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Denken mit Geschichte#

Architekt Johannes Spalt starb nur wenige Tage nach seinem 90. Geburtstag#


Von der Wiener Zeitung (Dienstag, 5. Oktober 2010) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.


Johannes Spalt
Geboren 1920 in Gmunden, wurde Spalt vom gelernten Mauer zum gefeierten Architekten und Rektor des Angewandten
© Wiener Zeitung / APA

Der 90-Jährige war Mitglied in der "arbeitsgruppe 4". Einer der wichtigsten Architekten nach 1945#

Erst vor wenigen Tagen, am 29. September, hatte Johannes Spalt seinen 90. Geburtstag gefeiert. An Buchpräsentation und Fest im Architekturzentrum Wien (Az W) hatte der Architekt, der zu den bedeutendsten der österreichischen Architektur nach 1945 zählte, bereits nicht mehr persönlich teilnehmen können. Am Samstag (2. Oktober) ist Spalt, Mitglied der "arbeitsgruppe 4" und ehemaliger Rektor der Angewandten, gestorben. Mit seiner undogmatischen Verbindung von Tradition und Moderne hat Spalt ein vielfältiges bauliches Oeuvre hinterlassen.

Geboren am 29. September 1920 im oberösterreichischen Gmunden, studierte Spalt nach einer Ausbildung als Maurer 1937 bis 1941 an der Höheren Staatsbauschule in Salzburg und absolvierte von 1941 bis 1945 seinen Technischen Dienst bei der Luftwaffe. 1945 bis 1949 arbeitete er als freischaffender Architekt in Gmunden und Wien. 1949 bis 1952 studierte er bei Altmeister Clemens Holzmeister an der Wiener Akademie der Bildenden Künste. Gemeinsam mit Otto Leitner (bis 1953), Wilhelm Holzbauer und Friedrich Kurrent gründete Spalt die legendäre „arbeitsgruppe 4“, die nicht nur in der theoretischen Auseinandersetzung mit Architekturaufgaben die Moderne in Österreich vorantrieb, sondern mit der Pfarrkirche Salzburg-Parsch (1953–56) oder dem Kolleg St. Josef (Salzburg-Aigen, 1961-64) auch bewies, dass sie sich auch in der gebauten Praxis treu bleiben konnte.

Seit 1969 betrieb Johannes Spalt ein eigenes Atelier in Wien. Bis 1974 arbeitete er immer wieder mit Friedrich Kurrent zusammen und entwarf gemeinsam mit ihm etwa das Firmengebäude für Wittmann im niederösterreichischen Etsdorf (1964–66) und eine Z-Filiale in Wien-Floridsdorf (1971–74). Weitere wesentliche Bauten Spalts sind etwa die Salvatorkirche am Wienerfeld (1976–79), das Haus Draxler in Wien-Nußdorf (1988) oder der Ausstellungspavillon für den Bildhauer Wander Bertoni im burgenländischen Winden am See. Kontinuierlich beschäftigte sich der Architekt mit Fragestellungen von Details wie dem mobilen Möbel oder den kleinen Architekturen wie dem Salettl. Sein Credo für die spezifisch österreichische Versöhnung von Tradition und Moderne war das lebenslange "Denken mit Geschichte".

Vielfach ausgezeichnet#

Von 1973 bis 1987 war Spalt Professor und Leiter der Meisterklasse für Innenarchitektur und Industrieentwurf an der Wiener Hochschule für Angewandte Kunst, als deren Rektor er zwischen 1975 und 1979 fungierte. Von 1987 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1990 leitete er eine Architekturklasse mit Schwerpunkt Innenraumgestaltung.

Spalt wurde 1988 mit der Heinrich-Tessenow-Medaille, 1970 mit dem Architekturpreis der Stadt Wien, 1992 mit dem Mauriz-Balzarek-Preis und 2007 mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien ausgezeichnet. 1999 verlieh ihm die Österreichische Gesellschaft für Architektur die Ehrenmitgliedschaft und richtete eine Personale im Heiligenkreuzer Hof in Wien aus. Erst im März diesen Jahres widmete das Az W der "arbeitsgruppe 4" eine große Ausstellung. Im Residenz Verlag erschien anlässlich des 90. Geburtstages soeben das Buch "„Wahlverwandtschaften" mit Fotografien etlicher Bauten von Johannes Spalt.

Auch Kulturministerin Claudia Schmied würdigte Spalt: Sein Ableben "hinterlässt eine große Lücke in der Baukunst", so Schmied. Als Architekt habe Spalt es verstanden "als Modernisierer zu wirken, ohne mit guten Traditionen zu brechen. Er war ein bedeutender Wegbereiter der Architektur nach 1945". Auch der Wiener Planungsstadtrat Rudolf Schicker betonte Spalts "große Bedeutung für Wien". Als Architekt und Lehrer sei Spalt "über Österreich hinaus anerkannt" gewesen.

Wiener Zeitung, Dienstag, 5. Oktober 2010