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350 Jahre Prinz Eugen#

Ein Herakles der Kunstsammler#


Von der Wiener Zeitung (Freitag, 18. Oktober 2013) freundlicherweise zur Verfügung gestellt

Von

Brigitte Borchhardt-Birbaumer


Das Belvedere öffnet das Winterpalais in der Himmelpfortgasse.#

Philipp Ferdinand de Hamiltons 'Drei Gemsen und eine Amsel'
Philipp Ferdinand de Hamiltons "Drei Gemsen und eine Amsel" aus 1722.
© BelvederePhilipp Ferdinand de Hamiltons "Drei Gemsen und eine Amsel" aus 1722.Belvedere

Nach 160 Jahren als Finanzministerium wandelt sich zum 350. Geburtstag des Prinzen Eugen von Savoyen sein - ab 1696 durch Johann Bernhard Fischer von Erlach erbautes und dessen Konkurrenten Lucas von Hildebrandt erweitertes - Stadtpalais zum Museum. Das Belvedere wird zu seinen Standorten diese barocken Prunkräume bespielen und 40 Jahre nach Hannes Androschs Initiative zukünftig auch wieder Gegenwartskunst auf 1500 Quadratmeter einziehen lassen. In dessen Zeit als Finanzminister fällt eine teilweise Öffnung nach Restaurierungen 1969 mit der Ausstellungsreihe "Konfrontationen". Vorerst warten aber Winter- und Sommerpalais mit einer übergreifenden historischen Schau zum Leben des ersten Hausherrn auf.

Fünfjährige Restauration des Bundesdenkmalamts#

Das Palais wurde fünf Jahre durch das Bundesdenkmalamt restauriert und dabei ist neben dem schönsten barocken Stiegenhaus von Wien die mit damals hochmodischen Grotesken verzierte Decke der etwas tiefer liegenden Sala terrena freigelegt worden: eine wirkliche Sensation, da hier der Geschmack des Prinzen ohne spätere Eingriffe wie im Piano nobile sichtbar wird. Zwischen bunten Ranken, Ornamenten und einfarbigen Medaillons tummeln sich neben Eroten ein Löwe, das Flügelpferd Pegasos und der antike Tugendheld Herakles, mit dem sich der in Paris 1663 geborene Prinz Eugen identifizierte. Dieser Mythos spielt in erhaltenen wie nicht mehr vorhandenen Deckenfresken und der zentral am Aufgang postierten Statue von Giovanni Giuliani, einer ehemaligen Brunnenfigur sowie in den zahlreichen vergoldeten Tür- und Fensterrahmungen des Groteskenspezialisten Jonas Drentwett die tragende Rolle.

Bildung durch 15.000 Bücher#

Eugenio von Savoy, wie der Hausherr dreisprachig seine Dokumente unterzeichnete, war als zweiter Herkules kein Aufschneider, er nützte die fürstlich-barocke Ikonografie eines christlichen Feldherrn im Dienst von drei Kaisern, weil Herakles als ein Vorgänger von Christus betrachtet wurde. Ganz nach klassischer Bildung, angeeignet aus 15.000 Büchern, die heute im Prunksaal der Nationalbibliothek aufbewahrt werden, sind daneben Pegasos wie der brüllende Löwe Zeichen der Unsterblichkeit. Zum intellektuellen Spiel des sich philosophisch auf die stoische Schule eines Marc Aurel berufenden Prinzen zwischen Natur- und Kunstwissenschaft passt auch die parallel in zwei Sälen des Oberen Belvedere ab Samstag präsentierte Schau zur Menagerie des Prinzen. Sie umfasst Bilder und Stiche zum ersten Zoo in Wien, vor allem von Philipp Ferdinand de Hamilton und Franz Werner Tamm.

Die Einrichtung hat seine ungeliebte Nichte Victoria von Savoyen 1736 in alle Richtungen "verscherbelt", ein paar Leihgaben aus Turin holen Tapisserien und Gemälde, aber auch einige wenige Waffen und Möbel bis zum Frühjahr zurück; verborgen bleibt freilich die unter den Zwischendecken späterer Saloneinbauten freigelegte Deckenmalerei der Galerie von Louis Dorigny zum Thema "Raub der Oreithyia" - die Gemälde von Guido Reni oder Peter Paul Rubens sieht man nur mehr in den Stichen Salomon Kleiners; das ehemalige Goldkabinett wurde von Kaiserin Maria Theresia, der Käuferin der Schlösser des Prinzen, großteils abgebaut. Ignace-Jacques Parrocels Schlachtenbilder zu den wichtigen Türkenkriegen von Prinz Eugen, des unter Leopold I. vom Leutnant - auch mit viel diplomatischem Geschick neben kriegerischen Erfolgen - zum obersten Feldherrn aufgestiegenen Flüchtlings des französischen Hofs, sind zwar in den Tanzsaal, vormals erster Bibliothekssaal, umgehängt. Zusätzlich sind noch einige repräsentative Porträts vorhanden, die Leihgaben aus dem Belvedere von Jacob von Schuppen, Johann Gottfried Auerbach oder Pierre Mignard sind wichtige Ergänzungen.

Paradeschlafzimmer ohne Original-Himmelbett#

In Kapelle und Tafelzimmer sind zu den französischen und italienischen Künstlern unter Prinz Eugen auch österreichische Vertreter der Akademie, eventuell auch Franz Anton Maulbertsch zu finden. Im ehemaligen Paradeschlafzimmer steht mangels des originalen Himmelbetts ein mit türkischen Motiven an die Siege des Prinzen erinnerndes Prunkbett. Und die Wachsbüste der Nichte Victoria in ihrer krassen Realistik erinnert daran, dass auch der "edle Ritter" als "hässlicher Gnom" oder "Mars ohne Venus" verunglimpft wurde.

Wiener Zeitung, Freitag, 18. Oktober 2013