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Jordanhaus#

Jordanhaus
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Nichts symbolisiert die lange Tradition des österreichischen Antisemitismus besser als ein kleines Relief am Haus Wien 1, Judenplatz 2. Der Judenplatz hatte unter dem Namen „Schulhof“ den Mittelpunkt der einstigen Judenstadt gebildet, die sich direkt neben dem Herzogshof erstreckte. Hier befanden sich Schule, Badestube, Synagoge und das Haus des Rabbis. Die Judenschule war eine der bedeutendsten des deutschen Sprachraums. Die Wiener Judenstadt war bis zur ersten großen Judenverfolgung durch vier Tore von der übrigen Stadt abgeschlossen. Nach 1421 wurde die Synagoge abgetragen, das Baumaterial wurde zur Errichtung des Universitätsgebäudes mitverwendet.

Von dem eindrucksvollen Standbild des Aufklärers Lessing wendet sich der Blick des Beschauers auf die Fassade des „Jordanhauses“, wo in lateinischer Sprache zu lesen steht: Durch den Jordanfluss wird der Leib von Krankheit und Übel gereinigt, da weicht selbst verborgene Sündhaftigkeit. So rast die Flamme sich erhebend durch die ganze Stadt im Jahr 1421 und sühnt die grausamen Verbrechen der jüdischen Hunde. Die Welt wurde einst durch die Deukalionische Flut gereinigt, doch diesmal wurde die Schuld in den Flammen gebüßt. Diese Darstellung der Taufe Jesu im Jordan wurde zur Erinnerung an die 1421 auf der Gänseweide (Hinrichtungsstätte, etwa am Beginn der heutigen Weißgerberlände gelegen, letzte Exekution auf dem Scheiterhaufen 1733, danach Hinrichtung von Militärpersonen durch Erschießen bis 1798) erfolgte Judenverbrennung vom ersten Besitzer des Hauses, Jörg Jordan, 1497 angebracht. Nachdem das Haus zeitweilig dem Jesuitenorden gehört hatte, befindet es sich seit 1684 in Privatbesitz.

Auf Initiative von Kardinal Christoph Schönborn stiftete die Erzdiözese Wien eine Gedenktafel für das Jordanhaus, die Kardinal Franz König am 29. Oktober 1998 enthüllte. Ihr Text lautet: „Kiddusch HaSchem“ heißt „Heiligung Gottes“ Mit diesem Bewußtsein wählten Juden Wiens in der Synagoge hier am Judenplatz — dem Zentrum einer bedeutenden jüdischen Gemeinde — zur Zeit der Verfolgung 1420/21 den Freitod, um einer von ihnen befürchteten Zwangstaufe zu entgehen. Andere, etwa 200, wurden in Erdberg auf dem Scheiterhaufen lebendig verbrannt. Christliche Prediger dieser Zeit verbreiteten abergläubische judenfeindliche Vorstellungen und hetzten somit gegen die Juden und ihren Glauben. So beeinflußt nahmen Christen in Wien dies widerstandslos hin, billigten es und wurden zu Tätern. Somit war die Auflösung der Wiener Judenstadt 1421 schon ein drohendes Vorzeichen für das, was europaweit in unserem Jahrhundert während der nationalsozialistischen Zwangsherrschaft geschah. Mittelalterliche Päpste wandten sich erfolglos gegen den judenfeindlichen Aberglauben, und einzelne Gläubige kämpften erfolglos gegen den Rassenhaß der Nationalsozialisten. Aber es waren derer zu wenige. Heute bereut die Christenheit ihre Mitschuld an den Judenverfolgungen und erkennt ihr Versagen. „Heiligung Gottes“ kann heute für die Christen nur heißen: Bitte um Vergebung und Hoffnung auf Gottes Heil. 29. Oktober 1998"

Gedenktafel