!!!Lausbub für die Biederen Meiers



!!"Peter Alexanders Abgang  1996 steht – wie die  politischen Ereignisse  jener Tage – fürs  endgültige Ende der  Nachkriegszeit."

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''Mit freundlicher Genehmigung der Wochenzeitung [DIE FURCHE|http://www.furche.at] (Februar 2011)''

Von

__Otto Friedrich__



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!Seine Ära war schon vor 14 Jahren zu Ende. Sein Tod ruft ihn als Zeitzeugen in Erinnerung: Peter Alexander (1926–2011) verkörperte das unbeschwerte Nachkriegsösterreich.


[{Image src='FUCH_WIEN_0217_13_X_1.jpg' class='image_right' caption='Peter Alexander\\Foto: APA/DPA/Duren' alt='Peter Alexander' width='300' height='219'}]


Ein Lausbub sei er eigentlich geblieben.  So die kokette Ansage in jener  TV-Produktion, mit der sich Peter  Alexander 1996 anlässlich des  Siebzigers von der Öffentlichkeit  verabschiedete. Die TV-Show zum Achtziger  musste ohne den Protagonisten auskommen  – außer jenem Video, auf dem der Jubilar zu  Hause am Klavier noch einmal „Danke schön,  es war bezaubernd“ intonierte.

Wer wollte, konnte letzten Montag auf  ORF 2 nachschauen, was Peter Alexander,  so alles drauf hatte, präziser: wie er und seine  Produzenten – darunter natürlich die  wachsame Ehefrau und Managerin Hilde –  wollten, dass er in Erinnerung bleibt.

Und da kann die Mär vom ewigen Lausbuben  als Stützpfeiler des Images gelten. Beim Lieblingsonkel habe er als Bub einmal  den Christbaum erklommen und ein  Scherbenmeer aus zerborstenen Glaskugeln  hinterlassen; danach habe er noch den  Perserteppich des Verwandten unter Wasser  gesetzt. Auf diese Weise plauderte Peter  Alexander auch in der Abschiedsshow jenes  Image herbei, das er in Styling und Auftreten  Jahrzehnte gepflegt hatte. Das spitzbübische  Lächeln, die Pausbacken, der lang  schon unechte Haarschopf: All das gehörte  zum Bildes des ewig Junggebliebenen, ein  schlaksiger Schwiegersohn in spe, wie ihn  sich Österreichs – und Deutschlands – Nachkriegsgeneration  erträumte.  



[{Image src='FUCH_WIEN_0217_13_X_2.jpg' class='image_left' caption='Film. Peter Alexander mit Cornelia Froboess in der Verfilmung „Hilfe, meine Braut klaut“ (1964).\\Foto: APA/DPA/Goebel' alt='Peter Alexander' width='300' height='223'}]

!Frohsinn und unverkrampfte Biederkeit

Es wurde in diesen ersten Tagen nach Peter  Alexanders Tod schon viel gesagt über  jene Symbiose aus Wirtschaftswunder,  Wiederaufbau und dieser Ausnahmepersönlichkeit  von Entertainer. Es könnte gut sein,  dass sein Abgang aus der Öffentlichkeit 1996  so etwas wie das endgültige Ende jener Zeit  besiegelte: Der Fall der Berliner Mauer war  noch in Erinnerungsweite, es galt dennoch,  das Kapitel Nachkriegszeit endgültig ad acta  zu legen. Dass Peter Alexander sich seither  in seiner Verweigerung gegenüber der  Öffentlichkeit das so konsequent markierte,  sollte ihm angerechnet werden.

Man kann und darf es als Phänomen für  sich betrachten, wie der blanke Frohsinn,  die Penetranz des Goldenen Wienerherzens,  die von ihm zur Schau getragen wurde, sich  so lange und so erfolgreich halten konnten.  Bekanntlich waren weder die 1950er-, und  schon gar nicht die 1960er- oder 1970er-Jahre  das reine Vergnügen – aber vielleicht war  die Sehnsucht nach unbedarfter Fröhlichkeit  gepaart mit dem unverkrampften Setzen  auf Biederkeit doch ein Zug jener Zeit.  Peter Alexander wird als Protagonist solcher  Lebensart wohl in Erinnerung bleiben –  gerade in Kontrast zu anderen Role Models,  die sich sehr wohl den Stürmen des Zeitgeistes  aussetzten oder aussetzen muss ten. Romy Schneider etwa, die – zwölf Jahre jünger  als Peter Alexander – in den 1950er-Jahren  als Sissi die K.u.k.-Verklärungsindustrie  perfekt bedient hatte, entwickelte sich zu einer  der großen europäischen Schauspielerinnen;  sie wurde jedoch von den Brüchen  rund um 1968 und einem tragischen Schicksal  eingeholt: So verkörperte sie das Auf und  Ab einer Epoche, wohingegen Peter Alexander  quasi als einem Antipoden das statische  Element einer nicht differenzierenden Weltsicht  zuzuschreiben ist.

[{Image src='FUCH_WIEN_0217_13_X_3.jpg' class='image_right' caption='Show. Peter Alexander mit Anneliese Rothenberger und Johannes Heesters in der „Peter Alexander Show“ 1970.\\Foto: APA/DPA/Klar' alt='Peter Alexander' width='300' height='224'}]

Zehn Jahre nach Romy Schneiders Aufstieg  begann eines Udo Jürgens’ Karriere zu  greifen, dessen auch öffentlich sichtbare Lebensauffassung  ganz anderen Zuschnitts als die von Peter Alexander war. Mit „Merci  Chérie“ (1966) blieb der einzige je für Österreich  errungene Sieg beim Eurovision Song  Contest Udo Jürgens vorbehalten. 



!Unermessliche Popularität

Dennoch erreichte Peter Alexander gerade  in jenen Jahren als Sänger wie als Filmschauspieler  unermessliche Popularität:  Waltraud Haas, Conny Froboess oder der  niederländischen Kinderstar Heintje sind  nur einige der Partner der – je nach Standpunkt  – leichten oder seichten Muse, der  sich Peter Alexander verschrieben hatte.

Auch wenn sich in den 1960er-Jahren die  Jungen in die Fraktionen der Beatles-Verfallenen  und der Rolling Stones-Anhänger aufgespalten  hatten – in der (ein wenig) älteren  Generation herrschten die Peter-Alexander-Fans, denen die Udo-Jürgens-Bewegten  nicht grün waren und umgekehrt.

Doch selbst das Publikum mit hauptsächlichem  Faible für Pop- und Rockmusik kam  dem Schlagerstar nicht aus: Bei keinem  Schulball in der Provinz fehlte in den späteren  1970er-Jahren das „Kleine Beisl“ (das  bekanntlich auf dem bundesdeutschen Musikmarkt  zur „Kleinen Kneipe“ mutierte).  Und zu nämlicher Stunde schwang die Landjugend  das Tanzbein zu „Mandolinen um  Mitternacht“, die einen „um den Schlaf gebracht  hatten“, wie Peter Alexander in seinem  Gassenhauer „Pedro“ geträllert hatte.

1969 bis 1995 war die „Peter Alexander  Show“ in ORF bzw. ZDF on air; sie wurde stilbildend  für die TV-Unterhaltung – und fuhr  heutzutage unerreichbare Quoten ein: Bis zu  70 Prozent saßen vor den TV-Geräten. Das  Erfolgsrezept der „unbeschwerten Fröhlichkeit“  blieb auch für die Show bestimme– gepaart allerdings mit professioneller  Raffinesse: Peter Alexander und seine Showmacher  rund um Produzent Wolfgang Rademann  wussten, wie ihr Publikum zu fesseln  und etwa die Wiener Stadthalle zu füllen  war. Nachfahren von Carmen Nebel (ARD)  bis Florian Silbereisen (ZDF) können sich  nicht mit der handwerklichen Präzision der „Peter Alexander Show“ messen.

Sie kamen alle – Hochkultur wie die Protagonisten  der populären Genres: Christa Ludwig  sang Duett mit Peter Alexander, Konkurrent  Udo Jürgens war da und auch Falco,  Österreichs Pop-Exportschlager Nummer  eins. Letzteren parodierte Peter Alexander  auch selber aufs Trefflichste: Seichte, aber  wieder professionellst aufgezogene Parodie  wurde ein Markenzeichen der Show.

[{Image src='FUCH_WIEN_0217_13_X_4.jpg' class='image_left' caption='Abschied ORF-Programmintendantin Kathrin Zechner, Peter Alexander, Gattin Hilde, Tochter Susanne (v. li.) im Juni 1996.\\Foto: APA/Pfarrhofer' alt='Peter Alexander' width='300' height='224'}]

Man konnte sich da an einem gejodelten  Kanon zwischen Peter Alexander und  Montserrat Caballé delektieren, aus dem die  katalanische Primadonna fast ansatzlos in  die Rolling-Stones-Hymne „I can get no satisfaction“  überwechselte. Das gab es ebenso  wie eine hart an die Peinlichkeitsgrenze  anstreifende Wienertümelei (etwa die entsprechende  Vereinnahmung von Country-Legende Johnny Cash anno 1992). Aber  auch Harald Schmidt, das televisionäre  Lästermaul, verdiente sich als Blödler und  Stichwortgeber für Peter Alexander Sporen. 

!Zwei Fälle fürs Fremdschämen

Peter Alexander hat sich nach 1996 tatsächlich  aus der Öffentlichkeit zurückgezogen,  eine Konsequenz, die in einer publicitygeilen  Branche selten zu finden ist. Es wurde  mit dem Ableben von Hilde 2003 und dem  Unfalltod von Tochter Susanne 2009 zudem  ein überschatteter Lebensabend.

Nicht alle akzeptierten den Rückzug: Florian  Silbereisen, der erwähnte Epigone,  jammerte 2006 in seiner Show, Peter Alexander  habe nicht kommen wollen; also ließ  er ein angelndes Double des Stars dasitzen,  anschließend enthüllte er ein Peter-Alexander-  Denkmal. Ein Fall fürs Fremdschämen.

Das gilt auch für Thomas Gottschalks Ergüsse  in der Bild-Zeitung, wo der eben abgetretene  „Wetten, dass …“-Moderator schrieb:  „Peter, wir beide haben immer gewusst:  Timing ist alles in unserem Geschäft … Jetzt  haben wir das auch wieder ganz gut hingekriegt.  Ich habe am Samstag dem Mubarak  die Show gestohlen und Du mir am Sonntag  die Schlagzeile…“

Die Ära Peter Alexanders ging also schon  vor 14 Jahren unwiderruflich zu Ende. Es  war sein Tod, der das dieser Tage aufs Neue  ins Bewusstsein rief.



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[DIE FURCHE|http://www.furche.at] (Februar 2011)
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