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Erzherzog Johann: Vordenker und Visionär#


Von Professor Dr. Johannes KOREN

Der Text dieses zeitlosen Referates, das Professor Koren anlässlich der Vollversammlung der Wirtschaftskammer Steiermark am 1. Juni 1999 hielt wurde von Professor Koren dem Austria-Forum freundlicher Weise zur Verfügung gestellt. Für diese umfangreiche Ergänzung der Informationen, die sich unter der Biographie von Erzherzog Johann finden, danken wir Professor Koren herzlich.
H. Maurer im Namen der Hauptherausgeber

Ich bin mir sehr wohl der Ehre bewusst, als Mitarbeiter dieser Kammer vor dem Parlament der steirischen Wirtschaft über unseren Gründungspräsidenten Erzherzog Johann Baptist von Österreich, sprechen zu dürfen.

Ich werte diese Auszeichnung als Zeichen dafür, dass das jetzige Präsidium der Wirtschaftskammer im Geiste des steirischen Prinzen um den Wert der Mitarbeiter weiss, um das unschlagbare Kooperationsmodell - gewählter Funktionär / angestellte Mitarbeiter, die sich als interessensvertretende Manager verstehen und nicht als beamtete Verwalter.

Der Versuch sei erlaubt, ein ganz persönliches Bild des grossen Habsburgers Erzherzog Johann zu zeichnen, das ihn und seinen Geist in diesen Raum zaubert und zeigt, wie viel von seinem visionären und gleichzeitig realistischen Denken und Handeln hereinwirkt in unsere Zeit, eine Zeit, die gerade heute wieder von Aufbrüchen einer Art gekennzeichnet ist, die wir kaum erahnen konnten.

Es ist das Schicksal großer Geschlechter, dass nicht immer der Beste und Begabteste aus einer Generation auch der Älteste ist, dem die Ämter ganz an der Spitze zufallen. Das muss für diesen Besten kein Unglück sein, auch wenn es so scheinen mag. Für viele andere aber, ja für ein ganzes Land, kann es zum unerwarteten und rettenden Glück werden.

So ist es bei uns in der Steiermark geschehen, als Erzherzog Johann Baptist von Österreich, hierher kam als jener Habsburger, dessen menschlichen, charakterlichen und vorausblickenden Zuschnitt man nicht nur unter den Mitgliedern seines Geschlechts lange suchen wird müssen. Mit ihm kam ein Notwender und Visionär, der väterliche Freund des Volkes und seine Stütze in materieller und geistiger Hinsicht ins Land. Als er kam, war die Steiermark arm wie nie. Noch aus der Türkenzeit her ausgeblutet und von den Franzosenkriegen in jüngerer Zeit geistig und materiell völlig am Boden.

Und der junge Mann, 1782 im Palazzo Pitti in Florenz geboren, trug eine Substanz in sich, die gewachsen war aus dem grossen Beispiel, das ihm sein Vater Leopold, der Bruder Kaiser Josef II., gab, von dessen Offenheit, Güte, Hilfsbereitschaft und visionärer Kraft die Florentiner noch heute schwärmen, und die weiterwuchs unter der sorgenden Hand seiner grossen Schweizer Lehrer, Müller und Mottet, die ihn lehrten, mit dem Kopf und dem Herzen zu denken. Sie lehrten ihn, offen zu sein und rastlos tätig für die anderen. In unserer Zeit, in der nicht nur in der Politik die Dankbarkeit keine Kategorie ist, tut es gut, aus den Tagebüchern des Erzherzogs zu zitieren, was er über seine beiden Lehrer niedergeschrieben hat. Über Mottet: "Er gab meinem Herzen die wahre Richtung, ich werde ihm nie vergessen, was ich ihm zu danken habe, so ein Freund ist unschätzbar." und über seinen anderen Lehrer:"Nie vergesse ich Müllern, was er an mir getan, dass er mir Liebe dazu gab und wenn die Vorsehung bestimmt hat, dass ich etwas leiste solle, und ich leiste es , so ist der Grund darin zu suchen, nämlich dass ich in früheren Jahren durch die Stimme dieses Mannes später durch seine Schriften aufgeweckt wurde."

Es passt zu diesem von des Volkes Gnaden zum steirischen Prinzen erhobenen Mann, dass er die bürgerliche Postmeisterstochter Anna Plochl gegen den Willen des Hofes zur Frau nahm, wie es typisch für das ist, was in ihm schon ganz früh zum Keimen gebracht wurde, dass nämlich sein Vater als Großherzog von Toskana einen Pflegling des Armenhauses von Florenz und einem Kapuzinerpater unbekannten Namens als Taufpaten für sein dreizehntes Kind auswählte, eines Kindes dem er den Namen Johann Baptist gab.

Johann kam in die Steiermark, als sie darniederlag wie niemals vorher und er kam in dieses Land wie er selber niederschrieb: "Einen Stützpunkt zu finden, wo er seine Hebel einsetzen konnte und um wachsam zu sein für das Wohl der Leute." Er kam durch den für die Steiermark glücklichen Umstand, dass er bis 1833 nicht in sein geliebtes Tirol durfte, weil der Kaiser seine in jeder Hinsicht wirkende Unruhe fürchtete und seine mit Andreas Hofer gemeinsam geschmiedeten Pläne sich in einem Alpenbund zu erheben, der einen allgemeinen grossen Aufstand gegen Napoleon zum Ziel hatte. Dieses Aufenthaltsverbot brachte ihn als Privatmann zu den Steirern , von denen er überzeugt war, dass sie - ich zitiere - "gemeinsam mit den anderen Alpenvölkern das beste in unserem erschöpften, veralteten und verdorbenen Weltteile sind." In Stunden der Hoffnung und des Optimismus denke ich, es ist noch heute so, und ich stelle mir vor, wie notwendig und schön es für uns ist, von diesem Potential hinauszustrahlen in den grossen Raum des Europa der Regionen und vor allem in die Länder, die jetzt so vehement in die EU drängen.

Johann kam als Privatmann, ausgestattet mit ganzen 24.000 Gulden Jahresapanage und einigen Gütern im Lande. Er kam mit wenig Geld, aber er schenkte der Steiermark das kostbarste, was er hatte: Seine Liebe, seinen Einsatz, sein tätiges Leben für die anderen. Er hat nicht lange gefackelt, sondern angefangen, als Innovator, Visionär und Vordenker das Land in seinen ihm innewohnenden Kräften aufzuwecken, es zu neuem Leben zu bringen, hat es aufgerufen und bewegt, seinen Notstand zu beseitigen.

Er hat zunächst damit begonnen, den Hunger zu bekämpfen, indem er unter anderem die "Kartoffelunterstützungsanstalt" errichten liess, um besonders in ertragsarmen Gegenden die Grundlage für die Nahrung zu schaffen. Nach der Bekämpfung des körperlichen Hungers begann er, jenen in den Köpfen zu stillen, als er 1811 als geistigen Mittelpunkt des Landes sein Joanneum schuf, als Stätte der Wissenschaftspflege und des Unterrichts, das sich weiter in Lehranstalten entwickelte wie der Technischen Hochschule in Graz, die heute nach ihm "Erzherzog Johann Universität" heisst oder zum Beispiel in der Montanuniversität in Leoben. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Wiedererrichtung der Grazer Universität, die zum Lyceum degradiert worden war, seinem Einsatz beim kaiserlichen Bruder zu danken war, weshalb sie auch den Namen Karl-Franzens-Universität trägt, nach ihrem ursprünglichen Gründer Karl II. von Innerösterreich und ihrem Wiederbegründer Kaiser Franz, dessen Standbild im Zentrum des Freiheitsplatzes steht.

Wie umfassend seine Aktivitäten für das Land waren, die immer unter dem Grundmotto "Wirtschaft und Kultur gehören zusammen" gestanden sind, das wir in unserem Hause noch heute mit grosser Freude weiterpflegen, zeigt zum Beispiel seine Aktivität zur Gründung des steiermärkischen Musikvereins im Jahre 1815, die uns auch den grossen Humor des unikalen Habsburgers offenbart, der in einem Brief an den damaligen Landeshauptmann Ferdinand Graf Attems aus dem Jahre 1819 zum Ausdruck kommt.

Es heisst da:

"Ich wollte Donnerstags wegreisen und musste bis Samstags bleiben und dies wegen etwas, wovon ich wenig verstehe, es ist wegen dem Musikverein, wo ich nunmehr Protector bin. Wenn es nach dem Sprichworte gehet, welches sagt, wem Gott das Amt giebt, dem giebt er denVerstand, so werde ich noch ein gewaltiger Virtuose werden, und wenn nicht auf irgend einem ausgezeichneten Instrument, doch vielleicht auf der Maultrommel oder dem Hackbrettl. Soviel ich in einer mit dem Ausschusse gehaltenen Sitzung ersehen konnte, stehet die Anstalt gut, nur hinket es bey der unter sich uneinigen Leitung. Aber ich muss ihnen etwas vortragen. Es ist die Bitte, die ich als Protector im Namen meines Musikvereines mache an ihnen als Vorsteher der Stände um Benützung des Redouten Saales zu den Concerten. Verdorben wird an der Mahlerey weniger als bey den Bällen und Redouten, der Platz ist der angemessenste, umsomehr da auf dem Haus grossmächtig geschrieben steht: laetitiae publicae und wahrlich ist eine gute Musik oft eine grössere laetitia publica als ein schlechter Pudelball. Ich sprach darüber mit de Gouverneur, der meine Meinung theilt. Er hängt von ihnen ab, meine Bitte zu gewähren, umsomehr da jedermann dieses billigen (wird), dem Saale kein Schaden widerfährt und sollte dieses der Fall seyn, es an der Zeit ist, von Seiten der Herren Stände mit dem Musikverein eine Rücksprache zu treffen."

Man fühlt sich unwillkürlich an jene Dinge erinnert, die sich in unseren Tagen bei Maturabällen in Congress oder bei großen Festen im Schloß Eggenberg ereignen und immer wieder zu Schwierigkeiten und Protesten führen.

Aber zurück von diesem "Exkurs" in die Kultur: mit allen seinen Taten und Werken setzte er seine Visionen für Menschen um, denen es besser gehen sollte und die in Frieden miteinander leben, gebildet und offen für das Schöne, eine bessere Zukunft haben sollten. Zur Grösse dieses weitsichtigen Habsburgers gehörte es auch, dass er genau wusste, dass er allein nichts ausrichten konnte, und dass er sich daher von Anfang an mit den hellsten Köpfen des Landes umgeben musste, und mit den Künstlern, die er überall hin mitnahm, nicht nur zur Dokumentation, sondern auch zur künstlerischen Erbauung und Weiterbildung seines geliebten Bergvolkes. Und er hat diese hellen Köpfe nicht nur um sich geschart, um sich als hellster unter ihnen in den Mittelpunkt zu setzen, sondern um von ihnen die Kraft zu ziehen, die er brauchte, um gepaart mit seinem Durchsetzungsvermögen, die wichtigen Taten für seine Steirerinnen und Steirer zu setzen. Sie waren bei ihm überall, wo es galt, heilsame Unruhe zu stiften, durch und in all seinen Gründungen.

Erzherzog Johann dachte umfassend. Zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse rief er 1818 den Leseverein, die heutige Landesbibliothek ins Leben und etwas später das steiermärkische Landesarchiv. Wieder auf wirtschaftlichem Gebiet gehört auch die Grazer Wechselseitige zu seinen Gründungen. Abgesehen von all seinen grossen Bemühungen um die Landwirtschaft durch Gründung von Mustergütern bis hinunter ins heutige Slowenien war er der Urheber der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in der Steiermark.

Doch nun der Sprung in unser Haus: auch wir können uns auf ihn als Gründer berufen. Im Jahr 1837 gründete nämlich Erzherzog Johann den "Verein zur Förderung und Unterstützung der Industrie und Gewerbe in Innerösterreich."

Er war der Motor der Industrie- und Gewerbeausstellungen schliesslich der Industrieausstellung für Innerösterreich im Jahre 1838. 1850 war es schliesslich soweit, dass er im Haus Herrengasse 3, dem gemalten Haus als Präsident an die Spitze der Industrie- und Gewerbekammer trat.

Neben diesen für die gesamte Steiermark wirtschaftlich so wichtigen Gründungen und deren Folgeinstitutionen leistete er auch einen höchst persönlichen Einsatz auf seinen Studienreisen durch Frankreich, Belgien und besonders England, wo er sich Anregungen und Erfahrungen für die sich anbahnende industrielle Entwicklung in die Heimat mitnahm. Er war nicht nur ein aufmerksamer persönlicher Beobachter, der sich Aufzeichnungen und Skizzen machte und so, wenn man es überspitzt formulieren wollte, zu einer Art "Industriespion" wurde, er war auch das, was wir heute getrost als den ersten Aussenhandelsdelegierten bezeichnen könnten. Bei seinen Reisen in die Länder am schwarzen Meer und noch weiter bahnte er Handelsbeziehungen an, die bis in die Zeit nach dem ersten Weltkrieg den Markt in Russland und im vorderen Orient offengehalten haben.

Unsere Gedanken werden sofort in die Richtung unseres Wirtschaftsförderungsinstitutes gelenkt, wenn wir daran denken, was der steirische Prinz zur Ausbildung der jungen Handelsleute und Handwerker zunächst durch den steirischen Gewerbeverein beitrug und dann durch die daraus erwachsenden Baugewerbeschulen, Staatsgewerbeschulen, die Handelsakademien und so weiter.

Wie konsequent und von grossem Wissen getragen unser Gründungspräsident dachte, zeigt das gerade in unseren Tagen so aktuelle Beispiel der Semmeringbahn , weil er es war, der die Bahnverbindungen zwischen der Reichshauptstadt Wien mit Triest entgegen den Wiener Plänen über die Steiermark durchsetzte und der Ghega in alle Welt schickte, um jene Kenntnisse zu erwerben, die ihn befähigten, die Semmeringbahn in ihrer heutigen Gestalt zu erbauen. Er war es, der durch Offiziere seines Geniekorps die Trasse vermessen hat lassen und der schliesslich und endlich den Bau der Bahn auf der heutigen Strecke durchsetzte. Es war ihm auch gegönnt, in Vertretung seines kaiserlichen Bruders das steirische Teilstück bis Mürzzuschlag zu eröffnen.

Gerade die Trassenführung auf diesem Wege und der damit verbundene Schriftverkehr lässt mehr als erahnen, wie weitblickend und global Erzherzog Johann dachte, als er am 26. März 1825 an den Grafen Saurau in Graz schrieb:

"Allein für den Handelsmann, der gleich jenen der früheren Zeit in Deutschland und Venedig, wo der Handel blühte, frey von dem jetzigen Krämergeist, in die Zukunft blicket, entfaltet sich nicht allein eine mögliche, sondern auch dem Gange der Welterzeugnisse wahrscheinliche Zukunft. Wenn einmal Egypten selbständig einen blühenden Staat bilden sollte, wozu es mit grossen Schritten fortschreitet, wenn Ostindien sich von dem Mutterstaate trennen, die Griechen ihre Unabhängigkeit behaupten, die Carawanen aus dem inneren Africa nach den Häfen Tripolis und Tunis beliebter werden sollten, und Ostindien über das rothe Meer durch Egypten nach Europa zu handeln vorziehen sollte, dann tritt der Moment ein, wo Triest durch die leichte, kurze und wohlfeile Verbindung mit Hamburg einer der Hauptplätze des Handels werden kann, und manches was bey den jetzigen Verhältnissen die weite Seefahrt vorziehet, bey verminderten Kosten die kürzere und sichere, grösstentheils zu Lande vorziehen wird. Für diese vorbereitet zu seyn, um dann den Augenblick zu fassen und festzuhalten, erheischet, dass tätig an die Ausführung der so wichtigen Verbindung zwischen der Donau und Triest Hand angelegt werde. Ihnen, bester Graf, lege ich diesen Gegenstand in die Hände, durch Beförderung desselben kann etwas sehr grosses geschehen, welches meines Erachtens den Dank der späthen Nachkommenschaft fesseln muss."

Wie sehr es ihm die heutige Nachkommenschaft dankt, können wir oft in den Zeitungen nachlesen.

Im Hinblick auf die in seinen Tagen beginnende erste Industrialisierungswelle in der Steiermark ist es notwendig, auf die Gründung der "Radmeisterkommunität" in Vordernberg hinzuweisen, in der er die Gewerken dazu brachte, ihre bisher gesondert und sehr unterschiedlich ausgewerteten Anteile am Erzberg zu einem gemeinsamen Eigentum zusammenzulegen und nach dem neuesten Stand der Bergwissenschaft rationell bearbeiten zu lassen. 1881 geht die Radmeisterkommunität in die österr. Alpine Montangesellschaft über, deren Generaldirektor Dr. Rupert Roth Präsident der Handelskammer von 1946 bis 1969 war.

Das sind einige Beispiele aus der geistigen und politischen Hinterlassenschaft des steirischen Prinzen, die in engster Bindung mit seiner Heimat vollbracht wurden, zum Segen der Steiermark, ihrer Wirtschaft und aller ihrer Bewohner.

Es darf aber auch nicht vergessen werden, dass dieser grosse Habsburger noch einmal durch seine Wahl zum Reichsverweser in seiner weit über Österreich hinaus geschätzten Bedeutung bestätigt wurde. Als letzter Vertreter des Hauses Habsburg wird er noch einmal an die Spitze eines Staatenverbandes gerufen, der zwar nicht den Buchstaben der Verfassung, aber seiner Gesinnung nach eine Wiederkehr des alten heiligen Reiches sein wollte und der in der Intention Johanns als Kern und Kristallisationspunkt einer europäischen Ordnung gemeint gewesen ist. Sein Scheitern ist bekannt. Nach seiner Heimkehr aus Frankfurt übernimmt er nur noch ein Amt, nämlich jenes des ersten gewählten Bürgermeisters von Stainz. Mit diesem Schritt beweist er, dass ihm ganz klar ist, dass man immer wieder von unten her und von vorne beginnen muss und kann, dass es besser ist zu pflanzen und zu hegen, als zu bezwingen und dass es nicht auf die Weite eines Wirkungsfeldes ankommt, sondern auf die Redlichkeit der Gesinnung, mit der man in einem noch so kleinen Kreis in der Gemeinschaft und Gemeinde seine Pflicht erfüllt. In Liebe verbunden zieht er wieder seinen grauen steirischen Rock an und schreibt an seine Stainzer Gemeindebürger, die ihn gewählt haben: " Der Beweis eures Vertrauens ehrt mich und ich zögere keinen Augenblick, die Wahl anzunehmen. Wir wollen ernstlich und aufrichtig und beharrlich die Aufgabe lösen, welche uns von unserem Kaiser und seiner Regierung gegeben ist. Als Beispiel dessen, wie eine Gemeinde sein soll: Durch einträchtiges Zusammenwirken, durch Treue und Ordnung jenen Frieden erreichen, ohne welchen nichts gedeihet für euer und eures Vaterlandes Wohl." Wie gut passen hier die Sätze aus seinem Tagebuch vom 21. Dezember 1844 her: "Wie irrig, wer glaubt, die Überlegenheit der Politik bestehe in der grossen Feinheit, Betrug, usw... Nach meiner Meinung sehe ich sie in der Richtung, die wahre Lage zu erkennen, die Folgen zu berechnen und dann die zweckmässigsten und zu ihrer Ausführung die besten Massregeln zu treffen. Wer darinnen den besten Blick hat, der hat die Überlegenheit. Hier lässt sich die Ehrlichkeit vertragen."

Tätigsein für die anderen, Sinn stiften und bessere Lebensbedingungen waren seine Ziele und er wusste, dass dies nicht ohne Bildung, ohne permanente Weiterbildung funktionieren kann.

Kehren wir mit diesem Bild unseres Gründungspräsidenten im Kopf und in den Herzen in dieses Haus zurück, dessen Existenz und Wichtigkeit er vorhergesehen haben muss und die sich bis heute bewahrheiten.

Schlagartig wird uns klar werden, welch wichtige Funktion und welche Bedeutung in den Augen dieses Mannes die Institution einer einheitlichen Wirtschaftskammer haben musste, war ihm doch bewusst, dass die besten Ideen und Visionen nur mit vereinten Kräften umgesetzt werden können. Es war ihm klar, dass eine einheitliche Interessensvertretung das starke Herz einer freien und funktionierenden Wirtschaft sein muss, einer Wirtschaft, ohne die nichts geht. Das darf uns ruhig auch heute bewusst sein und in seinem Geiste gilt es, zu erkennen, dass diese Institution nur funktioniert und ihre Aufgaben erfüllen kann, wenn alle, die Grossen, die Mittleren und die Kleinen, zusammenhalten und mit geballter Kraft die Interessen ihrer Mitglieder vertreten, schlußendlich zum Wohle aller in einem Umfeld, in dem es immer schwieriger, aber auch immer chancenreicher wird. Der Satz "Es ist nicht Zeit, uns auf das Ende vorbereitet vom Fernsehen betäuben zu lassen, es gibt noch so viel zu tun", könnte von Erzherzog Johann stammen, hätte es das Fernsehen damals schon gegeben. Es stammt aber vom großartigen Kardinal Carlo Maria Martini aus Mailand, dem gute Aussichten nachgesagt werden, der nächste Papst zu sein, was für die katholische Kirche in ihrem derzeitigen Zustand fürwahr ein Segen wäre.

Aber zurück in unsere weltlichen Gefilde. Ich weigere mich, den banalen Satz "Erzherzog Johann, schau oba!" nachzuplaudern, weil ich ihn schlicht und einfach für entbehrlich und für einen falschen Ansatz halte. Ich glaube vielmehr, dass wir gut beraten wären, zu ihm und seinem visionären Lebenswerk aufzuschauen und uns seinen Grundregeln entsprechend zu verhalten. Stolz können wir schliesslich sagen: wieviele Einrichtungen auf dieser Welt gibt es schon, die einen Gründer haben, der so weit vorausgedacht und so guten Samen in seine Schöpfung gelegt hat. Zum Handeln in seiner Gesinnung sind wir alle aufgerufen, die gewählten Funktionäre und die Mitarbeiter unserer steirischen Wirtschaftskammer, jeder an dem ihm zugemessenen Platz, egal aus welcher weltanschaulichen Ecke er kommt. Die Qualität einer Idee und deren optimale Umsetzung zum Wohle aller ist das Alleinentscheidende.

Wir sind aufgerufen, jenen den Kampf anzusagen, die immer zuerst mit dem "Ja, aber" zur Stelle sind, jener Verhindererpartie, die hinhaltenden Widerstand, begleitet von Indolenz und Bequemlichkeit leistet, gegen alles, was uns weiterbringt.

Unser Platz muss, wenn wir den Geist des steirischen Prinzen und unseres Gründungspräsidenten nur ein wenig ernst nehmen, auf der Seite jener sein, bei denen Erzherzog Johann immer gestanden ist, nämlich auf der Seite jener, die bereit waren und sind, die Herausforderung der Zukunft mit aufgekrempelten Ärmeln, mit offenem Geist, mit Visionen statt Zeitgeistereien und unternehmerischen Einsatz sowie Risikofreude anzugehen und zuzupacken. Dann braucht uns nicht bange sein vor den Zeiten, die kommen. Wir dürfen unseren Gründungspräsidenten nicht auffordern, herunterzuschauen, auf jenen Haufen von Bremsern und Verhinderern, die gemeinsam den Klub der Verlierer bilden. Es gilt vielmehr, in Achtung vor seinem Werk, das er in diesem Land mit wenig Mitteln, nicht zu bremsendem Einsatz, unerschütterlich und konsequent vollbracht hat, in Achtung vor diesem Werk für die Steiermark und nicht zuletzt für unser gemeinsames Haus, die Wirtschaftskammer weiterzuwirken. In dieser Gesinnung ist es an uns gelegen, uns einzubringen, ohne Angst vor Globalisierungsfallen wo immer, im Vertrauen auf unser Können und dem Mut, Neues anzupacken ohne das Alte wegzuwerfen. Alle Kraft der Steiermark mit klarem Blick nach vorne und einem fundierten Wissen über die Basis, auf welcher alle unsere Bemühungen gründen, muss die Parole sein, unter der wir uns anschicken, ins nächste Jahrtausend zu gehen. Die nach uns kommen, werden es uns danken.

Glück auf !