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DER REGENSCHIRM#

Wien
Regenschirm/Graupp

Der Regenschirm ist ein Gegenstand den man mit Vorliebe irgendwo zurücklässt oder ganz einfach vergisst. Meist landet er im Fundbüro und kehrt selten zu seinem Besitzer zurück.

Im August 1896 feierte der Regenschirm sein 100 jähriges Jubiläum. Dessen Vorfahre scheint wohl der Sonnenschirm gewesen zu sein der die Menschen vor der Sonnenglut schützen sollte.

Im alten Indien haben wir aller Voraussicht nach den Erfinder des Schirms, speziell des Sonnenschirms. Schon in alter Zeit war hier der Sonnenschirm das Abzeichen der königlichen Würde. In Hindostan fungierte als solches ein Schirm mit siebenfachem Aufsatz, derselbe findet sich eingraviert auf dem königlichen Siegel. In der Ramoayana und in der Mahabharata ist bereits des Schirmes Erwähnung getan. Die Fürsten von Puna und Sattara führten den Titel: „Herrscher des Sonnenschirms“ und es wird berichtet, dass einer der hervorragendsten Titel des Herrschers von Ava lautete; „König des weißen Elefanten und Herrscher der 24 Sonnenschirme“.

Wie in Indien, so finden wir in Persien den Sonnenschirm in alten Zeiten als Abbild der königlichen Würde. Auf vielen Basreliefs, lange vor der Zeit Alexanders des Großen, sieht man den Schirm in der Hand des Fürsten, besonders dann, wenn ein Urteil gesprochen wird, oder das Schicksal des gefangenen Feindes entscheidet. Die Bewegungen des Schirmes verkündeten den Opfern, ob sie sterben oder weiter das Licht des Tages genießen sollten.

All diese Schirme die im alten Griechenland gefunden wurden, dienten nicht dem Schutz gegen den Regen. Es wird sogar angenommen, dass die griechischen Schirme zu religiösen Zwecken dienten.

In der Blütezeit der griechischen Kultur sehen wir den Sonnenschirm bereits in den Händen der Damen.Männer weigerten sich ihn zu tragen. Anakreon betont, dass der Schirm ein Abzeichen des verweichlichten und ausschweifenden Lebens sei. Aristophanes sagt in den „Rittern“ „Seine Ohren öffneten und schlossen sich nach Art eines Schirmes“

Durch die Handelsbeziehungen mit den Griechen lernten die Juden nun den Sonnenschirm kennen.

Das Geburtsland des Regenschirmes scheint China zu sein, wo er sich noch heute eines ganz besonderen Gebrauchs erfreut, denn dieser wird selbst bei Schönwetter bei sich getragen. Auch bei den Japaner wird der Schirm sehr geschätzt.

Im alten Rom kann der Gebrauch des Regenschirms festgestellt werden. Nach Plinius wurde der Sonnenschirm aus Campanien eingeführt, um die Zuschauer auf dem Forum und im Zirkus gegen die Sonne zu schützen, aber auch in Bädern und Promenaden bediente man sich seiner. So zeigt Ovid in den „Fasten“ wie Herkules seine Omphale mit einem Schirm gegen die Strahlen der Sonne schützt.

Was den römischen Regenschirm betrifft bestand dieser aus Leder. Mit dem Untergang der alten Kultur dürfte der Regenschirm mit beteiligt gewesen zu sein.

Der Gebrauch des Schirms geriet völlig in Vergessenheit.Statt diesem wurden Regenhüte für Männer und Regentücher für die Frauen modern.

Nach einer langen regenschirmlosen Zeit zeigen sich erste Spuren wieder in Italien, wo man seinen Gebrauch wohl den Forschern der römischen Kultur verdankt.

Als wirklichen Gebrauchsgegenstand finden wir den Regenschirm erst im 17. Jahrhundert, und zwar in Frankreich, wo er sich, wie fast jede Form des Komforts, zuerst einbürgerte. Benutzt wurde er ausschließlich nur in den Händen der Damen bei Hof. Der Regenschirm war damals ein äußerst ungeschicktes schweres Ding, das mehr als drei Pfund wog, und dessen Fischbeine eeinw Länge von mehr als 80 cm aufwiesen.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde der Regenschirm auch in England bekannt. Daniel Defoe schildert in seinem 1718 erschienen „Robinson Crusoe“ Buch, wie dieser einen Schirm anfertigt, dessen Modell er in Brasilien gesehen hat. Er trug ihn bei jeder Witterung.

In Deutschland wird dieser Gebrauchsgegenstand noch sehr selten benützt. Das ist jedoch ein Irrtum, denn im Großen Universal Lexikon wird über den Parasol berichtet. Der Parapluye so genannt, bei Regenwetter wird der Schirm durch eine gewachste Leinwand überzogen.

In Frankreich erreichte bald Verbreitung, auch in den unteren Schichten. Bald wurde es Mode nicht ohne Regenschirm unterwegs zu sein.

Völlig populär wurde der Schirm in der Zeit vor der Revolution, denn damals bürgerte sich der große rote Serge-Regenschirm bei den Höcker- und Fischweibern den „dames de la halle“ ein, die dieses Attribut bis zum heutigen Tag beibehalten haben,

Ein bedeutender Tag war für den Schirm der 23. Juni 1789 da wurde er zum Schützer des dritten Standes gegen den strömenden Regen als sie im königlichen Hof des Schlosses ausgesetzt waren. Bald wurde der Regenschirm bei Demonstrationen oder anderen Aufständen auch als Waffe eingesetzt.

Einst hatte der Regenschirm bittere Anfeindungen zu überstehen, bevor man seinen Wert erkannte.

John Hanway war so mutig sich in London mit einem Schirm zu zeigen. Er wurde sogleich mit Lächerlichkeit verfolgt, obwohl er ein Wohltäter und ihm viel zu verdanken war, das schien vergessen zu sein. Nach wenigen Wochen verebbte der Spott, als man sah, wie sicher vor dem Regen John Hanway dahin schritt.

Bald erkannte man wie wichtig und unentbehrlich dieser Regenschirm geworden ist, das begriff auch bald die Industrie. Die Sänftenträger in Paris witterten sofort die Gefahr und es kam zu einem Aufstand. Der Aufschwung war unerwartet groß, zugleich auch die Patentanmeldungen.

Im Jahr 1827 zählte man in Paris 115 Schirmfabrikanten, die ungefähr für 4 Millionen Francs Geschäfte machten. Der Umsatz im übrigen Frankreich stieg auf 7 Millionen. 1847 gab es neuerlich eine bedeutende Steigerung. So gab es jetzt in der Seine Stadt 303 Schirmfabrikanten die 1200 Arbeiter beschäftigten und einen Umsatz von 10 Millionen brachte. Trotz des Krieges mit Deutschland hatte kaum Auswirkungen auf die Industrie. So konnten die Franzosen im Jahr 1882 153.231 seidene, 23.217 Alpacca- und 585.395 Baumwollschirme ausführen. Hauptabnehmer waren die Untertanen des Sultans.

England und Deutschland haben inzwischen aufgeholt und waren zu Gegnern der Franzosen geworden.

Ein Dr. Spans führte den Regenschirm zuerst in Edinburgh ein, der Wundarzt Jameson erschien 1781 zuerst damit in Glasgow. In Österreich und Wien waren Regenschirme damals noch eine Seltenheit so zahlte man einst für einen Regenschirm 25 Gulden und derzeit bekommt man diesen bereits für 4 bis 5 Gulden.

In neuester Zeit versuchte man Schirme anzufertigen die man in der Tasche verstauen konnte, doch die Versuche schlugen fehl.

Der Regenschirm kann auch eine Last werden, darum ist die Erfindung des Taschenschirms zu begrüßen, um diesen unsichtbar in einer Tasche verborgen mitzunehmen. Zusammengeklappt ist der Schirm kaum 34 cm lang.

Selbst in der Poesie und Dichtung erringt der Regenschirm seinen Platz.

QUELLEN: Südsteirische Post, 13. Mai 1899, Agramer Zeitung, 13. August 1896, Pilsner Zeitung, 19. Oktober 1872, Ill. Technik, 1926, H 49/8, Österreichische Nationalbibliothek ANNO.

https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Historisches_von_Graupp