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Der Ehrgeiz des Heereslieferanten#

Joseph Gottfried Pargfrieders Kleinwetzdorfer Heldenberg in Niederösterreich oder Wie man sich Feldmarschälle einkauft#


Von

Günther Jontes

Die Bilder wurden in den Jahren 1983, 1989 und 2001 durch den Verfasser aufgenommen. Sie sind Teil des Archivs „Bilderflut Jontes“


Als Heereslieferant, der der Armee in den Ungarn- und Italienfeldzügen der Monarchie Lebensmittel, Uniformstoffe und vor allem Schuhe geliefert hatte, war er zum Millionär geworden. Von unstillbarem Ehrgeiz gefangen, als Jude auch gesellschaftliche Anerkennung zu gewinnen, ließ er nichts unversucht, um sich der Öffentlichkeit als Wohltäter und Stifter eines ihm einzigartig dünkenden Denkmals zu präsentieren. Und letzteres ist ihm tatsächlich gelungen und hat bis heute den hausbackenen Charme des Versuchs eines militärischen Pantheons bewahrt.

Heldenberg

Joseph Gottfried Pargfrieder wurde um 1787 in Ungarn geboren. Seine jüdische Mutter hatte ihn als „lediges“ Kind zur Welt gebracht und Pargfrieder spielte sein Leben lang mit der Idee, ein Sohn „linker Hand“ des Kaisers Joseph II. zu sein. Dies lässt sich weder beweisen, noch widerlegen. Um als standesgemäß zu gelten, kaufte er 1832 das Schloss Kleinwetzdorf im heutigen Bezirk Hollabrunn. Und nun beginnt die Geschichte bunt zu werden. Österreichs damals berühmtester Heerführer war Feldmarschall Joseph Radetzky v. Radetz, der eine so gewaltige Spielschuldenlast angehäuft hatte, dass er dieser nicht mehr entrinnen konnte. Pargfrieder bewog ihn nun mit einem Vertrag, dass er sich nach seinem Tode bei ihm in einer Gruft begraben ließe und er ihm seine Schulden zahlte. Auf die gleiche Weise kaufte er sich den Feldmarschall Maximilian v.Wimpffen (+ 1854). Beide verbrachten nun einen gemütlichen Lebensabend auf Schloss Kleinwetzdorf und starben hier auch „vertragsgemäß“. Radetzky wurde unter Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph am 19. Jänner 1858 auf dem Heldenberg beigesetzt.

Der Volksmund hatte bald auch einen entsprechenden Spruch parat. Er lautete

Hier ruhen drei Helden in ewiger Ruh.

Zwei lieferten Schlachten, der dritte die Schuh.

Die Ambitionen Pargfrieders aber reichten weiter. Nach der Niederschlagung des ungarischen Aufstands 1848/49 durch die österreichische Armee, begann er mit der Planung und Errichtung eines Denkmals, das dieser siegreichen Armee und dem Hause Habsburg Glanzlichter aufsetzen sollte. Von seinem offenen und ehrlichen Wohltun profitierte nicht nur die Gemeinde Kleinwetzdorf. Er baute für diese Schulen, besorgte der Bevölkerung die nötigen Medikamente und half, wo er nur konnte, die grassierende Armut zu lindern. Er baute auf dem später Heldenberg genannten Areal auch eine Anstalt für zwölf Militärinvalide und setzte damit den Anfang für die heutige touristische Attraktion. Auf deren Säulenhalle liest man die Begründung dieser Stiftung: „Den würdigen Söhnen des Vaterlandes sei dieses Haus für ihre in den Jahren 1848 und 1949 bewiesene unerschütterliche Treue und heldenhafte Tapferkeit gewidmet“.

Heldenberg
Heldenberg

Davor erhebt sich die Statue eines geharnischten Ritters mit den Symbolen militärischer Macht und errungener Siege

Ritter
Ritter

Radetzky als die Hauptattraktion des Heldenberges steht als Ganzfigur vor dem Betrachter. In Händen hält er den Marschallstab, auf dem Sockel des Denkmals ist sein Wappen zu sehen, das im Schild einen Spaten zeigt.

Ihm gegenüber steht sein kaiserlicher Herr Franz Joseph, der sich auf ein Podest mit der österreichischen Kaiserkrone stützt.

Radetzky
Radetzky
Radetzky
Franz Joseph

Die ganze Anlage nimmt eine große Fläche ein, ist auf eine Achse ausgerichtet, die von der Säulenhalle bis zum Obelisken führt, unter welchem die Grabstätten liegen.

Vorplatz
Vorplatz

In mehreren Alleen und Rasenrabatten um hohe Säulen stehen 169 Standbilder als jeweiliges Brustbild von historischen Persönlichkeiten und tapferen, hoch ausgezeichneten Soldaten vom gewöhnlichen Schützen bis zum General.

Standbilder
Standbilder
Standbilder
Standbilder
Standbilder
Standbilder
Standbilder

In der Kaiserallee stehen die Büsten von römisch-deutschen Kaisern aus habsburgischem Geblüt.

Standbilder
Rudolf I. mit der römisch-deutschen Kaiserkrone
Rudolf I. mit der römisch-deutschen Kaiserkrone
Rudolf I. mit der römisch-deutschen Kaiserkrone
Rudolf I. mit der römisch-deutschen Kaiserkrone
Friedrich III. der steirischen Linie der Habsburger
Friedrich III. der steirischen Linie der Habsburger
Friedrich III. der steirischen Linie der Habsburger
Friedrich III. der steirischen Linie der Habsburger
Maximilian I. der „letzte Ritter“
Maximilian I. der „letzte Ritter“
Ferdinand II.
Ferdinand II.
Leopold I., der Wien 1683 im Stich ließ
Leopold I., der Wien 1683 im Stich ließ
Joseph II., der große Reformer
Joseph II., der große Reformer

Ihnen folgen historische Heerführer der Türken- und Franzosenzeit

Heerführer der Türken- und Franzosenzeit
Heerführer der Türken- und Franzosenzeit
Der Verteidiger von Wien gegen die Türken 1683 Rüdiger Graf Starhemberg
Der Verteidiger von Wien gegen die Türken 1683 Rüdiger Graf Starhemberg
Rüdiger Graf Starhemberg
Rüdiger Graf Starhemberg
Rüdiger Graf Starhemberg
Rüdiger Graf Starhemberg
Heerführer der Türken- und Franzosenzeit
Heerführer der Türken- und Franzosenzeit
Heerführer der Türken- und Franzosenzeit
Heerführer der Türken- und Franzosenzeit

Der Rangordnung bei den zu Pargfrieders Zeiten gegenwärtigen Generälen der beiden Feldzüge nach bis hinunter zu den einfachen Soldaten reicht die Folge der vielen Büsten.

Die Generäle und Offiziere im Ordensschmuck

Generäle und Offiziere im Ordensschmuck
Generäle und Offiziere im Ordensschmuck
Generäle und Offiziere im Ordensschmuck
Generäle und Offiziere im Ordensschmuck
Generäle und Offiziere im Ordensschmuck

Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges gab es in der k.u.k. Armee Tapferkeitsauszeichnungen getrennt für Offiziere und Gemeine. Die höchste Auszeichnung, die ein Nichtoffizier erringen konnte, war die Große Goldene Tapferkeitsmedaille, die auch mit einem Ehrensold bis in die zweite Republik hinein verbunden war. Etliche tragen auch noch das Kanonenkreuz aus der Zeit der Napoleonischen Kriege.

Tapferkeitsauszeichnungen
Tapferkeitsauszeichnungen
Tapferkeitsauszeichnungen
Tapferkeitsauszeichnungen
Tapferkeitsauszeichnungen
Tapferkeitsauszeichnungen
Tapferkeitsauszeichnungen
Tapferkeitsauszeichnungen

Den Truppen waren auch Feldgeistliche zugeordnet, die ebenfalls Tapferkeit im Felde bewiesen hatten und deshalb ausgezeichnet worden waren.

Tapferkeitsauszeichnungen
Tapferkeitsauszeichnungen

Die 169 Büsten aus Metallguss bestehen aus einer Legierung von Zink, Kupfer und Aluminium, vier sind aus Gusseisen. Drei Bildhauer waren an den Entwürfen beteiligt: A. Dietrich, J.B.Feßler und A. Rammelmeyer. Ursprünglich waren sie blank. Bei einer Restaurierung 1936 wurden sie aber in diesen Farbton gebracht, der den Anschein von Bronzegüssen erwecken soll. Der Gesamtcharakter hat aber trotzdem etwas Talmihaftes an sich und trägt dazu bei, dass man in dieser Anhäufung von Köpfen nur wenig Nobles spüren kann.

Pargfrieder begann mit der Anlage des Heldenberges zum Ruhme der österreichischen Truppen unmittelbar nach dem Ende des Feldzuges gegen die aufständischen Ungarn 1849, der diese so demütigte, dass erst 1867 ein politischer Ausgleich erfolgen konnte. Franz Joseph als König von Ungarn war im Lande verhasst.

Pargfrieder
Gründungstafel

Die Intentionen des Gründers gingen aber weiter. Seine Versuche, sich als Jude gesellschaftlich beim erbländischen Adel zu emanzipieren, führte so weit, dass er den ganzen Heldenberg 1858 dem Kaiser schenkte, der ihm dann wohlwollend die Nobilitierung zum „Ritter von“ gewährte und ihm sogar das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens verlieh. Eine besondere Freude daran scheint der Herrscher daran aber nie gehabt haben. Im Jubiläumsjahr 1908 schenkte er den Heldenberg weiter an die Armee. Nach dem Ende der Monarchie ging dieser dann an die Republik Österreich über, die ihn bis heute besitzt.

Pargfrieder, nunmehr „Ritter von Pargfried“, hatte mehrere Kinder. Eine Tochter heiratete sogar den Besitzer der Wienerberger Ziegelfabriken Heinrich Drasche v. Wartinberg, mit deren Produkten die Wiener Ringstraße erbaut wurde. Damit war der Millionär wieder ein wenig weiter auf der Leiter der Emanzipation hinaufgerückt. Kurz vor seinem Tode zerriss er alle Wechsel in seinem Besitz, entschuldete damit zwar alle seine Gläubiger, brachte aber seine Söhne um den größten Teil ihres Erbes.

Das historische Zentrum des Heldenberges ist natürlich die Grabstätte in der Krypta unter dem Obelisken. Alles wendet sich ihr zu.

Grabstätte in der Krypta
Grabstätte in der Krypta
Grabstätte in der Krypta
Grabstätte in der Krypta
Grabstätte in der Krypta
Grabstätte in der Krypta

Ein Genius mit gesenkte erlöschender Fackel symbolisiert den Ruhm der hier Begrabenen

Ein kunstvolles Tor öffnet sich. Betulich und hausbacken fordert Pargfrieder das wohlgesittete Benehmen der Besucher ein.

erlöschender Fackel
erlöschender Fackel
kunstvolles Tor
kunstvolles Tor
wohlgesittetes Benehmen
wohlgesittetes Benehmen

Eine steile Stiege geht es dann hinunter in die eigentliche Gruft mit ihren zwei übereinanderliegenden Krypten. Ruhmredig werden hier „schwarzgelb“ die militärischen Leistungen und Verdienste Radetzkys ausgebreitet. Die Republik lässt es sich nicht nehmen, ihn auch heute noch zu ehren.

Das Grabmonument nennt nicht nur, sondern zeigt auch die Großsterne der ihm verliehenen in- und ausländischen hohen und höchsten Orden.

Sein Wappen mit dem Spaten im Schild und der Kollane des Ordens vom Goldenen Vlies krönt die Inschrift.

In gleicher Weise geschieht dies mit Feldmarschall Maximilian von Wimpffen. Gekreuzt Marschallstäbe sind hier dem Wappenschild unterlegt.

Stiege in die eigentliche Gruft
Stiege in die eigentliche Gruft
Leistungen und Verdienste Radetzkys
Leistungen und Verdienste Radetzkys
Leistungen und Verdienste Radetzkys
Leistungen und Verdienste Radetzkys
Leistungen und Verdienste Radetzkys
Leistungen und Verdienste Radetzkys

Vor den gegenüber liegenden Nischen mit den beiden Marschällen führt eine Falltür in die untere, nicht zugängliche Krypta. Hier vollenden sich die Skurrilitäten um Josef Gottfried Ritter Pargfrieder v. Pargfried. Nach seinem Ableben wurde seine Leiche ohne Aufsehen mit einem Milchwagen zum Obelisken gebracht. In eine Ritterrüstung gehüllt und mit einem roten Schlafrock bedeckt, wurde er wunschgemäß sitzend bestattet. Seine Totenruhe wurde nur gestört, als 1945 marodierende Sowjetarmisten die Gruft nach Schätzen suchend erbrachen.

Schicksalsgöttinnen
Schicksalsgöttinnen

Im 20. Jahrhundert hat das sonderbare Leben Pargfrieders noch einen literarischen Reflex gewonnen. Der deutsche Schriftsteller Stefan Heym (1913-2001) schrieb im Jahre 1998 einen Roman mit dem Titel „Pargfrider“. Heym war 1933 nach den USA emigriert, war aber nach dem Ende des Dritten Reiches nach Europa zurückgekehrt und hatte sich in der sogenannten DDR niedergelassen. Zwar kam er dort ständig in Konflikte mit der politischen Führung, konnte aber schließlich noch vor der Wende sowohl im Osten, als auch im Westen publizieren. Nach 1989 machte er sich als unverbesserlicher Kommunist und politisch im Schoße der PDS gelandet gegen die Wiedervereinigung stark, hielt dort als Alterspräsident des Bundestages eine skandalöse Rede und verschwand dann im Orkus der Geschichte. Seinem Roman über Pargfrieder muss aber Gerechtigkeit verfahren. Er ist gut.

Sterblichkeit und Unsterblichkeit, Ruhm und Vergessenwerden, wie nahe liegt dies doch beieinander! Der eine will sie so, der andere wieder anders erreichen. Menschliches Schicksal liegt nun einmal in höheren Händen, nennt man sie nun göttlich oder chaotische Verknüpfung der Zufälligkeiten.

Pargfrieder hatte auch daran gedacht und Sorge für eine Skulpturengruppe der antiken Schicksalsgöttinnen der Parzen getragen. Da sitzen und stehen sie nun und haben den Faden des menschlichen Lebens in den Händen: Atropos „die Unabwendbare“, Klotho „die Spinnerin“und Lachesis „die Zuteilerin“.