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Von Marburg zu Maribor#

Erinnerungsausstellung in der Europäischen Kulturhauptstadt 2012#


Von der Wiener Zeitung (Dienstag, 10. April 2012) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

Gerhard Stadler


Feigen-Kaffee
Feigen-Kaffee: ein historisches Markenprodukt aus der Südsteiermark.
Foto: © Kulturhauptstadt Maribor

Maribor ist, mit anderen Städtchen Sloweniens, 2012 eine der beiden Europäischen Kulturhauptstädte - doch darüber gab es außerhalb Sloweniens bisher wenige Berichte. Das Budget war halbiert worden, die Veranstaltungen bisher nur von regionalem Interesse. Aber nun überrascht im Casino, dem früheren Café Central, eine Ausstellung, die mit ihrem Thema nicht in das Klischee der Kulturhauptstädte, der Aufnahme und Darstellung neuer Kunstströmungen, passt: "Deutsche und Maribor. Ein Jahrhundert der Wenden 1846-1946."

1847 reimte der heutige slowenische Nationaldichter Franje Preeren - in Wien erinnert am Schlesingerplatz eine Gedenktafel an seine Studienzeit - über die Bevölkerung der slowenischen Städte: "Deutsch sprechen hierzulande die Herrinnen und Herren, die befehlen, Slowenisch die so von dem Dienerstande". 1910 gaben von den 26.000 Einwohnern Marburgs 19.000 Deutsch als ihre Umgangssprache an - trotzdem wurde die Stadt im Friedensvertrag von St. Germain im September 1919 dem neuen Südslawischen Königreich zugesprochen, mit einem Fünftel des einstigen Kronlandes Steiermark, mit Cilli und Pettau. Die Städte waren deutsche Sprachinseln im slowenischen bäuerlichen Umland; "Germanisierungsversuche" in den Landgemeinden der Südsteiermark mittels Gründung deutscher Volksschulen waren in den letzten Jahren der Monarchie erfolglos.

Marburger Kucheldeutsch#

Im November 1918 besetzten slowenische Einheiten der ehemaligen k. u. k. Armee Marburg. Proteste der Deutschen fanden am 27. Jänner 1919 ihr blutiges Ende, während eine Alliierte Kommission die Grenzziehung im Rathaus beriet. Davor versammelten sich die Deutschen Marburgs, um auf sich aufmerksam zu machen. Die Slowenen schossen in die Menge, ein Dutzend Deutsche starben an diesem "Blutsonntag". Es folgte die Flucht der Mehrzahl der Marburger Deutschen nach Deutsch-Österreich. Als am 8. April 1941 die deutsche Wehrmacht Marburg besetzte, jubelten ihr die Gebliebenen, nun 20 Jahre Unterdrückte, zu; Marburg wurde wieder Teil der Steiermark. Ab Mai 1945, mit der Neugründung Jugoslawiens, wurden die Deutschen enteignet und vertrieben, jetzt vollständig. Damit gehörte auch das "Marburger Kucheldeutsch" der Vergangenheit an.

In Titos Jugoslawien wurde diese Geschichte totgeschwiegen. Doch Slowenien erinnert sich nun und Maribor hat die Ausstellung in einer lobenswert neutralen Form gestaltet - vielleicht will man sich gegenüber dem den kleinen Staat dominierenden Ljubljana profilieren und an die Wurzeln in der "tajerska", der Steiermark, erinnern. Mit Fotos und Dokumenten, dreisprachig erläutert, wird uns das Leben einer Kleinstadt der Habsburgermonarchie geschildert: Bürgerstolz, Wohlstand - Marburgs Aufschwung begann, als die Südbahn hier, halben Wegs zwischen Wien und Triest, nach 1860 ihre Hauptwerkstätte baute, 1910 wurde an der Drau für weitere Industrien das erste Groß-Wasserkraftwerk der Monarchie erbaut -, Theater- und Vereinsleben und das unter Habsburgs Krone allenthalben präsente Militär.

Winzerschule und Weinkultur#

Denkmäler gab es für die Kaiser Franz Joseph und Joseph II., und auch für Erzherzog Johann - er hatte auf einem Hügel südlich von Marburg sein (als Meranovo heute noch bestehendes) Weingut und gründete eine Winzerschule, von der unsere heutige südsteirische Weinkultur ihren Ausgang nahm.

Auch berühmte Marburger werden vorgestellt: Robert Stolz hatte am hiesigen Theater sein erstes Engagement als Dirigent; Max Mell und Ottokar Kernstock, beide national wie religiös prononcierte Schriftsteller, wurden in Marburg geboren, ebenso Paul Blaha, vor drei Jahrzehnten Direktor des Wiener Volkstheaters, und Max Schönherr, langjähriger Dirigent des Wiener Rundfunkorchesters. Dem berühmtesten Sohn der Stadt, Admiral Tegetthoff, soll ab Juni eine Schau gewidmet werden. Nach der Ausstellung sollte man zum Drau-Ufer, gleich unterhalb, spazieren, dort in einem Restaurant am "Lent" essen und vielleicht in der Weinschau bei der mit 400 Jahren ältesten Weinrebe der Welt Wein kosten und kaufen. Am Weg zurück zum Bahnhof findet man die Altstadt so, wie man sie vorher auf den alten Fotos gesehen hat - bis auf die Straßennamen unverändert, weder in den Weltkriegen noch von einem Wirtschaftswunder zerstört.

Wiener Zeitung, 10. April 2012


Einigermassen erschütternd, dass davon gesprochen wird, dass "Deutsche" (sic!!!) gegen die Besetzung der südsteirischen Stadt Marburg und darüber hinaus der ganzen Südsteiermark durch die Slowenen unter Major Majster protestierten.(Marburger Blutsonntag 1919 mit zahlreichen Toten! Da starben Österreicher aber keine Deutschen) Es handelte sich um deutschsprachige Steirer, die sich allerdings nicht wie in Kärnten zu militärischem Widerstand entschließen konnten, weshalb die gesamte Südsteiermark verloren ging. "Deutsche" gab es dort sicher keine. !!! Die Kenntnis der österreichischen Geschichte des Regierungsblattes WZ ist offensichtlich schon erschütternd...; sollte übrigens jedem echten Steierer oder Steiermarkanhänger wie mir sehr zu denken geben....; cui bono fragt man sich bei dieser Geschichtsfälschung...; Ottokar Kernstock etwa, der Dichter des Kärntner Heimatliedes war niemals Deutscher sondern Südsteirer und damit Österreicher..; die Kultur Maribors ist eine altösterreichisch fundierte, dass so ein Artikel über die Kulturhauptstadt ausschaut, ist bezeichnend für die heutige Schreibkultur der WZ..Die erwähnte Ausstellung verfehlt mit dem Titel Deutsche und Maribor völlig ihr Thema, es handelt sich nicht um Deutsche sondern um das Erzherzogtum Steiermark und das Herzogtum Krain, beides österreichische Stammlande.

Deutsche waren lediglich im Zweiten Weltkrieg dort...; die Südsteiermark wurde 1920 im Friedensvertrag Jugoslawien zugesprochen, weil niemand bereit war, die widerrechtlich besetzten Gebiete freizukämpfen. Die Siegermächte und insbesondere Italien hatten begreiflicherweise kein Interesse dem Erzfeind und Kriegsauslöser Österreich einen Gefallen zu erweisen. Der Überlegung, dass südsteirische Gebiet kampflos preiszugeben, liegt der Gedanke zu grunde, dass der Anschluss an Deutschland umso leichter zu erhalten sei, je kleiner das neue Österreich ist. Tegethoff war sicher kein Deutscher sondern Südsteirer.

-- Glaubauf Karl, Mittwoch, 2. Mai 2012, 16:39


Leider ist es Glaubauf, dem es an Wissen mangelt. 1918 entstand aus den Überresten Österreichs die Republik Deutsch-Österreich, die den Beitritt zum Deutschen Reich beschloss. Die Siegermächte des 1. Weltkriegs waren es, die durch Saint Germain den demokratischen Willen der Deutschösterreicher verhinderten, Teil Deutschlands zu werden. Bei den Protesten in Marburg an der Drau wurden nach Augenzeugenberichten (auch der slowenischen Seite) vor allem schwarz-rot-goldene Fahnen und eher wenige rot-weiß-rote geschwungen. Schwarz-Rot-Gold symbolisierte durchaus ein Deutschland "von der Etsch bis an den Belt" im großdeutschen Sinne (was einfach nur bedeutete: unter Einschluss der deutschsprachigen Teile Österreichs).

-- Jacobs Philip, Dienstag, 12. Juni 2012, 21:53


Der Marburger Wilhelm von Tegethoff war schon Österreicher, die Opfer des Marburger Blutsonntags waren durch die Bank Österreicher, der Marburger Dichter Ottokar Kernstock war wie etwa das Kärntner Heimatlied zeigt einer der prononciertesten Alt-Österreicher.

Dazu vielleicht:

Glaubauf, Karl: Die Volkswehr 1918-20 und die Gründung der Republik Deutsch-Österreich, Stöhr-Verlag, Wien 1993.

Die Provisorische Nationalversammlung erklärte Deutsch-Österreich zum Bestandteil der Deutschen Republik aber nicht des deutschen Volkes. Demokratische Entscheidung war das nicht unbedingt, denn die Wahlen waren erst im Februar 1919, Die Rumpf-NV beruhte auf den Ergebnissen der Wahlen von 1911. Da hunderttausende in Kriegsgefangenschaft waren, die für Alt-Österreich gekämpft hatten, waren demokratische Entscheidungen nicht wirklich möglich. Der Sieg der Sozialdemokraten 1919 ist überwiegend darauf zurückzuführen, dass sich das konservative und deutschnationale Wählerpotential noch überwiegend in Kriegsgefangenschaft befand.

-- Glaubauf Karl, Mittwoch, 13. Juni 2012, 12:39


Herr Glaubauf, ihre militärgeschichtlichen Forschungen in Ehren, aber in Bezug auf den Nationsbegriff muss ich Sie aufklären: Auch wenn es uns nicht recht sein mag, aber die deutschsprachigen Marburger vor 1918 fühlten sich ethnisch gesehen natürlich als Deutsche, als was denn sonst? Schon als Österreicher auch, aber als Österreicher fühlten sich weitere 10 Nationen, wie auch die Slowenen, Polen, Tschechen usw., die Ungarn nicht zu vergessen. Der österr. Nationsbegriff modernen Typs ist ein Kind der Jahre 1918ff, gegriffen hat er allerdings erst richtig 1945ff. Folgerichtig hieß die Ausstellung in Marburg auch "NEMCI in Maribor", und nicht "AVSTRIJCI in Maribor", weil Österreicher waren ja alle, auch die slowenischen Dienstmädchen und Schuster, die von den Deutschen damals noch vor allem mit dem Wort Windische bezeichnet wurden. Ist eigentlich alles sonnenklar. Weniger klar ist mir, warum die Ausstellung "Nemci IN Maribor" hieß, also "Die Deutschen UND Marburg", wo sich doch "Nemci v Mariboru" aufgedrängt hätte. So wird eine Gegenüberstellung suggeriert, quasi hier Deutsche, und dort Marburg. Bei 80% Bevölkerungsanteil eine komische Sicht... Aber immerhin: so eine Ausstellung wäre vor 20 Jahren noch unmöglich gewesen, ja vielleicht vor 10 Jahren sogar.

-- Svoboda Andreas, Montag, 3. Dezember 2012, 14:01


Ja, es ist sicher gut, dass es diese Ausstellung gegeben hat, aber dass es im Jänner 1919 einen Marburger Blutsonntag gegeben hat und die Slovenen unter dem Kommando von Major Majster weite Teile der Südsteiermark militärisch usurpiert haben, womit eine Volksabstimmung nicht mehr möglich war, ist sicher nicht falsch.

Die Frage warum es in der Steiermark keinen "Abwehrkampf" wie in Kärnten durch die Volkswehr gab ist aber schon zum guten Teil eine militärgeschichtliche, natürlich eng mit der politischen Geschichte verknüpft, denn die Volkswehr, das erste Freiwilligenheer der Republik war eine durchaus politische Schöpfung, bis 1918 gab es Wehrpflicht.

-- Glaubauf Karl, Dienstag, 4. Dezember 2012, 16:07


Gerne würde ich aber daran festhalten, dass Thegethoff sich niemals als Deutscher fühlte....

-- Glaubauf Karl


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