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Die Renner-Buben auf luftiger Fahrt #

Die Grazer Messe war immer schon für ein Spektakel gut – das größte fand wohl im Jahr 1909 statt.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


„Estaric I“ auf seinem Jungfernflug 1909 über Graz
Der erste österreichische Lenkballon „Estaric I“ auf seinem Jungfernflug 1909 über Graz, oben die Familie Renner.
Foto: © KK

Ganz Graz fieberte an diesem 26. September 1909 einem sensationellen Spektakel entgegen. Zur Herbstmesse wollte der Artist Franz Renner dieses Jahr der Bevölkerung etwas ganz Ausgefallenes bieten.

Und wirklich: Vom Trabrennplatz aus erhob sich das erste starre Luftschiff der k. u. k. Donaumonarchie in die Lüfte über Graz – die „Estaric I“.

Mit an Bord die „Renner-Buben“ Anatol und Alexander, 18 und 16 Jahre jung. Eine Pioniertat sondergleichen, mit der sie Weltruhm erlangten. Wie aber war es dazu gekommen?

Vater Franz Renner, Jahrgang 1866, stammte aus Klagenfurt und sollte nach dem Wunsch seiner Eltern Fleischhauer werden. Dazu hatte er aber überhaupt keine Neigung, ihn zog es in die Ferne. Also riss er von zu Hause aus, schloss sich einem Zirkus an und wurde unter dem Artistennamen „Novello“ ein bekannter Elefantendresseur, Zirkusakrobat, Schlangenmensch und Reiter. Bald schon gründete er seinen eigenen Zirkus, zog äußerst erfolgreich durch die Welt und erarbeitet sich ein beträchtliches Vermögen. Mit seiner Frau Samara, einer Russin, und seinen neun Kindern (drei Söhnen und sechs Töchtern, die alle in einer anderen Stadt geboren wurden) ließ er sich schließlich in Windorf bei Seiersberg nahe der Landeshauptstadt nieder, wo er ein großes Landgut kaufte und einige Elefanten als Haustiere hielt.

Grazer Herbstmesse 1908
Die Grazer Herbstmesse Anno 1908.
Foto: © KK

Werbewirksame Luftfahrt#

Seine technisch sehr interessierten Söhne überredeten ihn, ein Luftschiff bauen zu dürfen, das der Vater nach kurzem Zögern auch finanzierte. Bei Auftritten in Kanada hatten die hoffnungsvollen Sprösslinge bereits solche Luftfahrzeuge kennen gelernt. Zwei Wochen vor Messebeginn kam dann Franz Renner auch die Idee einer öffentlichen und werbewirksamen Luftfahrt.

„Dicke Mitzi“ 1908 als Kuriosum
Die „Dicke Mitzi“ 1908 als Kuriosum.
Foto: © KK

Nun ging es Schlag auf Schlag. Johann Puch baute einen auf 32 PS auffrisierten Motor. Und 14 Tage später war der gelbe, 30 Meter lange und 6,5 Meter breite Koloss in Zigarrenform fertig. Unter dem tosenden Beifall der Zuschauer stieg am 26. September die „Estaric I“ majestätisch in die Lüfte. Und die Kleine Zeitung berichtete am nächsten Tag: „Der Motor knattert, der Propeller surrt, das Luftschiff entschwebt. Nun vollzieht sich das unvergeßliche Schauspiel des Hinaufgleitens des mächtigen Schiffsleibes in sein Element. Enthusiastischer Jubel der vielen Tausend, die Musik fällt ein, Alexander und Anatol schwenken oben ihre Mützen.“

Am 16. Oktober schon fand im Wiener Prater eine Demonstration für Kaiser Franz Joseph statt, der sich sehr beeindruckt zeigte.

Die katastrophale Bruchlandung ihres zweiten, 62 Meter langen Luftschiffs, das den Namen „Graz“ trug, bedeutete dann das Ende des Unternehmens. Das Familienvermögen war aufgebraucht, staatliche Förderung gab es keine, der Vater starb verbittert im Jahr 1912 und Alexander machte als Jagdflieger im Ersten Weltkrieg von sich reden.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele