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ZEMENT#

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Zement;Foto Graupp

1926: Das vorige Jahrhundert war reich an Erfindungen u nd Entdeckungen, die auf allen Gebieten große Umwälzungen hervorriefen. Die Eisen- und Stahlerzeugung wuchs aus dem Handwerksmäßigem heraus und wurde zur Industrie, die ihrerseits wieder eine Belebung des Handels und Wandels verursachte.

Auch das Baugewerbe hatte Erfolge zu verzeichnen. Die erste Herstellung von Portlandzement im Jahr 1824 durch den Erfinder Joseph. Aspdin in Leeds, der am 25. Dezember 1778 einer Maurerfamilie entstammte, und am 20.März 1855 verstarb, legte den Grund zu riesigen Fortschritten in der Bautechnik.

Aus dem Sorelzement, der in den Jahren 1850/1860 von dem französischen Ingenieur Stanislas Sorel entwickelte Säure Base Zement, in Paris erfunden und aus Zinkoxyd-Chlorzinklösung bestand, entwickelte sich im Verlaufe weiterer Versuche ein neues Produkt. Als im Jahr 1867, Sorel für seinen Zement Magnesit und Chlormagnesiumlauge verwandte und damit eine feste Masse erzielte, die für eine größere Menge Füllstoffe aufnahmefähig war, hatte er einen Baustoff geschaffen, der später große volkswirtschaftliche Bedeutung erlangen sollte.

Man bezeichnete nun die erzeugte Masse treffend mit Steinholz, da sie durch ihre organischen und anorganischen Bestandteile die wesentlichen Vorzüge von Stein und Holz in sich vereinigte.

Sorel schritt auch bald zur praktischen Verwertung seiner Erfindung. Allerdings hatte eine in Boston zunächst auf sein Verfahren gegründete Fabrik, die sich mit der Herstellung von Fußböden, Schleifsteinen usw. beschäftigte, keinen dauernden Erfolg.

Die ersten Steinholzböden krankten noch an der Unregelmäßigkeit der Materialzusammensetzung. Chemisch beherrschte man die Materie noch nicht, und praktisch stand man noch am Anfang an Erfahrungen. Es war ein Ausprobieren und Versuchen. Aber zähe wurden die Versuche fortgesetzt; namentlich in Schlesien und in der Schweiz fand das Steinholz zunächst einige Anhänger.

Bis 1890 wurde die Herstellung noch nicht im größeren Umfang betrieben, Aber nach und nach erhielt man auf Grund der Praxis Erfahrungen, dosierte die Mischungen richtig und berücksichtigte auch die Bauunterlagen. Um die Jahrhundertwende existierten schon verschiedene größere Betriebe, die ihre Herstellungsverfahren geheim hielten und im Besitz von Patenten waren. Mit dem rapiden Heranwachsen der deutschen Eisen-, Maschinen-Textil- und Metallwarenindustrie und der gesteigerten Bautätigkeit wuchs auch das Absatzgebiet für Steinholz.

Sobald man sich bei der Herstellung sicherer fühlte, legte man auch mehr Wert auf die äußere Ausstattung. Man versah die Böden und Hohlkehlen und Friesen, schuf farbige und marmorierte Beläge usw. Noch aber umgab die Herstellung zum größten Teil ein undurchdringliches Geheimnis. Ängstlich wurden die Mischungen bis in die neue Zeit geheim gehalten. Das hat natürlich die Entwicklung des Steinholzes nach der kommerziellen und technischen Seite hin sehr gehemmt; denn bei der Eigenart dieses Baustoffes war ein Austausch der Erfahrungen absolut notwendig, um sich und andere vor Schaden zu bewahren. So machte nahezu jeder Betrieb die unausbleiblichen „Kinderkrankheiten“ für sich allein durch und die verschiedenen Misserfolge fanden in Bau- und Architektenkreisen ein unangenehmes Echo. Außerdem blühte bei dieser Sachlage auch der Lizenzhandel.

Aus der Menge der Betrieb armen kleinen Steinholzunternehmen schälten sich in den letzten 20 Jahren die Großbetriebe heraus, die bald die Notwendigkeit einsahen, ihre vielfachen Interessen nachdrücklich durch einen Zusammenschluss zu wahren. So bildete sich der Verband Deutsche Steinholzfabrikanten e. V. in Leipzig, der sich seit 1922 „Vastei“ (Vereinigung anerkannter Steinholzfabrikanten) nennt.

In den letzten zehn Jahren wurde besonders an der Vervollkommnung des Baustoffes Steinholz gearbeitet. Die Fachzeitschrift „Der Baumarkt“ in Leipzig berichtete fortlaufend über die chemischen und technischen Verbesserungen und ebenso die erschienenen Bücher, die das Steinholzgebiet literarisch behandelten.

In deutschen Bau-. Behörden- und Architektenkreisen wirkten vor allen Dingen die Aufklärungsbroschüren der Norgelith GmbH. Die ihren Hauptsitz in Hannover hat. Alle in der Neuzeit zusammen gestellten Erfahrungen, Berechnungen, Mischungs- und Ausführungsmethoden werden Interessenten zur Verfügung gestellt.

Der Schleier der Geheimnistuerei ist gefallen, der Architekt und der Industrielle weiß nunmehr, was Steinholz, respektive Asbestkunstholz-Fußboden ist und was er davon zu halten hat. Die bisherige Steinholzausführungsziffer von zirka 90 Millionen Quadratmeter gibt eindringlichst Zeugnis von der Bedeutung dieses Baustoffes in der heutigen Volkswirtschaft.

QUELLE: Zeitschrift der Baumeister Österreichs, 1926, Ausgabe 3, S 7, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Historisches_von_Graupp