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HEINRICH LAMMASCH#

Minister
Hofrat Dr.Heinrich Lammasch, Wr.Bilder

Als das besiegte Österreich in St. Germain vor seine Überwinder trat, hatte es einen Mann, den sie nicht für einen aktiven oder passiven Mitschuldigen des Berchtold und Tisza hielten: Heinrich Lammasch. Inmitten der ärgsten Kriegsphychosen hatte das feindliche Ausland diesen Mann noch geachtet; dies gar nach seiner schönen Rede im Herrenhaus. Nichts lag näher, als dieses Ansehen des ausgezeichneten Friedensfreundes auf der Friedenskonferenz im Interesse unseres bedrängten Volkes wirken zu lassen. Als man hörte, Lammasch werde die deutschösterreichische Delegation nach Paris begleiten, war man bei uns sehr befriedigt. Man dachte, der anerkannte Friedensfreund Lammasch werde bei der Entente manches erreichen können, die die Österreicher nun einmal als die Urheber des Weltbrandes ansah und hasste.

Tatsächlich wurde Lammasch von der Pariser Presse sehr respektvoll behandelt. Zu einer Zeit, da die Boulevardblätter von kleinen Bosheiten über die Delegation strotzten, las man nie ein abfälliges Wort über den ehrwürdigen alten Mann. Er galt der Ententepresse als eines der Häupter der Delegation; es schien selbstverständlich, dass er in ihr den größten Einfluss habe.

Aber leider war dem nicht so.Man hatte den unbegreiflichen Fehler begangen,Lammasch nicht als Delegierten, sondern nur als Beirat für völkerrechtliche Fragen zu entsenden. An dem Tag, da im Schloss von St. Germain die Friedensverhandlungen überreicht wurden, suchten aller Augen vergeblich den schönen Greisenkopf, dessen Bild in St. Germain in den Schaufenstern hing: Lammasch war nicht im Saal, da sein offizieller Rang in der Delegation ihm nicht erlaubt hätte, unter den drei Hauptdelegierten zu sitzen.

In aller Stille reiste der alte kranke Mann ab.....

Am 7. Jänner 1920 kam aus Salzburg die Nachricht, dass Heinrich Lammasch am Vortag einem Schlaganfall erlegen ist.

Lammasch war am 21. Mai 1853 in Seitenstetten geboren, war Zögling des Schottengymnasiums, habilitierte sich nach Abschluss seiner Studien 1878 an der Wiener Universität für Strafrecht. 1882 wurde er außerordentlicher Professor und 1885 als ordentlicher Professor an die Innsbrucker Universität berufen. Neben Strafrechtspflege lehrte er auch Rechtsphilosophie und Völkerrecht, welch letzterem Fach er sich dann ausschließlich zuwandte. Im Jahr 1899 wurde er als Ordinarius an die Wiener Universität rückberufen, an der er bis zu seinem im November 1914 erfolgten Rücktritt vom Lehramt wirkte. Auf der Haager Friedenskonferenz war Dr. Lammasch, der mittlerweile den Titel eines Hofrates erhalten hatte, juristischer Beirat der österreichischen Abordnung; später wurde er Mitglied des Haager internationalen Schiedsgerichtshofes. Im Juli 1910 präsidierte Dr. Lammasch dem internationalen Schiedsgericht, das über die zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamerika und England strittigen Fischereirechte in der Hudsonbai zu entscheiden hatte, und dem Orinoko-Streitfall zwischen Venezuela und den Veriniten Staaten, hat Lammasch einen entscheidenden Einfluss ausgeübt. Seit September1899 war Hofrat Dr. Lammasch Mitglied des früheren österreichischen Herrenhauses, wo er wiederholt Gelegenheit fand, seine legislatorische Begabung zu bewähren. So war er bei der Novellierung des Strafgesetzes Berichterstatter. In der letzten Zeit der Monarchie wurde Dr. Lammasch, der schon vorher vielfach im Sinne einer Ausgleichung der Gegensätze zwischen den Nationalitäten des ehemaligen Reiches tätig war, an die Spitze eines Ministeriums berufen, um womöglich durchB Überführung seiner Anschauungen in die praktische Politik den Zerfall hintanzuhalten. Allein die Ereignisse, insbesondere die adtVorgänge auf den Kriegsschauplätzen, waren schon zu weit fortgeschritten, als dass sich seine Wirksamkeit noch hätte erfolgreich gestalten können. 1911 wurde Lammasch durch die Verleihung des taxfreien Bürgerrechtes der Stadt Wien ausgezeichnet und ist auch Besitzer des Ehrenzeichens für Kuns und Wissenschaft.

Während des Krieges war all sein Streben auf Erringung eines Verständigungsfriedens gerichtet. Er unterhielt Verbindungen mit Gleichstrebenden aller Länder, fuhr in die Schweiz, las Noten und Berichte immer nur im Urtext und trachtete, das Völkerversöhnende gegen das Völkerverhetzende hervorzuheben, und hielt am 28. Februar nach der Erklärung Czernins seine bedeutsame Rede im Herrenhaus. Ein Sturm der pöbelhaftesten Angriffe seitens der Auersperg eintrug

Im Oktober 1918 wurde Lammasch zur Bildung des sogenannten Liquidierungsministerium berufen, dem die Aufgabe zufiel, den Übergang zu einer Neugestaltung zu bilden. Nach der Ausrufung der Republik zog er sich nach Salzburg zurück.

Dazu die Arbeiter Zeitung: „Das Bild, das die deutsche Gelehrtenwelt nach dem Kriegsausbruch bot, war ungemein peinlich, geradezu widerstandslos hatten sich die deutschen Gelehrten in den Dienst des Krieges gestellt. Den Krieg zu verherrlichen, seine Ausschreitungen, selbst die schändlichsten, zu verteidigen, erachteten sie fortan als ihren einzigen Beruf.....“

Und unter diesen echten Gelehrten, unter diesen rechtschaffenen Menschen und aufrechten Menschen steht Heinrich Lammasch mit in der ersten Reihe. Er war schon vor dem Krieg ein großer Gelehrter, aber erst die herbe Prüfungszeit des Krieges hat den Edelgehalt seines sittlichen Wesens zum Ausdruck gebracht; erkennen und schätzen lassen,Heinrich Lammasch ist Dienstag in Salzburg gestorben.....

Mit Lammasch scheidet ein Gelehrter mit einem bedeutenden Ruf aus dem Leben und ein edler Menschenfreund.dem selbst seine politischen Gegner die Achtung nicht versagen konnten.

QUELLEN: Neuer Tag, 5. Jänner 1920, Wiener Zeitung,7. Jänner 1920, Arbeiter Zeitung, 8. Jänner 1920, Wiener Morgen, 8. Jänner 1920, Grazer Volksblatt, 8. Jänner 1920 Österreichische Nationalbibliothek ANNO.

https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Historisches_von_Graupp