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Als die Steiermark bei Böhmen war#

Knapp 20 Jahre herrschte König Ottokar II. Premsyl von Böhmen auch über die Steiermark und war der mächtigste Fürst seiner Zeit: König Ottokars Glück und Ende. Als er deutscher König werden wollte, verlor er gegen Rudolf von Habsburg die entscheidende Schlacht.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Karte Böhmen unter Ottokar II.
Karte Böhmen unter Ottokar II.

Ab etwa 1250 herrschten raue Zeiten im Römisch-Deutschen Reich, an die 25 Jahre lang gab es weder König noch Recht. Nominell waren zwar Herrscher wie Wilhelm von Holland, Richard von Cornwall und Alfons X. von Kastilien als deutsche Könige im Amt (manche sogar zeitgleich), praktisch hatten sie aber nur wenig zu sagen. Die Fürsten der vielen kleinen Territorien und die Städte wurden immer mächtiger, Raubritter beherrschten die Straßen. Interregnum nennt man diese Epoche nach dem Ende der Staufer-Herrschaft. In Österreich (das war damals ein größeres Niederösterreich) und Steiermark war die Lage noch unsicherer, da nach dem Tod des letzten Babenbergerherzogs Friedrich des Streitbaren im Jahr 1246 seine Länder zum Zankapfel zwischen Böhmen und Ungarn wurden.

Um die Wirren im Land zu beenden, riefen die österreichischen Stände König Wenzel I. von Böhmen zu Hilfe. Anderen Quellen zufolge fiel er einfach ins herrenlose Land ein. Jedenfalls setzte er mit Zustimmung des heimischen Adels seinen jüngeren Sohn Ottokar Premysl (auch Otakar genannt) als Statthalter von Österreich ein, der bald schon zum Herzog ernannt wurde. Zur Absicherung seiner Herrschaft heiratete der 22-jährige Ottokar am 7. April 1251 in auffälliger Eile die 47-jährige Margarete von Babenberg, eine Schwester des letzten Babenbergerherzogs, in der Burgkapelle von Hainburg und nannte sich ab nun Herzog von Österreich und Steiermark. Gertrud aber, die Nichte des letzten Babenbergers, heiratete den Neffen des ungarischen Königs Bela IV. - und beide Frauen erhoben den Anspruch „rechtmäßige Erbin“ Österreichs zu sein. Die Folge war ein jahrelanger Kampf um das Babenberger-Erbe.

Ottokar
Ottokar.
Quelle: Gelhausenův Kodex, 15. Jahrhundert

Als Ottokar 1252 nach dem Tod seines Vaters König von Böhmen wurde, begann er auch mit der Königswürde des Heiligen Römisch-Deutschen Reiches zu spekulieren. Durch den gewaltigen Machtzuwachs des Böhmen fühlte sich aber Bela von Ungarn bedroht. Gemeinsam mit den bayerischen Wittelsbachern ging er gegen Ottokar vor und drang mit seinen Truppen in Österreich und Steiermark ein. 1252 aber besetzten auch Ottokars Krieger die Steiermark. Schließlich vermittelte der Papst 1254 in Ofen (heute Budapest) einen Friedensschluss zwischen Bela und Ottokar. Hier wurde bestimmt, dass Österreich und das Land bis zum Semmering an Ottokar fallen sollte, die übrige Steiermark sollte Bela gehören. Die steirischen Adeligen lehnten sich aber gegen die drückende ungarische Herrschaft auf, vertrieben nach fünf Jahren die Ungarn und ersuchten den mächtigsten Herrscher der Region, König Ottokar, um Unterstützung. In der Schlacht von Kroissenbrunn bei Marchegg wurde das Heer Belas IV. von Ottokars Truppen im Juli 1260 vernichtend geschlagen. Am Sieg hatten die Steirer unter Führung ihres Marschalls Ulrich von Wildon großen Anteil und ihr Landesbanner, ein silberner Panther im grünen Feld, ist die älteste Erwähnung der steirischen Landesfarben. 1260 nahm Ottokar die Steiermark wiederum in Besitz, besuchte bereits zum dritten Mal Graz, um die Huldigung entgegenzunehmen und setzte zuerst Heinrich von Liechtenstein, dann Woko von Rosenburg als Landeshauptmann ein.

Ottokars Sarkophag Ottokars Sarkophag im Prager Veitsdom
Ottokars Sarkophag im Prager Veitsdom

Nun trennte er sich von seiner Gattin Margarete und heiratete, um den Frieden mit den Ungarn abzusichern, Belas Enkelin Kunigunde. Sein Hauptaugenmerk legte er in dieser Zeit auf den Ausbau der Städte: So wurde 1261 Radkersburg als Markt angelegt. Auch die günstige Lage Brucks stach ihm ins Auge und er befahl die „novella plantatio“, die Neugründung und Befestigung des Ortes. Zur selben Zeit ließ der König Leoben nordwärts an seine jetzige Stelle in der „Murschleife“ verlegen und erhob es zur Stadt. In dieser Zeit ließ er sich auch vom Schattenkönig Richard von Cornwall offiziell mit Österreich und der Steiermark belehnen, besetzte das reichsunmittelbare Egerland und brach zu einem Kreuzzug nach Litauen auf. Auch schloss er einen Erbvertrag mit seinem kinderlosen Vetter Herzog Ulrich III. von Kärnten und übernahm nach dessen Tod 1269 Kärnten und Krain. Damit herrschte Ottokar vom Riesengebirge im Norden bis zur Adria im Süden und sein Prager Hof wurde ein Zentrum europäischer Kultur. Gezielte Finanzpolitik, geschickte Förderung der Städte, des Handels und Verkehrs machten ihn zum reichsten Fürsten seiner Zeit. Gleichzeitig aber wurde Ottokar immer strenger und unduldsamer. Er besetzte alle wichtigen Ämter mit böhmischen Adeligen und drängte den einheimischen Adel in den angeeigneten Ländern zurück. Im Sommer 1268 kam es deswegen zum Aufstand des empörten steirischen Adels, aber mit Unterstützung der Kirche sowie der von Ottokar geförderten Städte und Märkte stellte der Böhmenkönig die „innere Ordnung“ wieder her, ließ aber die Burgen Gleichenberg und Premesberg (Primaresburg) des Hartnid von Wildon zerstören. Wegen des Verdachts einer Adelsverschwörung ließ Ottokar auch den Minnesänger Ulrich von Liechtenstein für sechs Monate ins Gefängnis werfen und zwei seiner Burgen zerstören. Drei Jahre später ernannte er ihn aber wegen seiner großen Verdienste zum Marschall der Steiermark und 1272 sogar zum Landesrichter.

Wegen Ottokars enormem Machtzuwachs machte sich die Mehrzahl der Reichsfürsten berechtigte Sorgen und wählte bei der anstehenden Königswahl 1273 nicht den stolzen Premysl, sondern den vermeintlich „armen Grafen“ Rudolf von Habsburg. Ottokar anerkannte die Wahl nicht und verweigerte dem Habsburger die Huldigung. Daraufhin forderte dieser die sofortige Rückgabe aller angeeigneten Reichsterritorien und als sich Ottokar weigerte, wurde die Reichsacht über ihn verhängt. Steirische und Kärntner Adelige witterten ihre Chance und schlossen sich 1276 im Reiner Schwur König Rudolf an. Auch böhmische Adelige rebellierten gegen Ottokar, der sich schließlich gezwungen sah, im Fríeden von Wien 1276 auf alle Erwerbungen zu verzichten, ihm blieben nur Böhmen und Mähren. Aber er gab nicht auf und versuchte wieder mit Waffengewalt seinen alten Herrschaftsraum zu erobern. Am 26. August 1278 kam es zur Schlacht bei Jedenspeigen und Dürnkrut auf dem Marchfeld, bei der Ottokar II. Premysl getötet wurde und Rudolf von Habsburg dank ungarischer Unterstützung als Sieger hervorging. Im September 1279 zog König Rudolf mit glänzendem Gefolge nach Graz, wo er am 2. Oktober Gerichtstag hielt. Als Reichsverweser setzte er seinen ältesten Sohn Albrecht in Österreich und Steiermark ein – damit übernahmen die Habsburger die österreichischen Kernländer für die nächsten 640 Jahre.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele