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Oeser, Erhard#

* 18. 6. 1938, Prag


Wissenschaftstheoretiker


Erhard Oeser wurde am 18. Juni 1938 in Prag geboren.

Er studierte Philosophie in München und Wien, wo er 1962 zum Dr.phil. promovierte. Bis 1965 war er Lehrbeauftragter für Erkenntnistheorie an der Universität in Freiburg im Breisgau, 1968 habilitierte er sich an der Universität Wien.

Obwohl er ursprünglich aus der Philosophie kam, spezialisierte er sich bald auf Wissenschaftstheorie: an der Universität Wien wurde er 1972 zum ordentlichen Professor für Philosophie und Wissenschaftstheorie berufen. 1986/87 sowie von 1994 bis 2006 leitete er hier als Vorstand das (auf seine Initiative hin gegründete) "Institut für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsforschung".

Seine Forschungsschwerpunkte waren besonders auf den Gebieten der Wissenschaftstheorie, der Terminologieforschung, der Geschichte der Naturwissenschaften und der Neurophilosophie. Aber nicht nur die Wissenschaftstheorie, sondern der ernsthafte Kontakt zu einzelnen Disziplinen lag Erhard Oeser dabei immer besonders am Herzen. Zusammen mit dem Biologen Rupert Riedl befasste er sich mit Evolutionsbiologie und evolutionärer Erkenntnistheorie und war auch Vorstandsmitglied des Konrad Lorenz Institutes für Evolutions- und Kognitionsforschung.

1999 wurde er Präsident des Internationalen Hans-Hass-Instituts für Energonforschung. (Der Tauchpionier Hans Hass hatte 1970 seine "Energon"-Theorie vorgelegt, in der er Parallelen zwischen Natur und Wirtschaft sah und für energieerwerbende Systeme, egal ob natürlicher oder künstlicher Herkunft, den Begriff "Energon" eingeführt hatte.) Außerdem war Erhard Oeser auch wissenschaftlicher Leiter des Karl Popper Institutes Wien.


Ebenfalls Teil seiner frühen Forschungsarbeit war die Beschäftigung mit Informationstechnologien – v.a. in Bezug auf Sprache, Terminologie und Normierung kehrte er in letzter Zeit wieder in dieses Forschungsfeld zurück: als Präsident des Internationalen Terminologienetzwerks (TERMNET), Vorsitzender eines Fachnormenausschusses und Präsident von INFOTERM (Internationales Informationszentrum für Terminologie) bekleidete er in diesem Feld auch zahlreiche Funktionen. 2006 erhielt er den Eugen-Wüster-Sonderpreis für Terminologie-Forschung.

Mit der Verarbeitung von Sprache befasste er sich nicht nur auf technischer, sondern auch auf geistiger Ebene und arbeitete vermehrt zu Neurologie und Gehirnforschung. Dabei stand stets der interdisziplinäre Aspekt im Vordergrund – ständig war Oeser auf der Suche nach Kontakten zu Naturwissenschaftern, etwa zum Neurologen Franz Seitelberger, mit dem er eng zusammenarbeitete.


Erhard Oeser veröffentlichte zahlreiche Aufsätze und Bücher (u.a. "Geschichte der Hirnforschung", „Das selbstbewusste Gehirn“); auch die historische Beziehung zwischen Haustieren und Menschen beschäftigte den Wissenschaftstheoretiker, er publizierte zur Domestizierung von Katze, Hund und Pferd.

In seinen späteren Publikationen widmete sich Erhard Oeser nicht nur der Katastrophen- und Erdbebenforschung, sondern auch der Geschichte der Weltraumforschung. In seiner bisher jüngsten Monografie steht dagegen die Religion im Vordergrund: "Das Reich des Mahdi" befasst sich mit dem Aufstieg und Untergang des ersten islamischen Gottesstaates.

Werke (Auswahl)#

  • Gehirn, Bewußtsein und Erkenntnis (mit F. Seitelberger ), 1988
  • Geschichte der Hirnforschung, 2002
  • Popper, der Wiener Kreis und die Folgen: Die Grundlagendebatte der Wissenschaftstheorie, 2003
  • Katze und Mensch. Die Geschichte einer Beziehung, 2005
  • Das selbstbewusste Gehirn. Perspektiven der Neurophilosophie, 2006
  • Pferd und Mensch. Die Geschichte einer Beziehung, 2007
  • Die Jagd zum Nordpol. Tragik und Wahnsinn der Polarforscher, 2008
  • Hund und Mensch: Die Geschichte einer Beziehung, 2009
  • Die Suche nach der zweiten Erde: Illusion und Wirklichkeit der Weltraumforschung, 2009
  • Geschichte der Hirnforschung: Von der Antike bis zur Gegenwart, 2010
  • Katastrophen, Triebkraft der Evolution, 2011
  • Das Reich des Mahdi: Aufstieg und Untergang des ersten islamischen Gottesstaates 1885-1897, 2012

Quellen#



Redaktion: I. Schinnerl