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Ein neues Stadtviertel entsteht #

1795 wurde das erste große Haus am Glacis gebaut. Dann entstanden das Geidorfviertel und die Elisabethstraße.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Elisabethsäule (1856 bis 1868)
Zwölf Jahre lang – von 1856 bis 1868 – stand am Beginn der Elisabethstraße eine hölzerne Elisabethsäule.
© KK

Wie schon öfters berichtet, durfte das alte Festungsvorfeld um Graz erst nach 1683 (Niederlage der Türken vor Wien) vereinzelt verbaut werden, weil man nun der Meinung war, dass die Gefahr aus dem Osten gebannt wäre.

Als 100 Jahre später (1782) Kaiser Josef II. die Stadt als Festung aufhob und 1787 auch das Burgtor nach mehr als 300 Jahren erstmals wieder geöffnet wurde, schlug die große Stunde einiger geschickter Unternehmer wie Caspar Andreas Jacomini, Johann Meerschein und Richard Seebacher. Von Letzterem will ich heute erzählen.

Richard (Reichard) Seebacher, nach dem die Seebachergasse benannt ist, wurde 1717 in armen Verhältnissen in Graz geboren, machte aber mit Geschick, Fleiß und Ehrgeiz Karriere. Er wurde Braumeister und Gastwirt „Zum Mohren“ in der Murvorstadt (heute Südtirolerplatz, direkt neben der „Mohrenapotheke“) und Oberst des Grazer Bürgerkorps. Das war aber damals bereits eine überlebte Einrichtung, die sich keiner sehr großen Beliebtheit mehr erfreute. Doch als im Juli 1765 Kaiser Franz Stephan I. und seine Gemahlin Maria Theresia Graz besuchten, ließ Seebacher eine von ihm einheitlich gekleidete militärische Jägerabteilung aufmarschieren. Das Herrscherpaar war sehr beeindruckt und verlieh Seebacher den „Großen Goldenen Gnadenpfennig“, eine am Band zu tragende Ehren- und Gedenkmünze. Die Ehrung und sicherlich auch das ansprechende Erscheinungsbild des Bürgerkorps sorgten für einen Schwung an Popularität. Neue Mitglieder strömten herbei und bald schon zählte die Truppe 300 Mann. Damit war der Weiterbestand der seit dem Jahr 1280 bestehenden Einheit gesichert und Seebacher der große Retter des Grazer Bürgerkorps.

Das Grünangerhaus#

Richard Seebacher
Richard Seebacher, Bierbrauer und Gastwirt, träumte von einem neuen Stadtviertel.
© KK

Susanne Seebacher
Gattin Susanne unterstützte ihren Mann tatkräftig. Hier beide auf einem Gemälde von 1773.
© KK

1795 erkannte der Gastwirt die Zeichen der neuen Zeit und baute auf seine alten Tage mit dem „Grünangerhaus“ den ersten monumentalen Baukomplex am Glacis (heute Glacisstraße 45). Aber einmal Wirt, immer Wirt. Also waren hier von Anfang an eine Brauerei und ein Café „Zum grünen Anger“ untergebracht, eines der ältesten Grazer Kaffeehäuser überhaupt, das aber – wie schon der Name sagt – noch auf einem grünen Anger stand. Durch die Jahrhunderte blieb in diesem Haus die Tradition eines Lokales erhalten – vom Café Glacis über die Grüne Spinne bis zum Malaga. In der Hauseinfahrt Glacisstraße 43a befindet sich heute noch eine Marmortafel, deren kaum lesbare Inschrift den Bau des Grünangerhauses schildert.

Doch der knapp 80-jährige Seebacher träumte von einem neuen Stadtteil, wie ihn Jacomini damals gerade vor dem Eisernen Tor errichtete. Er plante eine richtige Häuserzeile bis zur Leechkirche, doch die Franzosenkriege von 1797 machten ihm einen Strich durch seine Rechnung. Schließlich starb Seebacher im Alter von 88 Jahren im Jahr 1805 – mitten im Krieg.

Erst ab 1834 setzte der ehrgeizige und weitsichtige Joseph Clau dius Ritter von Pittoni aus Wien die bauliche Erschließung der Gegend vor dem Glacis fort.

Er kauft die alten Breunergründe, die nach dem Grafen Breuner benannt waren. Zwischen Obstbäumen und Äckern stand deren Herrenhaus (heute Elisabethstraße 11). Nicht weit weg davon in der heutigen Brandhofgasse befand sich der sogenannte Breunerteich, der ab 1775 ein beliebter Eislaufteich der eleganten Grazer Welt war, die sich hier bei Musik vergnügte. Doch dieser Teich versandete im Laufe der Zeit und musste 1835 zugeschüttet werden. Aber die Grazer hatten schon rechtzeitig Ersatz gefunden und den Hilmteich entdeckt.

Elisabethstraße wird gebaut#

Doch zurück zu Pittoni. Er zerlegte die Breunergründe in 22 Parzellen und vom Grünangerhaus ausgehend entstanden ab 1842 ganze Häuserreihen und Straßen samt Kanalisation. Eine neue, gerade Straße wurde aus Graz nach St. Leonhard geplant, weil die alte Leonhardstraße für den modernen Verkehr viel zu eng geworden war. 1844 wurde die neue Straße bis zur heutigen Beethovenstraße ausgebaut und erhielt den Namen Pittonistraße. Doch als 1854 der junge Kaiser Franz Joseph seine Elisabeth heiratete, wollte der Grazer Magistrat die Kaiserin ehren und beschloss mit Zustimmung Pittonis, die neue Straße in Elisabethstraße umzubenennen.

Als im September 1856 das Kaiserpaar Graz besuchte, wurde zu Ehren Elisabeths an der Ecke Elisabethstraße/ Glacisstraße ein riesiges Monument errichtet – die Elisabethsäule. 17 Meter hoch und aus Holz erbaut stand die überlebensgroße Büste der Kaiserin zwölf Jahre lang unter einem Baldachin an dieser Stelle, bis sie 1868 wegen Baufälligkeit abgetragen werden musste.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele