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Woran ich aus dem Apostolischen Glaubensbekenntnis glaube, nicht oder nur beschränkt glaube – und woran ich zusätzlich glaube#

Von

Manfred Ortner

Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 114/2014


Vorbemerkung der Herausgeber:#

Immer wieder erreichen uns Zuschriften, in denen das geltende Apostolische Glaubensbekenntnis der Kirche als nicht zeitgemäß und keineswegs mehr geeignet angesehen wird. Ortner hat sich der Aufgabe unterzogen, diese Kritik auszuführen und sein persönliches Credo darzulegen.

Wir geben dem gern Raum, selbst wenn sich hier naturgemäß neben Erhellendem einiges Diskussionswürdiges findet. Es geht ungeachtet dessen darum und wir betrachten das auch als sehr wichtig, dass solche Gedanken ausgedrückt werden und dass darüber “weitergedacht“ (Titel der Leserbriefsammlungen) wird.

Der Glaube ist heute, wie Paul M. Zulehner betont, „bunt“ geworden. Einen von der Kirche genormten, dem alle gewissenhaft folgen, gibt es so gut wie nicht mehr. Auch wo bei bestimmten Gruppen „katholischer“ Glaubenseifer herrscht, findet sich erst recht oft seltsame Glaubenspraxis. Somit ergibt sich ein wichtiges und unbeackertes Feld rund um den biblischen Weingarten des Herrn, das nach einer Dürreperiode wieder fruchtbar gemacht werden könnte!

Vorbemerkung des Verfassers:#

Vorerst eine Gratulation und ein großes Danke für die Mühe der Zusammenstellung christlicher Gedanken und der Reaktionen darauf. Der diesbezügliche Arbeitsumfang wird ja weiterhin eher zunehmen, doch ebenso werden dies die unschätzbaren Werte, die sich für immer mehr unserer Brüder und Schwestern daraus ergeben.

Der folgende Beitrag ist auch als Reaktion auf die (doch sehr polemischen) Ausführungen von DDr. Schachinger (S. 16 der Aussendung der Leserbriefe des Jänner 2014) und die m. E. schön formulierten und überzeugenden von Dr .Rieder (S. 19) zu verstehen.

Zunächst als Eingangsbemerkungen: #

  1. Die Worte des Glaubensbekenntnisses stammen nicht aus dem Mund Jesu, sondern aus menschlichem, dem der “katholischen und apostolischen“ Kirche.
  2. Credo oder non credo bedeutet, dass ich überzeugt bin oder nicht, und diese Überzeugungen durch – möglichst sogar objektiv feststellbare – Erlebnisse bestärkt werden.
  3. Es ist eines der größten Wunder, dass sich die Worte und Berichte der Taten von Jesus Christus trotz deren Aufzeichnung erst nach rund 2 Generationen und trotz mangelnden menschlichen Verständnisses und trotz menschlicher Hinzufügungen im Laufe der Geschichte so „wunderbar“ erhalten haben, dass ein Glauben daran möglich ist!

„Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde,...“#

Wir Menschen sind Gotteskinder, wir denken in Polarität, entweder männlich oder weiblich u.v.m., weshalb es uns schwerfällt, ein Sowohl als Auch zu akzeptieren. Gott ist als Beziehungspunkt der Menschen meiner Überzeugung nach Vater und Mutter. Zur Zeit Jesu und unter dem Einfluss des männerbetonten Judentums war die Liebe und Bindung nur an eine Person, einen Vater (Monotheismus) offenbar wirksamer. „Himmel und Erde“ kann man (schon wieder polares Denken!) entweder als Himmel = geistig, Erde = materiell interpretieren. Oder aber als Himmel alles, was nicht Erde ist, inklusive aller (materiellen) Himmelskörper des Kosmos. Beide Interpretationen erscheinen unzureichend. Gott ist m.E. Schöpfer und Lenker, Ordner, von allem, was ist, des gesamten Kosmos in seiner geistigen und materiellen Manifestation.

„...und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn...“#

„Eingeboren“ lässt zwei Bedeutungen zu: „Ein = einzig“, und „-geboren = von einer menschlichen Frau zur Welt (d.h. auf die Erde) gebracht. Beide erscheinen mangelhaft: Meiner Überzeugung nach konnte oder hatte Gott im Laufe der jahrhunderttausende Jahre (?) währenden Menschheitsgeschichte nicht nur dieses einzige Mal einen Menschen (männlich oder weiblich) wirken lassen, der vollständig mit und in Gott lebte und daher auch Gott war, auf unserer Erde. Auch sind alle als Gottes Ebenbild geborenen Menschen Söhne und Töchter Gottes, wenn auch nicht so perfekt mit Gott verbunden wie Jesus. Dem Wort „Herr“ haftet zu viel beengtes Ge-dankengut aus einer patriarchalischen, hierarchisch geprägten Zeit an. Treffender wäre z.B. „unseren Meister, unser Vorbild“, o.ä.

„...empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria...“#

Die schon vor dem Christentum bekannte These, dass ein Gottmensch ohne vorherige Sa-menabgabe des Geschlechtsorgans eines Mannes sich als Embryo entwickeln und als fertiges Baby den Mutterleib verlassen kann, ist, so glaube ich, eher ein epiteton ornans als eine Voraussetzung für den Glauben an die wunderbare Heilsbotschaft Jesu. Ebenso erscheint es unerheblich, ob Maria vor ihrer Empfängnis noch Jungfrau mit dem unversehrten Hymen noch nicht geschlechtsreifer Mädchen oder einfach nur eine junge Frau war oder nicht.

„...gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben.“ #

So historisch verlässlich diese Aussage ist, so enttäuschend erscheint es mir, an die erfreuliche Geburt Jesu die doch mit sehr negativen Gedanken besetzten Worte Leiden, Kreuzigung, Sterben und Begräbnis gleich anzuhängen. Kein Hinweis darauf, dass wir auch an sein erfreuliches Leben auf Erden, seine Liebe zu den Menschen und die daraus folgenden Lehren, Liebestaten und Wunder glauben dürfen!

„...Hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten...“#

Der Glaube an ein ewiges Leben bezieht sich auf Geist (oder „Seele“). Die Materialisation des Geistes in einem Körper hat jedoch einen Anfang und daher auch ein Ende, die einander bedingen. Was oder gar wo ist das Reich des Todes, in das man hinabsteigen – wohl ohne Körper – kann? Von den Toten auferstehen bedeutet offenbar den Wiedereintritt der Seele Jesu in seinen drei Tage lang abgelegten Körper. Die vom Katechismus hiezu gegebenen Erläuterungen erscheinen mir nicht befriedigend.

„...aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes des allmächtigen Vaters...“#

Nach den Worten Jesu ist „Gott Geist… und soll im Geist… angebetet werden“. Himmel ist ja kein Ort, sondern ein Zustand. Mit Körper kann man fahren und sitzen, als Seele fährt und sitzt man nicht und da gibt es auch kein Links und Rechts. Wann hat Jesus seinen Körper mit den Wundmalen auf Erden gelassen, vor oder nach der „Himmelfahrt? Hierüber fehlt eine verlässliche Auskunft.

„...von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.“#

Orts- und Zeitangaben sind hier irreführend. Jesus ist ja immer hier und bei uns. („Ich bin bei Euch alle Tage…“) Nach meinem Glauben richtet Gott oder Christus nicht, sondern lässt den Menschen die Kausalität erkennen. Nach dieser folgt auf gute, gottgemäße Gedanken und Werke Gutes, für den Menschen Erfreuliches, auf schlechte, gottferne, egoistische Gedanken und Werke hingegen Leiden. Jesus Christus ist also der Maßstab, nach dem sich der Mensch richten soll, sich also dann selbst richtet – (in der zweifachen Bedeutung!). - In den asiatischen Religionen, die ja älter als das Christentum sind, wird diesbezüglich Karma und Wiedergeburt leicht fasslich dargestellt. Die Hypothese, dass sich Jesus während jener Zeit seines Erdendaseins, über die die Evangelien nichts berichten, mit buddhistischem Gedankengut vertraut gemacht hat, erscheint mir gar nicht so unglaubwürdig. Durch den Opfertod Jesu wird dieser „Gerichtsprozess“ erheblich erleichtert. Ob dies an Lebenden oder Toten, also an Menschen noch im Körper oder nicht mehr im Körper geschieht, ist unerheblich. Das Bild des Richters, der nach strengem Gesetz unbarmherzig richtet, passt zu dem mosaischen Bild eines zürnenden, rächenden, strafenden Gottes, das ja gerade Jesus beseitigen wollte!

„Ich glaube an den Heiligen Geist, die Heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen...“#

Ich glaube nicht, dass Vater, Sohn und Heiliger Geist drei, wenngleich einige, Personen sind, sondern vielleicht eher die uns Menschen wichtigsten Erscheinungs- oder Ausdrucksformen Gottes.

Außerdem bedauere ich, dass alle drei in der aus dem Judentum übernommenen Vorrangstellung des Mannes männlichen Geschlechtes sind, wo doch Gott beiderlei – oder keinerlei – Geschlechts ist; und Jesus, wie aus vielen Textstellen ersichtlich, Mann und Frau zwar nicht gleichartig, jedoch absolut gleichwertig und gleich würdig angesehen hat. Subjektiv empfinde ich den Heiligen Geist meist als göttlich weiblich (wie die Ruach des jüdischen Glaubens).

An die Heilige katholische Kirche glaube ich, wenn überhaupt, nur in einer äußerst eingeschränkten Bedeutung des Wortes „heilig“. Die historischen und heutigen Verbrechen, die Vertretern dieser Kirche zuzuschreiben sind, stehen ihren geschichtlichen und nunmehrigen, zweifellos heilbringenden Taten gegenüber. Muss man deshalb die gesamte Kirche heilig nennen?

Ich glaube an Heilige als Menschen, die sich als völlig gottkonform entwickelt haben und als solche allen Geschöpfen Gottes in Liebe und hilfreich zur Verfügung stehen. Da ich auch an Reinkarnation glaube, – (an keiner Stelle der Evangelien finde ich einen Hinweis, wonach Jesus deren Existenz geleugnet hätte) – glaube ich, dass das Leben als Entwicklungsprozess alle Menschen dereinst zu Heiligen machen wird. „Gemeinschaft der Heiligen“ erscheint mir als Pleonasmus, da der Mensch, wenn er den Nächsten liebt wie sich selbst, natürlich immer auch in Gemeinschaft mit anderen ist.

„...Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten, und das ewige Leben. Amen.“#

Ich glaube an eine Vergebung von Sünden (wie immer man dieses Wort interpretiert, vielleicht „Hindernis auf dem Wege einer zügigen Höherentwicklung?“) und an ein ewiges Leben in vielfältiger Form. Wenn man mit „die Toten“ Menschen bezeichnet, die (vorübergehend!?) ihren Körper wie eine alte Kleidung abgelegt haben, ergibt sich aus allem oben Gesagten zwangsläufig auch der Glaube an die Auferstehung, nicht nur Jesu, sondern aller Menschen.

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Woran ich zusätzlich glaube (und nach diesem Glauben leben will!):#

An die Macht der Liebe, wie sie Jesus vorgelebt hat.

An Reinkarnation (s. oben zu „...Heiligen...“ und „...richten...“).

An viele Ratschläge und Lehren Buddhas, die mit einem wahren Christentum durchaus vereinbar sind, ja dieses oft wunderbar ergänzen. (Diese im Detail anzuführen, würde den Rahmen dieses meines „Glaubensbekenntnisses“ wohl sprengen!)

An Engel: Sie sind, so glaube ich, völlig gottkonforme Individuen ohne physischen Körper. Sie können aber einen solchen, vor allem menschenähnlichen, jederzeit vorübergehend wahrnehmbar machen, um Menschen und anderen Lebewesen ihre Anwesenheit zu demonstrieren. Freudig wollen sie stets anderen Lebewesen auf deren Weg zu Gott helfen. Da sie hierbei den freien Willen der Menschen immer respektieren, können sie nur über eine ausdrückliche Bitte des Menschen tätig werden.

An Entwicklung vor allem von einer niedrigen zu einer höheren Stufe. „Leben“ befindet sich ja immer in Entwicklung, in Bewegung.

An den Vorrang des Geistigen vor dem Materiellen

An Wunder, was sich aus dem oben Gesagten ableitet.

Dr. Manfred Ortner war rd. 30 Jahre lang österreichischer Diplomat in mehreren Ländern und lebt derzeit in Wien als Botschafter i. R.