 in Amerika die österreichische Familiensaga "Der Engel mit der Posaune", die 1948 mit Paula Wessely und Attila Hörbiger verfilmt, einer der größten Publikumserfolge der Nachkriegsjahre wurde.

Der Ehrenhof, nun wieder nach alten Vorlagen gekiest, diente als Versammlungsort bei Jagden, zur Vorfahrt adeliger Kutschen ebenso wie den zahlreichen Gärtnern bei der Pflege exotischer Pflanzen. Die den Ehrenhof beiderseits abschließenden, halbrunden Seitentrakte sind auf der Attika mit lebensgroßen Figuren des Bildhauers Giovanni Giuliani geschmückt. Vom Zahn der Zeit angenagt, wurden sie 1962-1971 durch Kopien ersetzt. Für den Park und die Nebengebäude offerierte der Bildhauer 39 Einzelstatuen und acht Doppelfigurengruppen, zwischen denen 22 Vasen stehen sollten. Die antike Götterversammlung zeigt auch allegorische Gestalten des Wassers und Feuers sowie sechs Doppelgruppen, darunter der Erdteile Europa und Asien an den Gebäudeecken. Nachdem Johann Adam Fürst Liechtenstein einen Entwurf J. B. Fischer von Erlachs als zu wenig repräsentativ abgelehnt hatte, wurde der Prachtbau 1691-1711 nach Plänen von Domenico Egidio Rossi und Domenico Martinelli errichtet. Dieser folgte der italienischen Tradition innerstädtischer Palastarchitektur. Für ein vorstädtisches Gartenpalais ist der Entwurf höchst ungewöhnlich. Das fürstliche Landschloss mit seiner strengen Gliederung der 13 Fensterachsen ist dreigeschoßig, 75 m lang und 40 m breit. Innen wurde eine aufwändige Raumfolge etabliert: Auf ein Vestibül folgen zwei große Treppenhäuser mit Stufen aus rotem Salzburger Marmor, die zum Herkules-Saal und der anschließenden Galerie führen. Kaiser Franz I. soll 70.000 Gulden für die Prachtstiege geboten haben. Die im Marmor eingeschlossenen Ammoniten sind Relikte aus der Juraformation vor 195 Millionen Jahren. Im Zuge der Restaurierungsarbeiten wurden in den Stiegenhäusern die ursprünglichen Fresken von Johann Michael Rottmayr entdeckt und bis 2006 wieder hergestellt. Das Deckenfresko im östlichen Stiegenhaus zeigt auf einer Fläche von etwa 220 Quadratmetern den klassischen Götterhimmel, im westlichen ist der Kampf der Giganten und Götter dargestellt.

Foto: Doris Wolf, 2010; Palais Liechtenstein, Fürstengasse 1

Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen brachten einschneidende Änderungen für das Palais. Die fürstliche Familie verlagerte 1938 ihren Wohnsitz nach Vaduz (Liechtenstein), auch die Sammlungen wurden dorthin verbracht. Franz Josef II. Fürst Liechtenstein hatte 1945 vor dem Abtransport seiner Kunstschätze versprochen, diese zurück zu bringen, wenn in Österreich wieder normale Verhältnisse herrschten. War schon das "Einsammeln" der in Niederösterreich und dem Burgenland verlagerten Objekte vor den Augen der russischen Besatzungsmacht eine nicht ungefährliche Aktion, so war der Transport per Bahn und LKW nicht weniger schwierig. Die schweizerische Bundesbahn stellte dafür Tiefladewaggons zur Verfügung, doch das Problem lag in der Passierbarkeit des Arlbergtunnels. Zu einem streng geheim gehaltenen Zeitpunkt dampfte dann der Zug mit seiner kostbaren Fracht vom Wiener Westbahnhof ab. Damit war Wien als Standort der Sammlungen des regierenden Fürstenhauses aufgegeben, und für das Palais mussten neue Nutzungen gefunden werden. 1957 wurde in Palais und Park das Österreichische Bauzentrum eröffnet, wichtig zur Zeit des Wiederaufbaus. Nun standen im Garten Fertigteilhäuser zur Besichtigung und im Herkules-Saal sahen von dem herrlichen Barockgemälde Andrea Pozzos die Götter auf Sanitäres herab. Nach mehr als 20-jähriger Tätigkeit hatte das Informationszentrum seinen Zweck erfüllt. Nach entsprechenden Veränderungen wurde 1979 im Gartenpalais das "museum moderner kunst" eröffnet, dem das 20er-Haus, der Weltausstellungspavillon von 1958, zu klein geworden war. Es blieb bis 1999 und übersiedelte 2001 in sein neues Haus im MuseumsQuartier.

Zur Jahrtausendwende war es möglich, an eine Rückkehr der Gemäldegalerie nach Wien zu denken. Die Konsolidierung der finanziellen Lage des Fürstenhauses war so weit gediehen, dass es 11 Mio. Euro für die Restaurierungsarbeiten, technische Aufrüstung und Verbesserung der Infrastruktur des Palais investieren konnte. Mit der Eröffnung des Liechtenstein Museums am 29. März 2004 ist ein Teil der Kunstschätze der Fürstlichen Sammlungen in das Wiener Gartenpalais zurückgekehrt, wo sie schon zuvor als schönste Privatsammlung der Welt zugänglich gewesen waren. Um den Herkules-Saal in der Beletage sind weitere sieben Galeriesäle mit 170 Hauptwerken aus allen Kunstperioden gruppiert: Religiöse Kunst der Gotik und Renaissance in Italien; Portraits der Spätgotik und Renaissance; Werke von Peter Paul Rubens, Adrian De Fries und Masimiliano Soldani Benzi; Die flämische Malerei; Bilder von Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck. Die Kunstkammer enthält das Badminton Cabinet, einen Kabinettschrank, der wegen seiner Intarsien aus Schmucksteinen (Commessi di pietre dure) und Dekor mit vergoldeten Bronzen als das bedeutendste Werk dekorativer Kunst aus den letzten 300 Jahren gilt. Dazu kommen die Sala terrena mit dem berühmten Goldenen Wagen aus 1738 und die neu aufgestellte, 100.000 Bände umfassende Bibliothek. Hoffte man bei der Wiedereröffnung des Liechtensteinmuseums als "Ort barocker Lebenslust" auf 300.000 Besucher im Jahr, so blieb deren Zahl mit 45.000 weit unter den Erwartungen. Fürst Hans-Adam II. Liechtenstein entschied daher, den Museumsbetrieb im Jänner 2012 einzustellen. Es sollten nur noch Veranstaltungen und gebuchte Führungen durch die Fürstlichen Sammlungen stattfinden.

Foto: Doris Wolf, 2010; Liechtensteinpark

Der ca. 60.000 m² große Liechtensteinpark war neben dem Belvedere-Garten der bedeutendste Repräsentant barocker Gartenkunst in Wien. Mit den Skulpturen Giovanni Giulianis und vielfältigen formalen Bepflanzungen bildete er einen eigenen Kosmos. Im 19. Jahrhundert wurde er in einen englischen Landschaftsgarten umgestaltet. Mit seinen Baumriesen bildete er für die Bewohner des Alsergrundes, und vorallem für die Jugend, auch im 20. Jahrhundert eine Stadtoase. Geheimnisumwittert führten die Brezelwege in sein Inneres, bis an die Grenze des Paradieses, jenen Teil, den der Fürst für sich selbst reserviert hatte. Im Schatten der Bäume ließ es sich gut spielen und im Herbst fielen die Kastanien ab, von denen Friedrich Torberg sagte, nirgends auf der Welt gäbe es schönere. Der feudale Eindruck des Parks zeigte sich auch in der Aufstellung von mietbaren eisernen Klappstühlen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Palais zunächst von Sowjets besetzt, die ihr Schlachtvieh im Park weiden ließen. Als der Alsergrund zur amerikanischen Besatzungszone gehörte, verstanden es die aus den Liechtenstein’schen Besitzungen in Feldsberg (Valtice, CR) und Eisgrub (Lednice, CR) vertriebenen Gärtner aus der dortigen höheren Lehranstalt - wie einst die Rossauer Kuchelgärtner - frisches Gemüse zu "zaubern", das in jenen Tagen eine wahr- und nahrhafte Rarität darstellte. 1984 stellte die Bezirksvertretung den Antrag an die Gemeinde Wien, einen ca. 6.800 m² großen Teil des Parks als Kinderspielplatz zu erwerben. 1987 wurde das Areal von der Liechtenstein'schen Liegenschaftsverwaltung gepachtet. Ein neuer Zugang in der Mauer des Parks entlang der Liechtensteinstraße ermöglicht das direkte Betreten des Spielbereichs, der um 4,5 Mio. Schilling errichtet wurde.

Foto: Doris Wolf, 2010; Neues Palais Liechtenstein, Alserbachstraße 14

Mit der Generalrenovierung des Palais erfolgte auch die Veränderung des Parks. Die Neugestaltung erinnert sowohl an den barocken Garten, als auch an den Landschaftsgarten des 19. Jahrhunderts. An das Palais schließt ein barockes Blumenparterre an, das in einen englischen Garten übergeht. Mit der Neugestaltung und der Einbeziehung des bisher privaten Bereichs wurde der Park nicht nur vergrößert, sondern auch durch Denkmäler verschönt. Das Denkmal des Raffael (manchmal als "Dante" bezeichnet) von Ernst Rudolf Hähnel wanderte von der Vorderseite des Palais an seine Rückseite und der bisher private Nereidenbrunnen von Franz Anton Zauner kann nun aus der Nähe betrachtet werden. Eine Blickachse führt zum sogenannten Neuen Palais in der Alserbachstraße 14. Dieses wurde als fürstlicher Witwensitz 1873-75 durch Heinrich Ferstel an Stelle eines Belvederes von J. B. Fischer von Erlach erbaut. Der Neubau zitiert die Idee des urprüngliche Baus mit seiner triumphbogenartigen Gestaltung. Hier gibt es einen Durchgang zur Alserbachstraße, doch wir ziehen es vor, durch den stillen Park zurück zu wandern.

Die Grünentorgasse verbindet die Porzellangasse als Hauptstraße der Rossau mit der Rossauer Lände. Ihren Namen hat die Gasse nach dem Haus Nr. 9, dessen Besitzer als Hausschild das Bild eines großen grünen Tors anbringen ließ. Der schmale Teil zwischen Serviten- und Hahngasse hieß bis zur gesamten Namensbezeichnung 1862 Kirchengasse. Die Nordseite der Servitenkirche bildet einen Blickpunkt.

GRÜNENTORGASSE 7 steht der jüngste Wohnbau der Gasse, der Josef-Schober-Hof. Die 1987-89 errichtete Wohnhausanlage der Gemeinde Wien besitzt 36 Wohnungen. Josef Schober war 1919-1934 Bezirksvorsteher des Alsergrundes. Der beliebte Politiker war Eisenbahner von Beruf und verstand es, auch im politischen Leben die Weichen richtig zu stellen und so Zusammenstöße zu vermeiden. Eine Gedenktafel erinnert an ihn. Lange vor ihm hatte ein Wiener Kurzzeitbürgermeister, Johann Franz Purk, 1730 das hier bestandene Haus "Zum roten Tor" besessen. In dem burgartigen Bau logierte die "Armenschule" unter menschenunwürdigen Bedingungen.

Grünentorgasse 9 war das für die Gasse namensgebende Schild angebracht. Das Haus war schon 1648, zwei Jahre nach dem des Johann Thury in der Liechtensteinstraße 79, gebaut worden. 1817 kaufte die Gemeinde Rossau das bisherige Gasthaus "Zum grünen Tor" und errichtete auf dem Grundstück ihr Amtshaus. Es besaß außer der Kanzlei eine Wohnung für den Ortspolizisten, den Grundwächter, samt zwei Zellen für Arrestanten.

Foto: Doris Wolf, 2010; Schubertschule, Grünentorgasse 11

Daneben, GRÜNENTORGASSE 11, wurde 1816 der Grundstein zur neuen Schule in der Rossau gelegt. Zur Weihnachtszeit 1817 erhielt Franz Schubert sen. sein wohl schönstes Geschenk, ein Schreiben, das ihm die "Übersetzung" in die neue Rossauer Schule mitteilte. Nach drei vergeblichen Bewerbungen für gut dotierte Schulen hatte nun seine Hartnäckigkeit zum Erfolg geführt. Er zog am 1. Jänner 1818 mit seiner zweiten Frau und fünf Nachkommen in das neue Gebäude. Franz Schubert jun. teilte nun seinen Freunden mit: "Die Adresse mache ich in der Rossau in das Schulhaus, Grünthorgasse, in dem ich jetzt da wohne". Im Konskriptions- (Wohnungs-) bogen der Familie Schubert ist deren Sohn Franz vermerkt: "1797, Musikmeister, messet 4 Schuh, 11 Zoll, 2 Strich, schwach… laut Bescheid der Schuloberaufsicht ist vom 12. Aug. 819 ist selber als Schulgehilf in der Rossau angestellt." Schubert war mit 1,57 m für den Militärdienst zu klein. Die Brille - sein Markenzeichen - die er seit seiner Kindheit trug, hatte 3,75 Dioptrien sphärisch. Zu Beginn des Jahres 1818 schrieb der 21-Jährige vermutlich im Rossauer Schulhaus seine "kleine" C-Dur-Sinfonie zu Ende. "Das Wandern ist des Müllers Lust" galt ebenso für den "Compositeur". In elf Jahren wohnte er zumindest in 16 verschiedenen Häusern. Mit Sicherheit lassen sich seine Aufenthalte im Elternhaus bestimmen: Zunächst 1818 noch dort, später auf ein Jahr beurlaubt, verbrachte Franz Schubert Juli bis November dieses Jahres außerhalb Wiens. Er gab in Zselitz in Oberungarn (Zeliezovce, Slowakei) auf dem Esterházy'schen Landschloss den Komtessen Caroline und Marie Esterházy während einiger Sommerwochen 1818 und 1824 Musikunterricht. Franz Schubert betrachtete den Schuldienst als Fessel seines musikalischen Genies und tat alles, um dieser zu entfliehen. Dabei soll es zu Auseinandersetzungen mit dem Vater gekommen sein, der seinen sechsten Schulgehilfen im Unterricht dringend benötigte. Während der Ferien lebte Franz Schubert meist auswärts und kam später nur mehr vorübergehend in das Elternhaus zurück. So war er von Herbst 1822 bis Frühjahr 1823 Gast in der Grünentorgasse, ebenso von Oktober 1824 bis Februar 1825. Auch hatte er es zu dieser Zeit nicht mehr nötig, auf den geringen Verdienst eines Schulgehilfen angewiesen zu sein, da er, zwar bescheiden, schon vom Verkaufserlös seiner Kompositionen leben konnte.

Die jetzige, "Schubertschule" genannte, Volksschule wurde unter den Bürgermeistern Karl Lueger (1899) und Richard Weiskirchner (1914) erbaut und 1964 umgestaltet. Eine Gedenktafel an der Fassade - gestiftet 1921 vom Rossauer Männergesangsverein - sowie im Inneren ein Marmorrelief vom Bildhauer Josef Müllner und zwei Ölbilder von Hans Larwin im Foyer erinnern an den Komponisten. Die Genrebilder zeigen Schuberts Geburtshaus auf dem Himmelpfortgrund und die Schule in der Rossau mit künstlerischer Freiheit: Die Schule erhielt ihr Obergeschoß erst 1856, lange nach Schuberts Tod. Doch nicht nur in der Musik- auch in der Kriminalgeschichte wird manches von diesem Haus berichtet. 1784 geschah hier ein Mord - ein Soldat erstach bei der Hochzeitstafel seine Stiefmutter -, und beim Ausheben des Baugrundes stieß man 1815 auf Skelette, die seit vier Jahrzehnten unter einem Kastanienbaum gelegen sein sollen.

Die historistischen Wohnhäuser der Gasse sehen sich sehr ähnlich. Ober dem Haustor von GRÜNENTORGASSE 8 fallen ein rotes und ein blaues Ätzglasfenster auf, die Putten zeigen.

GRÜNENTORGASSE 12 war für seinen Tennis- und im Winter Eislaufplatz im Hof bekannt. Es war das Geburtshaus des Schnelldichters Karl Farkas, der die Realschule in der Glasergasse 25 besuchte. Als Kabarettist, Regisseur und Schauspieler war er für seinen schlagfertigen Witz bekannt. 1950 übernahm er die Leitung des "Simpl". Beliebt waren seine Doppelconférencen mit Fritz Muliar, Heinz Conrads, Maxi Böhm und Ernst Waldbrunn.

Das gleichzeitig mit der angrenzenden Synagoge erbaute Haus GRÜNENTORGASSE 13 trug von 1889 bis 1938 eine hebräische Aufschrift, die auf den Zutritt zur Synagoge durch einen Gang neben dem Haus aufmerksam machte.

Die Synagoge in der Müllnergasse 21 war ein Werk von Max Fleischer. Der Architekt hatte bei Eduard van der Nüll, Karl Rösner und Friedrich Schmidt studiert und seine Praxis bei deren Großprojekten (Altlerchenfelder Kirche, Arsenal, Rathaus) erworben. Fleischer baute sieben Synagogen (u.a. die zur Gedenkstätte umgestaltete im AKH-Campus, --> 3. Vom Neuen zum Alten AKH). Die Erschließung jener in der Müllnergasse über die Grünentorgasse 13, war darauf zurückzuführen, dass die westliche Orientierung der Müllnergasse ein Betreten aus liturgischen Gründen nicht möglich machte. Die Fassade aus Sichtziegeln mit zwei Türmen erinnerte an die neugotischen Kirchenbauten Schmidts. Im Inneren war die Deckenverkleidung auffällig, die bis zu 1,8 m in den Innenraum hineinragte und auf die tragenden Gußeisenstützen abgestimmt war. Am Neubau befindet sich eine Gedenktafel, da die Synagoge in der "Reichskristallnacht" 1938 abbrannte.

Foto: Doris Wolf, 2010; Gedenksymbol, Grünentorgasse 19b / Servitengasse 11

Unweit davon wurde 2008, in den Gehsteig an der Ecke zur Grünentorgasse 19b / Servitengasse 11 eingelassen und nachts beleuchtet, das Gedenksymbol "Schlüssel gegen das Vergessen" errichtet. Die von Julia Schulz gestaltete Vitrine enthält 462 Schlüssel mit den Namen der "als Juden und Jüdinnen Vertriebenen und Ermordeten, die in der Servitengasse wohnten, Geschäfte führten oder Häuser besaßen". Es entstand auf Initiative des Vereins "Servitengasse 1938", der ein Forschungsprojekt zu diesem Thema betreibt. Projektträger dafür ist der Museumsverein Alsergrund. Die Recherchen des Vereins ergaben, dass von den 24 Häusern der Servitengasse zwölf in jüdischem Eigentum standen und arisiert wurden. Von den Bewohnern waren 55 Prozent jüdischer Herkunft und wurden deshalb von den Nationalsozialisten verfolgt. Außerdem hatten vier jüdische Vereinigungen in der Servitengasse ihren Sitz.

1783 bis 1863 befand sich im alten Eckhaus Grünentorgasse 19b / Servitengasse 11 die Apotheke "Zum Biber", in der Johann van Beethoven, der Bruder des Komponisten, seine Ausbildung absolvierte. Nachdem er eine Prüfung abgelegt hatte, zog er nach Urfahr (Oberösterreich), um dort seine eigene Apotheke zu eröffnen, 1808-1816 führte er die Linzer Wasser-Apotheke. Die Biber-Apotheke übersiedelte 1863 in die Porzellangasse 5.

Foto: Doris Wolf, 2010; Servitenkirche, Grünentorgasse 16a

Auf dem Gang durch die Grünentorgasse wird die Flanke der Servitenkirche sichtbar. Sie hatte zwei Anbauten, das "Leichenhäusel" und, seit 1766, die Peregrinikapelle. Das nicht nur wegen seiner Verwendung sondern auch durch sein Aussehen unattraktive Aufbahrungsgebäude wurde in den 1930er- Jahren entfernt. So ist nun der Blick frei zur barocken Peregrinikapelle. Josef Adam Mölk malte die Kuppelfresken. Die Altarnische besteht aus schwarzem Türnitzer Marmor und ist goldverziert. Melchior Hefele schuf sie 1766. In ihr befindet sich der Schrein mit einer sitzenden Holzstatue des heiligen Peregrin. Auf Anordnung Kaiser Joseph II. wurde die ursprüngliche Wachsfigur wegen Brandgefahr in den Kreuzgang übersiedelt. Als bei einem Massenbesuch 1784 in der Kapelle ein Tumult ausbrach, der sogar Verletzte forderte, bestimmte der Kaiser, dass zu dem Eingang vom Inneren der Kirche auch ein Ausgang in die Grünentorgasse geschaffen werden müsse. Dieser Notausgang bildet seit der Renovierung (2008-2014) den direkte Eingang zur Kapelle. Er wurde barrierefrei mit einer Rampe gestaltet. Die Peregrin-Verehrung machte die Serviten nicht nur in der Rossau populär. Der Heilige, über Nacht von einem Geschwür an seinem Bein geheilt, wurde von vielen Fußkranken um Hilfe angerufen, von robusten Sackträgern bis zur zierlichen Tänzerin Fanny Elßler. Auch Joseph Haydn, der angeblich in jungen Jahren bei den Serviten eintreten wollte, zählte zu den Betern. Selbst das Kaiserhaus frequentierte die Andachtsstätte. Die zahlreichen Votivgaben, zumeist aus Wachs, zeugten von der Verehrung des Heiligen, ebenso wie jene aus Silber auf rotem Samt. Die wächsernen Gaben wurden aus praktischen Gründen eingeschmolzen, um in Recycling aufs Neue zu erstehen und wieder verkauft zu werden. 2004 hatte das Bundesdenkmalamt ein Restaurierungskonzept für die Peregrinikapelle erstellt. Damals lag die letzte Instandsetzung mehr als drei Jahrzehnte zurück, die Bausubstanz war durch aufsteigende Feuchtigkeit nachhaltig beschädigt. Praktisch in letzter Minute wurde eine Wandheizung installiert, die Fresken von Johann Adam Mölk von späteren Übermalungen befreit, der Altar mit dem Votivaufsatz und der Peregrin-Statue, alle Stuck, Marmor, - Holz- und Metallteile instandgesetzt. Durch die architektonische Umgestaltung als "offene Kirche" entstand ein neuer, heller und einladender Andachtsraum. Er steht für Meditationen, Aktivitäten mit Kindern und kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung. Die Kosten lagen bei 660.000 Euro.

Foto: Doris Wolf, 2010; Peregrinikipfel

Wie kaum ein anderes Wallfahrtsandenken war das nach dem Namen des Heiligen benannte Kipfel beliebt. Als es der Bäcker Ludwig Plank (Servitengasse 6) 1817 kreierte, war es zur Stärkung der Pilger gedacht, die von weit her kamen, um die Hilfe des heiligen Peregrin zu erflehen. Der Ursprung wird verschieden gedeutet. Sicher ist nur, dass es mit dem türkischen Halbmond nichts zu tun hat. Nach meinen Forschungen könnte das Gebäck ein Glück bringendes Hufeisen darstellen, da das Fest des Heiligen zeitlich mit dem hier abgehaltenen Rossauer Pferdemarkt zusammenfiel. Sei es wie immer, das Peregrinikipfel wurde in drei Größen hergestellt, wobei die Bäckerfamilie in den 1960er- Jahren die größten dem Bundespräsidenten und dem Bürgermeister überreichte. So hielt sich die Tradition des Gebäcks, das sich der abgedankte Kaiser Ferdinand I. per Staffette nach Prag bringen ließ, fast bis in unsere Tage. Die Bäckerei überstand die zehnjährige Beschlagnahmung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von 1945 bis 1955 durch die US-Besatzungsmacht als "Vienna Bakery". Danach gab es wieder die begehrten Peregrinikipfel. Da die von der Gewerbebehörde geforderten Auflagen nicht erfüllt werden konnten, übersiedelte die Bäckerei Plank in ein Betriebsgebäude nach Niederösterreich, wurde aber inzwischen geschlossen.

Das Kipfel war die Attraktion des Peregrinimarkts, der rund um das kirchliche Triduum Anfang Mai abgehalten wurde. Nachdem dieser seit den 1960er- Jahren nicht mehr stattgefunden hatte, haben ihn die Kaufleute des Servitenviertels um die Jahrtausendwende einige Jahre hindurch revitalisiert. Leider besitzt die Pfarre das Originalrezept für das Kipfel nicht, arbeitet aber mit dem Bäcker zusammen, der es gekauft hat.

Foto: Doris Wolf, 2010; Servitenkloster, Servitengasse 9

Das Servitenkloster, SERVITENGASSE 9, hat wie alle Wiener Klostergebäude im Gegensatz zu seiner Kirche eine schlichte, unscheinbare Fassade. Im Inneren führt ein breiter Kreuzgang zum "Original-Peregrin", der aus Wachs hergestellt, 1727 von St. Stephan hierher gebracht wurde. Die lebensgroße Darstellung des heiligen Mannes beeindruckte die Zuschauer und Teilnehmer dieser Prozession so sehr, dass sie meinten, in dem Schrein befände sich ein lebender Pater. Wie in einer Galerie hängen Bilder aus der Geschichte des Ordens an den Wänden des hellen Kreuzganges, der, wie eine Tafel beim Eingang kündet, 1830 bei einem Hochwasser knietief unter Wasser stand. Die Immaculata-Statue auf dem Kirchenplatz (1885) und die barocke, trauernde Madonna beim Klostereingang weisen auf den Orden und das marianische Patrozinium hin. Dank seiner Popularität wurde der Servitenorden (Ordo Servorum Mariae, OSM) vom reformfreudigen Kaiser Joseph II. nicht aufgelöst und die Maria Verkündigung geweihte Kirche 1783 zur Pfarrkirche der Rossau gemacht. Von Anfang an hatten es die Diener Mariens nicht leicht, in Wien Fuß zu fassen. 1638, im 30-jährigen Glaubenskrieg, begannen sie ihre Tätigkeit als Bettelorden. Während der "Klosteroffensive" hatten sich zuvor schon andere Orden in der Stadt niedergelassen, und diese sahen ungern die neue Konkurrenz. Doch bald gelang es den Serviten, das Vertrauen der Bevölkerung zu erlangen und einflussreiche Förderer zu finden, so den kaiserlichen General im 30-jährigen Krieg, Octavio Piccolomini. Zum Dank für die Hilfe wurde sein Wappen mit jenen anderer Förderer über dem Kirchentor angebracht. Die eher glatte Fassade beleben zwei Heiligenfiguren (Joachim von Siena und Juliana Falconieri), der kaiserliche Doppeladler schwebt darüber. Die im italienischen Stil gehaltene Fassade erinnert an die Heimat des Ordens. Die beiden 60 m hohen Türme wurden erst 1754-56 dazu gebaut.

Foto: Doris Wolf, 2010; Servitenkirche, Servitengasse 9

Foto: Doris Wolf, 2012; Johanneskapelle in der Servitenkirche, Servitengasse 9

Betritt man das Gotteshaus, so wirkt dieses durch seine Größe und Ausstattung auf den Besucher. Bemerkenswert sind die prächtige Stuckausstattung von Giovanni Barbarini aus dem Jahr 1669 und Fresken mit Szenen aus dem Marienleben. Ein zierliches Renaissancegitter aus 1676 begrenzt den ersten ovalen Zentralraum einer Kirche nördlich der Alpen. Das Schmiedeeisengitter hat ein Gegenstück in der Servitenkirche in Volders bei Innsbruck. Links erwartet uns eine Spitzenleistung der Rokokoplastik, die St. Johannes Nepomuk-Kapelle. 1764 schuf Giovanni Battista Bussi das Vollrelief, das nach 220 Jahren vom Bundesdenkmalamt restauriert wurde. Es zeigt in drei Darstellungen die legendäre Beichte der böhmischen Königin Johanna, den Brückensturz und die Aufnahme des Heiligen in den Himmel. Rechts, unter dem Nordturm, befinden sich als Pendant Szenen aus dem Leben von Juliana Falconieri, der ersten Oberin eines Servitinnenklosters. Im Kirchenraum fallen lebensgroße Gestalten von Propheten und Sibyllen auf. Diese sollen die Türken bei der Belagerung Wiens 1683 so sehr beeindruckt haben, dass sie die Kirche verschonten. Tatsache jedoch ist, dass christliche Hilfstruppen unter dem rumänischen Fürsten Serban I. Cantacuzino das Gotteshaus besetzt hatten, die keinen Grund sahen, es zu zerstören. Von den vielen Sehenswürdigkeiten, die wir nun betrachten, sind besonders zu erwähnen: Unter dem Seitenaltar der Schmerzhaften Muttergottes das Grab des Octavio Piccolomini. Die mit militärischen Accessoirs geschmückte Kapelle weist auf den bekannten Gegenspieler Wallensteins im 30-jährigen Krieg hin. Unbekannt ist jedoch das Grab eines anderen Förderers, des Ziegeleibesitzers Johann Thury, das sich gleichfalls in der Kirche befinden soll. Einige Figuren der prächtigen Kanzel stammen von Balthasar Moll, der in der Porzellangasse 6 Haus und Werkstatt besaß. Gegenüber hängt das Galgenkreuz, das sich am Weg zur Hinrichtungsstätte am Rabenstein (heute Schlickplatz) befand und bei dem die zum Tode Verurteilten ihr letztes Gebet zu verrichten hatten. Neben dem St. Antonius-Altar gelangt man durch ein schmiedeeisernes Rokokogittertor in die Peregrini-Kapelle, die 2014 nach jahrelanger Sperre und Restaurierung wieder geöffnet wird. 2009 gaben die Serviten mangels Nachwuchs ihre Wiener Niederlassung auf. Die Erzdiözese übernahm das Kloster. Zunächst betreute die Kongregation der Libanesischen Maronitischen Missionare (CML) die Pfarre. Eine der Sonntagsmessen wurde nach dem syrisch-maronitischen Ritus in arabischer Sprache zelebriert. Mit 1. September 2012 hat die Priesterbruderschaft der Missionare des hl. Karl Borromäus die Pfarrseelsorge in der Rossau übernommen.

Foto: Doris Wolf, 2010; Porzellangasse 7

Wir gehen von der Servitenkirche über die Müllnergasse zur Porzellangasse. Sie ist nach dem Holzhändler Leopold Müllner benannt, der als Wohltäter sein Haus Rossauer Lände 9 Taubstummen überließ. Die erst 1886 benannte Gasse führt über den ehemaligen Baumgarten des Servitenklosters.

In der PORZELLANGASSE 7a, 7b befand sich das erste Wiener Gaswerk. Es wurde 1827 von Josef Pfendler betrieben, der aus Harz und Rübsamenöl mit Hilfe von Kompressoren Gas für Beleuchtungszwecke erzeugte. Zum Vertrieb wurde es in große Flaschen abgefüllt. Von seinem "Gasbeleuchtungs-Etablissement" legte er 1836 eine 1.200 m lange Rohrleitung in die Innere Stadt, welche zur Beleuchtung des Grabens und Kohlmarktes und der Herren- und Schottengasse diente. Ab 1841 erfolgte die Gaserzeugung aus Steinkohle. 1843 übernahm die englische "Imperial Continental Gass Association" den Betrieb. Seit 1906 erhebt sich auf diesem Grundstück ein Straßenhof mit teils gründerzeitlichem, teils secessionistischem Dekor. Ein Schmiedeeisengitter mit zwei Toren bildet den Abschluss zur Porzellangasse. Hier wohnte der Schriftsteller Friedrich Torberg (eigentlich Friedrich Ephraim Kantor) Schon sein erster Roman, "Der Schüler Gerber", (1930) war ein großer Erfolg. "Die Tante Jolesch", eine Sammlung jüdischer Anekdoten (1975), schrieb er in diesem Haus.

Foto: Doris Wolf, 2010; Porzellangasse 4-6
Foto: Doris Wolf, 2010; Porzellangasse 2 / Servitengasse 1

Der Teil der Porzellangasse bis zum Bauernfeldplatz hieß 1778 Große Schmiedgasse und wies damit auf zahlreiche Gewerbebetriebe hin, die hier seit den Tagen Simon Brandmeyers ihre Wagenbau-Werkstätten hatten. Er war 1807 aus Bayern in die Rossau (Porzellangasse 22) gekommen. Zu den prominenten Kunden der Firma, die bis 1869 bestand, zählten die Fürsten Thurn und Taxis, in deren Marstall in Regensburg etliche Galawagen des Wiener Sattlermeisters stehen. Um 1870 entwickelten sich aus dem Gewerbe der "deutschen Sattler" (jene, die Wagen bauten), Großbetriebe der Wagenindustrie. Zu diesen zählte die Firma Armbruster, die 1898 PORZELLANGASSE 4-6 einen palaisartigen Neubau mit drei Trakten errichten ließ. Der k .u .k. Hoflieferant beauftragte den Stararchitekten Ludwig Baumann, der die Konsularakademie in der Boltzmanngasse, das ehemalige Kriegsministerium und die Siedlung der Berndorfer Metallwarenfabrik geplant hatte, mit seinem Bauprojekt. Auf dem Giebel standen bis 1965 zwei Skulpturen römischer Streitwagen in Originalgröße. Fünf Reliefs mit Pferden und Wagen unter den Fenstern des ersten Geschoßes blieben erhalten. Die Wagenburg in Schönbrunn bewahrt einige Fahrzeuge, auf deren Rädern der Name der Hofwagenfabrik eingraviert ist. Während Armbruster Wagen und Autoteile produzierte und bis Übersee für die feine Lackierung seiner Fahrzeuge bekannt war, beschritt sein Nachbar, die Firma Lohner, innovativ den Weg der Autoherstellung.

1875 ließ Jakob Lohner sein großes Eckhaus PORZELLANGASSE 2 / SERVITENGASSE 1 erbauen. Hier verfasste die Pläne Carl Schlimp, der seine Ausbildung bei den Opern-Architekten Sicardsburg und Van der Nüll genossen hatte und Chefarchitekt der Nordwestbahn war. 1811 war Heinrich Lohner aus dem Rheinland eingewandert und nach einem Jahrzehnt als Wagnermeister in die Firma Ludwig Laurenzi (Hahngasse 25 / Servitengasse 20) eingetreten. Sein Sohn Jakob wurde dort erst Gesellschafter, dann Schwiegersohn und schließlich Alleineigentümer. Ludwig Lohner, der von ihm die Lohnerwerke übernahm, war ein Vater der Motorisierung in Österreich. Ferdinand Porsche arbeitete bei ihm als Elektromechaniker und konstruierte Autos, die auf der Weltausstellung 1900 in Paris eine Sensation darstellten. Die Antriebsprinzipien seiner Fahrzeuge waren revolutionär und umweltfreundlich, wie der elektrische Radnabenmotor und der Mixtewagen, der elektrisch betrieben, zur Aufladung mit einem Benzinmotor ausgestattet wurde. Sie gelten als Vorläufer des Mondrovers der NASA aus den 1970er- Jahren und der modernen Hybridfahrzeuge.

Im Haus der Biber-Apotheke, PORZELLANGASSE 5 verbrachte Edmund Eysler (eigentlich Eisler) seine Kindheit. Der Komponist, der die Tradition der Wiener Operette weiterführte, schrieb 60 Operetten, drei Opern, ein Ballett, Klavierstücke, Lieder und Tänze.

Foto: Doris Wolf, 2010; Hahngasse 8-10

Den "Porzellanstern", der seit 1991 Jörg-Mauthe-Platz heißt, überquerend, führt die Berggasse zur Rossauer Lände und zur U-Bahn-Station. Zuvor lohnt sich noch ein Abstecher in die Hahngasse.

HAHNGASSE 8-10 erhebt sich ein fünfgeschoßiges späthistoristisches Miethaus mit auffallend prächtigen Schmiedeeisenbalkonen an der Fassade. Im alten Haus Hahngasse 8, "Zum goldenen Schuh", das sein Erstbesitzer, ein Schuhmacher, so genannt hatte, betrieb der Schlossermeister Ludwig Wilhelm seine große Werkstätte. Er besaß das Haus seit 1872 und ließ 1896 einen Neubau errichten. Als Vorarbeiter der Schlosserei Wilhelm fertigte Alexander Nehr in sechsmonatiger Arbeit den Rathausmann an, den dann sein Meister der Stadt Wien zum Geschenk machte. Der 3,40 m hohe Standartenträger befindet sich seit 1882 auf dem Turm des Rathauses - und ist, wie dieses, Symbol und Wahrzeichen unserer Stadt.


Personendaten:

Baumann, Ludwig (1853-1936), Architekt; Böhm, Max (1916-1982), Schauspieler; Böttger, Friedrich (1682-1719), Erfinder; Brandmeyer, Simon (1769-1841), Unternehmer; Buben, Verena (1900-1982), Ordensschwester; Burjan, Hildegard (1883-1933), Politikerin; Cantacuzino, Serban (um 1640-1688), Feldherr; Conrads, Heinz (1913-1886), Schauspieler; Dante Alighieri (1264-1321), Dichter; Davis, Gustav (1856-1951), Journalist; De Fries, Adrian (um 1545-1626), Bildhauer; Du Paquier, Claudius I. (1679-1751), Unternehmer; Elßler, Fanny (1810-1884), Tänzerin; Erndt, Bernhard (1836-1909), Unternehmer; Esterházy, Caroline (1805-1851), Komtesse; Esterházy, Marie (1802-1837), Komtesse; Eysler, Edmund (1844-1949), Komponist; Falconieri, Juliana (1270-1341), Heilige; Farkas, Karl (1893-1971), Schauspieler; Faust, Johannes (1480-1540), Magier; Ferdinand I. (1793-1875), Kaiser; Ferstel, Heinrich (1828-1883), Architekt; Fey, Clara (1815-1894), Ordensgründerin; Fischer von Erlach, Johann B. (1656-1723) , Architekt; Fleischer, Max (1841-1905), Architekt; Franz I. Stephan (1708-1765), Kaiser; Giuliani, Giovanni (1663-1744), Bildhauer; Gold, Ferdinand K. (1882-1981), Maler; Hähnel, Ernst R. (1810-1891), Bildhauer; Hansen, Theophil (1813-1891), Architekt; Haydn, Josef (1732-1809), Musiker; Hefele, Melchior (1716-1794), Bildhauer; Hellmesberger, Georg (1800-1873), Musiker; Horowitz, Scheftel (um 1590-1660), Rabbiner; Janschky, Joseph (1759-1839), Unternehmer; Johannes Nepomuk (um 1350-1393), Heiliger; Joseph II. (1741-1790), Kaiser; Karl VI. (1685-1740), Kaiser; Kirchschläger, Rudolf (1915-2000) , Politiker; König, Franz (1905-2004), Erzbischof; Kornhäusel, Joseph (1782-1860), Architekt; Kothgasser, Anton (1796-1851), Maler; Krauss, Werner (1884-1959), Schauspieler; Krist, Karl (1883-1941), Architekt; Larwin, Hans (1873-1938), Maler; Laziosi, Peregrinus (1265-1345), Heiliger; Liechtenstein, Franz Josef II. (1906-1989), Fürst; Liechtenstein, Johann Adam (1657-1712), Fürst; Liechtenstein, Johann I. (1760-1836), Fürst; Liechtenstein, Joseph Wenzel (1696-1772), Fürst; Lohner, Heinrich (1786-1855), Unternehmer; Lohner, Jakob (1821-1892), Unternehmer ; Lohner, Ludwig (1858-1925), Unternehmer; Lothar, Ernst (1890-1974), Schriftsteller; Lueger, Karl (1844-1910), Politiker; Manhardt, Hugo (1872-1933), Architekt; Martinelli, Domenico (1650-1718), Architekt; Maximilian I. (1459-1519), Kaiser; Messner, Johannes (1891-1984), Priester; Mölk, Josef A. (1714-1794), Maler; Moll, Balthasar (1717-1785), Bildhauer; Moser, Daniel (1570-1639), Politiker; Muliar, Fritz (1919-2009), Schauspieler; Müllner, Josef (1879-1968), Bildhauer; Müllner, Leopold (1814 - 1871), Unternehmer; Nehr, Alexander (1855-1928), Schlosser; Neumann, Alexander (1861-1947), Architekt; Nigg, Josef (1782-1863), Maler; Oppenheimer, Lea (1695-1742) ; Oppenheimer, Samuel (1630-1703), Bankier; Perutz, Leo (1882-1957), Schriftsteller; Peterson, Anna-Lena (1904-1990), Diakonisse; Piccolomini, Enea Silvio (1405-1464), Papst; Piccolomini, Ottavio (1599-1656), Feldherr; Porsche, Ferdinand (1875-1951), Konstrukteur; Pramer, Wolff (+ 1616), Kaufmann; Rainer (1827-1913), Erzherzog; Richter, Ludwig (1855-1925), Architekt; Röger, Paul (1773-1847), Politiker; Rösner, Karl (1804-1869), Architekt; Rossi, Domenico E. (1659-1715), Architekt; Rubens, Peter P. (1577-1640), Maler; Sallatmeyer, Alois (1849-1917), Architekt; Scherzer, Franz J. (1743-1818), Unternehmer; Schlimp, Carl (1834-1901), Architekt; Schmalhofer, Karl (1871-1960), Architekt; Schmidl, Ludwig (1863-1924), Architekt; Schmidt, Friedrich (1825-1891), Architekt; Schober, Josef (1874-1960), Politiker; Schubert, Franz (1797-1828), Komponist; Schubert, Franz sen. (1763-1830), Lehrer; Sicard v. Sicardsburg, August (1813-1868), Architekt; Soldani Benzi, M. (1658-1740), Bildhauer; Sörgel, Konrad (1735-1805), Unternehmer; Thury, Johann (+ 1659), Unternehmer; Torberg, Friedrich (1908-1979), Schriftsteller; Unger, Carl (1915-1995), Maler; Van der Nüll, Eduard (1812-1868), Architekt; Van Beethoven, Johann (1776-1848), Apotheker; Van Dyck, Anthonis (1599-1641), Maler; Waldbrunn, Ernst (1907-1977), Schauspieler; Wallenstein, Albrecht (1583-1634), Feldherr; Weiskirchner, Richard (1861-1926), Politiker; Wertheimer, Samson (1658-1724), Rabbiner; Wertheimstein, Sigmund (1796-1854), Bankier; Wilhelm (1827-1894), Erzherzog; Wilhelm, Ludwig (1833-1898) , Unternehmer; Zauner, Franz A. (1746-1822), Bildhauer; Zülow, Franz (1883-1963), Maler.

Quellen für Aktualisierung:
Park; CS; Pensionistenwohnhaus Porzellangasse 36 ; Festschrift zur Wiedereröffnung der Peregrinikapelle


© Text: Prof. Ing. Alfred Wolf, Wien (2010), aktualisiert von Helga Maria Wolf (2012, 2021), Fotos: Doris Wolf. Nachdruck nur mit Genehmigung der Autoren