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DIE RATHAUSBIBLIOTHEK#

Rathaus
Bibliothekssaal

1922: Die Bibliothek der Stadt Wien wurde im Jahr 1858 gegründet, nachdem ihre Vorgängerin der Hofbibliothek zugeteilt worden war. Sie sammelte als administrative Bibliothek der großen Gemeinde einerseits besondere Literatur, die kommunalen Interesse dienen kann, Finanz und soziale Wissenschaft, Pädagogik, Hygiene usw., betreffend, andererseits aber von jeher Wiener und auf die Wiener bezügliche Dichtungen, und auf letzterem Gebiet ist sie der Vollständigkeit sehr nahe gekommen. „Pflichtexemplare“ bekommt, sind alle ihre Bücher entweder durch Ankauf oder Schenkung erworben, d. h. heute weit über 68.000 Exemplare, ferner noch eine Reihe kostbarer handschriftlicher Nachlässe, wobei die Namen Anzengruber, Bauernfels, Nestroy, Eitelberger, Nissel genügen um die hohe Marke festzustellen.

Durch den Besitz all dessen, was Grillparzer ungedruckt hinterlassen hat – Katharina Fröhlichs unschätzbares Vermächtnis ist es zum Ausgangspunkt der von Sauer geleiteten großen kritischen Ausgabe des österreichischen Klassikers gekommen.

Im Jahr 1921 wurde die Bibliothek um 466 Werke erweitert, teils durch Ankauf, teils durch Spenden. Eine überaus wertvolle Bereicherung bilden die Bände des nur in vier Exemplaren existierende Theaterstückes „Vier Narren in einer Person“ von Joh. Fr. Müller 1770, die als Spende eingingen. Auch die Handschriftensammlung wurde um einiges vermehrt, und zwar um 65 Stück. Die Witwe nach dem Hofrat Dr. Maresch widmete der Bibliothek ein umfassendes Konvolut von Briefen Ferdinand Saars, durch Legat fiel der Bibliothek das Manuskript des Werkes „Aus berühmten Theaterkreisen der Vergangenheit!“ von Max Waldstein zu.

Das Handschrifteninventar weist 32.907 Nummern auf, wovon über 23.000 Briefe namhafter Persönlichkeiten sind. Das Inventar der Musikaliensammlung erfuhr eine Vermehrung um 51 Drucke. Die wertvollste Erwerbung bildeten das Manuskript von Franz Schuberts Fantasie für Violine und Klavier, Op. 159, 2. Teil, nicht erwähnt wird, dass die Bibliothek das größte Schubert-Archiv der Welt besitzt, ferner der Ankauf des musikalischen Nachlasses Franz Josef Zierer. Die Töchter Eduard Kremsers spendeten handschriftliche Kompositionen des Komponisten Freiherrn von Hahn Werke genealogischen und historischen Inhaltes aus dem 17. und 18. Jahrhunderts. Auch befinden sich Manuskripte und eine große Anzahl von Briefen Ferdinand Raimunds im Bestand der Bibliothek.

Sehenswert ist die „Kriegssammlung“, die nicht nur alle heimischen, sondern auch sehr viele ausländische Kriegsbücher umfasst. Außerdem gibt es eine große Anzahl von Bänden in denen Ausschnitte aus allen Zeitungen gesammelt sind, die alle markanten Ereignisse der Kriegsjahre nach Materien geordnet, aufweisen. Die einzige vollständige Ausgabe der „Wiener Zeitung“ seit dem Jahr 1701 ist ebenfalls vorhanden.

Schwierig gestaltet sich der Besuch der Bibliothek, die während des Krieges überhaupt geschlossen war. Der Lesesaal hatte bis vor wenigen Tagen durch die viele Millionen verschlingenden Bauten im Rathauskeller jede Benutzungsmöglichkeit verloren, denn nicht nur die Beheizung war ausgeschlossen, er befand sich ständig in „Kalkweiße“ und hätte eine eigene Person gebraucht, um den Boden und – die Besucher von der Schichte zu reinigen. Daher waren die Leser, die sich meistens aus Forschern, Gelehrten und studierender Jugend zusammensetzen, gezwungen, in den Büroräumen der Beamten zu lesen, deren Liebenswürdigkeit es wohl zu danken ist, dass sie das überhaupt gestatteten. War es wirklich wichtiger, den Rathauskeller durch Separees auszubauen als Intelligenzlern eine Stunde bildender Lektüre zu verschaffen?

Im Jahr 1921 wurden insgesamt für 4250 Personen 8592 Werke ausgehoben (11.899 Bände), davon wurden 2703 Werke (3564 Bände) entlehnt.

Außerdem existiert noch eine geheime, der Öffentlichkeit nicht zugängliche pornographische Bibliothek, die über 500 Werke umfasst und zum Teil einer der Stadt Wien im Jahr 1902 vom Schriftsteller Hermann Löhner gemachten Spende entstammt, die nicht nur dramatische Schriften in allen Sprachen, sondern auch zahlreiche Schriften zur Geschichte Venedigs am Ausgang des 18. Jahrhunderts und insbesondere auch die französische und italienische Memoirenliteratur des 18. Jahrhunderts enthält. Diese ganz für sich abgeschlossene Sammlung erfuhr eine ansehnliche Ergänzung durch die im Jahr 1900 der Bibliothek vermachten Werke des Privaten Eduard Nikola.

Im Jahr 1913 war für die Bibliothek eine jährliche Dotation von 10.000 Kronen ausgeworfen, die bis zum Jahr 1921 bis auf 100.000 Kronen stufenweise erhöht wurde. Für das Jahr 1922 sind vierhunderttausend Kronen veranschlagt, bei welcher Summe an Neueinkäufe wohl kaum zu denken ist, da die abonnierten, in wissenschaftlichen Fortsetzungen erscheinenden Hefte diesen Betrag fast verschlingen werden! Bedenkt man den täglichen Millionenwirbel im Rathaus, so ergeben sich auch in diesem Punkt symptomatische Folgen des gegenwärtig in der Stadtverwaltung herrschenden Geistes.

Das historische Museum der Stadt Wien erfuhr im Jahr 1921 eine Bereicherung von 65 Nummern, denen 180 Objekte entsprechen. Im Jahr 1913 war ein Zuwachs von 419 Posten mit 945 Gegenständen zu verzeichnen.Unter den Spendern im Vorjahr sind Susanne Dingelstedt, Crespi, Ferdinand Eckhardt, Bildhauer Fritz Halle, Malerin Regine Kreidl, Karl Menger, Fürst Johann von Liechtenstein usw. zu nennen. Vermächtnisse fielen zu von Antonie Gänsbacher, Kinsky, Hofrat Steindachner u. a. Für Ankäufe standen 25.000 Kronen zur Verfügung. Es wurden eine Bronzegussplakette des Bürgermeisters Reumann von S. Charons und das Puppentheater der Familie Heinrich Anschütz erstanden. Vom 31. Jänner bis 26. März l. J. Musste das Museum wegen Heizungsschwierigkeiten geschlossen bleiben. Im ganzen Jahr wurden 69.199 Besucher gezählt, von denen 25.132 auf die Beethoven Ausstellung entfielen, die zur 150. Geburtstagsfeier des großen Tondichters vom 16. Dezember 1920 bis zum 30. Jänner 1921 geöffnet war. Drei große Säle waren diesem Zweck gewidmet. Die Ausstellung wurde in erster Linie aus Beständen der städtischen Sammlungen bestritten. Zahlreiche Bildnisse, Handschriften, Noten, Drucke usw. ergänzt durch Stücke von privater Seite, bildeten das Material der hochinteressanten Sammlung. Eine kleinere Ausstellung fand zu Ehren des 25. Gedenktages des Komponisten Bruckner statt, die sich ebenfalls regen Besuches erfreute.

1937: Die Stadt Wien hat die Sammlung des verstorbenen Gelehrten und Sammlers Max von Portheim angekauft und wird sie im Laufe dieser Woche in die Rathausbibliothek transportieren lassen. Dort wird der 300.000 Zettel umfassende Katalog aus der Zeit Maria Theresias und Josephs II., aufgestellt und zur Benutzung sogleich freigegeben. Der Portheim Zettelkatalog ist in jahrzehntelanger Arbeit hergestellt worden, stellt für alle Forscher der theresianischen und josephinischen Epoche ein nicht mehr wegzudenkendes Nachschlagewerk dar.

QUELLEN: Neues Wiener Tagblatt 10.August 1937, S 4, Wiener Montags Journal 8. Mai 1922, S 3, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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