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Meilenstein der Stahlerzeugung (Essay)#

Industriedenkmal hoch in den Alpen#


Text und Bilder von

Hasso Hohmann

Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von

ISG Magazin Heft 3 / 2004 (Internationales Städteforum Graz)


Kohlebarren in Turrach
Der untere Teil des Kohlebarrens in Turrach.

Der steirische Ort Turrach liegt 1269 m hoch nahe der Grenze zu Kärnten und gibt dem einige Kilometer weiter südlich und 1720 m hoch gelegenen „Turrach"-Pass seinen Namen. Das gesamte Gebiet gehört landschaftlich zu den reizvollsten Österreichs. In einer so schönen Landschaft erwartet wohl kaum jemand ein Industriedenkmal.

Aber schon 1662 wurde hier ein „Floßofen" errichtet und bis 1909 wurde in unterschiedlichen Verfahren und Bauwerken bei bzw. in Turrach Eisen abgebaut und verhüttet. Im 19. Jh. erregte Turrach dann in der Stahlerzeugung besonderes Aufsehen. Hier wurde im Jahr 1863 erstmals in Österreich, vielleicht sogar in ganz Europa, nach dem „Bessemer-Verfahren" Stahl erzeugt. Die originale Bessemer-Birne findet sich heute allerdings im Technischen Museum in Wien. Von den ehemaligen Industriebauten der Eisen- und Stahlerzeugung erhielten sich die Giesshalle, das Magazin und die Ruinen zweier Röstanlagen sowie der ehemaligen Bessemer-Hütte und des Kohlebarrens.

Die zwei schon stark durch Frost gefährdeten Ruinen der Erzröste wurden nun mit Dächern in Form von Rekonstruktionen der ehemaligen Dachabschlüsse ausgestattet und soweit saniert bzw. rekonstruiert, dass ihr Bestand gesichert ist und Besuchern von einer eingezogenen Bühne aus Sinn und Konstruktion der damaligen Röstvorgänge und dieses Gebäudes leichter erklärt werden können. Hinter einer Glaswand hat man ausserdem eine Schmiede samt Werkzeugen für die Weiterverarbeitung des in Turrach gewonnenen Eisens aufgebaut. Diese dürfte aber eher didaktischen als dokumentarischen Wert haben.

Die unter Verwendung von Förderungsmitteln des Steiermärkischen Revitalisierungsfonds gesicherten zwei Eisenerz-Röstgebäude werden künftig erholungsuchenden Touristen aus dem In- und Ausland zum Studium der Technikgeschichte offen stehen. So verbinden sich Freizeitgestaltung und Weiterbildung auf ideale Weise. Eine exemplarische authentische Rekonstruktion wenigstens eines der Röstöfen sollte überlegt werden. Der untere Teil des Kohlebarrens in Turrach.

Röstofenhalle
Bild links: Die zwei mit Dächern ausgestatteten Röstofenhallen von Turrach. Die Bauten wurden 1859/60 errichtet und umfassten in jedem Gebäude zwei Ofenreihen mit je fünf Schachtöfen, aus denen sich die „Wagner'schen Schachröstöfen" entwickelten. Von rückwärts auf einer höheren Ebene konnte das Erz herangeschafft und von oben in die Öfen gelassen werden.


Fundamente der Röstofenhalle
Bild rechts: Blick auf die aus Natursteinen gemauerten Fundamente der Röstöfen. Die eigentlichen Röstöfen, in denen das Erz mit Hilfe von Kohle oder Holzkohle geröstet wurde, gingen verloren. Dennoch sind die zwei Röstgebäude einzigartige Industriedenkmale. Das Rösten hatte den Sinn, bei Temperaturen etwas unter dem Eisenschmelzpunkt das Erz für den Schmelzvorgang vorzubereiten. Das Erz wird dabei getrocknet, von Kohlensäure befreit, in Eisenoxyd umgewandelt, sein Gehalt an Schwefel und flüchtigen Elementen oder Verbindungen verringert, das Erz wird aufgelockert und damit die Reaktionsoberfläche vergrössert. Das sind alles Eigenschaften, die für den künftigen Verhüttungs- und Schmelzvorgang günstig sind.