!!!Wie die Zeidler den Honig erbeuteten


!!Um Nahrung zu süßen, gab es in Europa lange Zeit nur ein Mittel - Honig. Und den lieferten die Zeidler mit ihrer Waldbienenzucht. Im Raubbau schnitten sie dafür im tiefsten Wald den Honig aus den Bienenstöcken.

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''Von [Robert Engele|Infos_zum_AF/Editorial_Board/Engele,_Dr_Robert_(Geschichte)] mit freundlicher Genehmigung der [Kleinen Zeitung|http://www.kleinezeitung.at]''

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[{Image src='Honigbiene auf Schlehdorn.jpg' class='image_right' caption='Apis mellifera carnica, die Krainer Biene, Kärntner Biene oder auch Graue Biene, auf Schlehdornblüte\\Foto: Michael Rubinigg' alt='Apis mellifera carnica, die Krainer Biene, Kärntner Biene oder auch Graue Biene, auf Schlehdornblüte' width='400' height='266'}]




In den dichten Wäldern Mittel- und Osteuropas entwickelte sich nach der unruhigen Zeit der Völkerwanderung allmählich eine Waldbienenzucht, die Zeidlerei genannt wurde. „Zeideln“ kommt vom lateinischen „excidere“ (herausschneiden) und heißt so viel wie entnehmen, abzapfen, in Niederbayern stand der Begriff auch fürs Melken der Kühe. Herausgeschnitten wurde der Honig aus hohlen Bäumen, in denen die Bienen ihren Wabenbau errichtet hatten. Oft schlug man für die Bienen auch künstliche Höhlen (sogenannte Beuten) in etwa sechs Meter Höhe in einen Baumstamm und brachte vor dem Eingang ein Brett mit Flugloch an. „Der Zeidler erstieg bei der Honigernte den Baum an einem Seil, in das ein Brett eingeflochten war, auf dem er für seine Tätigkeit gut sitzen konnte“, schildert Robert Muscherlin in der Festschrift „150 Jahre organisierte Imkerei in der Steiermark“. „Mit dem Zeidelmesser schnitt er aus dem Wabenbau im einen Jahr die linke Hälfte ganz heraus, im nächsten Jahr die rechte.“ Bei dieser Honigentnahme schützte sich der Zeidler mit Hilfe von Rauch vor den Angriffen der Bienen.

[{Image src='Maria_Theresia_c1740.jpg' class='image_left' caption='Erzherzogin Maria Theresia gründete die erste staatliche Imkerschule \\(KK)' alt='Erzherzogin Maria Theresia' width='300' height='378'}]

Im frühen Mittelalter erlebte die Bienenhaltung einen enormen Aufschwung, denn Honig war damals in unseren Breiten das einzige Süßmittel, überdies verwendete man ihn auch in der Medizin und zur Herstellung von Met. Und mit der Verbreitung des Christentums, der zahlreichen Kloster- und Kirchengründungen steigerte sich auch der Bedarf an Wachs.  Denn bis zur Erfindung des Stearins und Paraffins zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Bienenwachs ja der einzige Grundstoff für die Kerzenherstellung. Kein Wunder also, dass in vielen Klosteranlagen Imkereien zu finden waren.

Da Bienen zum Wild gezählt wurden, war es üblich, dass vom Feudalherren auch Zeidelgebiete an die Untertanen verpachtete wurden. Die ältesten urkundlich erwähnten Zeidelweiden der Steiermark befanden sich in Katsch und Oberwölz bzw. in Gösting bei Graz. Heinrich II., Herzog von Bayern, hat im Jahr 1007 die Krongüter Katsch und Oberwölz im oberen Murgebiet dem Bistum Freising geschenkt. Wenig später wird eine zweite Zeidelweide in Gösting erwähnt. Laut einer am 8. November 1042 ausgestellten Urkunde soll König Heinrich III. dem Markgrafen Gottfried in der Grafschaft Hengist zwei königliche Huben im Raum Gösting („in loco Gestnic“) geschenkt haben. Unter dem Zubehör wird ausdrücklich eine „cidelweida“ erwähnt. 1103 bekommt schließlich das Kloster St. Lambrecht das Köflach-Voitsberger Becken zur Honiggewinnung geschenkt. Ein weiterer Hinweis auf das im Raum Graz weit verbreitete Zeidlerwesen ist der Name der Ortschaft Zettling, dessen ursprüngliche Bezeichnung „Cetelarn“ (von Zeidlerei) 1156 erstmals erwähnt wird und dessen Wappen auch vier Bienen enthielt. Apropos Biene: der Südostalpenraum ist die Heimat der Apis mellifera carnica, der Kärntner Biene, Krainer Biene oder auch Grauen Biene, einer besonders friedfertigen Bergbienenart, von der hier immer die Rede ist.

[{Image src='Waldzeidlerei.png' class='image_right' caption='Waldzeidlerei aus Adam Schirachs Buch "Wald-Bienenzucht" von 1774\\(KK)' alt='Waldzeidlerei aus Adam Schirachs Buch "Wald-Bienenzucht" von 1774' width='300' height='332'}]

Mit den fortschreitenden Rodungen im  Mittelalter wurde aus der Waldbienenzucht allmählich eine Hausbienenzucht. Dafür schnitten die Imker die hohlen bzw. ausgehöhlten Baumstücke aus und stellten sie in der Nähe ihrer Häuser auf. Das waren die sogenannten Klotzbeuten. Später entstanden daraus die „Bauernkästen“, aus Brettern zusammengefügte Konstruktionen, die horizontal aufgestellt wurden. Über ein Flugloch an der Stirnseite flogen die Bienen ein und aus. Nur im Hügelland der Ost- und Mittelsteiermark verwendete man bis ins 20. Jahrhundert Strohkörbe oder mit Lehm verschmierte Weidekörbe.  
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts tauchte in Innerösterreich eine neue Kulturpflanze auf, der Buchweizen, welcher der Imkerei zu neuer Hochblüte verhilft. Da Buchweizen erst im Spätsommer blüht, wo die Bienen sonst nur noch wenig Nahrung vorfinden, nahm die Bienenzucht nun enorm zu. Die Honiggewinnung war damals einfach, aber wenig bienenschonend, eher einem Raubbau ähnlich. Die Bienen wurden ausgeschwefelt, um sie aus dem Stock zu bekommen, dann wurden die gesamten Waben in zerstörerischer Weise ausgeschnitten und damit die Bienenvölker aufgelöst. In den Regionen, wo Stroh- und Weidekörbe zum Einsatz kamen, wurden die Bienen nicht abgeschwefelt, sondern „abgetrommelt“. Die nun quartierlosen Bienen hatten da aber noch die Möglichkeit, sich intakten Bienenvölkern anzuschließen.



Erst zur Zeit der Aufklärung unter Maria Theresia und ihrem Sohn Joseph II. änderte sich der Zugang zur Bienenhaltung. 1769 richtete die österreichische Erzherzogin die weltweit erste staatliche Imkerschule im Wiener Augarten ein. Als Leiter und ersten Bienenlehrer bestellte sie  Anton Janscha aus Oberkrain. 1775 erließ Maria Theresia auch ein Gesetz zur Förderung der Bienenzucht, das die Imkerei künftig von Zehent und landesfürstlichen Abgaben befreite. Janscha beschrieb in seinen Lehrbüchern die Verwendung der länglichen Bauernstöcke mit ihren oft schön bemalten Stirnbrettchen, in denen sich die Einflugschlitze der Bienen befanden. Diese Bilder dienten den Bienen als Orientierung beim Rückflug, sollten aber auch eine Schutzfunktion ausüben. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren die Krainer Bauernstöcke mit ihren bebilderten Stirnbrettchen im Westen bis nach Osttirol verbreitet und im Osten bis in die Weststeiermark und zum Bacherngebirge bei Marburg.

Der Niedergang der Zeidlerei, also der alten Waldimkerei in Europa, verlief seit dem 17. Jahrhundert schleichend von West nach Ost, während sich die moderne Imkerei revolutionär veränderte.

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''© "Damals in der Steiermark"'', [Dr. Robert Engele|Infos_zum_AF/Editorial_Board/Engele,_Dr_Robert_(Geschichte)]
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[{Metadata Suchbegriff='Waldbienenzucht, Nahrung süßen' Kontrolle='Nein'}]