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Der legendäre CA-Boss Heinrich Treichl ist tot#

Der ehemalige Generaldirektor der Creditanstalt starb im 102. Lebensjahr.#


Von der Wiener Zeitung (Dienstag, 4. November 2014) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

WZ Online, APA


Heinrich Treichl
Heinrich Treichl starb im 102. Lebensjahr.
© APAweb/Herbert Neubauer

Wien. Am Sonntag sei er "sanft entschlafen", teilte die Familie Dienstagfrüh mit. Heinrich Treichl, ehemaliger Generaldirektor der Creditanstalt (CA), starb im 102. Lebensjahr.

Als er von 1970 bis 1981 die damals noch verstaatlichte Bank leitete, galt er als einer der mächtigsten Banker Österreichs. Auch sein Sohn, Andreas Treichl, Boss der Erste Group, ist ein einflussreicher Banker. Die Familie hat großbürgerliche beziehungsweise adelige Wurzeln.

Heinrich Treichl selbst haftete noch das elitäre Image des "Bankiers" an. Zwei Weltkriege und mehrere dramatische Wirtschaftskrisen hat er überlebt. Bis ins hohe Alter war Treichl fit und streitbar. Zum vorjährigen hundertsten Geburtstag gab es noch Interviewserien, in den vergangenen Monaten wurde es stiller um ihn.

Die Finanzkrise 2008 sah er auf den ersten Blick ähnlich wie die in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Neue Finanzanlagekonstrukte und deren spätere Rolle in den Bankenkrisen waren eines der wenigen Dinge, die ihm offenbar Angst einjagten: "Ich habe eine gewisse Scheu gehabt, als ich versuchte zu verstehen, welche wirklichen Risiken in den neuen Instrumenten der Veranlagung liegen", sagte er 2008 einer Zeitung. "Undurchschaubar" und "unheimlich" war ihm das. In seinen letzten Jahren war der Ex-Banker Präsident des Roten Kreuzes, auch bei "Nachbar in Not" war er engagiert. Beim Roten Kreuz war er bis zu seinem Tod am letzten Sonntag Ehrenpräsident.

Der am 31. Juli 1913 in Wien geborene Heinrich Treichl war Sohn einer Baronesse von Ferstel. Sein Vater stammte aus dem Pinzgau, war später Bankier. Die Bankiers-Karriere schlug trotz des Schocks um die Biedermann-Bank in den 1920er Jahren, wo die Familie ihr Geld verlor, auch Sohn Heinrich ein. Er erhielt seine Ausbildung zunächst in Wien und in Frankfurt, absolvierte Gymnasium und Universität (Jus). 1936 wurde er Devisenhändler bei einer Großbank in Paris, danach war er u.a. bei der Länderbank in Wien tätig.

Im Krieg wurde er zur Wehrmacht eingezogen, er desertierte in Paris und kam schließlich in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Sein jüngerer Bruder Wolfgang starb als Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime 1944.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Heinrich Treichl zehn Jahre lang im Verlagsgeschäft (Ullstein-Verlag) tätig, wo er auch seine Frau - geborene Ullstein - kennenlernte. 1956 wechselte er als Finanzchef in die damalige österreichische "Verstaatlichten-Holding". 1958 kam er in die Creditanstalt, wo er vier Jahre später Vorstand und 1970 Generaldirektor wurde - bis er 1981 dort vom Sozialdemokraten Hannes Androsch abgelöst wurde. Dem Generalrat der Nationalbank gehörte Treichl noch gut zehn Jahre länger an.

Dass 1997 die "schwache" Bank Austria "seine" alte Creditanstalt übernahm, urteilte Heinrich Treichl als "rein politisches Manöver" ab, das ihn traurig gemacht habe. Für die Bankenhilfen während der Finanzkrise 2008/09 vergab der Ex-Banker aber dann doch Komplimente an die Regierung: Zu seinem "großen Erstaunen" habe die Regierung völlig richtig gehandelt, befand er.

Wiener Zeitung, Dienstag, 4. November 2014